Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung bei Verlängerung über Altersgrenze hinaus
Leitsatz (redaktionell)
Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, daß die Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers über eine tarifliche Altersgrenze hinaus der Zustimmung des Betriebsrats bedarf.
Orientierungssatz
Auslegung des § 19 Abs 3 des Manteltarifvertrages Nr 3 und 3a für das Bordpersonal der Deutschen Lufthansa AG und der Condor Flugdienst GmbH vom 2. November 1979, 8 April 1980.
Normenkette
TVG § 1; BetrVG § 99; GG Art. 12 Abs. 1; BetrVG § 117; ArbGG § 83 Abs. 3
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Entscheidung vom 12.08.1986; Aktenzeichen 4 TaBV 141/85) |
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 03.07.1985; Aktenzeichen 11 BV 28/83) |
Gründe
A. Die Beteiligten streiten darum, ob der Betriebsrat für den Landbetrieb Flughafen Frankfurt (im folgenden nur Betriebsrat) der Deutschen Lufthansa (im folgenden Arbeitgeber) mitzubestimmen hat, wenn Arbeitnehmer über die tarifliche Altersgrenze hinaus weiterbeschäftigt werden sollen.
Die Arbeitsverhältnisse des Bordpersonals bestimmen sich u.a. nach dem Manteltarifvertrag Bordpersonal Nr. 3 vom 2. November 1979/8. April 1980, ab 1. Januar 1987 nach dem Manteltarifvertrag Bordpersonal Nr. 3 a (im folgenden nur MTV). Diese bestimmen in § 19 übereinstimmend:
"Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen Erreichens
der Altersgrenze
(1) Das Arbeitsverhältnis endet - ohne daß es
einer Kündigung bedarf - mit Ablauf des Monats,
in dem das 55. Lebensjahr vollendet wird.
.....
(3) Das Arbeitsverhältnis des Angehörigen des
Kabinenpersonals kann bei körperlicher und
beruflicher Eignung in beiderseitigem Einvernehmen
über das 55. Lebensjahr hinaus verlängert
werden.
Wird das Arbeitsverhältnis des Angehörigen des
Kabinenpersonals verlängert, so endet es - ohne
daß es einer Kündigung bedarf - mit Ablauf des
Monats, in dem der Angehörige des Kabinenpersonals
ein weiteres Lebensjahr vollendet hat.
Eine wiederholte Verlängerung ist zulässig. In
jedem Fall endet das Arbeitsverhältnis - ohne
daß es einer Kündigung bedarf - mit Ablauf des
Monats, in dem der Angehörige des Kabinenpersonals
das 60. Lebensjahr vollendet."
Im August 1983 beendete der seit 1956 beschäftigte Angestellte A. sein 55. Lebensjahr. Er war seit 1970 als Divisionschef für das Kabinenpersonal eingesetzt. Nach § 1 Abs. 1 MTV wurde er auch in dieser Position von den Regelungen dieses Tarifvertrags erfaßt. Der Arbeitgeber machte von der Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis nach § 19 Abs. 3 MTV zu verlängern, Gebrauch und beschäftigte den Angestellten weiter. Er beteiligte an dieser Maßnahme weder den Betriebsrat noch die Personalvertretung des Bordpersonals.
Der Betriebsrat hat daraufhin das vorliegende Verfahren anhängig gemacht und zunächst beantragt, dem Arbeitgeber aufzugeben, die von ihm als Einstellung angesehene Maßnahme rückgängig zu machen. Nachdem noch im Laufe des Verfahrens vor dem Arbeitsgericht der Angestellte A. nach Ablauf des Verlängerungsjahres aus den Diensten des Arbeitgebers ausgeschieden war, hat der Betriebsrat beantragt
festzustellen, daß die Einstellung des Mitarbeiters
A. mitbestimmungspflichtig nach
§ 99 BetrVG gewesen ist.
Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des Betriebsrats stattgegeben. Gegen diesen Beschluß hat der Arbeitgeber Beschwerde eingelegt. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens ist die Gruppenvertretung Purseretten/Purser dem Verfahren beigetreten.
