LAG Nürnberg, Urteil v. 19.12.2018, 2 Sa 341/18
Leitsatz (amtlich)
Die Zahlung von Überstundenzuschlägen nach § 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVöD setzt für sog. geplante Überstunden i. S. v. § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD voraus, dass die über der Soll-Arbeitszeit liegenden Ist-Arbeitsstunden tatsächlich geleistet wurden. Zeiten des Urlaubs oder der Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit gelten insofern nicht als geleistete Arbeitsstunden.
Sachverhalt
Die Klägerin ist bei der Beklagten, die mehrere Kliniken betreibt, in Vollzeit mit einer Arbeitszeit von 38,5 Wochenstunden in Schicht- und Wechselschichtarbeit im Labor tätig.
Anfang 2017 hatte die Beklagte mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) einen Haustarifvertrag abgeschlossen, nach welchem grds. der TVöD-K gelten sollte.
Dienstpläne werden gemäß einer Vereinbarung zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat monatlich erstellt.
Für Mai 2017 ergab sich aus der – zwischen den Parteien unstreitigen – Arbeitszeitübersicht eine Soll-Stundenzahl von 161,70 und eine Ist-Stundenzahl von 166,80 unter Einschluss von 4 Tagen Erholungsurlaub in der Zeit vom 2. bis zum 5.5.2017, welche mit 4 × 7,7 Stunden, also 30,8 Arbeitsstunden, angerechnet wurden.
Für Juni 2017 ergab sich eine Soll-Stundenzahl von 154 Stunden und eine Ist-Stundenzahl von 161,75 Stunden. Hierin enthalten waren 2,25 Stunden Arbeitszeit, die am 5.6.2017 aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht tatsächlich geleistet wurden.
Auch für Juli 2017 ergab sich eine Zeitdifferenz: Bei vermerkten 161,70 Soll-Stunden ergab sich eine Ist-Stundenzahl von 171 Stunden. Auch in diesem Monat waren 15 Tage Erholungsurlaub enthalten, die mit 7,7 Stunden bewertet wurden.
Die jeweilige Differenz zwischen den eingetragenen Soll- und Ist-Arbeitszeiten vergütete die Beklagte ohne Überstundenzuschläge.
Die Klägerin verlangte nun jedoch für diese Stunden Überstundenzuschläge. Die Klage hatte vor dem ArbG Erfolg.
Die Entscheidung
Das LAG hat das Urteil des ArbG teilweise wieder aufgehoben und die Klage in diesem Umfang abgewiesen. Das Gericht entschied, dass nach § 8 Abs. 1 Satz 1 TVöD-K der/die Beschäftigte neben dem Entgelt für die tatsächliche Arbeitsleistung Zeitzuschläge erhalte. Dies setze jedoch voraus, dass Überstunden tatsächlich geleistet wurden. Dies war in dem von der Berufung angegriffenen Umfang hier nicht der Fall.
Das Gericht führte in seinem Urteil zunächst aus, dass die Klägerin unstreitig Wechselschicht- und Schichtarbeit im Tarifsinne (§ 7 Abs. 1 und 2 TVöD-K) leistete. Überstunden fallen hier nach der Regelung des § 7 Abs. 8 Buchst. c an. Nach der vom BAG in seinen Urteilen (v. 25.4.2013, 6 AZR 800/11 und v. 23.3.2017, 6 AZR 161/16) gefundenen Auslegung des § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K müsse hierbei zwischen sog. geplanten und ungeplanten Überstunden differenziert werden. Für den vorliegenden Fall der sog. geplanten Überstunden seien diejenigen Stunden Überstunden, die nach einem am Ende des Schichtplanturnus vorgenommenen Abgleich zwischen der tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung und der von einem Vollzeitbeschäftigten in diesem Zeitraum geschuldeten Arbeit überobligatorisch geleistet worden seien.
Unstreitig hatte die Klägerin wegen Urlaubs in den Monaten Mai und Juli 2017 nicht mehr als die zugrunde zu legende Soll-Arbeitszeit tatsächlich geleistet. Im Juni 2017 hatte sie wegen der während der Krankheit ausgefallenen Arbeitszeit nur 4,25 und nicht 6,5 Stunden mehr als die Soll-Arbeitszeit tatsächlich geleistet.
Das LAG führte u. a. weiter aus, dass es nach dem Urteil des BAG v. 25.4.2013, 6 AZR 800/11 – auf die tatsächliche Überschreitung der Arbeitszeit von Vollbeschäftigten innerhalb des Schichtplanturnus, vorliegend also ein Monat, ankomme, da es in diesen Urteilsgründen hieß, dass Überstunden nach der Regelung in § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD nur dann entstehen könnten, wenn mehr Stunden vorgesehen seien, als sie ein Vollzeitbeschäftigter erbringen müsste. "Ob tatsächlich Überstunden geleistet worden sind, ergibt sich in diesem Fall allerdings erst aus dem am Ende eines Schichtplanturnus vorzunehmenden Abgleich zwischen der tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung und der von einem Vollzeitbeschäftigten in diesem Zeitraum geschuldeten Arbeit (…)." Allerdings, so das LAG nun in seinem Urteil, werde in Zeiten des Urlaubs oder der Arbeitsunfähigkeit eine Arbeitsleistung aber tatsächlich nicht erbracht. Für Zeiten des Urlaubs sei eine Arbeitsleistung außerdem noch nicht einmal geplant, sondern die bezahlte Freistellung von der Arbeit.
Des Weiteren sei für die Zuschlagspflicht § 8 Abs. 1 Satz 1 TVöD-K entscheidend, wonach der/die Beschäftigte neben dem Entgelt für die tatsächliche Arbeitsleistung Zeitzuschläge erhält. Als materielle Voraussetzung für die Zahlung der dort genannten Zeitzuschläge sei somit, so das LAG, eindeutig die tatsächliche Arbeitsleistung festgelegt. Ausgenommen von der Zuschlagspflicht seien deshalb Zeiten der Entgeltfortzahlung ohne Arbeitsleistung wie z. B. Arbeitsunfähigkeit/Krankhe...