Entscheidungsstichwort (Thema)
Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung. Grundsatz der Gegnerunabhängigkeit. Durchsetzungskraft. Leistungsfähigkeit der Organisation
Leitsatz (amtlich)
- Auch eine relativ kleine Arbeitnehmervereinigung kann die für eine Gewerkschaft erforderliche Durchsetzungsfähigkeit besitzen, wenn in ihr spezialisierte Arbeitnehmer organisiert sind, die von Arbeitgeberseite im Falle von Arbeitskämpfen kurzfristig nur schwer ersetzbar sind.
- Beschränkt eine Gewerkschaft ihre Zuständigkeit auf eine Berufsgruppe, die sich räumlich auf wenige Schwerpunkte konzentriert, kann auch ein relativ kleiner organisatorischer Apparat leistungsfähig genug sein, um die gewerkschaftlichen Aufgaben wahrzunehmen.
- Eine Gewerkschaft muss strukturell vom sozialen Gegenspieler unabhängig sein. Dieser Grundsatz ist erst dann verletzt, wenn durch personelle oder organisatorische Verflechtungen oder durch wesentliche finanzielle Zuwendungen die eigenständige Interessenwahrnehmung der Tarifvertragspartei ernsthaft gefährdet wird.
Orientierungssatz
- Eine Arbeitnehmervereinigung ist eine Gewerkschaft im arbeitsrechtlichen Sinne nur, wenn sie gewisse Mindestvoraussetzungen erfüllt. Sie muss sich als satzungsmäßige Aufgabe die Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder in deren Eigenschaft als Arbeitnehmer gesetzt haben und willens sein, Tarifverträge abzuschließen. Sie muss frei gebildet, gegnerfrei, unabhängig und auf überbetrieblicher Grundlage organisiert sein und das geltende Tarifrecht als verbindlich anerkennen. Darüber hinaus muss sie Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler besitzen und über eine gewisse Leistungsfähigkeit der Organisation verfügen.
- Nicht jegliche Beeinträchtigung der Unabhängigkeit schließt die Gewerkschaftseigenschaft aus. Dies ist erst der Fall, wenn die Abhängigkeit vom sozialen Gegenspieler in der Struktur der Arbeitnehmervereinigung angelegt ist. Maßgeblich für die Beurteilung sind die Umstände des Einzelfalls.
- Für die Beurteilung der Durchsetzungskraft kommt der Mitgliederzahl entscheidende Bedeutung zu. Die Organisationsstärke ist unter Berücksichtigung des von der Arbeitnehmervereinigung gewählten räumlichen und fachlichen Zuständigkeitsbereichs zu bewerten. Bei einer nur kleinen Zahl von Mitgliedern kann sich die Möglichkeit einer Arbeitnehmervereinigung, empfindlichen Druck auf den sozialen Gegenspieler auszuüben, auch daraus ergeben, dass es sich bei den organisierten Arbeitnehmern um Spezialisten in Schlüsselstellungen handelt, die von der Arbeitgeberseite im Falle eines Arbeitskampfs kurzfristig überhaupt nicht oder nur schwer ersetzt werden können.
- Ob der vorhandene organisatorische Aufbau genügt, um die einer Gewerkschaft gestellten Aufgaben zu erfüllen, richtet sich ebenfalls nach dem von der Arbeitnehmervereinigung gewählten Zuständigkeitsbereich. Ist dieser auf eine Berufsgruppe und wenige räumliche Schwerpunkte konzentriert, kann auch ein relativ kleiner, zentralisierter Apparat ausreichen.
- Doppelmitgliedschaften von Arbeitnehmern in mehreren Arbeitnehmervereinigungen stehen deren Gewerkschaftseigenschaft nicht entgegen. Sie stellen auch deren Durchsetzungskraft nicht in Frage.
- Der Grundsatz der Tarifeinheit hindert das Nebeneinander konkurrierender Gewerkschaften nicht.
Normenkette
GG Art. 9 Abs. 3 S. 1; TVG § 2 Abs. 1; ArbGG § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 83 Abs. 3, § 97 Abs. 1, § 97Abs. 2, § 97 Abs. 5 Sätze 1-2; ZPO § 256 Abs. 1, § 559 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 8. August 2003 – 12 TaBV 138/01 – wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Die Beteiligten streiten über die Tariffähigkeit des Beteiligten zu 2).
Antragstellerin ist die durch den Zusammenschluss der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) und anderer Gewerkschaften entstandene Rechtsnachfolgerin der früheren Beteiligten zu 1), der Deutschen Angestelltengewerkschaft (DAG). Ihr gehören etwa 3 Mio. Mitglieder an. Der Beteiligte zu 2) entstand als Berufsverband der in der Kabine beschäftigten Flugbegleiter. Diese Berufsgruppe umfasst bundesweit etwa 20.000 Arbeitnehmer. Davon sind – etwa – 13.000 bei der Deutschen Lufthansa AG Passage (DLH), 1.500 bei der Condor Flugdienst GmbH (CFG), 1.300 bei der LTU Lufttransport-Unternehmen GmbH (LTU), 800 bei der Hapag Lloyd Flug (HF), 700 bei der Lufthansa City Line GmbH (CLH), jeweils 500 bei der Air Berlin und der Aero Lloyd sowie 160 bei der German Wings GmbH beschäftigt. Für etwa 14.000 Flugbegleiter sind Frankfurt am Main und München die Heimatflughäfen. Ziel des Beteiligten zu 2) war es zunächst, Mitgliedern der ÖTV und der DAG eine gemeinsame Plattform zu geben. Weil der Rückhalt der Gewerkschaften ÖTV und DAG innerhalb der Berufsgruppe der Flugbegleiter zunehmend sank, beschloss der Beteiligte zu 2) im Jahr 1999, nunmehr selbst als Gewerkschaft aufzutreten und den Abschluss von Tarifverträgen anzustreben. Er änderte seine Satzung entsprechend. In dieser heißt es jetzt ua.:
Ҥ 2 Zweck der Organisation
Zweck des nachfolgend als Organisation bezeichneten Vereins ist:
1. Förderung und Wahrung der Belange des Flugbegleiterpersonals in Deutschland und die Verfolgung der berufsundtarifpolitischen Interessen, insbesondere durch Abschluss von Tarifverträgen, erforderlichenfalls unter Einsatz von Maßnahmen des Arbeitskampfes.
UFO zahlt Streikunterstützung. Näheres regeln die Regularien zu Arbeitskampfmaßnahmen und Streikunterstützung.
…”
Der Beteiligte zu 2) verabschiedete entsprechende Regularien. Diese sehen bei einer Teilnahme an Arbeitskämpfen von mehr als drei Tagen eine von der Dauer der Mitgliedschaft und der Höhe des Mitgliedsbeitrags abhängige Streikunterstützung vor. Der Mitgliedsbeitrag beträgt nach der Satzung des Beteiligten zu 2) 0,5 % der monatlichen Grundvergütung. Einen Arbeitskampf führte der Beteiligte zu 2) bislang nicht. Seine Mitgliederzahlen stiegen seit 1999 beständig an. Von damals etwa 4.000 beitragszahlenden Mitgliedern erhöhte sich die Zahl über 4.524 am 17. August 2001 auf 6.467 am 31. März 2002. Dabei handelt es sich überwiegend um Arbeitnehmer des Lufthansa-Konzerns.
Der Beteiligte zu 2) verfügt über Geschäftsräume in M.… In diesen waren – zum Zeitpunkt der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts – zwei Büroangestellte auf 1,5 Stellen, ein Angestellter für Steuerfragen auf einer halben Stelle, ein Angestellter für Buchhaltung und Verwaltung auf einer halben Stelle und zwei EDV-Fachleute auf einer halben Stelle beschäftigt. Daneben waren beim Beteiligten zu 2) drei von Unternehmen des Lufthansa-Konzerns freigestellte Angestellte tätig, nämlich Herr H… als Ressortleiter Tarif in Vollzeit sowie Herr L… und Frau R… jeweils auf einer halben Stelle. Herr L… war für Berufspolitik, Frau R… für Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Daneben war Frau S… als Tarifund Rechtsberaterin tätig. Darüber hinaus stützt sich der Beteiligte zu 2) bei seiner Tätigkeit in erheblichem Umfang auf ehrenamtliche Mitarbeiter. Für das Ressort Altersversorgung waren Herr W… und Herr B…, für das Ressort Arbeitsrecht Herr L… und für strategische Fragen Herr S… zuständig. Diese im Ruhestand befindlichen ehrenamtlichen Mitarbeiter verfügen als langjährige Mitglieder von Personalvertretungen des fliegenden Personals und als Teilnehmer an Tarifverhandlungen über umfangreiche einschlägige Erfahrungen.
