Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten für Ausschlußverfahren gegen Betriebsratsmitglied
Leitsatz (redaktionell)
1. Zu den nach § 40 Abs 1 BetrVG vom Arbeitgeber zu tragenden Kosten der Tätigkeit des Betriebsrats gehören auch solche Kosten, die zur sachgerechten Verteidigung eines Betriebsratsmitglieds in einem arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren mit dem Ziel seines Ausschlusses aus dem Betriebsrat wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten erforderlich sind. Das gilt auch für die Kosten der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts.
2. Die Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts ist nicht danach zu beurteilen, ob das Betriebsratsmitglied in dem Ausschlußverfahren schließlich obsiegt oder, wenn in dem Ausschlußverfahren keine rechtskräftige Sachentscheidung ergangen ist, ob es bei hypothetischer Betrachtung obsiegt hätte. Vielmehr kommt es darauf an, ob das Betriebsratsmitglied zur Zeit der Beauftragung des Rechtsanwalts eine anwaltliche Verteidigung in dem Ausschlußverfahren bei vernünftiger Betrachtung für erforderlich halten durfte.
3. Nicht erforderlich ist die Beauftragung eines Rechtsanwalts, wenn eine Verteidigung gegen den Ausschlußantrag von vornherein als offensichtlich aussichtslos erscheinen muß. Das ist der Fall, wenn das dem Betriebsratsmitglied vorgeworfene Verhalten von ihm ernsthaft nicht bestritten werden kann und die rechtliche Würdigung dieses Verhaltens unzweifelhaft eine zum Ausschluß aus dem Betriebsrat führende grobe Pflichtverletzung im Sinne des § 23 Abs 1 BetrVG ergibt.
Normenkette
BGB § 242; BetrVG § 23 Abs. 1, § 40 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 22.06.1987; Aktenzeichen 7 TaBV 19/86) |
ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 21.02.1986; Aktenzeichen 7 BV 35/85) |
Gründe
A. Der Antragsteller nimmt die beteiligten Arbeitgeberinnen (Beteiligte zu 2 und 3) als Gesamtschuldner auf Freistellung von Rechtsanwaltskosten in Anspruch, die durch seine Verteidigung in einem gegen ihn eingeleiteten Verfahren mit dem Ziel seines Ausschlusses aus dem Betriebsrat und in einem weiteren Beschlußverfahren zur vorläufige Untersagung seiner Betriebsratstätigkeit entstanden sind.
Die beteiligten Arbeitgeberinnen betreiben Kraftfahrzeugspeditionen und unterhalten u. a. einen gemeinsamen Betrieb in Ludwigshafen mit ca. 60 Arbeitnehmern. Dort war der Antragsteller mehrere Jahre als Kraftfahrer beschäftigt. Er gehört der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr an. Im Mai 1984 wurde er Mitglied des Betriebsrates für den gemeinsamen Betrieb der Arbeitgeberinnen. Zuvor war er in einem der Betriebe vor deren Zusammenlegung Betriebsobmann.
Im September 1984 leiteten 21 Arbeitnehmer des Betriebes Ludwigshafen zwei Beschlußverfahren gegen den Antragsteller vor dem Arbeitsgericht Ludwigshafen ein. Gegenstand des einen Verfahrens (4 BV 29/84) war der Antrag, den Antragsteller wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten aus dem Betriebsrat auszuschließen. In dem anderen Verfahren (4 Ga BV 28/84) begehrten sie eine einstweilige Verfügung mit dem Inhalt, dem Antragsteller die Ausübung der Betriebsratstätigkeit bis zum Abschluß des Ausschlußverfahrens zu untersagen. Die Anträge wurden damit begründet, daß der Antragsteller mehrfach unter Verstoß gegen § 75, § 74 Abs. 3 BetrVG seine Stellung als Betriebsratsmitglied dazu ausgenutzt habe, seine Kollegen massiv zu drängen, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Außerdem habe er die Tätigkeit des Betriebsrates erheblich behindert. Im einzelnen wurden folgende Vorfälle zur Begründung des Ausschlußantrages angeführt:
Obwohl es im gemeinsamen Betrieb Ludwigshafen unstreitig in der Behandlung der Arbeitnehmer nach betrieblicher Übung keinen Unterschied zwischen Gewerkschaftsmitgliedern und Nichtmitgliedern gebe, habe der Antragsteller in seiner Funktion als Betriebsratsmitglied immer wieder erklärt, die tarifvertraglich vereinbarte 73-Stunden-Abgeltung pro Woche komme nur gewerkschaftlich organisierten Kraftfahrern zugute. Die als Kraftfahrer tätigen Arbeitnehmer D und P habe er beispielsweise schon am Abend nach der Betriebsratswahl darauf hingewiesen, daß ihnen künftig nur noch nach der AZO 48 Stunden vergütet würden, wenn sie nicht in die Gewerkschaft einträten.
Nach einer Tariflohnerhöhung Mitte des Jahres 1984 habe er nicht gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer aufgefordert, Nachzahlungen zurückzuzahlen, da ihnen die tarifliche Lohnerhöhung nicht zustehe.
Im Juli 1984 habe er dem Mitarbeiter S, der nur aufgrund eines befristeten Arbeitsvertrages beschäftigt war, erklärt, er könne ihm nur dann beim Erhalt eines Dauerarbeitsplatzes behilflich sein, wenn er in die Gewerkschaft eintrete.
