BAG, Urteil v. 29.6.2017, 2 AZR 597/16
Der Einsatz eines Detektivs kann zur Aufdeckung eines konkreten Verdachts rechtmäßig sein.
Sachverhalt
Der Kläger war bei der Beklagten, die Stanzwerkzeuge und -formen herstellt, seit 1978 als Mitarbeiter in der Herstellung beschäftigt. Im Jahre 2014 war er mehrmals arbeitsunfähig krankgeschrieben und seit Januar 2015 durchgängig arbeitsunfähig. Bis zum 2.3.2015 zahlte die Beklagte ihm weiterhin seinen Lohn. Etwas mehr als 2 Monate später erfuhr die Beklagte, dass die M GmbH, eine 2013 gegründete Firma der Söhne des Klägers, eine Kundin der Beklagten darüber informiert habe, dass sie als Familienunternehmen Stanzformen verkaufe und der Kläger diese seit 38 Jahren montiere und sehr gut in seinem Fach sei.
Daraufhin sprach die Beklagte den Kläger wegen des Verdachts einer wettbewerbswidrigen Konkurrenztätigkeit und des Vortäuschens seiner Arbeitsunfähigkeit an. Da dieser jedoch nicht auf die Vorwürfe einging, beauftragte der Arbeitgeber eine Detektei, welche den Arbeitnehmer beschattete und tatsächlich zu der Erkenntnis kam, dass der langzeiterkrankte Arbeitnehmer einer Konkurrenztätigkeit nachging.
Daraufhin kündigte sie das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich zum 31.1.2016.
Die Entscheidung
Die Kündigungsschutzklage hatte vor dem Arbeitsgericht keinen Erfolg. Das LAG gab der Klage statt, da die Einschaltung des Detektivs sachlich nicht gerechtfertigt sei und gegen das Bundesdatenschutzgesetz verstoße, weshalb die gewonnenen Daten einem Beweisverwertungsverbot unterlagen. Auf die Revision der Beklagten hob das BAG jedoch das Urteil des LAG auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung an dieses zurück.
Das BAG urteilte, dass es entgegen der Ansicht des LAG nicht an einem wichtigen Grund für die fristlose Kündigung gem. § 626 Abs. 1 BGB fehle; denn beide Gründe, das Nachgehen einer wettbewerbswidrigen Konkurrenztätigkeit sowie auch das Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit, sind geeignet, einen wichtigen Grund gem. § 626 Abs. 1 BGB darzustellen. Der Kläger hatte hierdurch einmal gegen seine Rücksichtnahmepflichten aus § 241 Abs. 2 BGB verstoßen und das Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit stelle für den Zeitraum, in dem Entgeltfortzahlung geleistet wird, sogar einen Betrug zulasten des Arbeitgebers dar.
Des Weiteren entscheid das BAG, dass entgegen der Auffassung des LAG hier die Detektivermittlungen gem. § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG zulässig waren. Das Gericht führte hierzu aus, dass das Bundesdatenschutzgesetz regele, in welchem Umfang Eingriffe zulässig seien, es aber an sich nicht anordne, dass die unter Missachtung der Regelungen ermittelten Erkenntnisse bei der Feststellung des Tatbestands im Gerichtsverfahren nicht berücksichtigt werden dürften. Das Gericht habe somit zu prüfen, ob die Verwertung von heimlich beschafften persönlichen Daten und Erkenntnissen mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Betroffenen vereinbar sei. Vorliegend war dies nicht zu beanstanden; denn diene, so das Gericht, die Datenerhebung nicht der Aufdeckung von Straftaten i. S. v. § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG, komme eine Datenerhebung wie im vorliegenden Fall aus sonstigen Zwecken des Beschäftigungsverhältnisses i. S. d. § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG in Betracht, da die Datenerhebung zur Aufklärung des konkreten Verdachts einer schweren Pflichtverletzung erfolgte. Voraussetzung sei hierbei ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers sowie ein konkreter Verdacht, da eine Ermittlung "ins Blaue hinein", ob ein Arbeitnehmer sich pflichtwidrig verhält, auch nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG nicht zulässig sei. Diese Voraussetzungen waren hier jedoch erfüllt. Ob die Verhältnismäßigkeit vorliegend allerdings gewahrt wurde, muss das Landesarbeitsgericht nun noch feststellen.