6.1 Weisungsrecht und Arbeitszeit
Gemäß § 611a BGB kann in einem Arbeitsverhältnis der Arbeitgeber vom Beschäftigten die Leistung von weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit verlangen. Das Gesetz sieht weder unmittelbar noch durch die weiteren Bestimmungen eine Festlegung der Arbeit im Rahmen einer Zeitbestimmung vor. § 614 Satz 2 BGB regelt lediglich, dass die Dienste nach Zeitabschnitten bemessen werden können. Schuldrechtlich wird jedoch die Zeit in den meisten Arbeitsverhältnissen als Messgröße für die Leistungspflicht des Beschäftigten verwendet. Der Beschäftigte schuldet dem Arbeitgeber die Ableistung einer vorher bestimmten Arbeitszeit, um Anspruch auf das vereinbarte Entgelt zu bekommen (Punkt 6.2).
Anders als im Werkvertragsrecht kommt es daher nicht auf ein inhaltlich definiertes Ergebnis an, sondern allein auf den zeitlichen Umfang, den der Beschäftigte dem Arbeitgeber zur Verfügung steht. Nur in dieser Zeit ist der Arbeitgeber berechtigt, dem Beschäftigten Weisungen zu erteilen (§ 106 Gewerbeordnung – GewO), die der Beschäftigte grundsätzlich erfüllen muss. Für die Erfüllung dieser Schuld ist es nicht erforderlich, dass der Beschäftigte auch ununterbrochen arbeitet; jedoch ist es nicht ausreichend, dass er sich nur am Arbeitsplatz aufhält, ohne der Arbeitsaufforderung vom Arbeitgeber nachzukommen. Andererseits unterliegt der Beschäftigte in der Gestaltung seines privaten Bereichs arbeitsrechtlich keinen Beschränkungen. Dem Arbeitgeber steht in dieser Zeit grundsätzlich kein Weisungsrecht zu. Nur in extremen Ausnahmesituationen können Weisungen ausnahmsweise auch den Privatbereich betreffen, z. B. das Verbot gegenüber einem Busfahrer, vor Arbeitsantritt Alkohol zu trinken.
Dabei folgt die Arbeitszeit den Weisungen und nicht umgekehrt. Übernimmt der Beschäftigte außerhalb der eigentlich festgelegten Arbeitszeit weitere abhängige Aufgaben für den Arbeitgeber, liegt trotzdem Arbeit vor.
Die Weisung ist daher die Grundlage der Arbeit und damit der Arbeitszeit.
In einer Verwaltung ist die Arbeitszeit verbindlich festgelegt von 8:00 Uhr am Morgen bis um 17:00 Uhr am Abend. Arbeitszeit liegt jedoch auch vor, wenn
- ein Kraftfahrer auf Weisung der Verwaltungsleitung sein Dienstfahrzeug bereits um 7:00 Uhr aus der Werkstatt holt.
- eine Verwaltungsmitarbeiterin auf Weisung der Verwaltungsleitung nach 18:00 Uhr den Arbeitsbereich umgestaltet.
Der schuldrechtliche Arbeitszeitbegriff beantwortet lediglich die Frage nach der Leistung aus dem Rechtsverhältnis, nimmt aber keine Begrenzung der Leistungspflicht im Sinne des Schutzes der Beschäftigten vor. Diese Aufgabe übernimmt der ordnungsrechtliche Arbeitszeitbegriff, der die vom Arbeitgeber festzulegende Höchstgrenze der täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit bestimmt und die Weisungsausübung durch den Arbeitgeber begrenzt (Punkt 4.2). Alle Anwendungsbereiche der Arbeitszeit stimmen in ihrer Definition weitestgehend überein und richten sich – mit wenigen Ausnahmen – nach dem Weisungsrecht. Eine solche Ausnahme bildet insbesondere das Recht der Mitarbeitervertretungen.
Nach Beendigung der normalen Arbeitsschicht um 19:00 Uhr nimmt die Beschäftigte B an einer Personalratssitzung teil. Diese dauert bis 22:00 Uhr. Der Arbeitgeber möchte, dass die Beschäftigte die Tätigkeit um 7:00 Uhr am folgenden Morgen aufnimmt.
Dies wäre nur möglich, wenn die werktägliche Arbeitszeit der B mit dem Ende der Schicht um 19:00 Uhr endet. Die Ruhezeit nach § 5 ArbZG würde dann bis 7:00 Uhr am nächsten Morgen erfüllt sein. Allerdings zählt die Zeit der Teilnahme an der Personalratssitzung als Arbeitszeit i. S. v. § 2 Abs. 1 ArbZG. Dem steht nicht entgegen, dass der Beschäftigte bei der Wahrnehmung der Personalratsaufgaben nicht dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt.
6.2 Weisungsrecht und Entgeltanspruch
Das Weisungsrecht ist Ausdruck der abhängigen Arbeit. Durch sie erfolgt eine Konkretisierung der geschuldeten Leistung. Im Umkehrschluss ist alles, was ein Beschäftigter auf die Weisung des Arbeitgebers an Arbeitsleistung erbringt, grundsätzlich auch zu entgelten.
Dies gilt nicht nur in Bezug auf das versprochene Entgelt und die verschiedenen Bestandteile (z. B. Überstundenzuschläge), sondern auch für pauschalen oder konkreten Auslagenersatz, wenn die Beschäftigten diese Ausgaben bei der Erbringung der angewiesenen Tätigkeit notwendigerweise erbringen mussten und ein Ausgleich vom Arbeitgeber zu erwarten ist.
Aufgrund einer Anweisung des Arbeitgebers sind die Mitarbeiter verpflichtet, die nach den Regelungen einer Dienstvereinbarung zu tragende Dienstkleidung außerhalb ihrer Dienstzeit in einer von 2 Ausgabestellen abzuholen. Sie ha...