Im August 1984 habe er dem Mitarbeiter R auf Anfrage mitgeteilt, Sonderurlaub für einen Umzug könne er nur beanspruchen, wenn er Gewerkschaftsmitglied sei. Auf dessen Hinweis, er sei ja Gewerkschaftsmitglied, habe der Antragsteller wörtlich erklärt, er sage dies nur, um Nichtmitglieder unter Druck zu setzen und besser gegen sie vorgehen zu können.
Der Kraftfahrer O habe Flugblätter der Gewerkschaft, die der Antragsteller in die Fächer für betriebliche Mitteilungen gelegt hatte, entfernt. Daraufhin habe der Antragsteller ihm gedroht, auch er brauche noch die Gewerkschaft. Kurz darauf habe der Kraftfahrer O seinen Führerschein wegen Trunkenheit verloren. Die Frage der Zulässigkeit einer Kündigung sei Gegenstand der Betriebsratssitzung vom 4. September 1984 gewesen. In dieser Sitzung habe der Antragsteller als einziger die Auffassung vertreten, der Mitarbeiter O könne nicht weiterbeschäftigt werden. Angesprochen, den Grund für seine Haltung zu nennen, habe er erklärt, er könne den Grund nur unter vier Augen sagen.
Dem Betriebsratsmitglied Pe, das sich bei einer Betriebsratsabstimmung nicht der Meinung des Antragstellers anschließen wollte, habe er gedroht: "Wenn ich nicht verheiratet wäre und keine Kinder hätte, würde ich Dir eine auf die Schnute hauen."
Am 14. September 1984 habe er schließlich seinen Kollegen im Betriebsrat erklärt, an Betriebsratssitzungen werde er künftig lediglich teilnehmen, arbeiten werde er nur noch in Betriebsversammlungen, um dort die Fehler des Betriebsrates aufzudecken.
Der Antragsteller beauftragte in beiden Verfahren die Rechtsanwälte H in M mit der Wahrnehmung seiner Interessen. Den Vorwürfen in den beiden Verfahren trat er wie folgt entgegen:
Er habe nicht gesagt, daß nichtorganisierte Arbeitnehmer nur für 48 Stunden Vergütung erhielten, sondern darauf hingewiesen, daß nach der AZO die Verlängerung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 48 auf 73 Stunden nur möglich sei, weil es einen entsprechenden Tarifvertrag gebe. Dieser aber gelte nur für Gewerkschaftsmitglieder, so daß nach der AZO für nichtorganisierte Arbeitnehmer höchstens eine Arbeitszeit von 48 Stunden pro Woche zulässig sei. Die Möglichkeit der Arbeitnehmer, Einkommen für 73 Wochenstunden zu erzielen, werde erst durch den Tarifvertrag eröffnet.
Er habe die nichtorganisierten Arbeitnehmer anläßlich der Tariflohnerhöhung nicht aufgefordert, die Nachzahlungen zurückzuzahlen, sondern nur darauf hingewiesen, daß die Tariflohnerhöhung Frucht der gewerkschaftlichen Arbeit sei und es daher doch wohl sinnvoll sei, die Gewerkschaft als Mitglied für ihren Einsatz um bessere Entgelte zu unterstützen.
Dem Arbeitnehmer S habe er nicht erklärt, ihm beim Erhalt eines Dauerarbeitsplatzes nur behilflich sein zu können, wenn er in die Gewerkschaft eintrete. Bei dem Gespräch mit S sei er weder als Betriebsratsmitglied aufgetreten noch von S als solches angesprochen worden. Als S ihm sagte, er habe nur einen Zeitarbeitsvertrag erhalten, habe er, der Antragsteller, ihn darüber aufgeklärt, daß es wohl gerade in einer solchen Lage wichtig sei, einer Gewerkschaft anzugehören, weil nur dann der Arbeitnehmer insbesondere in arbeitsrechtlichen Fragen besonders geschützt sei. Als Gewerkschaftsmitglied werde S bessere Chancen haben, seine individuellen Interessen und Rechte gegenüber dem Arbeitgeber durchzusetzen. Die Gewerkschaft sei in der Lage, den Arbeitnehmern Hinweise und Ratschläge zur Durchsetzung ihrer Rechte zu geben, insbesondere auch zur Rechtmäßigkeit der Befristung.
Der Arbeitnehmer R habe am 16. Juli 1984 das Betriebsratsmitglied L gefragt, wieviel Sonderurlaub ihm im Fall des Umzugs zustehe. L habe R an den gerade hinzukommenden Antragsteller verwiesen. Dieser, mit der Frage konfrontiert, habe zunächst zurückgefragt, ob R Mitglied der Gewerkschaft sei, weil solche tarifvertraglichen Ansprüche grundsätzlich nur Gewerkschaftsmitgliedern zustünden, denn der Tarifvertrag sei nicht allgemeinverbindlich. R habe die Frage bejaht und er - der Antragsteller - habe ihm den tariflichen Anspruch für den Fall des Umzugsurlaub erläutert. Keineswegs habe er auf die Frage von R, weshalb er nach der Gewerkschaftszugehörigkeit gefragt werde, geantwortet, er tue dies, um Druck auf Nichtorganisierte auszuüben.
Er, der Antragsteller, habe allerdings immer wieder darauf hingewiesen, daß nichtorganisierte Arbeitnehmer keine tarifvertraglichen Ansprüche hätten, und deshalb - stets ohne Hinweis auf sein Betriebsratsamt - im Rahmen des Erlaubten für den Beitritt zur Gewerkschaft geworben. Bei der Arbeitgeberin habe es keine schriftlichen Arbeitsverträge gegeben, so daß die tariflichen Ansprüche für die Nichtorganisierten nicht gesichert gewesen seien.
