Rz. 16
Sämtliche Verstöße gegen § 119 Abs. 1 werden nur auf Antrag verfolgt (§ 119 Abs. 2 BetrVG); eine Strafverfolgung von Amts wegen findet nicht statt. Der Antrag ist binnen drei Monaten ab Kenntnis des Antragsberechtigten von der Tat und der Person des Täters zu stellen (§ 77b StGB). Kenntnis ist anzunehmen, wenn ein vernünftiger Mensch aufgrund gewisser Tatsachen einen sicheren Schluss auf Tat und Täter ziehen kann; der bloße Verdacht reicht nicht. Die Antragsfrist endet mit Ablauf des Tages des dritten Monats, der dem Tag der Kenntnisnahme entspricht (§ 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB). Ist der Antrag nicht rechtzeitig innerhalb dieser Frist gestellt, entfällt die Strafverfolgung. Sie verjährt in drei Jahren nach der Tat (§ 78 Abs. 3 Nr. 5 StGB). Der Antragsteller kann seinen Antrag bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen, allerdings kann ein zurückgenommener Antrag nicht erneut gestellt werden (§ 77d Abs. 1 Satz. 2 StGB). Stellt die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren ein, muss sie den Antragsteller hierüber informieren und die Gründe für die Einstellung mitteilen (§ 171 StPO). Der Antragsteller kann gegen eine solche Mitteilung innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt Beschwerde bei der vorgesetzten Staatsanwaltschaft einlegen (§ 172 StPO). Bleibt eine solche Beschwerde erfolglos, besteht die Möglichkeit, gerichtliche Entscheidung zu beantragen, also ein sog. Klageerzwingungsverfahren einzuleiten.
Rz. 17
Antragsberechtigt sind der Betriebsrat, der Gesamtbetriebsrat, der Konzernbetriebsrat, die Bordvertretung, der Seebetriebsrat, der Wahlvorstand, der Unternehmer sowie die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften. Das Antragsrecht der Gewerkschaften soll nach dem Willen des Gesetzgebers einem wirksameren Schutz der Organe der Betriebsverfassung dienen, weil sie frei von persönlichen Rücksichten handeln können.
Die Vorsitzenden des Betriebsrats, des Wahlvorstands etc. können einen Strafantrag nur aufgrund eines Beschlusses des Betriebsverfassungsorgans, das sie jeweils vertreten, stellen (vgl. § 26 Abs. 2 BetrVG).
Einzelne Betriebsratsmitglieder können vom Arbeitgeber nicht die Unterlassung der Begünstigung anderer Betriebsratsmitglieder wegen deren Betriebsratstätigkeit verlangen, insoweit fehlt ihnen die Antragsbefugnis, auch, wenn in der Begünstigung ein Verstoß gegen § 119 Abs. 1 Nr. 3 liegt (LAG München, Beschluss v. 5.2.2009, 3 TaBV 107/08; s. o. Rz. 13). In einem solchen Fall kommt lediglich eine Antragsbefugnis des Betriebsrates in Betracht.
Rz. 18
Ein Strafantrag nach § 119 Abs. 2 berechtigt den angezeigten Arbeitgeber nicht zur fristlosen Kündigung. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Strafantrag rechtsmissbräuchlich erfolgt wäre; beweispflichtig hierfür ist der Arbeitgeber (LAG Mannheim, AP Nr. 2 zu § 78 BetrVG 1952). Der Arbeitgeber kann einen Strafantrag nach § 119 Abs. 2 auch grundsätzlich nicht zum Anlass für einen Auflösungsantrag nach § 23 BetrVG nehmen.