8.8.1 Wehrdienst/Wehrübung
Trotz Aussetzen der Wehrpflicht durch das Gesetz zur Änderung wehrrechtlicher Vorschriften 2011 (Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 – WehrRÄndG 2011) ab 1.7.2011 bleibt das Arbeitsplatzschutzgesetz grundsätzlich anwendbar. Es wurde lediglich ergänzt, um für freiwillige Wehrübungen anwendbar zu sein. Die Regelungen sind daher im Wesentlichen für den freiwilligen Wehrdienst und die freiwillige Wehrübung von Interesse.
Bei einem Wehrdienst und auch bei einer Wehrübung kann der Arbeitgeber für jeden vollen Kalendermonat gem. § 4 Abs. 1 ArbPlSchG den Erholungsurlaub um 1/12 kürzen.
Besonderheiten bestehen bei einer freiwilligen Wehrübung. Nach § 10 ArbPlSchG erfolgt eine Kürzung nach § 4 ArbPlSchG, wenn die freiwillige Wehrübung nicht länger als 6 Wochen dauert . Die Dauer von 6 Wochen bezieht sich auf das Kalenderjahr und erfasst alle freiwilligen Wehrübungen im jeweiligen Kalenderjahr. Mehrere freiwillige Wehrübungen in einem Kalenderjahr werden also zusammengerechnet.
Bei freiwilligen Wehrübungen von mehr als 6 Wochen im Kalenderjahr ruht das Arbeitsverhältnis für die gesamte Dauer der Wehrübung und es greift die Kürzungsmöglichkeit nach § 26 Abs. 2 Buchst. c TVöD.
Ein Beschäftigter, dem ein Jahresurlaubsanspruch von 30 Urlaubstagen zusteht, wird zum 1.8. eingestellt und zum 1.10. zu einer freiwilligen Wehrübung von 5 Wochen einberufen. Der Urlaubsanspruch für das Jahr beträgt 5/12 von 30 = 12,5, aufgerundet 13 Tage. Die Kürzung beträgt 1/12 von 30 = 2,5, aufgerundet 3 Tage. Der Urlaubsanspruch beträgt somit 10 Tage.
8.8.2 Elternzeit
Auch während der Elternzeit entsteht Urlaub, der nicht dem Fristenregime des § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz unterliegt. Für jeden vollen Kalendermonat, in dem ein Beschäftigter Elternzeit erhält, kann der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch um 1/12 kürzen (§ 17 Abs. 1 BEEG), ist hierzu jedoch nicht verpflichtet.
Die Kürzungsmöglichkeit des Urlaubs wegen Elternzeit ist euraparechtskonform. Dies hat der EuGH entschieden. Danach ist eine nationale Bestimmung, wonach bei der Berechnung der Dauer des einem Arbeitnehmer gewährleisteten bezahlten Jahresurlaubs die Dauer eines von dem Arbeitnehmer genommenen Elternurlaubs nicht berücksichtigt wird, mit dem Unionsrecht vereinbar. Der Zeitraum eines Elternurlaubs könne einem Zeitraum tatsächlicher Arbeitsleistung nicht gleichgestellt werden. Der EuGH hat allerdings betont, dass der Urlaub wegen Mutterschutz oder Krankheit nicht vermindert werden darf. Dieser Rechtsprechung ist auch das BAG gefolgt. Während der Zeit des Mutterschutzes kann Urlaub nicht gekürzt werden.
Von der Kürzungsmöglichkeit erfasst ist nicht lediglich der gesetzliche Urlaubsanspruch, sondern jedweder Urlaubsanspruch, unabhängig von der Rechtsgrundlage.
Die Kürzung erfolgt durch eine empfangsbedürftige Willenserklärung des Arbeitgebers. Für den Zugang der Erklärung trägt der Arbeitgeber die Beweislast. Entgegen der früheren Rechtsprechung
genügt eine stillschweigende Erklärung nicht. Vielmehr muss die Kürzung ausdrücklich erklärt werden
. Die Erklärung des Arbeitgebers muss nicht vor dem Antritt der Elternzeit erfolgen. Dies ist auch später, nach Beendigung der Elternzeit, möglich.
Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann eine Kürzung nicht mehr vorgenommen werden.
Hintergrund ist der Umstand, dass § 17 BEEG lediglich die Kürzung des Urlaubsanspruchs ermöglicht. Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wandelt sich jedoch der Urlaubsanspruch in einen Urlaubsabgeltungsanspruch (§ 7 Abs. 4 BUrlG). Dieser Abgeltungsanspruch unterliegt jedoch der tariflichen Ausschlussfrist des § 37 TVöD.
Der Arbeitgeber kann die Kürzungserklärung erst abgeben, nachdem die Erklärung des Arbeitnehmers eingegangen ist Elternzeit in Anspruch zu nehmen.
Ferner muss die Kürzung für jede Elternzeit erklärt werden.
Mitarbeiterin A verlangt rechtswirksam Elternzeit für Kind 1. Der Arbeitgeber erklärt nach Zugang der Erklärung der Mitarbeiterin die Kürzung des Urlaubsanspruchs für die Zeit der Elternzeit.
Während der Elternzeit für Kind 1 wird A wieder schwanger und verlangt Elternzeit für Kind 2.
Nunmehr muss der Arbeitgeber die Kürzungserklärung (nach Zugang der Elternzeiterklärung) erneut abgeben, da die erste Erklärung nur die Elternzeit für Kind 1 erfasst und nicht die weitere Elternzeit.
Die Erklärung des Arbeitgebers muss zwar für jede Elternzeit abgegeben werden, nicht jedoch für jedes Urlaubsjahr. Für jede Elternzeit genügt also eine Erklärung, unabhängig von der Dauer der jeweiligen Elternzeit.
Es ist weiterhin höchstrichterlich nicht geklärt, ob es einer Kürzungserklärung im TVöD-Arbeitsverhältnis überhaupt bedarf. Hintergrund der Diskussion ist die Kürzungsregelung des § 26 Abs. 2 Buchst. c TVöD. Nach dieser Norm kürzt sich der Erholungsurlaub des Beschäftigten im Falle eines ruhenden Arbeitsverhältnisses automatisch. Die sich stellende Frage ist also, ob dies auch für die Elternzeit zur Anwendung kommt oder die Kürzungsbefugnis des § 17 BEEG als...