Im Fall des Kraftfahrers O habe er keine Möglichkeit gesehen, unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes dessen Kündigung zu verhindern. Auch in der Vergangenheit sei einem Fahrer wegen alkoholbedingten Verlustes des Führerscheins gekündigt worden. Dem habe er als damaliger Betriebsobmann zugestimmt.
Seine Äußerung gegenüber Pe stelle keine Drohung dar. Sie sei auch nicht im Zusammenhang mit einer Betriebsratssitzung gefallen. Vielmehr habe Pe ihn außerhalb einer Betriebsratssitzung aufgefordert, als Betriebsratsmitglied zurückzutreten, und dazu gesagt, er, der Antragsteller, tue dies nur deshalb nicht, weil ihm sonst gekündigt werden könne. Dies habe er, der Antragsteller, zu Recht als Unverschämtheit aufgefaßt und dann sinngemäß den ihm jetzt vorgeworfenen Ausspruch getan. Aus dem Ausspruch könne eine Bedrohung nicht abgeleitet werden.
Er habe auch nicht die Arbeit des Betriebsrats oder dessen Funktionsfähigkeit beeinträchtigt. Vielmehr sei er aufgrund entsprechender Schulungen als einziger in der Lage gewesen, die Rechte des Betriebsrats und seine Pflichten gegenüber den anderen Betriebsratsmitgliedern und gegenüber den Arbeitnehmern darzustellen und damit die Voraussetzung zu schaffen, daß der Betriebsrat handlungsfähig geworden sei. Er habe zwar erklärt, im Ausschuß "Lohn und Tarif" nicht weiter mitarbeiten zu wollen; dies sei sein gutes Recht gewesen, weil ihm vom Arbeitgeber und von einzelnen Betriebsratsmitgliedern "soviele Knüppel zwischen die Beine geworfen worden seien", daß eine sinnvolle Arbeit in diesem Ausschuß nicht mehr möglich gewesen sei. Es sei auch sein gutes Recht gewesen, gegenüber dem Betriebsrat zu erklären, daß er insbesondere auf Betriebsversammlungen die Arbeitnehmer auf ihre Rechte und auf die mangelhafte Vertretung durch den Betriebsrat hinweisen wolle.
Nach teilweiser Durchführung eines Beweisbeschlusses durch Vernehmung mehrerer Zeugen gab das Arbeitsgericht in seinen Beschlüssen vom 8. Februar 1985 beiden Anträgen statt.
Der Antragsteller - weiterhin vertreten durch die Rechtsanwälte H - legte gegen diese beiden Beschlüsse Beschwerde ein. Vor dem Landesarbeitsgericht, das verfahrensleitend einen weiteren Zeugen geladen hatte, wurde das Ausschlußverfahren am 20. September 1985 mit folgendem Prozeßvergleich abgeschlossen:
"1. Der Antragsgegner De legt sein Amt als
Betriebsratsmitglied nieder.
2. Die Beteiligten zu 4 und 5 (Arbeitgeber)
konzedieren dem Antragsgegner den für Betriebs-
ratsmitglieder geltenden Kündigungsschutz bis
zum Ablauf der Amtszeit des derzeitigen Be-
triebsrats."
Das Verfahren auf Erlaß der einstweiligen Verfügung wurde danach übereinstimmend für erledigt erklärt.
Die Rechtsanwälte H berechneten dem Antragsteller für ihr Tätigwerden in beiden Verfahren und beiden Instanzen mit Schreiben vom 26. September 1985 Rechtsanwaltskosten in Höhe von 5.549,40 DM. Die vom Antragsteller begehrte Freistellung von der Kostenforderung lehnten die beteiligten Arbeitgeberinnen mit Schreiben vom 16. Oktober 1985 wegen Rechtsmißbrauchs ab.
Mit dem vorliegenden Beschlußverfahren erstrebt der Antragsteller die Verurteilung der beteiligten Arbeitgeberinnen, ihn von den Rechtsanwaltskosten freizustellen.
Er hat die Auffassung vertreten, daß die Beauftragung der Rechtsanwälte zu seiner Verteidigung in beiden Verfahren erforderlich und nicht rechtsmißbräuchlich gewesen sei. Ihm könne nicht das Recht abgesprochen werden, sich als Betroffener der Ausgangsverfahren zur Wehr zu setzen. In beiden Verfahren sei der zugrundeliegende Sachverhalt tatsächlich und rechtlich strittig gewesen. Im übrigen könne der Ausgang der Verfahren nicht für die Beurteilung der Erstattungspflicht maßgebend sein. Eine Kostenerstattung dürfte nur dann versagt werden, wenn die Durchführung des Verfahrens von vornherein ohne Aussicht auf Erfolg gewesen sei. Hier hätten aber die Durchführung einer Beweisaufnahme und zuletzt der Abschluß eines Prozeßvergleiches gezeigt, daß die von ihm vertretene Rechtsposition nicht aussichtslos gewesen sei.
Der Antragsteller hat beantragt,
die beteiligten Arbeitgeberinnen zu ver-
urteilen, als Gesamtschuldnerinnen den Antrag-
steller von der Forderung der Rechtsanwälte
H ,
M , in Höhe von 5.549,40 DM
nebst 4 % Zinsen seit dem 16. Oktober 1985
freizustellen.
