LAG Köln, Urteil v. 8.5.2019, 9 Ta 31/19

Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen, wie u. a. die Eingliederung in den Betrieb oder auch das Tragen des wirtschaftlichen Risikos. Die von den Parteien gewählte Bezeichnung des Vertrags als freie Tätigkeit ist dann unerheblich, wenn die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses zeigt, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt.

Sachverhalt

Bei der Beklagten handelt es sich um ein Unternehmen der Gießharzverarbeitung. Dort war der Kläger beschäftigt – nach eigenen Angaben im Rahmen eines 8-Stunden-Tags in einer 40-Stunden-Woche. Hauptsächlich habe er hierbei in den Räumen der Beklagten gearbeitet. Er habe dort über ein eigenes Telefon, einen eigenen PC, eine eigene E-Mail-Adresse und eine Firmenvisitenkarte der Beklagten verfügt. Unterstellt sei er dem Geschäftsführer gewesen und habe größtenteils auf dessen direkte Weisungen hin gearbeitet.

Aufgrund von Streitigkeiten endete die Tätigkeit des Klägers für die Beklagte. Im anhängigen Verfahren über die Rechtswirksamkeit von 2 Kündigungen sowie Urlaubsabgeltungsansprüche machte der Kläger geltend, für die Beklagte als Arbeitnehmer tätig gewesen zu sein.

Die Entscheidung

Das Gericht entschied, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten ein Arbeitsverhältnis bestand. Nach der Definition in § 611a Abs. 1 BGB ist Arbeitnehmer derjenige, der im Dienst eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet sei. Und vorliegend war nach Auffassung des LAG der Kläger in einer für das Arbeitsverhältnis typischen Weise in das Unternehmen der Beklagten eingebunden.

Begründet wurde dies einmal mit dem zeitlichen Umfang der Beschäftigung, welche der üblichen Arbeitszeit eines vollbeschäftigten Arbeitnehmers entspreche. Daneben waren die in den Rechnungen des Klägers benannten Tätigkeitsfelder so allgemein gehalten, dass sie keine abgrenzbaren Projekte erkennen ließen – die Leistung des Klägers war nicht nach Projekten oder Stunden aufgeschlüsselt, sondern mit einem Pauschalbetrag vergütet.

Des Weiteren hatte der Kläger seine Arbeitsleistungen stets persönlich erbracht. Auch Investitionen, die sich hätten amortisieren müssen, hatte er nicht getätigt, sondern es wurden ihm die benötigten Betriebsmittel (PC, Telefon, Arbeitsplatz) von der Beklagten zur Verfügung gestellt.

Ein weiterer Gesichtspunkt, der für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses sprach, war das Bestehen einer auf seinen Namen lautenden Firmen-E-Mail-Adresse sowie die Visitenkarten mit Firmenlogo. Nach Angaben des Geschäftsführers sollte hierdurch nach außen hin nicht erkennbar werden, dass der Kläger freier Dienstleister sei und habe zudem einem einheitlichen Marktauftritt gedient. Gerade aber dies bestätige die persönliche Abhängigkeit des Klägers, da er sich mit seiner Tätigkeit nicht so präsentieren durfte, dass er als selbstständiger Mitarbeiter hätte erkannt werden können. Zuletzt sei die von den Parteien gewählte Bezeichnung des Vertrags als freie Tätigkeit jedenfalls unerheblich, solange sich die praktische Durchführung anders darstelle (§ 611a Abs. 1 Satz 6 BGB).

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