Der Beteiligte zu 2) hat für die verschiedenen Luftfahrtunternehmen insgesamt acht Tarifkommissionen gebildet und vollständig besetzt. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hatte er 14 Tarifverträge abgeschlossen. Dabei handelt es sich überwiegend um Anschlusstarifverträge. Darunter sind aber auch solche, mit denen von der Antragstellerin geschlossene Tarifverträge modifiziert oder ergänzt wurden, sowie eigenständige Tarifverträge wie der mit der Arbeitsrechtlichen Vereinigung Hamburg (AVH) für die CFG am 1. Januar 2002 geschlossene Tarifvertrag “Entgeltumwandlung Privatrente”, der am 9. Januar 2003 mit der German Wings GmbH für das Kabinenpersonal geschlossene Tarifvertrag Personalvertretung und der mit der Augsburg Airways GmbH & Co. KG am 3. April 2003 geschlossene Vergütungstarifvertrag Nr. 1 für das Kabinenpersonal. Die DLH hatte bis zum Jahr 2001 unmittelbare Tarifverhandlungen und Tarifabschlüsse mit dem Beteiligten zu 2) abgelehnt. Am 2. Juli 2002 schloss dann aber die AVH, welche die Unternehmen der DLH in Tarifverhandlungen vertritt, mit dem Beteiligten zu 2) eine Eckpunktevereinbarung, nach der der Beteiligte zu 2) in Themen der Tarifpolitik, die spezifisch die Kabine betreffen, “gleichberechtigter Tarifpartner” ist. Dem folgte am 5. Juli 2002 ein vom Beteiligten zu 2) mit der AVH geschlossener Tarifvertrag, nach dem “alle Tarifverträge für den Geltungsbereich Kabinenpersonal der Deutschen Lufthansa AG (…) vollinhaltlich als Tarifverträge der Tarifpartner AVH einerseits und UFO andererseits übernommen” werden. Auf dieser Grundlage schloss der Beteiligte zu 2) mit der DLH den Vergütungstarifvertrag Nr. 24 vom 7. März 2003 und den Tarifvertrag Versorgung Kabine vom 20./27. Mai 2003, mit dem Tarifverträge der Antragstellerin übernommen wurden. Die Regelung unter Ziff. IX des Vergütungstarifvertrages Nr. 24 (Eckpunkte zur Sicherung der Arbeitsplätze im Lufthansa-Konzern in Krisenzeiten) wurde vom Beteiligten zu 2) ergänzend ausgehandelt und später von der Antragstellerin übernommen.
Im Sommer 2000 wurden drei vom Beteiligten zu 2) vorgeschlagene Kandidaten in den – zu 10) beteiligten – Aufsichtsrat der CFG – der Beteiligten zu 9) – gewählt. Ein von der Antragstellerin gegen diese Wahl eingeleitetes Anfechtungsverfahren wurde vom Arbeitsgericht gemäß § 97 Abs. 5 ArbGG ausgesetzt.
Bei den Personalvertretungswahlen im Mai 2001 errangen die Kandidaten auf Wahlvorschlägen, die vom Beteiligten zu 2) unterstützt wurden, bei der DLH, der LTU, der CFG und der HF erhebliche Erfolge.
Die Antragstellerin hat mit der – von ihrer Rechtsvorgängerin eingereichten – Antragsschrift geltend gemacht, der Beteiligte zu 2) sei keine Gewerkschaft. Ihm fehle die erforderliche Mächtigkeit und Leistungsfähigkeit. Er sei nicht finanzkräftig genug, um einen Arbeitskampf zu führen und etwaige Schadensersatzforderungen für rechtswidrige Streikhandlungen abzudecken. Auch liege keine überbetriebliche Organisation vor, denn seine Mitglieder seien überwiegend Arbeitnehmer des Lufthansa-Konzerns. Seine Gegnerunabhängigkeit sei fraglich, weil der als Leiter des Tarifressorts tätige Herr H… bei der DLH lediglich freigestellt sei. Der Beteiligte zu 2) verfüge auch nicht über die erforderliche Organisationsstruktur, um seine satzungsmäßigen Aufgaben bundesweit zu erfüllen. Der Abschluss von Anschlusstarifverträgen sei kein hinreichender Anhalt für die soziale Mächtigkeit. Einer Anerkennung als Gewerkschaft stehe schließlich die Gefahr der Tarifkonkurrenz entgegen.
Die Antragstellerin und der Beteiligte zu 3) haben beantragt
festzustellen, dass der Beteiligte zu 2) keine tariffähige Gewerkschaft ist.
Die Beteiligten zu 2), 5), 6) und 8) haben beantragt, den Antrag abzuweisen.
Die weiteren Beteiligten haben keine Anträge gestellt.
Der Beteiligte zu 2) hat die Auffassung vertreten, er erfülle alle Voraussetzungen einer Gewerkschaft. Am 9. Mai 2003 seien 9.971 Flugbegleiter bei ihm Mitglied gewesen. Wegen der besonderen Branchenstruktur sei für eine hinreichende Durchsetzungsfähigkeit keine breite Organisation in der Fläche erforderlich, sondern eine große Repräsentanz in den Flugbetrieben ausreichend. Die Mitarbeiter L…, R… und S… seien bei ihm hauptamtlich gegen Vergütung beschäftigt. Dies habe auch für Herrn H… gegolten, der mittlerweile – so das Vorbringen des Beteiligten zu 2) im Rechtsbeschwerdeverfahren – nicht mehr für ihn tätig sei.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die nur von der Antragstellerin eingelegte Beschwerde zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt diese ihren Antrag weiter. Der Beteiligte zu 2) bittet um Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben deren Antrag zu Recht abgewiesen. Der Beteiligte zu 2) ist eine Gewerkschaft. Er erfüllt alle hierfür erforderlichen Voraussetzungen.
I. Der Senat hat neben den in den Vorinstanzen bereits beteiligten Personen, Vereinigungen und Stellen die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) angehört. Diese ist am Verfahren beteiligt.
1. Die Beteiligung an einem Verfahren zur Entscheidung über die Tariffähigkeit einer Vereinigung von Arbeitnehmern ist – wie auch sonst in Beschlussverfahren – noch im Rechtsbeschwerdeverfahren von Amts wegen zu prüfen. Personen und Stellen, die bis dahin zu Unrecht nicht gehört wurden, sind auch ohne Rüge zum Verfahren hinzuzuziehen (vgl. BAG 6. Juni 2000 – 1 ABR 10/99 – BAGE 95, 36, 39 = AP TVG § 2 Nr. 55 = EzA TVG § 2 Nr. 24, zu B I 3a der Gründe). Dagegen ist im Rechtsbeschwerdeverfahren grundsätzlich von Amts wegen nicht zu prüfen, ob sämtliche in den Vorinstanzen beteiligten Personen, Vereinigungen und Stellen zu Recht angehört wurden (vgl. BAG 10. September 1985 – 1 ABR 32/83 – BAGE 49, 322, 328 f. = AP TVG § 2 Nr. 34 = EzA TVG § 2 Nr. 14, zu B III 2 der Gründe; Matthes in Germelmann/Matthes/ Prütting/Müller-Glöge ArbGG § 83 Rn. 35).
Wer in einem Verfahren nach § 97 Abs. 1, § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG beteiligt ist, ergibt sich aus § 83 Abs. 3 ArbGG, der gemäß § 97 Abs. 2 ArbGG entsprechend anzuwenden ist. Maßgeblich ist die unmittelbare Betroffenheit in der Rechtsstellung als Arbeitnehmer- oder Arbeitgebervereinigung. Daher ist stets die Vereinigung beteiligt, über deren Tariffähigkeit gestritten wird. Beteiligt sind ferner die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite, soweit die Entscheidung sie berühren kann. Dabei ist grundsätzlich die Beteiligung der jeweiligen Spitzenverbände ausreichend (BAG 25. November 1986 – 1 ABR 22/85 – BAGE 53, 347, 351 f. = AP TVG § 2 Nr. 36 = EzA TVG § 2 Nr. 17, zu B I 3a der Gründe; 6. Juni 2000 – 1 ABR 10/99 – BAGE 95, 36, 40 = AP TVG § 2 Nr. 55 = EzA TVG § 2 Nr. 24, zu B I 3b und c der Gründe mwN). Erstreckt sich die Zuständigkeit der Vereinigung, deren Tariffähigkeit umstritten ist, auf das Gebiet mehrerer Bundesländer, ist in dem Verfahren auch die oberste Arbeitsbehörde des Bundes beteiligt (vgl. BAG 25. November 1986 – 1 ABR 22/85 – aaO; 6. Juni 2000 – 1 ABR 10/99 – aaO, zu B I 3d der Gründe).
