8.1 Einführung, tarifliche Ermessensspielräume
Die Entgeltregelungen des TVöD führen bei bestimmten Berufsgruppen – insbesondere in den höheren Entgeltgruppen, z. B. bei IT-Spezialisten und Ingenieuren – in der Praxis zu erheblichen Problemen bei der Personalgewinnung oder Bindung von qualifizierten Fachkräften.
Mit der Tarifänderung 2008 (im TVöD) haben die Tarifvertragsparteien den Spielraum der Arbeitgeber insofern ausgeweitet, als bei Einstellung von Beschäftigten im unmittelbaren Anschluss an ein Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst die bei dem vorherigen Arbeitgeber erworbene Entgeltgruppe und/oder Entgeltstufe ganz oder teilweise berücksichtigt werden kann (§ 17 Abs. 7 TVÜ-VKA,§ 16 Abs. 2a TVöD). Diese tariflichen Regelungen greifen jedoch nur, wenn die/der Beschäftigte bisher bei einem TVöD-Arbeitgeber bzw. einem Arbeitgeber, der einen vergleichbaren Tarifvertrag anwendet, beschäftigt war. Die Tarifregelungen können des Weiteren nur bei Neueinstellungen zur Anwendung kommen. Im Übrigen besteht lediglich die Möglichkeit, zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit im Rahmen der Ermessensvorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD bei der Stufenzuordnung zu berücksichtigen, vorausgesetzt diese Tätigkeit ist für die beim Arbeitgeber vorgesehene Tätigkeit förderlich.
Nur im TVöD für die Sparte der Krankenhäuser (§ 17 Abs. 4.1 TVöD-K) ist eine "Vorweggewährung von Stufen" tariflich vorgesehen: Soweit es zur regionalen Differenzierung, zur Deckung des Personalbedarfs oder zur Bindung von qualifizierten Fachkräften erforderlich ist, kann den Beschäftigten im Einzelfall ein um bis zu 2 Stufen höheres Entgelt ganz oder teilweise vorweggewährt werden; Beschäftigten in der Endstufe können bis zu 20 % des Betrags der Stufe 2 ihrer Entgeltgruppe zusätzlich gezahlt werden.
8.2 "Arbeitsmarktzulage" VKA
Nur für die Beschäftigten in kommunalen Krankenhäusern (TVöD-K) existiert eine tarifliche Regelung mit Ermessensvorschriften, die es erlauben, zur Gewinnung bzw. Bindung von qualifizierten Fachkräften das Entgelt attraktiver auszugestalten. Jedoch besteht auch in den anderen Sparten des TVöD, z. B. in den Pflege- und Betreuungseinrichtungen, Bedarf für entsprechende Spielräume.
Die Mitgliederversammlung der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) hat am 21.11.2008 aus den geschilderten Gründen folgenden Beschluss gefasst.
"Soweit es zur Deckung des Personalbedarfs oder zur Bindung von qualifizierten Fachkräften im Einzelfall erforderlich ist, kann Beschäftigten zusätzlich zu dem ihnen zustehenden Entgelt eine widerrufliche Zulage in Höhe von bis zu 20 v. H. der Stufe 2 ihrer jeweiligen Entgeltgruppe gezahlt werden. Die Zulage kann befristet werden."
Die Entscheidung, ob eine solche – übertarifliche – Arbeitsmarktzulage akzeptiert wird, obliegt den jeweiligen Kommunalen Arbeitgeberverbänden (KAV). Denn die VKA hat es den Kommunalen Arbeitgeberverbänden freigestellt, eine allgemeine übertarifliche Regelung zur Gewährung einer Arbeitsmarktzulage wie oben zitiert zu treffen. Formal gesehen bedarf die Anwendung der übertariflichen Arbeitsmarktzulage somit der vorherigen "Freigabe" durch den jeweils zuständigen Kommunalen Arbeitgeberverband. Beispielsweise hat der KAV Rheinland-Pfalz die Anwendung der übertariflichen Regelung in seiner Sitzung vom 9.12.2008 freigegeben. In Anbetracht der bestehenden Probleme, qualifiziertes Personal zu gewinnen und an die Einrichtung zu binden, ist davon auszugehen, dass auch andere KAVs die Gewährung einer übertariflichen Arbeitsmarktzulage gestatten. Allerdings gestaltet sich die Umsetzung des Beschlusses teilweise sehr restriktiv.
Bei der Arbeitsmarktzulage handelt es sich um eine, im Ermessen des jeweiligen Arbeitgebers stehende übertarifliche Leistung. Die/der Beschäftigte hat keinen Anspruch auf die Arbeitsmarktzulage.
Bei der auf der Grundlage des VKA-Beschlusses gewährten Zulage handelt es sich um eine außer- bzw. übertarifliche Zahlung, die je nach Gemeinde- bzw. Kommunalordnung einer Genehmigung bedarf (z. B. Genehmigung durch das Innenministerium).
8.2.1 Voraussetzungen der Arbeitsmarktzulage
Die Regelung zur Arbeitsmarktzulage kann sowohl für neu eingestellte als auch für bereits im Arbeitsverhältnis stehende, auch für aus dem früheren Tarifrecht übergeleitete Beschäftigte angewendet werden. Die Arbeitsmarktzulage kann unmittelbar bei der Einstellung, aber auch zu einem späteren Zeitpunkt im Laufe des Beschäftigungsverhältnisses gewährt werden.
Die Arbeitsmarktzulage kann gezahlt werden:
- Zur Deckung des Personalbedarfs
Neu eingestellte Beschäftigte ohne Berufserfahrung sind der Stufe 1 zuzuordnen, nur Beschäftigte mit einschlägiger Berufserfahrung kommen direkt in die Stufe 2 bzw. 3. Die Ermessensvorschrift in § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD erlaubt die Zuordnung zu einer höheren Stufe nur, wenn anrechenbare "förderliche Vorzeiten" vorhanden sind.
Verfügt der Bewerber weder über einschlägige Berufserfahrung noch über Zeiten einer förderlichen Berufstätigk...