Der Arbeitgeber hat beantragt,
unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts
den Antrag des Betriebsrats
abzuweisen,
während der Betriebsrat beantragt hat,
unter Zurückweisung der Beschwerde festzustellen,
daß die Verlängerung eines Arbeitsverhältnisses
gemäß § 19 Abs. 3 MTV
für Mitarbeiter, die einem Landbetrieb des
Arbeitgebers zuzurechnen sind, der Mitbestimmung
des Betriebsrats nach § 99 BetrVG
1972 unterliegt.
Die Gruppenvertretung Purseretten/Purser hat keinen Antrag gestellt.
Soweit das Verfahren die Einstellung des Mitarbeiters A. zum Gegenstand hatte, ist es vom Betriebsrat und vom Arbeitgeber für erledigt erklärt und vom Landesarbeitsgericht eingestellt worden.
Der Arbeitgeber ist der Ansicht, daß eine Weiterbeschäftigung über die tarifliche Altersgrenze hinaus keine mitbestimmungspflichtige Einstellung sei. Zumindest sei dabei nicht der Betriebsrat des Landbetriebs, sondern allenfalls die Personalvertretung des Bordpersonals zu beteiligen.
Das Landesarbeitsgericht hat die Nebenintervention der Gruppenvertretung Purseretten/Purser und die Beschwerde des Arbeitgebers zurückgewiesen, dem Feststellungsantrag des Betriebsrats jedoch stattgegeben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Arbeitgeber seine vor dem Landesarbeitsgericht gestellten Anträge weiter, während der Betriebsrat um Zurückweisung der Rechtsbeschwerde bittet. Die Gruppenvertretung Purseretten/ Purser hat sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert und keine Anträge gestellt.
B. Die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht entschieden, daß die Beschäftigung von Arbeitnehmern über eine Altersgrenze hinaus der Zustimmung des Betriebsrats bedarf.
I. Der Antrag des Betriebsrats ist zulässig, er bedarf jedoch der Auslegung.
1. Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist allein noch der Feststellungsantrag des Betriebsrats, daß die Verlängerung von Arbeitsverhältnissen bestimmter Arbeitnehmer über die tarifliche Altersgrenze hinaus mitbestimmungspflichtig ist. Soweit die Beteiligten zunächst darüber gestritten haben, ob die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses des Angestellten A. zustimmungspflichtig war, haben die Beteiligten das Verfahren für erledigt erklärt, und dieses ist vom Landesarbeitsgericht eingestellt worden. Damit ist auch der Beschluß des Arbeitsgerichts, der allein über den darauf bezogenen Antrag des Betriebsrats entschieden hat, entsprechend § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO wirkungslos geworden (Grunsky, ArbGG, 5. Aufl., § 83 a Rz 4). Erledigt hat sich damit auch der vor dem Landesarbeitsgericht vom Arbeitgeber gestellte Beschwerdeantrag, den Beschluß des Arbeitsgerichts abzuändern und den auf den Angestellten A. bezogenen Antrag des Betriebsrats abzuweisen. Dieser Antrag hätte daher auch vom Landesarbeitsgericht im Tenor seiner Entscheidung nicht mehr beschieden werden dürfen. Das Landesarbeitsgericht und auch der Arbeitgeber, der seinen Beschwerdeantrag noch in der Rechtsbeschwerdebegründung wiederholt hat, haben dies offensichtlich übersehen. Der Arbeitgeber hat daher in der Anhörung vor dem Senat auch klargestellt, daß er über den auf den Angestellten A. bezogenen Antrag des Betriebsrats keine Sachentscheidung mehr begehrt. Der Senat hat zur Klarstellung ausgesprochen, daß der Beschluß des Arbeitsgerichts wirkungslos ist.