2. Hiernach sind am vorliegenden Verfahren neben der Antragstellerin und dem Beteiligten zu 2) als Spitzenverband auf Arbeitgeberseite die BDA sowie als oberste Arbeitsbehörde des Bundes das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit beteiligt. Darüber hinaus ist als Spitzenorganisation auf Arbeitgeberseite die VKA beteiligt. Zu deren Mitgliedern gehört die nicht der BDA angehörende AVH, die ausweislich ihrer Satzung als Arbeitgeberverband den Zweck verfolgt, Tarifverträge abzuschließen, und in der wiederum ua. die DLH und die CFG organisiert sind.
Nicht von Amts wegen zu prüfen war im Rechtsbeschwerdeverfahren die Frage, ob neben der Beteiligung der antragstellenden Einzelgewerkschaft eine Beteiligung des DGB erforderlich war (vgl. dazu BAG 6. Juni 2000 – 1 ABR 10/99 – BAGE 95, 36, 40 = AP TVG § 2 Nr. 55 = EzA TVG § 2 Nr. 24, zu B I 3c bb der Gründe). Gleiches gilt für die Frage, ob es trotz der Gegenwartsbezogenheit des Antrags – vgl. dazu sogleich unter B II 1 – der Anhörung der Beteiligten des ausgesetzten Wahlanfechtungsverfahrens bedurfte. Diese haben weder Rechtsmittel eingelegt noch Sachanträge gestellt. Auch sind gegen ihre Beteiligung Rügen nicht erhoben worden.
II. Der Antrag ist zulässig.
1. Gegenstand des Verfahrens ist die Entscheidung über die Tariffähigkeit einer Vereinigung, für die nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig sind.
Der Antrag ist nicht vergangenheitsbezogen, sondern auf die Gegenwart gerichtet. Allerdings war Anlass des Verfahrens ein Aussetzungsbeschluss nach § 97 Abs. 5 Satz 1 ArbGG in einem Wahlanfechtungsverfahren, in dem das Arbeitsgericht die Frage der Gewerkschaftseigenschaft des Beteiligten zu 2) für entscheidungserheblich erachtet hat. Dies könnte den Schluss nahe legen, es gehe in vorliegendem Verfahren darum, ob der Beteiligte zu 2) zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme eines Wahlvorschlagsrechts nach § 16 Abs. 2 MitbestG im Sommer 2000 eine Gewerkschaft war. Ein derartiges Verständnis des Antrags würde jedoch dem Begehr der Antragstellerin nicht gerecht. Dieser geht es ersichtlich um eine gegenwärtige Feststellung. Das machen der ausdrücklich auf die Gegenwart bezogene Wortlaut des Antrags und dessen Begründung deutlich. Sowohl die Antragstellerin als auch der Beteiligte zu 2) haben ihren Vortrag im Laufe des Verfahrens an den jeweils gegenwärtigen Verhältnissen und nicht an denjenigen orientiert, die im Sommer 2000 bestanden. Dementsprechend hat auch das Landesarbeitsgericht den Antrag als auf eine gegenwärtige Feststellung gerichtet verstanden und in den Entscheidungsgründen ausgeführt, der Beteiligte zu 2) erfülle “jedenfalls nach der aktuellen Entwicklung” alle Kriterien einer tariffähigen Gewerkschaft. Die Beteiligten haben gegen dieses gegenwartsbezogene Verständnis keine Einwendungen erhoben, sondern es in der Anhörung vor dem Senat bestätigt. Der Umstand, dass bei diesem gegenwartsbezogenen Verständnis des Antrags möglicherweise die Vorfrage, wegen derer das Wahlanfechtungsverfahren ausgesetzt wurde, keiner verbindlichen Klärung zugeführt wird, rechtfertigt keine vergangenheitsbezogene Auslegung des Antrags.
Dabei bezieht sich ein gegenwartsbezogener Feststellungsantrag auch noch im Revisions- oder Rechtsbeschwerdeverfahren nicht auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt, sondern auf die letzte mündlichen Verhandlung vor dem Revisions- bzw. Rechtsbeschwerdegericht. Allerdings unterliegt nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO nur das Parteivorbringen der Beurteilung des Revisions- bzw. Rechtsbeschwerdegerichts, das aus dem Berufungsurteil, bzw. dem Beschwerdebeschluss oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Die Berücksichtigung materiellrechtlich bedeutsamer Tatsachen, die erst nach der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz entstanden sind, ist daher regelmäßig ausgeschlossen. Aus Gründen der Prozessökonomie gilt das dann nicht, wenn die neu entstandenen Tatsachen unstreitig sind und schützenswerte Belange der anderen Beteiligten nicht entgegenstehen (vgl. BGH 9. Juli 1998 – IX ZR 272/96 – BGHZ 139, 214, 221, zu III 1 der Gründe; 12. Januar 2001 – V ZR 468/99 – NJW 2001, 1272, 1273, zu II 3b dd der Gründe; BAG 16. Mai 1990 – 4 AZR 145/90 – BAGE 65, 147, 151 = AP ZPO § 554 Nr. 21 = EzA ZPO § 554 Nr. 5, zu I der Gründe). Werden dagegen materiellrechtlich bedeutsame neue Tatsachen bestritten, können sie bei der Entscheidung des Revisions- bzw. Rechtsbeschwerdegerichts keine Berücksichtigung finden. Sie können dann aber in einem späteren Verfahren vorgebracht werden und sind dort nicht präkludiert.
2. Die Antragstellerin ist gemäß § 97 Abs. 1 ArbGG antragsberechtigt. Hierfür ist es ausreichend, wenn der räumliche und sachliche Zuständigkeitsbereich der antragstellenden Vereinigung sich zumindest teilweise mit den Zuständigkeitsbereichen der Vereinigung deckt, deren Tariffähigkeit bestritten wird (vgl. BAG 6. Juni 2000 – 1 ABR 10/99 – BAGE 95, 36, 39 = AP TVG § 2 Nr. 55 = EzA TVG § 2 Nr. 24, zu B I 2 der Gründe). Dies ist hier der Fall. Soweit eine antragstellende Vereinigung die Tariffähigkeit einer anderen Vereinigung bestreitet, muss sie selbst tariffähig sein (vgl. BAG 6. Juni 2000 – 1 ABR 10/99 – aaO). Das steht bei der Antragstellerin nicht im Zweifel und wird auch vom Beteiligten zu 2) nicht in Abrede gestellt. Da die Antragsberechtigung der Antragstellerin bereits aus § 97 Abs. 1 ArbGG folgt, kann dahinstehen, ob sie sich bei dem gegenwartsbezogenen Verständnis ihres Antrags auch – noch – aus § 97 Abs. 5 Satz 2 ArbGG rechtfertigen ließe.
3. Die Antragstellerin hat an der begehrten Feststellung das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse. Das Feststellungsinteresse folgt schon daraus, dass die rechtskräftige Entscheidung über die Tariffähigkeit Wirkung für und gegen alle hat (BAG 6. Juni 2000 – 1 ABR 10/99 – BAGE 95, 36, 38 f. = AP TVG § 2 Nr. 55 = EzA TVG § 2 Nr. 24, zu B I 1 der Gründe).
III. Der Antrag ist, wie das Landesarbeitsgericht mit im Wesentlichen zutreffender Begründung erkannt hat, unbegründet. Der Beteiligte zu 2) ist eine Gewerkschaft.
