EuGH, Urteil v. 28.2.2018, C-46/17
Die Befristung der Verlängerung eines Arbeitsverhältnisses über die Regelaltersgrenze hinaus ist zulässig.
Sachverhalt
Der Kläger war bei der Beklagten, der Stadt Bremen, seit 2011 als Lehrer beschäftigt. Sein Arbeitsverhältnis sollte nach dem einschlägigen Tarifvertrag mit Erreichen der Regelaltersgrenze enden. Kurz vor Erreichen der Regelaltersgrenze beantragte der Kläger über diesen Zeitpunkt hinaus weiterbeschäftigt zu werden. Die Beklagte erklärte sich einverstanden, das Arbeitsverhältnis bis zum Ende des Schuljahres 2014/2015 zu verlängern. Sie schlossen eine Vereinbarung, wonach "die automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31.7.2015" hinausgeschoben wurde. Im Februar 2015 verlangte der Kläger ein weiteres Hinausschieben der Beendigung um ein Jahr, was die Beklagte jedoch ablehnte. Dagegen erhob er Klage. Er machte geltend, die Vereinbarung über das erstmalige Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts seines Arbeitsverhältnisses verstoße gegen europäisches Recht, sodass die Befristung unwirksam sei. Das zuständige Landesarbeitsgericht hatte Zweifel, ob § 41 Satz 3 SGB VI, wonach es den Vertragsparteien unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist, den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinauszuschieben, nur weil der Arbeitnehmer durch Erreichen der Regelaltersgrenze einen Anspruch auf Altersrente hat, mit dem Verbot der Diskriminierung wegen des Alters gemäß der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 und der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge zur Verhinderung von Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG vereinbar sei.
Die Entscheidung
Das EuGH bejahte dies. § 41 Satz 3 SGB VI ist sowohl mit der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie als auch mit der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge vereinbar.
Das Gericht führte hierzu aus, dass das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters einer nationalen Regelung nicht entgegenstehe, die bei Arbeitnehmern, die die Regelaltersgrenze erreicht haben, das Hinausschieben des Zeitpunkts der Beendigung des Arbeitsverhältnisses von einer befristet erteilten Zustimmung des Arbeitgebers abhängig mache. Personen, die das Rentenalter erreicht haben, würden hierdurch nicht gegenüber Personen, die es noch nicht erreicht haben, benachteiligt. Diese Regelung stelle damit eine Ausnahme vom Grundsatz der automatischen Beendigung des Arbeitsvertrags bei Erreichen der Regelaltersgrenze dar. Der EuGH führte in seiner Begründung weiter aus, dass die Vorschrift das Ziel verfolge, im Einklang mit den Wünschen der Sozialpartner eine flexible und rechtssichere Möglichkeit zu schaffen, ein Arbeitsverhältnis im Bedarfsfall und unter bestimmten Bedingungen über den Zeitpunkt des Erreichens der Regelaltersgrenze hinaus fortzuführen. Durch die Bestimmung, dass die Fortsetzung vereinbart werden müsse, solange das Arbeitsverhältnis noch bestehe, werde sichergestellt, dass das konkrete Arbeitsverhältnis fortgesetzt werde.
Zudem sei auch nicht ersichtlich, dass § 41 Satz 3 SGB VI geeignet sei, den Abschluss aufeinanderfolgender Arbeitsverhältnisse zu fördern oder eine Quelle potenziellen Missbrauchs zulasten der Arbeitnehmer darzustellen; denn der Arbeitnehmer befinde sich im Zeitpunkt des Ausscheidens regelmäßig am Ende seines Berufslebens. Er unterscheide sich nicht nur hinsichtlich seiner sozialen Absicherung von anderen Arbeitnehmern, sondern auch dadurch, dass er sich regelmäßig am Ende seines Berufslebens befinde und damit im Hinblick auf die Befristung seines Vertrags nicht vor der Alternative stehe, in den Genuss eines unbefristeten Vertrags zu kommen.
Auch setze die Vorschrift voraus, dass das Arbeitsverhältnis nahtlos fortgesetzt werde und die übrigen Vertragsbedingungen in keiner Weise geändert werden, wodurch gewährleistet sei, dass der betreffende Arbeitnehmer zu den ursprünglichen Bedingungen weiterbeschäftigt werde und gleichzeitig seinen Anspruch auf eine Altersrente behalte.
Anmerkung:
Der EuGH hat mit seinem Urteil die Zweifel zur Vereinbarkeit dieser Norm mit dem Recht der Europäischen Union, welche wiederholt im Schrifttum bestanden, ausgeräumt.
Von der Vorschrift kann i. Ü. auch im öffentlichen Dienst Gebrauch gemacht werden, da der TVöD/TV-L in § 33 Buchst. a) regelt, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats, in dem der Beschäftigte das gesetzlich festgelegte Alter zum Erreichen der Regelaltersgrenze vollendet hat, endet.
Unter Rn. 56 führt der EuGH aus: "Aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten ergibt sich überdies, dass das Hinausschieben des Zeitpunkts der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach der streitigen Bestimmung voraussetzt, dass noch während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses wirksam vereinbart wird, dass es nahtlos fortgesetzt wird und die übrigen Vertragsbedingungen in keiner Weise geändert werden. Durch diese Beschränkungen ist gewährleistet, dass der betreffende Arbeitnehmer zu den ursprüngl...