Die beteiligten Arbeitgeberinnen haben beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie haben die Auffassung vertreten, ein Arbeitgeber könne nicht zum Ersatz solcher Kosten verpflichtet sein, die durch grobe Pflichtverletzungen eines Betriebsratsmitglieds verursacht worden seien. Aus der Tatsache, daß einem Ausschlußantrag stattgegeben worden sei oder - wie hier - stattgegeben worden wäre, folge zwangsläufig, daß keine Betriebsratstätigkeit im Sinne von § 40 BetrVG vorliege. Diese Norm belaste den Arbeitgeber nur mit den Kosten des ordnungsmäßigen Tätigwerdens des Betriebsrates.
Die Erfolglosigkeit der Rechtsverteidigung des Antragstellers sei von Anfang an ersichtlich gewesen. Zumindest nach Zustellung des Ausschlußantrages sei ihm der gesamte Sachverhalt bekannt gewesen. Er hätte daraufhin sein Betriebsratsamt von sich aus niederlegen oder zumindest von der Beauftragung der Rechtsanwälte absehen müssen und handele rechtsmißbräuchlich, wenn er nunmehr die Freistellung von den Anwaltskosten verlange.
Das Arbeitsgericht hat dem Freistellungsantrag stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen D und W zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter. Die beteiligten Arbeitgeberinnen beantragen, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Der Betriebsrat des gemeinsamen Betriebs Ludwigshafen der Arbeitgeberinnen (Beteiligter zu 4) hat weder einen Antrag gestellt noch sich zur Sache geäußert.
B. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag zu Unrecht mit der Begründung zurückgewiesen, im vorliegenden Fall sei der Erstattungsanspruch gemäß § 242 BGB wegen Rechtsmißbrauchs ausgeschlossen. Dem Antragsteller steht vielmehr gemäß § 40 Abs. 1 BetrVG gegenüber beiden Arbeitgeberinnen als Gesamtschuldnerinnen (vgl. § 421 BGB) der Anspruch zu, von den Rechtsanwaltskosten freigestellt zu werden, die ihm bei seiner Verteidigung in den auf seinen Ausschluß aus dem Betriebsrat und auf vorläufige Untersagung seiner Betriebsratstätigkeit gerichteten Verfahren erwachsen sind. Diesem Anspruch steht im vorliegenden Verfahren der Einwand des Rechtsmißbrauchs gemäß § 242 BGB nicht entgegen. Unbegründet ist der Antrag jedoch insoweit, als der Antragsteller verlangt, auch von Zinsforderungen freigestellt zu werden.
I. Nach § 40 Abs. 1 BetrVG trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten. Soweit hierzu erforderliche Zahlungsverbindlichkeiten eingegangen und noch nicht erfüllt sind, besteht die Pflicht des Arbeitgebers zur Kostentragung darin, den Zahlungsverpflichteten von der Verbindlichkeit freizustellen (ständige Rechtsprechung, vgl. statt vieler: BAG Beschluß vom 21. November 1978 - 6 ABR 10/77 - AP Nr. 35 zu § 37 BetrVG 1972 = EzA § 37 BetrVG 1972 Nr. 62).
Soweit mehrere Unternehmen als Arbeitgeber einen gemeinsamen Betrieb führen, haben sie die Kosten aus der Tätigkeit des im gemeinsamen Betrieb bestehenden Betriebsrates entsprechend § 421 BGB als Gesamtschuldner zu tragen; sie schulden dementsprechend auch die Freistellung als Gesamtschuldner.
1. Zu den Kosten im Sinne des § 40 Abs. 1 BetrVG können gegenständlich auch solche Kosten zählen, die einem Betriebsratsmitglied in betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeiten über seine Rechtsstellung gegenüber dem Betriebsrat entstanden sind (vgl. BAG Beschluß vom 11. Dezember 1987 - 7 ABR 76/86 -, n. v., zu B II 1 der Gründe).
Hieran hält der Senat auch für den Fall fest, daß die Aufwendungen des Betriebsratsmitgliedes durch seine Verteidigung gegen in Beschlußverfahren erhobene Anträge entstehen, die nach § 23 Abs. 1 BetrVG auf seinen Ausschluß aus dem Betriebsrat oder auf die vorläufige Untersagung der Amtsführung gerichtet sind. Ein stärkerer rechtlicher Eingriff in die Rechtsstellung des Betriebsratsmitgliedes ist nicht denkbar. Das betreffende Betriebsratsmitglied muß sich solchen Verfahren als Beteiligter stellen. Von der dadurch ausgelösten Pflicht zur Kostentragung nach § 40 Abs. 1 BetrVG werden auch die durch die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts verursachten Kosten erfaßt, wenn das Betriebsratsmitglied bei gewissenhafter Überlegung und ruhiger, verständiger und pflichtgemäßer Würdigung aller ihm bekannter Umstände seine Verteidigung in solchen Verfahren mit Hilfe eines Rechtsanwalts für notwendig erachten durfte (vgl. für den Fall des Ausschlusses eines Jugendvertreters: BAG Beschluß vom 29. Juli 1982 - 6 ABR 41/79 - nicht veröffentlicht). Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht zu der durch § 119 BPersVG vom 15. März 1974 (BGBl. I S. 693) aufgehobenen Bestimmung des § 44 Abs. 2 PersVG vom 5. August 1955 (BGBl. I S. 477) die Erstattung von Reisekosten eines Personalratsvorsitzenden aus Anlaß eines gegen ihn gerichteten Ausschlußverfahrens mit der Begründung abgelehnt, daß das Ausschlußverfahren rechtskräftig zu dessen Lasten entschieden worden sei (vgl. BVerwGE 15, 96 und Beschluß vom 28. April 1967 - VII P 11.66 - PersV 1968, 109). Für den Bereich des Betriebsverfassungsgesetzes 1972 ist der erkennende Senat im Anschluß an den Beschluß des Sechsten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 29. Juli 1982 (aaO) jedoch der Auffassung, daß sich die Frage, ob die Kosten der Verteidigung eines Betriebsratsmitglieds in einem Ausschlußverfahren nach § 23 Abs. 1 BetrVG vom Arbeitgeber oder von dem Betriebsratsmitglied selbst zu tragen sind, nicht allein vom tatsächlichen oder hypothetischen Ausgang des Ausschlußverfahrens abhängen kann. Vielmehr kommt es darauf an, ob das Betriebsratsmitglied zur Zeit der Beauftragung des Rechtsanwalts eine anwaltliche Verteidigung in dem Ausschlußverfahren bei vernünftiger Betrachtung für erforderlich halten durfte.
