1 Einleitung

Der Arbeitnehmer kann bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses von seinem Arbeitgeber die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses verlangen. Das Arbeitszeugnis dient als Unterlage für künftige Bewerbungen des Arbeitnehmers und darf deshalb durch seinen Inhalt dessen weiteres berufliches Fortkommen nicht unnötig erschweren. Außerdem soll das Zeugnis einen Dritten, der die Einstellung des Zeugnisinhaber erwägt, über diesen unterrichten.

Das Erstellen des Arbeitszeugnisses verlangt daher vom Arbeitgeber viel Fingerspitzengefühl: Zum einen muss das darin Mitgeteilte der Wahrheit entsprechen, zum anderen soll das Arbeitszeugnis insgesamt, so die Rechtsprechung, wohlwollend abgefasst sein.

Verstößt der Arbeitgeber gegen die Wahrheitspflicht, indem er dem Arbeitnehmer beispielsweise im qualifizierten Zeugnis Leistungen und positive Verhaltensweisen bescheinigt, die dieser im Betrieb nie gezeigt hatte, kann er vom neuen Arbeitgeber, der auf die Richtigkeit des Zeugnisses vertraut hatte, auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden.

2 Abgrenzung Arbeitszeugnis/Arbeitsbescheinigung

Arbeitsbescheinigungen sind keine Zeugnisse, einem einfachen Zeugnis aber ähnlich. Häufig werden Arbeitsbescheinigungen gefordert, um gewisse Vorteile zu erlangen oder Voraussetzungen zu begründen, wie z. B. verbilligte Fahrkarten, verbilligte Dienstleistungen, Zugang zu einem Studium. Auf die Erteilung solcher Bescheinigungen besteht ein Rechtsanspruch.

Des Weiteren besteht ein Anspruch auf eine Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III. Diese Arbeitsbescheinigung dient der behördlichen Ermittlung des Arbeitslosengeldes nach Höhe und Zeitpunkt der Gewährung. Es ist kein Zeugnisersatz.

Darüber hinaus räumt § 61 Abs. 3 BAT dem Angestellten einen Anspruch ein auf Ausstellung einer Bescheinigung über die Vergütungsgruppe und die zuletzt bezogene Grundvergütung.

3 Wann entsteht ein Zeugnisanspruch?

Der Zeugnisanspruch setzt ein Arbeitsverhältnis voraus. Dauer und Umfang des Arbeitsverhältnisses sind ohne Belang. So hat z. B. das LAG Düsseldorf einen Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis bei nur zweitägiger Tätigkeit bejaht.[1], das LAG Köln nach 6 Wochen.[2] Auch Aushilfen haben einen Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis.

Unterfällt das Arbeitsverhältnis nicht dem BAT, ist Anspruchsgrundlage § 109 GewO.

Wird ein BAT-Arbeitsverhältnis gekündigt, hat der Angestellte einen Anspruch auf unverzügliche Ausstellung eines vorläufigen (sog. einfachen) Zeugnisses (§ 61 Abs. 1 BAT). Daneben gibt es noch das endgültige (sog. qualifiziertes) Zeugnis.

Deren Merkmale sind

 
Einfaches Zeugnis Qualifiziertes Zeugnis
Firmenbogen Firmenbogen
Überschrift Überschrift

Eingangsformel

(Personalien, Gesamtdauer der ­Beschäftigung, Funktionen)
Eingangsformel
Art der Beschäftigung Art der Beschäftigung
Fortbildungsmaßnahmen

Fortbildungsmaßnahmen

Leistungsbeurteilung

Führungsbeurteilung
Austritt aus der Firma Austritt aus der Firma
Eventuell Gründe für das Ausscheiden Eventuell Gründe für das Ausscheiden
Schlussfloskel Schlussfloskel
   
Ort, Datum, Unterschrift Ort, Datum, Unterschrift

Der Anspruch auf ein vorläufiges Zeugnis nach § 61 BAT setzt eine Fristkündigung voraus, also eine ordentliche Kündigung oder eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist. In allen anderen Fällen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wie z. B. Aufhebungsvertrag oder Befristung entfällt dieser Anspruch. Der Angestellte hat in diesen Fällen ein Anspruch auf ein endgültiges Zeugnis, das ihm spätestens bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses auszuhändigen ist.

Sowohl bei der Fristkündigung als auch in den anderen Fällen der Beendigung ist das Zeugnis entgegen einer häufig geübten Praxis nicht von Amts wegen, sondern nur auf Verlangen des Angestellten zu erstellen und auszuhändigen. Erst mit dem Verlangen wird der Zeugnisanspruch fällig. Hat allerdings der Angestellte bei der Fristkündigung ein Zeugnis verlangt, ist das zunächst erstellte vorläufige Zeugnis bei Beendigung von Amts wegen in ein endgültiges Zeugnis umzutauschen, wobei dies sich aber nur auf Antrag auf Führung und Leistung erstreckt.

Der Anspruch auf ein endgültiges Zeugnis bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht auch dann, wenn sich ein Kündigungsschutzprozess anschließt und der Angestellte während dessen Dauer weiter beschäftigt wird.

Auch bei Vertragsbruch hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf unverzügliche Zeugniserteilung, da eine tatsächliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorliegt.

 
Praxis-Tipp

Bei Auszubildenden muss kraft gesetzlicher Verpflichtung bei Beendigung der Berufsausbildung ein Zeugnis ausgestellt werden, und zwar unabhängig davon, ob es zur Abschlussprüfung gekommen ist oder nicht (vgl. auch § 25 MTV AZUBI).

4 Erlöschen des Zeugnisanspruchs

Erfüllung

Der Zeugnisanspruch erlischt mit seiner Erfüllung. Die Zeugnisschuld ist Holschuld. Der Arbeitgeber muss das Zeugnis nach Fälligkeit des Zeugnisanspruchs am Ort seiner Niederlassung zur Abholung bereithalten. Wenn er es nicht rechtzeitig erstellt hat, muss es auf Gefahr und Kosten d...

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