1. Nach der Rechtsprechung des Senats muss eine Arbeitnehmervereinigung bestimmte Mindestvoraussetzungen erfüllen, um tariffähig und damit eine Gewerkschaft im arbeitsrechtlichen Sinne zu sein. Sie muss sich als satzungsgemäße Aufgabe die Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder in deren Eigenschaft als Arbeitnehmer gesetzt haben und willens sein, Tarifverträge abzuschließen. Sie muss frei gebildet, gegnerfrei, unabhängig und auf überbetrieblicher Grundlage organisiert sein und das geltende Tarifrecht als verbindlich anerkennen. Weiterhin ist Voraussetzung, dass die Arbeitnehmervereinigung ihre Aufgabe als Tarifpartnerin sinnvoll erfüllen kann. Dazu gehört einmal die Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler, zum anderen aber auch eine gewisse Leistungsfähigkeit der Organisation (vgl. BAG 25. November 1986 – 1 ABR 22/85 – BAGE 53, 347, 355 f. = AP TVG § 2 Nr. 36 = EzA TVG § 2 Nr. 17, zu B II 2, 3 der Gründe; 16. Januar 1990 – 1 ABR 10/89 – BAGE 64, 16, 19 ff. = AP TVG § 2 Nr. 39 = EzA TVG § 2 Nr. 18, zu B II 1, 2 der Gründe; 16. Januar 1990 – 1 ABR 93/88 – AP TVG § 2 Nr. 38 = EzA TVG § 2 Nr. 19, zu II B 1 der Gründe; 6. Juni 2000 – 1 ABR 10/99 – BAGE 95, 36, 42 = AP TVG § 2 Nr. 55 = EzA TVG § 2 Nr. 24, zu B II 1 der Gründe). Diese Rechtsprechung ist verfassungsgemäß (vgl. BVerfG 20. Oktober 1981 – 1 BvR 404/78 – BVerfGE 58, 233, 248 ff. = AP TVG § 2 Nr. 31 = EzA TVG § 2 Nr. 13, zu B I 2 der Gründe; vgl. auch 16. September 1991 – 1 BvR 453/90 – EzA TVG § 2 Nr. 19a). Darüber hinaus ist sie durch die Beschreibung der rechtlichen Grundlagen zur Beurteilung der Gewerkschaftseigenschaft im Staatsvertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 18. Mai 1990 und dem Gemeinsamen Protokoll über Leitsätze, A III Nr. 2 iVm. Dem Zustimmungsgesetz des Deutschen Bundestags vom 25. Juni 1990 (BGBl. II S. 518) bestätigt worden (vgl. hierzu BAG 6. Juni 2000 – 1 ABR 21/99 – BAGE 95, 47, 56 ff. = AP ArbGG 1979 § 97 Nr. 9 = EzA ZPO § 322 Nr. 12, zu B II 4c der Gründe; 6. Juni 2000 – 1 ABR 10/99 – aaO; vgl. auch Kempen FS 50 Jahre BAG S. 733, 734 ff.).
2. Hiernach erfüllt der Beteiligte zu 2) die Voraussetzungen einer tariffähigen Arbeitnehmervereinigung.
a) Nach den zutreffenden, von der Antragstellerin nicht angegriffenen Ausführungen der Vorinstanzen hat sich der Beteiligte zu 2) in § 2 seiner Satzung die Aufgabe gestellt, die Interessen seiner Mitglieder als Arbeitnehmer wahrzunehmen, und ist willens, für diese Tarifverträge abzuschließen. Auch ist er, wie das Landesarbeitsgericht ebenfalls unangegriffen ausgeführt hat, frei gebildet und erkennt das geltende Tarifrecht an.
b) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass der Beteiligte zu 2) überbetrieblich organisiert ist. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei dem Merkmal der Überbetrieblichkeit um ein selbstständiges, für eine Gewerkschaft konstitutives Merkmal oder lediglich um eine Indiztatsache für deren Unabhängigkeit handelt (vgl. dazu Däubler/Däubler TVG Einl. Rn. 90; ErfK/Dieterich Art. 9 GG Rn. 25; Münch-ArbR/Löwisch/Rieble § 243 Rn. 61; vgl. aber auch Kempen FS 50 Jahre BAG S. 733, 745 ff.). Ebenso wenig kommt es darauf an, ob sich eine Gewerkschaft – was jedenfalls für die Deutsche Postgewerkschaft und die GdED angenommen wurde – auf die Arbeitnehmer eines Unternehmens oder eines Konzerns beschränken kann. Die Zuständigkeit des Beteiligten zu 2) erstreckt sich nach § 2 Nr. 1 und nach § 4 Nr. 1 der Satzung auf die Flugbegleiter aller aus Deutschland operierenden Luftverkehrsgesellschaften. Wie das Landesarbeitsgericht richtig ausgeführt hat, steht der überbetrieblichen Organisation nicht der Umstand entgegen, dass die Mitglieder des Beteiligten zu 2) überwiegend Angestellte von Unternehmen des Lufthansa-Konzerns sind. Dies ist im Übrigen lediglich Ausdruck der zwischen den Luftverkehrsunternehmen bestehenden Größenverhältnisse.
c) Wie das Landesarbeitsgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, ist der Beteiligte zu 2) gegnerfrei. Das Erfordernis der Gegnerfreiheit bedeutet, dass einer Gewerkschaft grundsätzlich keine Personen angehören können, die ihrerseits Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (vgl. etwa Däubler/Däubler TVG Einl. Rn. 88). Diesem Erfordernis wird er Beteiligte zu 2) gerecht. Bei ihm sind weder Arbeitgeber noch deren Repräsentanten organisiert. Auch der bei ihm – jedenfalls zur Zeit der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts – als Leiter des Tarifressorts tätige Herr H… nahm bei der DLH keine Arbeitgeberfunktionen wahr.
d) Der Beteiligte zu 2) besitzt auch die erforderliche Gegnerunabhängigkeit.
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts ist die Gegnerunabhängigkeit notwendige Voraussetzung einer Gewerkschaft (vgl. BAG 17. Februar 1998 – 1 AZR 364/97 – BAGE 88, 38, 44 = AP GG Art. 9 Nr. 87 = EzA GG Art. 9 Nr. 63, zu II 1b bb der Gründe; 20. April 1999 – 3 AZR 352/97 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Rundfunk Nr. 28 = EzA TVG § 4 Rundfunk Nr. 19, zu II 2 der Gründe; BVerfG 20. Oktober 1981 – 1 BvR 404/78 – BVerfGE 58, 233, 247 = AP TVG § 2 Nr. 31 = EzA TVG § 2 Nr. 13, zu B I 1 der Gründe). Das Erfordernis der Unabhängigkeit ist auch in A III Nr. 2 des Staatsvertrags über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 18. Mai 1990 ausdrücklich genannt. Das Merkmal ist nicht im formalen, sondern im materiellen Sinn zu verstehen (vgl. BAG 17. Februar 1998 – 1 AZR 364/97 – aaO mwN). Es bedeutet für eine Koalition, welche die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ihrer Mitglieder durch Abschluss von Tarifverträgen wahren und fördern will, dass sie vom tariflichen Gegenspieler unabhängig genug sein muss, um die Interessen ihrer Mitglieder wirksam und nachhaltig vertreten zu können. Sie muss über ihre eigene Organisation und ihre Willensbildung selbst entscheiden können (BVerfG 20. Oktober 1981 – 1 BvR 404/78 – aaO; BAG 17. Februar 1998 – 1 AZR 364/97 – aaO; 20. April 1999 – 3 AZR 352/97 – aaO).
Nicht jegliche Beeinträchtigung der Unabhängigkeit schließt die Gewerkschaftseigenschaft aus. An einer dafür konstitutiven Voraussetzung fehlt es vielmehr erst dann, wenn die Vereinigung strukturell vom sozialen Gegenspieler abhängig ist (vgl. BVerfG 20. Oktober 1981 – 1 BvR 404/78 – BVerfGE 58, 233 = AP TVG § 2 Nr. 31 = EzA TVG § 2 Nr. 13; vgl. auch 1. März 1978 – 1 BvR 532/77, 533/77, 419/77, 1 BvL 21/78 – BVerfGE 50, 290, 376 = AP MitbestG § 1 Nr. 1 = EzA MitbestG § 7 Nr. 1, zu C IV 2c cc der Gründe; ErfK/Dieterich Art. 9 GG Rn. 25; Fitting § 2 Rn. 36; Löwisch/ Rieble TVG § 2 Rn. 15). Würden an die Gegnerunabhängigkeit überspannte Anforderungen gestellt, bestünde die Gefahr, dass die Koalitionsfreiheit ausgehöhlt wird (vgl. BVerfG 1. März 1978 – 1 BvR 532/77, 533/77, 419/79, 1 BvL 21/78 – aaO; ErfK/Dieterich aaO). An der erforderlichen Unabhängigkeit fehlt es daher erst dann, wenn die Abhängigkeit vom sozialen Gegenspieler in der Struktur der Arbeitnehmervereinigung angelegt und verstetigt und die eigenständige Interessenwahrnehmung der Tarifvertragspartei durch personelle Verflechtungen, auf organisatorischem Weg oder durch wesentliche finanzielle Zuwendungen ernsthaft gefährdet ist (vgl. BAG 20. April 1999 – 3 AZR 352/97 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Rundfunk Nr. 28 = EzA TVG § 4 Rundfunk Nr. 19, zu II 2 der Gründe; Oetker in Wiedemann TVG § 2 Rn. 242, 270; Däubler/Peter TVG § 2 Rn. 30, 32). Daran ist insbesondere zu denken, wenn sich eine Gewerkschaft im Wesentlichen nicht aus den Beiträgen ihrer Mitglieder, sondern aus Zuwendungen der Arbeitgeber finanziert und zu befürchten ist, dass die Arbeitgeberseite durch Androhung der Zahlungseinstellung die Willensbildung auf Arbeitnehmerseite beeinflussen kann (vgl. Löwisch/Rieble TVG § 2 Rn. 16). Bei der Beurteilung verbietet sich eine schematische Betrachtung. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls.