Dabei ist für die Feststellung der Erforderlichkeit nicht ein von jeder Beurteilung durch den Kostenverursacher losgelöster Maßstab anzulegen, wie er häufig erst gefunden werden kann, wenn die Kosten bereits entstanden sind. Vielmehr muß die Frage der Erforderlichkeit vom Zeitpunkt des Entschlusses aus beurteilt werden, der die Kosten auslöst (vgl. BAG Beschluß vom 4. Dezember 1979 - 6 ABR 37/76 - AP Nr. 18 zu § 40 BetrVG 1972, unter III 2 b der Gründe; BAGE 31, 93, 97 = AP Nr. 14 zu § 40 BetrVG 1972, unter III 1 der Gründe). Dementsprechend darf ein Betriebsratsmitglied die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts und die daraus entstehenden Kosten dem Grunde nach zwar nicht schon dann als erforderlich ansehen, wenn er sich gegen Anträge nach § 23 Abs. 1 BetrVG zur Wehr setzen will, sondern nur dann, wenn die gebotene gewissenhafte Überlegung und die pflichtgemäße, verständige und ruhige Abwägung aller Umstände ergibt, daß seine Verteidigung gegen die Anträge nicht von vornherein aussichtslos ist. Als von vornherein aussichtslos ist die Verteidigung anzusehen, wenn im konkreten Fall das dem Betriebsratsmitglied vorgeworfene Verhalten von ihm ernsthaft nicht bestritten werden kann und die rechtliche Würdigung dieses Verhaltens unzweifelhaft einen zum Ausschluß aus dem Betriebsrat führenden groben Pflichtenverstoß im Sinne des § 23 Abs. 1 BetrVG ergibt. Kann das Betriebsratsmitglied dagegen die zur Stützung des Antrags nach § 23 Abs. 1 BetrVG vorgebrachten Tatsachen in zulässiger Weise substantiiert bestreiten oder ist die Sach- und Rechtslage so, daß nicht ohne weiteres auf das Vorliegen eines groben Verstoßes gegen die gesetzlichen Pflichten des Betriebsratsmitgliedes geschlossen werden kann, so kann die beabsichtigte Verteidigung gegen die Anträge nach § 23 Abs. 1 BetrVG nicht als von vornherein aussichtslos angesehen werden. Dann darf das Betriebsratsmitglied die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts zu seiner Verteidigung gegen die Anträge dem Grunde nach als i. S. von § 40 Abs. 1 BetrVG erforderlich halten.
2. Im vorliegenden Fall durfte der Antragsteller die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts und die daraus entstehenden Kosten für seine Verteidigung gegen die gegen ihn gerichteten Anträge nach § 23 Abs. 1 BetrVG als erforderlich ansehen. Seine Verteidigung hiergegen war nicht als von vornherein aussichtslos zu beurteilen.
a) Soweit es um die dem Antragsteller vorgeworfenen Äußerungen zum Umfang der höchstzulässigen Arbeitszeit, zur Tariflohnerhöhung sowie um die Unterredungen mit den Arbeitnehmern S und R geht, ist der Antragsteller den Vorwürfen, die Gegenstand seiner eigenen Wahrnehmung gewesen sind, substantiiert mit Darlegungen der Geschehensabläufe aus seiner Sicht entgegengetreten. Unterstellt man seine Einlassungen als tatsächlich zutreffend, so liegt ein grober Verstoß gegen seine gesetzlichen Pflichten nach § 23 Abs. 1 BetrVG nicht vor.
aa) Zwar ist der Antragsteller von einer rechtlich zweifelhaften Grundeinstellung ausgegangen, indem er sich auf den Standpunkt gestellt hat, daß tarifliche Regelungen über die Verlängerung der Arbeitszeit nach § 7 Abs. 1 AZO nur dann zugunsten von Arbeitnehmern wirken können, wenn die Arbeitnehmer gewerkschaftlich organisiert sind. Diese Ansicht ist zwar unrichtig, soweit es um die Frage der höchstzulässigen Arbeitszeit und deren Verlängerungsmöglichkeit durch Tarifverträge geht; es läßt sich jedoch nicht übersehen, daß zumindest hinsichtlich der dogmatischen Grundlage unterschiedliche Ansichten vertreten werden, ohne daß es insoweit zu einer Klärung durch das Bundesarbeitsgericht gekommen ist (vgl. Denecke/Neumann, AZO, 10. Aufl. 1987, § 7 Rz 6 ff., insbesondere Rz 11; Meisel/Hiersemann, AZO, 2. Aufl. 1977, § 7 Rz 7 ff., insbesondere Rz 13; Zmarzlik, AZO, § 7 Rz 9, 10). Indessen ist die Auffassung des Antragstellers insoweit nicht völlig abwegig. Denn dem bloßen Wortlaut des § 7 AZO läßt sich auch unter Berücksichtigung des Wortlauts von § 3 TVG nicht ohne weiteres entnehmen, daß die Überschreitung der höchstzulässigen Arbeitszeit nach § 7 Abs. 1 AZO auch dann möglich ist, wenn zwar auf der Arbeitgeberseite, nicht aber auf der Arbeitnehmerseite Tarifbindung besteht. Die Einnahme eines zwar unrichtigen, aber nach dem Gesetzeswortlaut nicht völlig abwegigen Rechtsstandpunktes stellt keinen groben Verstoß i. S. von § 23 Abs. 1 BetrVG dar (vgl. zu § 23 Abs. 3 BetrVG auch BAGE 25, 415 = AP Nr. 4 zu § 40 BetrVG 1972; siehe auch BAGE 42, 11, 16 = AP Nr. 2 zu § 23 BetrVG 1972, zu B I 2 der Gründe).