2. Der allein noch rechtshängige Antrag des Betriebsrats ist zulässig.
a) Unschädlich ist, daß dieser Antrag erstmals vor dem Landesarbeitsgericht gestellt worden ist. Auch in der Beschwerdeinstanz kann der Antrag geändert und damit auch erweitert werden (§ 87 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 81 Abs. 3 ArbGG), wenn die übrigen Beteiligten zustimmen oder das Landesarbeitsgericht die Änderung für sachdienlich hält. Das Landesarbeitsgericht hat die Erweiterung des Antrags für zulässig gehalten. Diese Entscheidung ist nach § 81 Abs. 3 Satz 3 ArbGG für den Senat bindend.
b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist es zulässig, auch losgelöst von einem konkreten inzwischen erledigten Einzelfall die Feststellung eines umstrittenen Beteiligungsrechts zu beantragen, wenn die Klärung des Beteiligungsrechts für künftige vergleichbare Fälle erforderlich ist (BAGE 39, 259 = AP Nr. 5 zu § 83 ArbGG 1979; Beschluß vom 10. April 1984 - 1 ABR 73/82 - AP Nr. 3 zu § 81 ArbGG 1979; BAGE 51, 151, 156 = AP Nr. 33 zu § 99 BetrVG 1972, zu B I 2 b der Gründe). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Beteiligten haben in der Vergangenheit zumindest in zwei Fällen darüber gestritten, ob die Verlängerung eines Arbeitsverhältnisses über die tarifliche Altersgrenze hinaus mitbestimmungspflichtig ist. Angesichts der Größe der Belegschaft ist jederzeit wieder mit vergleichbaren Fällen zu rechnen. Das Rechtsschutzinteresse an der erbetenen Entscheidung ist damit gegeben.
c) Der Antrag ist auch ausreichend bestimmt. Dem steht nicht entgegen, daß er sich auf die "einem Landbetrieb zuzuordnenden Arbeitnehmer" bezieht. Arbeitnehmer, die vom Geltungsbereich des MTV Bordpersonal erfaßt werden, können betriebsverfassungsrechtlich dem Landbetrieb zuzurechnen sein (Beschluß des Senats vom 14. Oktober 1986 - 1 ABR 13/85 - AP Nr. 5 zu § 117 BetrVG 1972). Ob das der Fall ist, kann im Einzelfall zwischen den Betriebspartnern streitig sein. Das steht jedoch einer Entscheidung der Frage, ob die Weiterbeschäftigung über die tarifliche Altersgrenze hinaus von solchen Arbeitnehmern, die rechtlich dem Landbetrieb zuzuordnen sind, der Zustimmung des Betriebsrats bedarf, nicht entgegen. Wird diese Frage bejaht, steht dieses Beteiligungsrecht des Betriebsrats mit die Beteiligten bindender Wirkung fest. Daß im Einzelfall dieses Beteiligungsrecht im Hinblick auf seine weiteren Voraussetzungen streitig werden kann, ändert nichts daran, daß die Streitfrage und damit die Reichweite einer darauf ergehenden Entscheidung ausreichend bestimmt ist.
Der Antrag erfaßt, wie seine Bezugnahme auf § 19 Abs. 3 MTV Bordpersonal ausweist, auch nur die Fälle, in denen die Arbeitnehmer schon dem Landbetrieb zuzurechnen waren, bevor sie die tarifliche Altersgrenze erreichen und über diese hinaus weiterbeschäftigt werden sollen. Diejenigen Fälle, in denen Angehörige des Bordpersonals mit der Erreichung der tariflichen Altersgrenze aus dem Flugbetrieb ausscheiden und in einem Landbetrieb weiterbeschäftigt werden, sind in § 19 Abs. 4 MTV Bordpersonal geregelt. Sie sind damit nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.
3. Der Antrag des Betriebsrats bedarf der Auslegung. Seinem Wortlaut nach begehrt der Betriebsrat die Feststellung eines Mitbestimmungsrechts bei der "Verlängerung eines Arbeitsverhältnisses" der genannten Mitarbeiter. Das ist mißverständlich und vom Betriebsrat so nicht gemeint, wie die Anhörung vor dem Senat ergeben hat.