bb) Hiernach scheitert die Gewerkschaftseigenschaft des Beteiligten zu 2) nicht am Grundsatz der Gegnerunabhängigkeit. Auch die Tätigkeit von Herrn H… als Leiter seines Tarifressorts führt nicht zu struktureller Abhängigkeit vom sozialen Gegenspieler. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass selbst eine – von ihm freilich gerade nicht festgestellte – vergütete Freistellung von Herrn H… durch die DLH zum Zwecke der Tätigkeit beim Beteiligten zu 2) allein nicht ausreichend wäre, um eine Gegnerabhängigkeit des Verbandes anzunehmen.
Allein die Vergütung eines einzelnen Mitarbeiters des Beteiligten zu 2) durch die DLH rechtfertigt nicht die Annahme, dieser finanziere sich in einem Maße, das seine Entscheidungsfreiheit beeinträchtige, aus Zuwendungen der Arbeitgeber. Es gibt auch keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, der Beteiligte zu 2) sei von Herrn H… Finanzierung durch DLH abhängig. Vielmehr ist er bei über 6.000 Mitgliedern und Mitgliedsbeiträgen von 0,5 % des Monatseinkommens ersichtlich ohne Weiteres in der Lage, die Tätigkeit seiner Beschäftigten einschließlich derjenigen von Herrn H… selbst zu finanzieren. Anderes behauptet auch die Antragstellerin nicht.
Auch die mit einer Fortzahlung der Vergütung etwa verbundenen Einflussmöglichkeiten der DLH auf die innere Unabhängigkeit von Herrn H… und auf dessen Loyalität gegenüber dem Beteiligten zu 2) erscheinen jedenfalls ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht als ausreichend, um die strukturelle Unabhängigkeit des Beteiligten zu 2) in Frage zu stellen. Zwar hat(te) Herr H… als Leiter des Tarifressorts eine gerade für den Abschluss von Tarifverträgen zentrale Position inne. Er ist (war) aber in die Arbeit der Tarifkommissionen eingebunden und weder in der Gefahr noch in der Lage, sich an diesen vorbei beim Abschluss von Tarifverträgen einem einseitigen Diktat der Arbeitgeberseite zu unterwerfen. Auch ist nicht ersichtlich, dass der Beteiligte zu 2) bei Auftreten von Loyalitätskonflikten in der Person von Herrn H… gehindert (gewesen) wäre, die etwa mit dessen Bezahlung der DLH eröffneten Einflussmöglichkeiten umgehend zu beseitigen.
Daher konnte dahinstehen, ob die Antragstellerin die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, es sei schon nicht ersichtlich, dass Herr H… von der DLH zum Zwecke seiner Tätigkeit beim Beteiligten zu 2) vergütet freigestellt worden sei, in rechtsbeschwerderechtlich zulässiger Weise angegriffen hat. Ebenso wenig kam es darauf an, ob Herr H… mittlerweile als Mitarbeiter beim Beteiligten zu 2) ausgeschieden ist.
e) Der Beteiligte zu 2) besitzt ferner die erforderliche Durchsetzungsfähigkeit.
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats muss eine Arbeitnehmervereinigung Durchsetzungskraft besitzen, um sicherzustellen, dass der soziale Gegenspieler Verhandlungsangebote nicht übergehen kann. Ein angemessener, sozial befriedender Interessenausgleich kann nur zustande kommen, wenn die Arbeitnehmervereinigung zumindest so viel Druck ausüben kann, dass sich die Arbeitgeberseite veranlasst sieht, sich auf Verhandlungen über eine tarifliche Regelung von Arbeitsbedingungen einzulassen. Die Arbeitnehmervereinigung muss von ihrem sozialen Gegenspieler ernst genommen werden, so dass die Arbeitsbedingungen nicht einseitig von der Arbeitgeberseite festgelegt, sondern tatsächlich ausgehandelt werden. Ob eine Arbeitnehmervereinigung eine solche Durchsetzungsfähigkeit besitzt, muss auf Grund aller Umstände im Einzelfall festgestellt werden (vgl. BAG 25. November 1986 – 1 ABR 22/85 – BAGE 53, 347, 356 = AP TVG § 2 Nr. 36 = EzA TVG § 2 Nr. 17, zu B II 3a der Gründe; 16. Januar 1990 – 1 ABR 10/89 – BAGE 64, 16, 20 = AP TVG § 2 Nr. 39 = EzA TVG § 2 Nr. 18, zu B II 2 der Gründe; 6. Juni 2000 – 1 ABR 10/99 – BAGE 95, 36, 42 = AP TVG § 2 Nr. 55 = EzA TVG § 2 Nr. 24, zu B II 1 der Gründe).
Auch diese Rechtsprechung ist verfassungsgemäß (vgl. BVerfG 20. Oktober 1981 – 1 BvR 404/78 – BVerfGE 58, 233, 248 ff. = AP TVG § 2 Nr. 31 = EzA TVG § 2 Nr. 13, zu B I 2 der Gründe). Allerdings dürfen an die Tariffähigkeit keine Anforderungen gestellt werden, die erheblich auf die Bildung und Betätigung einer Koalition zurückwirken, diese unverhältnismäßig einschränken und so zur Aushöhlung der durch Art. 9 Abs. 3 GG gesicherten freien Koalitionsbildung und -betätigung führen. Durchsetzungsfähigkeit gegenüber dem sozialen Gegenspieler zur Teilnahme an einer sinnvollen Ordnung des Arbeitslebens kann daher nicht bedeuten, dass die Arbeitnehmer-Koalition die Chance des vollständigen Sieges haben muss. Es muss nur erwartet werden können, dass sie vom Gegner überhaupt ernst genommen wird, so dass die Regelung der Arbeitsbedingungen nicht einem Diktat der einen Seite entspringt (BVerfG 20. Oktober 1981 – 1 BvR 404/78 – aaO).
Für die Beurteilung der Durchsetzungskraft kommt im Einzelfall insbesondere der Mitgliederzahl entscheidende Bedeutung zu (vgl. BAG 6. Juni 2000 – 1 ABR 10/99 – BAGE 95, 36, 43 = AP TVG § 2 Nr. 55 = EzA TVG § 2 Nr. 24, zu B II 2b aa der Gründe). Die Organisationsstärke ist dabei im Verhältnis zu dem von der Arbeitnehmerkoalition selbst gewählten räumlichen und fachlichen Organisationsbereich zu bewerten. In diesem muss sie sich gegenüber der Arbeitgeberseite durchsetzen können (vgl. BVerfG 20. Oktober 1981 – 1 BvR 404/78 – BVerfGE 58, 233, 250 = AP TVG § 2 Nr. 31 = EzA TVG § 2 Nr. 13, zu B I 3a der Gründe). Bei einer nur kleinen Zahl von Mitgliedern kann sich die Möglichkeit einer Arbeitnehmervereinigung, empfindlichen Druck auf den sozialen Gegenspieler auszuüben, auch daraus ergeben, dass es sich bei den organisierten Arbeitnehmern um Spezialisten in Schlüsselstellungen handelt, die von der Arbeitgeberseite im Falle eines Arbeitskampfs kurzfristig überhaupt nicht oder nur schwer ersetzt werden können (vgl. dazu BAG 9. Juli 1968 – 1 ABR 2/67 – BAGE 21, 98, 103 = AP TVG § 2 Nr. 25 = EzA GG Art. 9 Nr. 4, zu 2 der Gründe; 14. März 1978 – 1 ABR 2/76 – AP TVG § 2 Nr. 30, zu IV 2 der Gründe; 6. Juni 2000 – 1 ABR 10/99 – aaO, zu B II 2b aa (1) der Gründe; vgl. auch BVerfG 20. Oktober 1981 – 1 BvR 404/78 – aaO, zu B I 3b der Gründe). Dem kann nicht entgegen gehalten werden, durch die Anerkennung “kleiner” Gewerkschaften sei die den Tarifpartnern obliegende sinnvolle Ordnung des Arbeitslebens gefährdet. Vielmehr ist auf Grund der durch Art. 9 Abs. 3 gewährleisteten Koalitionsfreiheit jede Gewerkschaft berechtigt, für sich zu entscheiden, für welche Arbeitnehmer und in welchem Wirtschaftsbereich sie tätig werden will (vgl. etwa BAG 14. Dezember 1999 – 1 ABR 74/98 – BAGE 93, 83, 92 = AP TVG § 2 Tarifzuständigkeit Nr. 14 = EzA TVG § 2 Tarifzuständigkeit Nr. 7, zu B III 2a der Gründe mwN).