bb) Die Einlassungen des Antragstellers zur Ursache der Tariflohnerhöhung und zu seinen Gesprächen mit den Arbeitnehmern S und R stellen, wiederum ihre tatsächliche Richtigkeit unterstellt, keine Pflichtverstöße i. S. von § 23 Abs. 1 BetrVG dar. Der vom Antragsteller behauptete Hinweis auf die Ursache der Tariflohnerhöhung ist sachlich zutreffend. Soweit er hiermit zugleich für den Beitritt zur Gewerkschaft geworben hat, wäre seine Handlungsweise nur dann als Verstoß gegen seine gesetzlichen Pflichten anzusehen, wenn er hierbei seine Stellung als Betriebsratsmitglied benutzt hätte (vgl. § 74 Abs. 3 BetrVG). Das aber war nach seiner Einlassung gerade nicht der Fall. Dasselbe trifft für das Gespräch des Antragstellers mit dem Arbeitnehmer S zu. Sachlich zutreffend ist die Einlassung des Antragstellers gegenüber dem Arbeitnehmer R hinsichtlich dessen Anspruch auf Umzugsurlaub, auch wenn in jener Situation für eine solche Frage nur wenig Anlaß bestanden haben mag, weil die Arbeitnehmer des Betriebes der beteiligten Arbeitgeberinnen ohne Rücksicht auf ihre Gewerkschaftszugehörigkeit insoweit tatsächlich gleichbehandelt zu werden pflegen.
b) Rechtlich zumindest zweifelhaft ist, ob der gegen den Antragsteller hinsichtlich seiner Abstimmung über die Kündigung des Fahrers O im Betriebsrat erhobene Vorwurf überhaupt geeignet ist, einen groben Verstoß des Antragstellers gegen seine gesetzlichen Pflichten nach § 23 Abs. 1 BetrVG zu begründen. Grundsätzlich ist es Sache jedes einzelnen Betriebsratsmitgliedes, wie er bei Beschlüssen des Betriebsrats abstimmt. Eine rechtliche Pflicht, sich bei der Abstimmung über eine vom Arbeitgeber beabsichtigte Kündigung auf jeden Fall für den betroffenen Arbeitnehmer zu verwenden, besteht nicht. Wohl aber ist das einzelne Betriebsratsmitglied auch bei seiner Abstimmung an Recht und Gesetz gebunden, denn es gehört zu seinen Aufgaben, auf die dementsprechende Behandlung der Arbeitnehmer zu achten (vgl. § 75 Abs. 1 BetrVG). Unter diesem Gesichtspunkt kann ein Verstoß gegen die gesetzlichen Pflichten eines Betriebsratsmitgliedes in Betracht kommen, wenn es sich bei seiner Abstimmung von sachfremden oder gar rachsüchtigen Beweggründen leiten läßt. Einem solchen Vorwurf ist der Antragsteller jedoch substantiiert entgegengetreten, indem er darauf hingewiesen hat, daß er vormals als Betriebsobmann in einem der später zusammengelegten Betriebe der beteiligten Arbeitgeberinnen der Kündigung eines Fahrers aus Anlaß des alkoholbedingten Verlustes seines Führerscheins zugestimmt hat und er geltend macht, hierzu aus Gründen der Gleichbehandlung auch im Fall des Arbeitnehmers O gehalten gewesen zu sein. Trifft dies zu, so ist das Verhalten des Antragstellers nicht als grober Verstoß i. S. von § 23 Abs. 1 BetrVG anzusehen. Denn dann hätte der Antragsteller zwar wiederum einen unrichtigen, aber nicht unvertretbaren Rechtsstandpunkt eingenommen.
c) Dagegen vermag der Vorwurf gegen den Antragsteller hinsichtlich seiner Äußerung gegenüber dem Betriebsratsmitglied Pe einen groben Verstoß i. S. von § 23 Abs. 1 BetrVG schon deshalb nicht zu begründen, weil diese unstreitige Äußerung des Antragstellers überhaupt nicht die Drohung enthält, die dem Antragsteller zum Vorwurf gemacht wird. Der Antragsteller hat nicht gedroht, Pe "eine auf die Schnute zu hauen", sondern dies als gerade tatsächlich nicht gegebene Möglichkeit in den Raum gestellt, weil er, der Antragsteller, verheiratet ist. Insoweit kommt es auf die Umstände, unter denen diese Äußerung nach der Einlassung des Antragstellers gefallen ist, nicht an.