Der Senat hat unter Einstellung im Sinne von § 99 BetrVG stets einen Vorgang verstanden, durch den Personen für eine bestimmte Zeit in den Betrieb eingegliedert werden, um dort ebenso wie die bereits beschäftigten Arbeitnehmer zur Erfüllung des arbeitstechnischen Zweckes des Betriebs weisungsgebundene Tätigkeit wahrzunehmen (BAGE 51, 337 = AP Nr. 35 zu § 99 BetrVG 1972; zuletzt Beschluß vom 16. Dezember 1986 - 1 ABR 52/85 - AP Nr. 40 zu § 99 BetrVG 1972, zu B II 1 a der Gründe). Auf das Rechtsverhältnis, in dem diese Personen zum Arbeitgeber stehen, kommt es nicht an. Das Bundesarbeitsgericht hat daher auch entschieden, daß der Arbeitsvertrag eines ohne Zustimmung des Betriebsrats eingestellten Arbeitnehmers nicht wegen des Fehlens dieser Zustimmung unwirksam ist, der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vielmehr ohne Zustimmung des Betriebsrats nicht im Betrieb beschäftigen darf (BAGE 34, 1 = AP Nr. 9 zu Art. 33 Abs. 2 GG). Ist damit Einstellung im Sinne von § 99 BetrVG die tatsächliche Beschäftigung im Betrieb, so kann die Verlängerung eines Arbeitsverhältnisses über eine tarifliche Altersgrenze hinaus - wenn überhaupt - als Einstellung nur insoweit mitbestimmungspflichtig sein, d.h. der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen, als es um die tatsächliche Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb nach Erreichung der tariflichen Altersgrenze geht. Ebenso wie der Abschluß eines Arbeitsvertrags nicht der Zustimmung des Betriebsrats bedarf, bedarf daher auch die vertragliche Verlängerung eines Arbeitsverhältnisses über die tarifliche Altersgrenze hinaus nach § 19 Abs. 3 MTV Bordpersonal nicht der Zustimmung des Betriebsrats. Der Antrag des Betriebsrats ist daher dahin zu verstehen, daß er die Feststellung begehrt, daß die Weiterbeschäftigung über die tarifliche Altersgrenze hinaus von Arbeitnehmern, die dem Landbetrieb zuzurechnen sind, seiner Zustimmung bedarf.
4. Die Gruppenvertretung Purseretten/Purser ist nicht Beteiligte des vorliegenden Verfahrens. Von Amts wegen auch noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz zu beteiligen sind nur solche Stellen und Personen, die nach materiellem Recht an dem vom Antragsteller umschriebenen Gegenstand des Beschlußverfahrens beteiligt sind, weil sie durch die beantragte Sachentscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Stellung betroffen werden (BAGE 37, 31 = AP Nr. 2 zu § 83 ArbGG 1979; BAGE 39, 102, 103 = AP Nr. 3 zu § 80 ArbGG 1979, zu II 3 der Gründe; BAGE 50, 1 = AP Nr. 12 zu § 19 BetrVG 1972). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Falle für die Gruppenvertretung Purseretten/Purser nicht erfüllt. Wie oben unter I 2 dargelegt, bezieht sich der Antrag des Betriebsrats und damit der Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens nur auf solche Arbeitnehmer, die bereits vor Erreichung der tariflichen Altersgrenze dem Landbetrieb zuzurechnen waren und damit aus dem Zuständigkeitsbereich der Personalvertretungen für das fliegende Personal ausgeschieden waren. Die Frage, ob deren Weiterbeschäftigung der Zustimmung des Landbetriebsrats bedarf, berührt daher die Zuständigkeit der Personalvertretungen für das fliegende Personal nicht mehr.
Daß durch eine Weiterbeschäftigung solcher Arbeitnehmer auch Interessen des Bordpersonals berührt werden können, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Für Fälle, in denen beteiligungspflichtige Angelegenheiten sowohl die Interessen der im Flugbetrieb beschäftigten Arbeitnehmer als auch der Arbeitnehmer des Landbetriebs berühren können, sieht § 117 Abs. 2 Satz 2 BetrVG vor, daß die Zusammenarbeit der Personalvertretungen und der Betriebsräte durch Tarifvertrag geregelt werden kann. Ein solcher Tarifvertrag ist für den Bereich des Arbeitgebers bislang nicht zustande gekommen. Es fehlt damit an Beteiligungsrechten oder Zuständigkeiten der Personalvertretungen für das fliegende Personal für solche Fälle, in denen personelle Maßnahmen in bezug auf Arbeitnehmer, die dem Landbetrieb zuzurechnen sind, auch die Interessen der zum Flugbetrieb gehörenden Arbeitnehmer berühren.