Die Durchsetzungskraft einer Arbeitnehmervereinigung kann sich darin zeigen, dass sie schon aktiv in den Prozess der tariflichen Regelung von Arbeitsbedingungen eingegriffen hat (BAG 25. November 1986 – 1 ABR 22/85 – BAGE 53, 347, 357 = AP TVG § 2 Nr. 36 = EzA TVG § 2 Nr. 17, zu B II 3d der Gründe; 16. Januar 1990 – 1 ABR 10/89 – BAGE 64, 16, 21 = AP TVG § 2 Nr. 39 = EzA TVG § 2 Nr. 18, zu B II 2 der Gründe; 6. Juni 2000 – 1 ABR 10/99 – BAGE 95, 36, 42 ff. = AP TVG § 2 Nr. 55 = EzA TVG § 2 Nr. 24, zu B II 1, 2b aa der Gründe). Dabei können auch Anschlusstarifverträge ein Anzeichen für Durchsetzungskraft sein. Dieses Indiz ist aber dann nicht ausreichend, wenn es sich bei den Tarifverträgen um Schein- oder Gefälligkeitstarifverträge handelt oder wenn sie auf einem Diktat der Arbeitgeberseite beruhen (vgl. BAG 25. November 1986 – 1 ABR 22/85 – aaO, zu B II 4 der Gründe).
bb) Hiernach verfügt der Beteiligte zu 2) über die erforderliche Durchsetzungsfähigkeit.
(1) Sie ergibt sich bereits aus der Organisationsstärke. Der Beteiligte zu 2) hatte am 31. März 2002 6.467 Mitglieder. Bei ca. 20.000 Flugbegleitern ergab sich damit ein Organisationsgrad von etwa 32 %. Dieser erlaubt ihm, genügend Druck auf die Arbeitgeberseite auszuüben, um diese zu ernsthaften Verhandlungen zu veranlassen. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei den Flugbegleitern um eine vergleichsweise kleine Berufsgruppe handelt. Sie können die Arbeitgeberseite in einem Arbeitskampf gleichwohl unter erheblichen wirtschaftlichen Druck setzen. Zwar haben sie für den Luftverkehr nicht dieselbe Schlüsselposition wie Piloten. Dennoch sind sie auf Passagierflügen unverzichtbar. In ihrer Funktion können sie jedenfalls kurzfristig kaum durch andere Arbeitnehmer ersetzt werden. Da schon der Ausfall weniger Flüge für die Luftverkehrsgesellschaften erhebliche wirtschaftliche Folgen hat, können doch ausgefallene Flüge regelmäßig nicht einige Tage oder gar Wochen später nachgeholt werden, ist ein Streik der Flugbegleiter geeignet, die Arbeitgeberseite zu ernsthaften Verhandlungen zu zwingen.
Anhaltspunkte für die Annahme, die beim Beteiligten zu 2) organisierten Flugbegleiter seien nicht bereit oder in der Lage, erforderlichenfalls einen Arbeitskampf zu führen, sind nicht ersichtlich. Ein solcher ist in § 2 Nr. 1 der Satzung des Beteiligten zu 2) und in dessen Regularien zu Arbeitskampfmaßnahmen und Streikunterstützung als Mittel zur Durchsetzung von Tarifverträgen ausdrücklich vorgesehen. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, gibt es keinen Grund für die Annahme, diese Regelungen seien nicht ernst gemeint. Vielmehr leisten die Mitglieder des Beteiligten zu 2) ihre Mitgliedsbeiträge ersichtlich auch zu dem Zweck, im Falle von Arbeitskämpfen eine Streikunterstützung zu ermöglichen. Im Übrigen ist die Zahlung einer Streikunterstützung ohnehin keine notwendige Voraussetzung für die Durchsetzungskraft einer Arbeitnehmervereinigung (vgl. BAG 16. November 1982 – 1 ABR 22/78 – AP TVG § 2 Nr. 32 = EzA GG Art. 9 Nr. 36, zu B III 2b der Gründe). Dementsprechend bestehen auch keine Zweifel an der finanziellen Fähigkeit des Beteiligten zu 2), einen Arbeitskampf zu führen.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin muss eine Gewerkschaft nicht die Fähigkeit besitzen, im Falle rechtswidriger Streiks den betroffenen Arbeitgebern Schadensersatz zu leisten (so aber Kempen FS 50 Jahre BAG S. 733, 748 f.). Ein derartiges Erfordernis würde zu einer unzulässigen Aushöhlung der durch Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG gewährleisteten freien Koalitionsbildung führen. Auch wäre es widersprüchlich, bei der Prüfung der Gewerkschaftseigenschaft von einer Arbeitnehmervereinigung die Anerkennung des geltenden Tarifrechts zu verlangen und ihr gleichzeitig rechtswidriges Verhalten zu unterstellen. Ein ansonsten rechtmäßiger Streik wäre andernfalls – in zirkulärer Weise – nur deshalb rechtswidrig, weil er von einer Arbeitnehmervereinigung geführt wird, die für den Fall der Rechtswidrigkeit des Streiks zur Leistung von Schadensersatz wegen eben dieses Streiks finanziell nicht in der Lage wäre. Im Übrigen bliebe unklar, bis zu welcher Höhe etwaige Schadensersatzforderungen der Arbeitgeber abgedeckt sein müssten.
(2) Wie das Landesarbeitsgericht richtig ausgeführt hat, sprechen auch die von dem Beteiligten zu 2) im Laufe des vorliegenden Verfahrens geschlossenen Tarifverträge für seine Durchsetzungsfähigkeit. Sie zeigen, dass er von der Gegenseite als Verhandlungspartner ernst genommen wird. Zwar sind unter diesen Tarifverträgen zu einem großen Teil Anschlusstarifverträge. Diese entsprangen aber weder einem einseitigen Diktat der Arbeitgeberseite noch handelt es sich um bloße Schein- oder Gefälligkeitsverträge. Dies wird insbesondere durch die Entwicklung der Verhandlungen mit dem Lufthansa-Konzern belegt. Während dieser in den Jahren 2000 und 2001 Tarifverhandlungen mit dem Beteiligten zu 2) noch ausdrücklich abgelehnt hatte, sah er sich – offensichtlich auf Grund der tatsächlichen Entwicklung – ab Sommer 2002 veranlasst, diesen als Verhandlungspartner anzuerkennen und mit ihm Tarifverträge zu schließen. Zu diesen gehörten auch Vereinbarungen, in die der Beteiligte zu 2), wie in Ziff. IX des Vergütungstarifvertrages Nr. 24 vom 7. März 2003, eigene Vorstellungen einbrachte. Im Übrigen kann jedenfalls in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, wenn die Arbeitgeberseite auf eine Senkung der Personalkosten drängt, die bloße Erstreckung tariflicher Ansprüche auf bisher nicht erfasste Arbeitnehmer Ausdruck von Durchsetzungskraft sein. Darüber hinaus hat der Beteiligte zu 2) auch eigenständige Tarifverträge mit der Arbeitgeberseite geschlossen, wie den mit der Arbeitsrechtlichen Vereinigung Hamburg (AVH) für die CFG am 1. Januar 2002 geschlossenen Tarifvertrag “Entgeltumwandlung Privatrente”, den am 9. Januar 2003 mit der German Wings GmbH für das Kabinenpersonal geschlossenen Tarifvertrag Personalvertretung und den mit der Augsburg Airways GmbH & Co. KG am 3. April 2003 geschlossenen Vergütungstarifvertrag Nr. 1 für das Kabinenpersonal. Dabei musste das Landesarbeitsgericht jedenfalls unter den vorliegenden Umständen den Einzelheiten des Zustandekommens dieser Tarifverträge nicht nachgehen. Anhaltspunkte für die Annahme, sie beruhten auf einem Diktat der Arbeitgeberseite oder seien Schein- oder Gefälligkeitstarifverträge, sind weder von der Antragstellerin vorgetragen noch sonst ersichtlich. Auch handelt es sich nicht nur um Zuordnungstarifverträge nach § 3 Abs. 1 BetrVG, die allenfalls eingeschränkt Schlüsse auf die Durchsetzungskraft einer Arbeitnehmervereinigung zuließen, sondern um Tarifverträge, die durch Inhaltsnormen die Arbeitsbedingungen der einzelnen tarifunterworfenen Arbeitnehmer regeln (vgl. hierzu BAG 6. Juni 2000 – 1 ABR 10/99 – BAGE 95, 36, 42, 44 f. = AP TVG § 2 Nr. 55 = EzA TVG § 2 Nr. 24, zu B I 1, 2b aa (2) der Gründe).