d) Soweit dem Antragsteller vorgeworfen wird, erklärt zu haben, künftig an Betriebsratssitzungen lediglich teilzunehmen und nur noch in der Betriebsversammlung zu arbeiten, um dort Fehler des Betriebsrats aufzudecken, hat er (noch) nicht gegen seine gesetzlichen Pflichten verstoßen. Denn es handelt sich lediglich um Ankündigungen. Sie stellen für sich allein keinen Verstoß i. S. von § 23 Abs. 1 BetrVG dar. Ob und inwieweit ein Verstoß i. S. von § 23 Abs. 1 BetrVG vorliegen könnte, wenn der Antragsteller seine Ankündigungen wahrgemacht hätte, kann dahinstehen, denn ein solcher Fall liegt nicht vor. Der weitere Vorwurf, die Betriebsratsarbeit behindert zu haben, ist zu unsubstantiiert, um hieraus schließen zu können, der Antragsteller habe grob gegen seine gesetzlichen Pflichten verstoßen.
e) Insgesamt war daher die Verteidigung des Antragstellers gegen die Anträge in den Verfahren zu seinem Ausschluß aus dem Betriebsrat und zur vorläufigen Untersagung seiner Amtstätigkeit nicht als von vornherein aussichtslos anzusehen, so daß der Antragsteller es als erforderlich ansehen durfte, sich gegen diese Anträge mit rechtsanwaltlicher Hilfe zu verteidigen.
Dies gilt schon für die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts in der ersten Instanz, zumal auch die Antragsteller der damaligen Verfahren von Anfang an durch Rechtsanwälte vertreten waren. Aber auch die Verursachung weiterer Prozeßkosten durch Einlegung der Beschwerden gegen die zu seinen Ungunsten ergangenen erstinstanzlichen Beschlüsse durfte der Antragsteller für erforderlich halten. Die Rechtsmittel waren nicht von vornherein als aussichtslos zu beurteilen. In dem Ausschlußverfahren war der Sachverhalt auch nach der erstinstanzlichen Entscheidung für das Beschwerdegericht noch nicht derart aufgeklärt, daß es von weiterer Beweisaufnahme absehen konnte. Vielmehr hat es vorsorglich einen weiteren Zeugen zum Termin zur mündlichen Anhörung und eventuellen Beweisaufnahme geladen. Im Verfahren der einstweiligen Verfügung zur vorläufigen Untersagung der Ausübung des Betriebsratsamtes war auch der Verfügungsgrund zweifelhaft; hinsichtlich des Verfügungsanspruches ging es zudem um denselben Sachverhalt wie im Ausschlußverfahren. Überdies machen auch die richterlichen Hinweise noch im zweiten Rechtszug des vorliegenden Beschlußverfahrens deutlich, daß die Verteidigung des Antragstellers gegen die Anträge in den Ausgangsverfahren keineswegs von vornherein aussichtslos war. Unter Hinweis auf die Erforderlichkeit eines noch nachzuholenden schlüssigen Vortrages konkreter Tatsachen, "die die einzelnen, dem Antragsteller vorgehaltenen Handlungen als Mißbrauch seines Betriebsratsamtes qualifizieren" und "mit Rücksicht auf die Schwierigkeit der Beweisführung wegen der rechtlichen und tatsächlichen Grenzziehungen" hat das Landesarbeitsgericht noch bei der mündlichen Anhörung vom 15. September 1986 ausweislich des Sitzungsprotokolls den Beteiligten wiederholt eine vergleichsweise Beilegung des vorliegenden Kostenstreits dringend nahegelegt.
II. Im Gegensatz zur Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist der Freistellungsanspruch des Antragstellers im vorliegenden Fall nicht nach § 242 BGB unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung ausgeschlossen.
1. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit ausgeführt, es halte im vorliegenden Fall den Erstattungsanspruch wegen Rechtsmißbrauchs für ausgeschlossen. Nach § 242 BGB sei eine Rechtsausübung unzulässig, wenn der Berechtigte keine schutzwürdigen Interessen verfolge oder wenn überwiegende Interessen des anderen Teiles entgegenstünden. Dabei seien strenge Anforderungen zu stellen. Die Rechtsausübung sei nur unzulässig, wenn sie zu einer groben unerträglichen Unbilligkeit führen würde. Dies treffe hier zu. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe der Antragsteller die ihm gemäß § 75 BetrVG obliegende Neutralitätspflicht verletzt, dadurch Unruhe in den Betrieb getragen und den unmittelbaren Anlaß dafür gegeben, daß ein Ausschlußverfahren gegen ihn eingeleitet worden sei. Der Antragsteller habe gegenüber nichtorganisierten Betriebsmitgliedern erklärt, daß er als Betriebsratsmitglied nichts für sie tun könne. Dies werde von dem im vorliegenden Verfahren vernommenen Zeugen D bestätigt. Die Aussage des Zeugen D sei glaubhaft. Sie werde durch den Inhalt der Unterschriftensammlung bestätigt. Dort werde unter Ziff. 2 als Grund für den Antrag ausdrücklich genannt: "Unterschiede zwischen Gewerkschaftsmitgliedern und Nichtmitgliedern werden gemacht." Unter Ziff. 4 sei vermerkt: "Interessenvertretung nur für ÖTV, nicht für die Belegschaft." In Übereinstimmung mit der Aussage des Zeugen D und dem Inhalt der Unterschriftensammlung habe auch der Zeuge W Vorfälle bestätigt, in denen der Antragsteller zum Ausdruck gebracht habe, daß er sich als Betriebsratsmitglied nur für Gewerkschaftsmitglieder einsetze und nicht auch für Nichtmitglieder. Mit dieser Haltung habe der Antragsteller die Grenzen des zulässigen, mit dem Gebot der gewerkschaftsneutralen Amtsführung zu vereinbarenden Auftretens eines Betriebsratsmitgliedes verlassen. Der Antragsteller habe sein Amt als Betriebsratsmitglied unverhohlen genutzt, um Gewerkschaftsmitglieder zu werben und dadurch auch die Ursache für das Ausschlußverfahren gesetzt.
