LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.12.2020, 5 Sa 1081/20
Ein Verzicht auf das tarifliche Direktionsrecht hinsichtlich bestimmter Tätigkeiten bzw. des Arbeitsortes setzt eindeutige, klar auf diesen Gegenstand bezogene Zusagen des öffentlichen Arbeitgebers oder entsprechender Absprachen zwischen den Arbeitsvertragsparteien voraus.
Sachverhalt
Die Klägerin war bei der Beklagten, einem Unternehmen im Regionalverkehrsbereich, beschäftigt. Ursprünglich fand auf das Arbeitsverhältnis der BAT Anwendung, welcher zum 1.9.2005 durch den TV-N Berlin abgelöst wurde. Die Klägerin, die zunächst im Bereich "U-Bahn" als Dienstzuteilerin beschäftigt war, wurde im Zuge dessen in die Entgeltgruppe 5 des TV-N Berlin übergeleitet. Nachdem ihr die Tätigkeit einer Urlaubsplanerin übertragen worden war, klagte sie auf Höhergruppierung und machte zudem geltend, dass die Beklagte ihr eine andere Tätigkeit nicht hätte zuweisen dürfen.
Die Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg.
Zunächst führte das LAG aus, dass sich die auszuübende Tätigkeit aus dem Arbeitsvertrag oder der rechtmäßigen Weisung des Arbeitgebers ergebe. Soweit im Arbeitsvertrag ausnahmsweise die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit auf Dauer und ohne die Möglichkeit der Zuweisung einer anderen Tätigkeit geregelt sei, sei dies für die Dauer des unveränderten Arbeitsvertrages die auszuübende Tätigkeit. Soweit jedoch der Inhalt der auszuübenden Tätigkeit nach dem Arbeitsvertrag dem Direktionsrecht des Arbeitgebers gem. § 106 GewO unterliege, so ergebe sich die auszuübende Tätigkeit aus der rechtmäßigen Weisung des Arbeitgebers. Für den öffentlichen Dienst gelte hierbei die Besonderheit, dass Beschäftigte grundsätzlich verpflichtet seien, jede ihnen zugewiesene Tätigkeit zu verrichten, die den Merkmalen ihrer Entgeltgruppe entsprechen, soweit ihnen diese Tätigkeit billigerweise zugemutet werden können. Insbesondere dann, wenn wie in den im öffentlichen Dienst üblichen Musterverträgen vorgesehen, die Tätigkeit nur nach der Entgeltgruppe bezeichnet sei, ergebe sich hieraus ein arbeitsvertraglicher Versetzungsvorbehalt innerhalb dieser Entgeltgruppe. Die entsprechende Klausel, bei welcher es sich um eine sog. Allgemeine Geschäftsbedingung handele, verstoße nach Auffassung des Gerichts auch nicht gegen die AGB-Kontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB. Insoweit habe der öffentliche Arbeitgeber nur dann einen eingeschränkten Umfang des Direktionsrechts, wenn abweichend von den im öffentlichen Dienst üblichen Musterverträgen der Beschäftigte nicht für einen allgemein umschriebenen Aufgabenbereich eingestellt und lediglich die Entgeltgruppe festgelegt werde, sondern seine Tätigkeit sowohl der Art als auch der Arbeitsstelle nach genau bezeichnet werde. Und auch in diesem Falle müsse feststehen, dass auf diese Weise unter Verzicht auf das tarifliche Direktionsrecht ein dauerhafter, ausschließlicher zukünftiger Arbeitsort festgelegt werden sollte, wozu jedoch eindeutige, klar auf diesen Gegenstand bezogener Zusagen des öffentlichen Arbeitgebers oder entsprechende Absprachen zwischen den Arbeitsvertragsparteien notwendig seien.