f) Der Beteiligte zu 2) verfügt über einen organisatorischen Aufbau, der ihn befähigt, die Aufgaben einer Gewerkschaft für die Flugbegleiter wahrzunehmen.
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats muss eine Gewerkschaft auch von ihrem organisatorischen Aufbau her in der Lage sein, die ihr gestellten Aufgaben zu erfüllen. Der Abschluss von Tarifverträgen erfordert Vorbereitungen. Hierfür sind die wirtschaftlichen Entwicklungen und sonstigen Rahmenbedingungen zu beobachten und zu prognostizieren, um daraus die Tarifforderungen zu entwickeln. Auch muss die tatsächliche Durchführung eines Tarifvertrags überwacht und abgesichert werden. Das Verhandlungsergebnis, das regelmäßig Kompromisscharakter hat, muss verbandsintern vermittelt und durchgesetzt werden. Die Erfüllung dieser Aufgaben muss eine Arbeitnehmervereinigung sicherstellen, um als Gewerkschaft Tarifverträge abschließen zu können (BAG 6. Juni 2000 – 1 ABR 10/99 – BAGE 95, 36, 46 = AP TVG § 2 Nr. 55 = EzA TVG § 2 Nr. 24, zu B II 2b bb der Gründe mwN).
An den erforderlichen Organisationsaufbau können dabei keine starren Mindestanforderungen gestellt werden. Maßgeblich sind auch insoweit die Umstände des Einzelfalls. Entscheidend ist, ob die Organisation ihre Aufgaben in dem selbst bestimmten Zuständigkeitsbereich erfüllen kann. Erstreckt sich dieser auf das gesamte Bundesgebiet und auf Arbeitnehmer in einer Vielzahl von Berufen und Sparten, wird regelmäßig eine erhebliche organisatorische Ausstattung auch in der Fläche erforderlich sein (vgl. BAG 16. Januar 1990 – 1 ABR 10/89 – BAGE 64, 16, 24 = AP TVG § 2 Nr. 39 = EzA TVG § 2 Nr. 18, zu B IV 3 der Gründe). Beschränkt dagegen eine Gewerkschaft ihre Zuständigkeit auf eine Berufsgruppe, die sich noch dazu räumlich auf wenige Schwerpunkte konzentriert, kann auch ein relativ kleiner, zentralisierter Apparat ausreichen, um Tarifverhandlungen effektiv zu führen, die Durchführung von Tarifverträgen zu überwachen und abzusichern sowie die Mitglieder zu betreuen. Meist wird eine leistungsfähige Organisation einen hauptamtlichen Mitarbeiterapparat erfordern. Unabdingbare Voraussetzung für eine Gewerkschaft ist die Beschäftigung hauptamtlicher Mitarbeiter aber nicht. Es ist nicht von vornherein ausgeschlossen, eine leistungsfähige Organisation auch auf der Grundlage ehrenamtlicher Mitarbeit aufzubauen. Allerdings müssen dann die ehrenamtlichen Mitarbeiter über die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen.
bb) Danach ist die Beurteilung des Landesarbeitsgerichts, der Beteiligte zu 2) verfüge über den für eine Gewerkschaft der Flugbegleiter erforderlichen organisatorischen Aufbau, rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden.
Wie das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, sind in den Büroräumen des Beteiligten zu 2) in M… auf drei Vollzeitstellen sechs Angestellte beschäftigt, die sich mit Verwaltung, Steuerfragen, Buchhaltung und der Betreuung der EDV befassen. Hinzu kommen nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts mit Herrn H…, Frau S…, Herrn L… und Frau R… vier weitere Mitarbeiter, die im Umfang von insgesamt drei Vollzeitstellen für tarif- und berufspolitische Fragen, für Rechtsfragen und für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig sind. Dabei ist für die Stärke des organisatorischen Aufbaus ausschlaggebend, dass dem Beteiligten zu 2) die Arbeitskraft dieser Mitarbeiter tatsächlich zur Verfügung steht. Dagegen kommt es auf deren von der Antragstellerin mit Nichtwissen bestrittene Bezahlung nicht entscheidend an. Außerdem sind mit den Bereichen Altersversorgung, Arbeitsrecht und für strategische Fragen vier im Ruhestand befindliche ehrenamtliche Mitarbeiter befasst, die aus ihrer früheren Tätigkeit über einschlägige Erfahrungen verfügen. Daneben gibt es eine erhebliche Anzahl weiterer ehrenamtlicher Mitarbeiter. Dazu gehören insbesondere die 91 Mitglieder der vom Beteiligten zu 2) gebildeten acht Tarifkommissionen.
Angesichts dieser Feststellungen ist es rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht den organisatorischen Aufbau des Beteiligten zu 2) unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse des Luftverkehrsgewerbes als für die Wahrnehmung der Aufgaben einer Flugbegleitergewerkschaft ausreichend erachtet hat. Das Landesarbeitsgericht hat dabei zu Recht berücksichtigt, dass der Beteiligte zu 2) ein hochspezialisierter Verband ist, dessen Mitglieder zu einem Großteil in den Flughäfen Frankfurt am Main und München erreichbar sind und sich im Übrigen auf eine überschaubare Zahl von Flughäfen verteilen. Bei einer derartigen Struktur genügt bereits eine vergleichsweise geringe Anzahl hauptamtlich Beschäftigter, um die Mitglieder des Verbands zu erreichen, die Belegschaften anzusprechen, die Verhandlungen und den Abschluss von Tarifverträgen vorzubereiten und deren Durchführung zu überwachen. Keinen Bedenken begegnet auch die Erwägung des Landesarbeitsgerichts, wegen der leichten Erreichbarkeit der Flughäfen seien dort feste hauptamtliche Repräsentanten des Beteiligten zu 2) nicht erforderlich. Insbesondere angesichts der vom Beteiligten zu 2) für die maßgeblichen Flugunternehmen gebildeten, mit insgesamt 91 Mitgliedern vollständig besetzten acht Tarifkommissionen ist auch eine sachgerechte Vorbereitung und Durchführung von Tarifverhandlungen gewährleistet. Dies findet seine Bestätigung in den vom Beteiligten zu 2) bereits geschlossenen Tarifverträgen (vgl. dazu auch BAG 10. September 1985 – 1 ABR 32/83 – BAGE 49, 322, 331 f. = AP TVG § 2 Nr. 34 = EzA TVG § 2 Nr. 14, zu B IV 2b der Gründe).
g) Der Gewerkschaftseigenschaft des Beteiligten zu 2) stehen etwaige Doppelmitgliedschaften seiner Mitglieder nicht entgegen.
