Im Arbeitsvertrag konkretisieren Arbeitgeber und Beschäftigte im Rahmen ihres Selbstbestimmungsrechts und ihres rechtlichen Könnens im Rahmen der Rechtsordnung die gegenseitigen Rechte und Pflichten (Arbeitsvertrag). Je genauer die einzelnen Pflichten des Beschäftigten bereits im Arbeitsvertrag festgelegt werden, desto weniger Raum bleibt für das Weisungsrecht des Arbeitgebers. Das Fehlen einer konkreteren Regelung führt nicht zur Unbestimmtheit des Umfangs der Arbeitnehmerpflichten, sondern zu einem entsprechend weiten Weisungsrecht des Arbeitgebers, um die Lücken zu füllen.[1] Wird z. B. die Tätigkeit im Arbeitsvertrag nur umschrieben, so kann der Arbeitgeber kraft seines Weisungsrechts alle Tätigkeiten zuweisen, die sich innerhalb des vertraglich vereinbarten Berufsbilds halten. Ausgangspunkt ist daher die im Arbeitsvertrag vereinbarte Tätigkeit als Ausgangspunkt für die Prüfung der Zumutbarkeit einer anderen Leistung.[2] Dies ist weitergehender als eine tarifvertragliche Beschränkung auf Tätigkeiten einer Entgeltgruppe. Ist die Tätigkeit (z. B. als Hilfsarbeiter) sogar nur ganz allgemein umschrieben, muss der Beschäftigte jede zumutbare Tätigkeit übernehmen. Andererseits muss der Arbeitgeber bei der Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens auch alle möglichen Einsatzmöglichkeiten prüfen.[3]

 
Praxis-Beispiel

Eine Krankenschwester war gesundheitlich nicht mehr in der Lage, Nachtschichten zu übernehmen. Bislang machten diese ca. 5 % ihrer Arbeitsleistung aus. Nachtschichten waren jedoch nicht ausdrücklich Bestandteil der Arbeitsverpflichtung, sondern wurden nur im Wege des Weisungsrechts zugewiesen. Zukünftig muss die Arbeitszuweisung nach pflichtgemäßem Ermessen ohne Nachtschichten erfolgen.

Die sich aus dem Arbeitsvertrag ergebenden Beschränkungen wirken auch dann fort, wenn der Beschäftigte im Wege der Gestellung für einen anderen Arbeitgeber tätig wird und diesem dazu das Weisungsrecht übertragen wird.

Wurde der Beschäftigte allerdings für eine bestimmte Tätigkeit oder einen bestimmten Arbeitsplatz eingestellt, so ist dies Vertragsinhalt und begrenzt insoweit das Weisungsrecht.[4] Selbst wenn das bisherige Entgelt weiterbezahlt wird, berechtigt das Weisungsrecht nicht zur Übertragung von Tätigkeiten, die sich nicht mehr an die vertragliche Vereinbarung halten, da die geschuldete Leistung nicht nur in finanzieller Hinsicht, sondern auch am Berufsbild und der Verkehrsauffassung zu messen ist. Selbst wenn ein gefestigtes Berufsbild nicht existiert, ist zu prüfen, ob die übertragene Tätigkeit zumutbar und noch innerhalb der vereinbarten Arbeitszeit zu erledigen ist. Ist nach der Verkehrsanschauung oder der Bewertung nach Tarifvertrag die Tätigkeit unterwertig, so kann sie nicht im Wege des Weisungsrechts zugewiesen werden (siehe Stichwort Eingruppierung).

 

Beispiel

  • Ein Schulhausmeister kann angewiesen werden, im Rahmen des Schulbetriebs benutzte Handtücher einzusammeln, zu waschen, zu trocknen und zu verteilen.[5]
  • Einem Leiter eines Fachbereichs, dem längere Zeit bis zu 12 Juristen nebst Sekretariatspersonal unterstanden, kann nicht im Wege des Weisungsrechts eine Leitungsposition ohne jegliche Personalverantwortung übertragen werden.[6]

Die Ausübung des Weisungsrechts kann auch an weitere tarifliche oder vertragliche Bedingungen geknüpft werden. Ist etwa die Übertragung einer anderweitigen Tätigkeit arbeitsvertraglich grundsätzlich ausgeschlossen, kann aber ein Ausnahmefall geregelt werden, in dem z. B. eine Versetzung zulässig ist, um ggf. einer sonst notwendigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses entgegenzuwirken.

 

Beispiel

Ist ein Beschäftigter aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nicht in der Lage, seinen bisherigen Arbeitsplatz weiterhin auszufüllen, verbleibt dem Arbeitgeber nur die Möglichkeit der Änderungskündigung, um dem Beschäftigten gegen seinen Willen einen anderen Arbeitsplatz zuzuweisen. Jedoch können arbeitsvertraglich oder tarifvertraglich auch bedingte Weisungsmöglichkeiten enthalten sein, die die Übertragung durch Weisung in den genannten Ausnahmen wirksam zulassen.[7]

 

Tipp

Bei der Einstellung sollte der Arbeitgeber schon mögliche Änderungen des Tätigkeitsfelds in die Überlegungen einbeziehen und dann je nach Zielrichtung den Arbeitsvertrag allgemeiner oder konkreter formulieren.

Ist das Weisungsrecht im Arbeitsvertrag nicht hinreichend bestimmt oder widersprüchlich geregelt, ergibt sich der genaue Inhalt aus den jeweiligen Umständen oder der Auslegung des Vertrags. Dabei muss die Weisung an den Regelungen zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der §§ 307 ff. BGB gemessen werden.

 

Beispiel

In einem Arbeitsvertrag wird gleichzeitig neben der unbedingten Festlegung des Arbeitsorts an dem Verwaltungssitz eines Landkreises auch ein Versetzungsvorbehalt geregelt, dass der Beschäftigte Tätigkeiten in Außenstellen zu übernehmen hat.

Im Rahmen der Auslegung ist zu beachten, dass die Bestimmung z. B. eines bestimmten Orts der Tätigkeit in Kombination mit einer durch Vertragsvorbehalt geregelten Einsatzm...

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