Die Gruppenvertretung Purseretten/Purser hat ausweislich der Sitzungsniederschrift über die Anhörung der Beteiligten vor dem Landesarbeitsgericht keinen eigenen Antrag gestellt, über den in der Sache zu entscheiden gewesen wäre. Sie ist daher auch nicht Antragsteller im vorliegenden Verfahren geworden und daher als solcher nicht beteiligt. Gegen die Zurückweisung ihrer "Nebenintervention" hat die Gruppenvertretung Purseretten/Purser kein Rechtsmittel eingelegt. Es bedarf daher auch keiner Entscheidung der Frage, ob eine solche Nebenintervention im Beschlußverfahren zulässig ist und ob eine die Nebenintervention zurückweisende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts einem Rechtsmittel unterliegt.
II. Der Antrag des Betriebsrats ist begründet.
1. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend von der ständigen Rechtsprechung des Senats ausgegangen, wonach der Betriebsrat nach § 99 BetrVG zu beteiligen ist, wenn ein Arbeitsverhältnis über eine ursprünglich vereinbarte Befristung hinaus fortgesetzt werden soll. Der Senat hat dies für Fälle ausgesprochen, in denen das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats enden sollte, in dem der Arbeitnehmer das 65. Lebensjahr vollendet, als auch für Fälle, in denen sich ein befristetes Arbeitsverhältnis automatisch verlängert, wenn der Arbeitgeber keine Nichtverlängerungsanzeige abgibt (BAGE 31, 20 = AP Nr. 9 zu § 99 BetrVG 1972; BAGE 49, 180 = AP Nr. 21 zu § 99 BetrVG 1972; BAGE 53, 237 = AP Nr. 32 zu § 118 BetrVG 1972). In allen diesen Fällen geht es um die Frage, ob der Arbeitnehmer länger als zunächst vorgesehen im Betrieb verbleiben soll. Dieser Umstand kann Zustimmungsverweigerungsgründe im Sinne von § 99 Abs. 2 BetrVG auslösen, die bei der ersten Einstellung nicht gegeben waren. Auch das Bundesverwaltungsgericht sieht unter Zugrundelegung dieser Erwägungen eine Vertragsverlängerung als mitbestimmungspflichtige Einstellung an (BVerwGE 57, 280).
2. Die Angriffe der Rechtsbeschwerde geben keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.
a) Soweit die Rechtsbeschwerde auf den Unterschied zu dem vom Senat im Beschluß vom 18. Juli 1978 (BAGE 31, 20 = AP Nr. 9 zu § 99 BetrVG 1972) entschiedenen Fall einer Altersgrenze von 65 Jahren hinweist, ist dieser Unterschied ohne Bedeutung. Entscheidend ist, daß im Falle einer tariflichen Altersgrenze die Beteiligung des Betriebsrats, wie bei jeder befristeten Einstellung, zunächst nur bis zu der vorgesehenen Beendigung des Arbeitsverhältnisses reicht.
b) Unerheblich ist auch, ob die Vereinbarung einer Altersgrenze eine Befristung oder eine auflösende Bedingung darstellt. Das ist von Bedeutung allenfalls für die Rechtsbeziehungen zwischen den Arbeitsvertragsparteien. Anknüpfungspunkt für die Beteiligung des Betriebsrats ist die tatsächliche Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb über die zunächst vorgesehene Zeit hinaus, nicht aber die Verlängerung des Arbeitsvertrags, gleichgültig, auf welche rechtliche Weise dies geschieht. Es kommt daher auch nicht darauf an, ob die Arbeitsvertragsparteien die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses über die Altersgrenze hinaus erst bei Erreichung dieser Altersgrenze oder - gegebenenfalls schon längere Zeit - vorher vereinbaren.