aa) Allerdings gewährleistet Art. 9 Abs. 3 GG kein Recht auf gleichzeitige Zugehörigkeit zu mehreren miteinander konkurrierenden Gewerkschaften (vgl. BGH 4. Juli – 20 – 1 ABR 51/03 – 21 – 1977 – II ZR 30/76 – AP GG Art. 9 Nr. 25, zu II 1 der Gründe). Vielmehr folgt aus der Gewährleistung der Koalitionsfreiheit das Recht einer Gewerkschaft, sich dagegen zu wehren, dass ihre Mitglieder für eine Vereinigung tätig werden, die mit ihr konkurriert (vgl. BAG 17. Februar 1998 – 1 AZR 364/97 – BAGE 88, 38, 50 f. = AP GG Art. 9 Nr. 87 = EzA GG Art. 9 Nr. 63, zu II 3c aa der Gründe mwN). Sie kann deshalb in ihrer Satzung die Unvereinbarkeit der Mitgliedschaft mit der Zugehörigkeit zu einer anderen Gewerkschaft vorsehen. Indessen verbietet Art. 9 Abs. 3 GG die gleichzeitige Mitgliedschaft in zwei Gewerkschaften auch nicht. Dementsprechend ist es keine notwendige Voraussetzung für die Anerkennung als Gewerkschaft, dass diese die Zugehörigkeit ihrer Mitglieder zu einer anderen Gewerkschaft unterbindet (vgl. BAG 17. Februar 1998 – 1 AZR 364/97 – aaO, zu II 1c der Gründe). Allerdings kann durch die Doppelmitgliedschaft von Arbeitnehmern in konkurrierenden, nicht beiderseits dem DGB angehörenden Gewerkschaften, die denselben oder einen sich zumindest teilweise überschneidenden tariflichen Zuständigkeitsbereich in Anspruch nehmen, im Falle des Abschlusses unterschiedlicher Tarifverträge ein – nicht über § 16 der Satzung des DGB zu lösender (vgl. dazu BAG 14. Dezember 1999 – 1 ABR 74/98 – BAGE 93, 83, 92 = AP TVG § 2 Tarifzuständigkeit Nr. 14 = EzA TVG § 2 Tarifzuständigkeit Nr. 7, zu B III 2a der Gründe) – Fall der Tarifkonkurrenz eintreten (vgl. Zwanziger in Däubler TVG § 4 Rn. 924; Löwisch/Rieble TVG § 4 Rn. 118). Dies bedeutet aber nicht, dass dadurch eine der beiden konkurrierenden Arbeitnehmervereinigungen die Gewerkschaftseigenschaft verlöre. Vielmehr ist die Frage, welcher Tarifvertrag auf die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer mit doppelter Organisationszugehörigkeit Anwendung findet, erforderlichenfalls nach den zur Tarifkonkurrenz entwickelten Grundsätzen zu lösen (vgl. dazu BAG 20. März 1991 – 4 AZR 455/90 – BAGE 67, 330 = AP TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 20 = EzA TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 7).
Etwaige Doppelmitgliedschaften von Mitgliedern stehen auch der Durchsetzungsfähigkeit einer Gewerkschaft nicht entgegen. Dabei kann dahinstehen, ob die Mitglieder einer Gewerkschaft, die über einen bestimmten Regelungsgegenstand einen Tarifvertrag geschlossen hat, während dessen Laufzeit sich an einem Arbeitskampf der konkurrierenden Gewerkschaft über denselben Regelungsgegenstand beteiligen dürfen (vgl. dazu, dass die tarifliche Friedenspflicht grundsätzlich nur die Verbände und nicht deren Mitglieder trifft, BAG 17. Dezember 1958 – 1 AZR 349/57 – AP TVG § 1 Friedenspflicht Nr. 3, zu 4 der Gründe; Däubler/Reim TVG § 1 Rn. 989). Denn auch wenn dies nicht der Fall sein sollte, würde dadurch die Durchsetzungsfähigkeit der konkurrierenden Gewerkschaft selbst bei einem hohen Grad an Doppelmitgliedschaften als solche nicht in Frage gestellt, ist es dieser doch in jedem Fall unbenommen, nach Ablauf des Tarifvertrags über geregelte sowie bereits während der Laufzeit über bislang nicht geregelte Fragen auch unter Einbeziehung der Arbeitnehmer mit Doppelmitgliedschaft einen Arbeitskampf zu führen.
bb) Es kommt deshalb nicht darauf an, wie viele der beim Beteiligten zu 2) organisierten Arbeitnehmer zugleich Mitglieder der Antragstellerin sind. Selbst wenn der Anteil der Arbeitnehmer mit Doppelmitgliedschaft – wofür keine Anhaltspunkte vorliegen – hoch sein sollte, stünde dies der Durchsetzungskraft und der Tariffähigkeit des Beteiligten zu 2) nicht entgegen. Im Übrigen hat die Antragstellerin die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, im größeren Umfang bestünden keine derartige Doppelmitgliedschaften, mit der Rechtsbeschwerde nicht in zulässiger Weise angegriffen. Sie hätte hierzu ua. vortragen müssen, welches Ergebnis eine weitere Aufklärung gehabt hätte (vgl. BAG 22. Oktober 2003 – 7 ABR 18/03 – AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 21 = EzA BetrVG 2001 § 1 Nr. 1, zu C II 3c der Gründe). Daran fehlt es. Die Antragstellerin hat nicht vorgetragen, in welcher Größenordnung bei weiterer Sachverhaltsaufklärung Doppelmitgliedschaften festgestellt worden wären. Sie hat nicht einmal geltend gemacht, sie wäre – entgegen ihrem im zweiten Rechtszug gezeigten Verhalten – nach entsprechenden gerichtlichen Hinweisen bereit gewesen, durch Offenlegung ihres aktuellen Organisationsgrads bei den Flugbegleitern bei der Feststellung von Doppelmitgliedschaften mitzuwirken.
h) Die Tariffähigkeit des Beteiligten zu 2) scheitert schließlich auch nicht etwa am Grundsatz der Tarifeinheit. Nach diesem – im TVG nicht ausdrücklich normierten – Prinzip soll in einem Betrieb für einen bestimmten Regelungsgegenstand stets nur ein Tarifvertrag zur Anwendung kommen. Dabei werden nicht nur Fälle der Tarifkonkurrenz, sondern auch solche der Tarifpluralität dahin gelöst, dass in einem Betrieb nur der speziellere von mehreren Tarifverträgen zur Anwendung kommt (vgl. grundlegend – allerdings noch unter Berufung auf die vom BVerfG mittlerweile nicht mehr vertretene Kernbereichstheorie – BAG 20. März 1991 – 4 AZR 455/90 – BAGE 67, 330, 336 ff. = AP TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 20 = EzA § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 7, zu B II 2 der Gründe; vgl. ferner 4. Dezember 2002 – 10 AZR 113/02 – AP TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 28 = EzA TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 17, zu II 1d aa der Gründe mwN; vgl. zu den insb. im Schrifttum geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken Hessisches LAG 2. Mai 2003 – 9 SaGa 636/03 – NZA 2003, 679 und ErfK/Dieterich Art. 9 GG Rn. 82 jeweils mwN). Der von der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz der Tarifeinheit – 22 – 1 ABR 51/03 steht aber dem Nebeneinander mehrerer konkurrierender Gewerkschaften nicht entgegen. Vielmehr setzt er Tarifpluralität, also den Abschluss mehrerer Tarifverträge über denselben Regelungsgegenstand, gerade voraus. Dementsprechend ist es einer Koalition unbenommen, sich um den Abschluss eines spezielleren, einen konkurrierenden Tarifvertrag verdrängenden Tarifvertrags zu bemühen (vgl. BAG 20. März 1991 – 4 AZR 455/90 – aaO, zu B II 2b der Gründe). Tarifpluralität kann dagegen nicht dadurch vermieden werden, dass einer konkurrierenden Arbeitnehmervereinigung die Gewerkschaftseigenschaft abgesprochen wird. Dies wäre mit der durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Koalitionsfreiheit unvereinbar.
Unterschriften
Wissmann, Kreft, Linsenmaier, Rath, Hayen
Fundstellen
Haufe-Index 1341828 |
BAGE 2006, 82 |
BB 2005, 1054 |
DB 2005, 1117 |
FA 2005, 190 |
FA 2005, 352 |
FA 2005, 93 |
JR 2006, 132 |
NZA 2005, 697 |
SAE 2006, 94 |
ZAP 2005, 705 |
ZTR 2005, 317 |
AP, 0 |
AuA 2005, 57 |
EzA-SD 2004, 3 |
EzA-SD 2005, 17 |
EzA |
MDR 2005, 997 |
PersV 2005, 348 |
ArbRB 2005, 271 |
NJW-Spezial 2005, 324 |
BAGReport 2005, 351 |