Kommt es zur Überzahlung von Vergütungsbestandteilen, so kann der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer Rückerstattung der zuviel gezahlten Vergütung verlangen. Anspruchsgrundlage bilden tarifvertragliche Rückzahlungsklauseln oder die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung (§ 812 BGB).Dem Anspruch des Arbeitgebers aus § 812 BGB kann der Arbeitnehmer die Einrede des Wegfalls der Bereicherung (Entreicherung, § 818 Abs. 3 BGB) entgegensetzen. Eine Rückzahlungspflicht besteht dann nicht mehr, wenn der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Rückzahlungsverlangens nicht mehr um den überzahlten Betrag bereichert ist. Hierfür ist der Arbeitnehmer grundsätzlich darlegungs- und beweispflichtig. Beruft sich der Arbeitnehmer auf Entreicherung, so hat die Rechtsprechung zu seinen Gunsten Beweiserleichterungen anerkannt.
17.1 Anspruch aus dem Tarifvertrag
Teilweise begründet der Tarifvertrag selbst Rückzahlungsverpflichtungen. Dies ist z.B. der Fall in
- § 4 Abs. 2 Urlaubsgeld-TV: Ist das Urlaubsgeld gezahlt worden, obwohl es dem Arbeitnehmer nicht zustand, ist es in voller Höhe zurückzuzahlen. (vgl. "Das Urlaubsgeld ")
- §1 Abs. 5 Zuwendungs-TV: Hat der Angestellte die Weihnachtszuwendung erhalten, scheidet jedoch bis einschließlich 31. März des Folgejahres "schädlich" aus dem Arbeitsverhältnis aus, so hat er die Zuwendung in voller Höhe zurückzuzahlen. (vgl. "Zuwendung, Weihnachtsgeld ")
Ergibt sich die Rückzahlungsverpflichtung aus einer tarifvertraglichen Regelung, so kann dem Arbeitgeber der Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) nicht entgegengehalten werden.
17.2 Rückzahlungsanspruch aus § 812 BGB
Der bereicherungsrechtliche Rückzahlungsanspruch
Soweit eine tarifvertragliche Rückzahlungpflicht nicht besteht und – wie im Regelfall – auch der Arbeitsvertrag keine Regelungen zur Rückzahlung enthält, richtet sich die Rückzahlung zuviel gezahlter Bezüge nach den bereicherungsrechtlichen Vorschriften des BGB.
"Wer durch die Leistung eines anderen etwas ohne rechtlichen Grund erlangt hat, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet" (§ 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative BGB).
Der Arbeitgeber hat Entgeltfortzahlung geleistet, obwohl der Arbeitnehmer tatsächlich nicht arbeitsunfähig war.
Ausschluß der Rückzahlung, Wegfall der Bereicherung
Hat der Arbeitnehmer den überzahlten Betrag ausgegeben, ohne den Gegenwert noch in seinem Vermögen zu haben, kann er dem Rückforderungsanspruch des Arbeitgebers den sog. "Einwand der Entreicherung" entgegenhalten (§ 818 Abs. 3 BGB).
Im Regelfall wird dem Arbeitnehmer der Nachweis der Entreicherung kaum gelingen:
Er müßte nachweisen, dass ein der Zuvielzahlung entsprechender Wert nicht mehr in seinem Vermögen vorhanden ist und durch Verwendung des zu viel gezahlten Betrages auch keine notwendigen anderen Aufwendungen erspart wurden.
Verliert der Arbeitnehmer auf dem Heimweg den vom Arbeitgeber zu viel gezahlten Geldbetrag, so liegt eine Entreichung vor.
Der Arbeitnehmer hat die Zuvielzahlung für eine Kreuzfahrt verwendet, die er sich normalerweise nicht hätte leisten können (sog. Luxusaufwendung).
Vor diesem Hintergrund hat das BAG eine für den Arbeitnehmer günstigere Darlegungsregel entwickelt.
Bei im öffentlichen Dienst beschäftigten Arbeitnehmern ist eine Entreicherung – ohne Darlegung konkreter Tatsachen – anzunehmen, wenn
- die monatliche Überzahlung geringfügig gewesen ist,
- der Arbeitnehmer den unteren oder mittleren Einkommensgruppen angehört und
- der Arbeitgeber durch von ihm gesetzte Regelungen zu erkennen gegeben hat, dass er bei diesen Umständen den Wegfall der Bereicherung unterstellt.
Bei Überzahlungen von höchstens 20 % der Bruttovergütung besteht eine – widerlegliche – Vermutung dafür, dass der Betrag für die Lebenshaltung des Arbeitnehmers ausgegeben ist und eine Entreicherung vorliegt.
Hat der Arbeitnehmer die Zuvielzahlung in Kenntnis der Überzahlung angenommen, besteht trotz Wegfalls der Bereicherung eine Rückzahlungspflicht (sog. "verschärfte Haftung", § 819 Abs. 1 BGB). Der Arbeitnehmer muss jedoch "positive" Kenntnis davon haben, dass ihm das Geld nicht zusteht – was in der Praxis kaum nachweisbar sein wird. Grob fahrlässige Unkenntnis reicht nach der gesetzlichen Regelung nicht aus.
Nach der Rechtsprechung soll die verschärfte Haftung – zumindest beim Ortszuschlag – auch eingreifen, "wenn der Mangel des rechtlichen Grundes der Überzahlung so offensichtlich war, dass der Empfänger ihn hätte erkennen müssen".
Der Arbeitgeber hat einem Mitarbeiter, der Ortszuschlag der Stufe 3 (verheiratet, 1 Kind) bezieht, ein Formular zum Ortszuschlag ausgehändigt, das Hinweise zum Kindergeldrecht enthielt. Ausdrücklich aufgeführt war, dass Anspruch auf Kindergeld nicht besteht, wenn dem Kind Bruttobezüge von - zum damaligen Zeitpunkt - mehr als 599 EUR monatlich zustehen.
Dennoch hat der Mitarbeiter seinem Arbeitgeber nicht mitgeteilt, dass seine Tochter Ausbildungsvergütung in Höhe von z...