c) Der Umstand, daß sich die Mitbestimmungspflichtigkeit der Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers über eine Altersgrenze hinaus auch dahin auswirken kann, daß der Arbeitnehmer nicht weiterbeschäftigt werden darf, rechtfertigt ebenfalls keine andere Beurteilung. Schon das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei einer ersten Einstellung ist naturgemäß darauf angelegt, daß es sich auch zu Lasten des einzustellenden Arbeitnehmers auswirkt. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Einstellung soll nämlich in erster Linie Interessen der im Betrieb schon vorhandenen Arbeitnehmer wahren. Wenn daher ein Arbeitnehmer mit Erreichen der Altersgrenze seinen Arbeitsplatz "verliert", weil der Betriebsrat seiner Weiterbeschäftigung zu Recht die Zustimmung verweigert, so folgt dies ebenso aus dem Zweck der Mitbestimmung des Betriebsrats wie die Tatsache, daß ein Arbeitnehmer einen angestrebten Arbeitsplatz nicht "erhält", weil der Betriebsrat seine Zustimmung zur Einstellung dieses Arbeitnehmers verweigert.
d) Wenn der Betriebsrat einer Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers über die vereinbarte Altersgrenze hinaus seine Zustimmung verweigert, so wird dadurch auch nicht in Rechte des Arbeitnehmers eingegriffen. Das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers endet auf der Grundlage der vertraglichen Regelung mit dem Erreichen der tariflichen Altersgrenze. Einen Anspruch auf Abschluß eines Verlängerungsvertrags hat der Arbeitnehmer nicht. Er wird daher auch nicht in seinen Rechten verletzt, wenn der Arbeitgeber eine solche Vertragsverlängerung deswegen nicht vereinbart, weil der Betriebsrat einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers seine Zustimmung zu Recht verweigert.
e) Soweit schließlich die Rechtsbeschwerde das Grundrecht der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG durch die Rechtsprechung des Senats als gefährdet ansieht, verkennt sie Inhalt und Funktion des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 99 BetrVG. Das Grundrecht der Berufsfreiheit der Arbeitsvertragsparteien wird in erster Linie durch die Regelung in § 19 Abs. 3 MTV Bordpersonal berührt. Die Tarifvertragsparteien haben eine Altersgrenze aus sachlichen, den Besonderheiten des Flugverkehrs Rechnung tragenden Erwägungen vereinbart. Ob diese in jedem Einzelfall eine automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Erreichen der Altersgrenze rechtfertigen, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden. Der Umstand, daß eine mögliche Weiterbeschäftigung über die Altersgrenze hinaus am Widerstand des Betriebsrats scheitern kann, führt nicht zu einem Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Der Betriebsrat kann einer beabsichtigten Weiterbeschäftigung über die Altersgrenze hinaus nur aus schwerwiegenden Gründen, wie sie in § 99 Abs. 2 BetrVG abschließend aufgezählt sind, seine Zustimmung verweigern. Die zu Unrecht verweigerte Zustimmung kann nach § 99 Abs. 4 BetrVG durch das Arbeitsgericht ersetzt werden. Im Verhältnis zum Arbeitgeber stellt die Beteiligung des Betriebsrats an personellen Maßnahmen, wie sie in § 99 BetrVG näher ausgestaltet ist, eine zulässige Regelung der Berufsausübung dar, die durch das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 GG gerechtfertigt ist. Gleiches gilt im Verhältnis zum Arbeitnehmer. Art. 12 Abs. 1 GG gibt dem Arbeitnehmer keinen Anspruch auf einen Arbeitsplatz überhaupt oder für eine bestimmte Zeit. Er gebietet auch nicht, die Chance des Arbeitnehmers, einen Arbeitsplatz zu erhalten oder zu behalten, nur von der Entscheidung des Arbeitgebers abhängig zu machen.
Damit erweist sich die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers als unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend entschieden. Der Senat hat zur Klarstellung den Tenor der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts jedoch neu gefaßt.
Dr. Kissel Matthes Dr. Weller
Rösch Dr. Hoffmann
Fundstellen
Haufe-Index 437087 |
BB 1988, 2176 (LT1) |
DB 1989, 633-634 (LT1) |
AiB 1989, 21-22 (LT1) |
AuB 1989, 31-31 (T) |
JR 1989, 220 |
NZA 1988, 577 |
RdA 1988, 384 |
ZTR 1989, 38-38 (LT1) |
AP § 99 BetrVG 1972 (LT1), Nr 54 |
AR-Blattei, ES 1170 Nr 10 (LT1) |
AR-Blattei, Lufthansa Entsch 10 (LT1) |
EzA § 99 BetrVG 1972, Nr 59 (LT1) |