10.1 Begriff der Sozialeinrichtung
Rz. 162
Gegenstand der Mitbestimmung in § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG ist die Sozialeinrichtung. Der Betriebsrat als Repräsentant der Arbeitnehmer soll einen bestimmten abtrennbaren Teil von Mitteln des Arbeitgebers ("zweckgebundenes Sondervermögen") mit einer gewissen Organisation mitverwalten können.
Eine Sozialeinrichtung erfordert ein zweckgebundenes Sondervermögen. Die einer Sozialeinrichtung zur Verfügung stehenden Mittel müssen einer organisatorisch verselbständigten Verwaltung unterliegen. Ein Personalverkauf wird nicht von einer Sozialeinrichtung des Arbeitgebers durchgeführt, wenn die für den Wareneinkauf benötigten Finanzmittel weder summenmäßig begrenzt noch im Rechnungswesen des Arbeitgebers gesondert ausgewiesen werden. Der Einsatz von sächlichen Betriebsmitteln (Raum, Mobiliar) für einen Personalverkauf lässt nicht darauf schließen, dass dieser von einer Sozialeinrichtung i. S. d. § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG durchgeführt wird.
An einer eigenen Organisation ("Institutionalisierung") fehlt es beispielsweise bei Versorgungszusagen oder dem Abschluss einer Gruppenlebensversicherung im Sinne der betrieblichen Altersvorsorge. Gleiches gilt beispielsweise für eine Werksbuslinie, die der Arbeitgeber nur bezahlt aber nicht betreibt, oder für die Ausgabe von Restaurantgutscheinen, die bei externen Gaststätten eingelöst werden können.
Rz. 163
Sozialeinrichtungen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie den Arbeitnehmern des Betriebs jenseits des eigentlichen Arbeitsentgelts materielle oder ideelle Vorteile gewähren. Soweit Unternehmerbelange im Vordergrund stehen, wie etwa bei einer Werkszeitung, die den rein betrieblichen Gründen der Information und des Imagegewinns dienen, ist eine Sozialeinrichtung nicht gegeben. Unschädlich ist es aber, wenn neben dem sozialen Zweck weitere Unternehmensinteressen bestehen.
Rz. 164
Der Begriff der Einrichtung erfordert des Weiteren, dass in die Leistungen nach allgemeinen Richtlinien gewährt werden. Schließlich müssen Zweck und Leistungen auf eine gewisse Dauer gerichtet sein.
Rz. 165
Beispiele für Sozialeinrichtungen:
- Kantinen
- Kasinos, Werksbibliotheken, Erholungsräume, Verkaufsstellen und Automaten, sofern diese nicht von Dritten betrieben werden, eine eigenständige Organisation vorliegt und der Arbeitgeber mit einem abgetrennten Vermögen eine Sozialleistung erbringen will
- betriebliche Sportanlagen und Badeanstalten
- Kindergärten
- betriebliche Ferien- und Kinderheime
- firmeneigene Krankenhäuser
- Einrichtungen zum verbilligten Warenbezug (Verkaufsmagazine), nicht aber die bloße Möglichkeit zum verbilligten Personaleinkauf
- selbst betriebene Werksbuslinien
Gegenbeispiele:
- Werkszeitung
- Betriebskrankenkassen
- einzelvertragliche Pensionsleistungen (unmittelbare Versorgungszusage oder Direktversicherung)
- Veranstaltung von Betriebsfeiern und Betriebsausflügen
Rz. 166
Ein Mitbestimmungsrecht besteht nur, wenn sich der Wirkungsbereich der Sozialeinrichtung auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern erstreckt. Was im konkreten Fall zum "Wirkungsbereich" gehört, bestimmt sich nach dem Zweck der Einrichtung. Daher fehlt es an einem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, wenn die soziale Einrichtung nach dem vom Arbeitgeber bestimmten Zweck einem unbestimmten Personenkreis zugänglich ist. Zuständig ist je nach Wirkungsbereich der Betriebsrat, der Gesamtbetriebsrat oder der Konzernbetriebsrat. Im Gleichstellungskonzern kann indes (im Gegensatz zum Unterordnungskonzern) kein Konzernbetriebsrat gebildet werden, der Träger des Mitbestimmungsrechts sein könnte. Deshalb ist eine Sozialeinrichtung, die sich auf einen Gleichordnungskonzern erstreckt, nicht gem. § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG mitbestimmungspflichtig. Das gilt unstreitig auch für Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich sich auf verschiedene Unternehmen ohne jegliche Konzernverflechtung beziehen, z. B. für Sozialeinrichtungen, die für ganze Branchen, Gewerbe oder Regionen eingerichtet wurden.
Rz. 167
Mitverwalten kann die Arbeitnehmervertretung nur, soweit es sich nicht um exklusive Sozialeinrichtungen für Vorstandsmitglieder und leitende Angestellte handelt. Besteht aber eine Sozialeinrichtung für diesen Personenkreis und die Arbeitnehmer gleichermaßen, ist die Mitbestimmung gegeben.
10.2 Mitbestimmung
Rz. 168
Mitbestimmungsfreie Vorfrage ist zunächst, ob eine Sozialeinrichtung überhaupt eingerichtet werden soll. Der Arbeitgeber entscheidet ebenfalls frei darüber, wie viel Geld er dafür aufbringen will. Durch das Mitbestimmungsrecht kann der Arbeitgeber weder gezwungen werden, für die Sozialeinrichtung einen gewissen Dotierungsrahmen zur Verfügung zu stellen, noch weitere Mittel nachzuschießen. Dementsprechend kann er jederzeit seine finanziellen Mittel einschränken, wenn er sich ni...