Rz. 41
Die Wahrnehmung der Mitbestimmungsrechte bei Betriebsänderungen (§§ 111 ff. BetrVG) obliegt nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dem Gesamtbetriebsrat, wenn es sich um Maßnahmen handelt, die das gesamte Unternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und notwendigerweise nur einheitlich oder betriebsübergreifend geregelt werden können (BAG, Beschluss v. 3.5.2006, 1 ABR 15/05). Das kann der Fall sein bei der Stilllegung aller oder mehrerer Betriebe oder der Zusammenlegung von Betrieben. Der betriebsübergreifende Regelungsbedarf bestimmt sich jedoch nicht nach dem Inhalt des erst auszuhandelnden Interessenausgleichs, sondern nach der vom Arbeitgeber geplanten Maßnahme (BAG, Urteil v. 11.12.2001, 1 AZR 193/01).
2.4.4.2.1 Interessenausgleich
Rz. 42
Wird ein geplanter Personalabbau auf der Grundlage eines unternehmenseinheitlichen oder betriebsübergreifenden Reorganisationskonzepts durchgeführt und sind mehrere Betriebe betroffen, so dass das Verteilungsproblem betriebsübergreifend gelöst werden muss, ist der Gesamtbetriebsrat für den Abschluss des Interessenausgleichs zuständig (BAG, Urteil v. 7.7.2011, 6 AZR 248/10; BAG, Urteil v. 19.6.2007, 2 AZR 304/06; BAG, Beschluss v. 23.10.2002, 7 ABR 55/01).
Rz. 43
Ist der Gesamtbetriebsrat für den Abschluss des Interessenausgleichs zuständig, folgt hieraus seine Zuständigkeit auch für die Vereinbarung der Namensliste nach § 1 Abs. 5 KSchG. Diese ist Teil des Interessenausgleichs, ihre Vereinbarung fällt in den Zuständigkeitsbereich des Gremiums, das für den Abschluss des Interessenausgleichs zuständig ist (BAG, Urteil v. 19.7.2012, 2 AZR 386/11). Da im Gesamtbetriebsrat die örtlichen Betriebe angemessen vertreten sind, ist auch für den für die Erstellung einer Namensliste notwendigen örtlichen Sachverstand gesorgt.
2.4.4.2.2 Sozialplan
Rz. 44
Aus der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für den Abschluss eines Interessenausgleichs folgt aber nicht ohne Weiteres seine Zuständigkeit auch für den Abschluss eines Sozialplans. Vielmehr ist gesondert zu prüfen, ob der Ausgleich oder die Abmilderung der durch die Betriebsänderung entstehenden Nachteile zwingend unternehmenseinheitlich oder betriebsübergreifend geregelt werden muss. Maßgeblich hierfür ist der Inhalt de Interessenausgleichs. Regelt ein mit dem Gesamtbetriebsrat nach § 50 Abs. 1 BetrVG vereinbarter Interessenausgleich eine Betriebsänderung, die sich nur auf einen Betrieb beschränkt oder werden die Betriebe durch die Betriebsänderung unterschiedlich und unabhängig voneinander betroffen, so ist ein unternehmensweit zu findender Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile im Sozialplan nicht zwingend. In diesem Fall verbleibt es bei der Zuständigkeit der von der Betriebsänderung jeweils betroffenen Betriebsräte. Erfassen die im Interessenausgleich vereinbarten Betriebsänderungen hingegen mehrere oder sogar sämtliche Betriebe des Unternehmens und ist die Durchführung des Interessenausgleichs abhängig von betriebsübergreifend einheitlichen Kompensationsregelungen in dem noch abzuschließenden Sozialplan, so kann diese Aufgabe von den Betriebsräten der einzelnen Betriebe nicht mehr wahrgenommen werden, sie ist dem Gesamtbetriebsrat zugewiesen (BAG, Beschluss v. 23.10.2002, 7 ABR 55/01). Dies ist z. B. der Fall, wenn der Interessenausgleich betriebsübergreifende Versetzungen und Umsetzungen vorsieht und für die betroffenen Arbeitnehmer Nachteile in Form von zusätzlichen Wegezeiten, Fahrtkosten, Umzugskosten, Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung etc. entstehen. In diesen Fällen ermöglicht nur eine unternehmenseinheitliche Konzeption, die die Interessen aller von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer koordiniert, eine sachgerechte Verteilung der für den Nachteilsausgleich zur Verfügung stehenden Mittel (BAG, Beschluss v. 23.10.2002, 7 ABR 55/01).
Rz. 45
Hingegen genügt der Umstand, dass die Mittel für den Sozialplan von ein und demselben Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden müssen, alleine nicht, um die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für den Abschluss des Sozialplans zu begründen. Etwas anderes gilt, wenn ein mit dem Arbeitgeber im Rahmen eines Interessenausgleichs vereinbartes, das gesamte Unternehmen betreffendes Sanierungskonzept nur auf der Grundlage eines bestimmten, auf das gesamte Unternehmen bezogenen Sozialplanvolumens realisiert werden kann (BAG, Beschluss v. 3.5.2006, 1 ABR 15/05).
Rz. 46
Die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für den Sozialplan ist auch begründet, wenn aufgrund konkreter Umstände (z. B. Insolvenzgefahr) nur ein begrenztes Sozialplanvolumen zur Verfügung steht. Das für die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats hinsichtlich des Sozialplans erforderliche Abhängigkeitsverhältnis zwischen unternehmens...