2. Dem Landesarbeitsgericht ist zwar im Ausgangspunkt zu folgen, wonach auch eine Kostenerstattungsforderung nach § 40 Abs. 1 BetrVG, deren Voraussetzungen an sich gegeben sind, gleichwohl nicht besteht, wenn sich ihre Geltendmachung als rechtsmißbräuchlich erweist. Denn die Beachtung von Treu und Glauben stellt eine allen Rechten immanente Inhaltsbegrenzung dar (vgl. statt vieler: BGHZ 30, 140, 145; MünchKomm-Roth, 2. Aufl., § 242 BGB Rz 43; Alff, BGB-RGRK, 12. Aufl, § 242 Rz 1). Unzulässig ist die Rechtsausübung jedoch nur dann, wenn sie zu einer groben, unerträglichen Unbilligkeit führen würde. Die sich ausdrücklich aus dem Gesetz, hier aus § 40 Abs. 1 BetrVG, ergebende Rechtsfolge darf nicht vom Richter nur durch eine vermeintlich billigere oder angemessenere Rechtsfolge ersetzt werden, denn die Regelung des § 242 BGB und der in ihm zum Ausdruck kommende grundlegende Gedanke von Treu und Glauben stellen gerade keine allgemeine Billigkeitsvorschrift dar (vgl. Soergel/Siebert, BGB, 11. Aufl., § 242 Rz 7; auch schon RGZ 131, 158, 177). Der Gläubiger braucht nicht schon deshalb von der Durchsetzung von Rechten abzusehen, weil die Rechtsausübung den in Anspruch Genommenen hart treffen würde, sondern es müssen Umstände hinzukommen, die die Rechtsausübung im Einzelfall als grob unbillige, mit der Gerechtigkeit nicht mehr zu vereinbarende Benachteiligung des Schuldners erscheinen lassen, sie also zu einem schlechthin unzumutbaren Ergebnis führt (vgl. BGHZ 68, 299, 304).
Das Landesarbeitsgericht hat diesen Prüfungsmaßstab zwar im Ansatz zutreffend erkannt, es hat ihn jedoch bei seinen subsumierenden Ausführungen wieder verlassen. Geht es in Fällen des § 40 Abs. 1 BetrVG um die Frage, wer die Kosten von Beschlußverfahren nach § 23 Abs. 1 BetrVG trägt, liegt gerade nicht schon deshalb eine grobe, mit der Gerechtigkeit nicht mehr zu vereinbarende Benachteiligung des Arbeitgebers vor, wenn kostenverursachende Beschlußverfahren zu Lasten des Betriebsratsmitgliedes ausgegangen wären. Denn die Regelung des § 40 Abs. 1 BetrVG bezweckt insoweit gerade, Betriebsratsmitglieder auch dann von Verfahrenskosten freizuhalten, wenn die Kosten zwar erforderlich und verhältnismäßig waren, das kostenverursachende Verfahren selbst aber zu Lasten des Betriebsratsmitglieds ausgegangen ist. Damit unterscheidet sich diese Regelung, soweit sie auf Verfahrenskosten anzuwenden ist, grundlegend von den Kostenregelungen des Urteilsverfahrens, nach denen die unterlegene Partei die Verfahrenskosten zu tragen hat (vgl. § 91 ZPO). Sind einem Betriebsratsmitglied im Rahmen seiner Verteidigung in Verfahren, die auf seinen Ausschluß oder die vorläufige Untersagung seiner Amtsführung gerichtet sind, Kosten erwachsen und sind diese als erforderlich und verhältnismäßig anzusehen, so entfällt die Verpflichtung des Arbeitgebers, diese Kosten zu tragen, nicht schon dann, wenn das Betriebsratsmitglied diese Verfahren bei hypothetischer Betrachtung verloren hätte, weil die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 BetrVG als erfüllt anzusehen gewesen wären. Es müssen vielmehr weitere Umstände vorliegen, aus denen sich ergibt, daß die an sich gegebene Rechtsfolge des § 40 Abs. 1 BetrVG im Einzelfall unter dem Gesichtspunkt unzulässiger Rechtsausübung nicht ausgelöst wird.
Derartige weitergehende Umstände hat das Landesarbeitsgericht indessen nicht festgestellt. Es hat vielmehr das Begehren des Antragstellers im Kern schon deswegen als rechtsmißbräuchlich qualifiziert, weil der Antragsteller nach dem Ergebnis der im vorliegenden Verfahren durchgeführten Beweisaufnahme die Bestimmung des § 75 BetrVG verletzt, dadurch Unruhe in den Betrieb getragen und die auf seinen Ausschluß aus dem Betriebsrat und die vorläufige Untersagung seiner Amtstätigkeit gerichteten Verfahren verursacht habe. Damit hat es aber nur nach seiner Ansicht grobe Verstöße i. S. von § 23 Abs. 1 BetrVG festgestellt. Das genügt nicht, um den an sich gegebenen Anspruch auf Kostenfreistellung wegen mißbräuchlicher Rechtsausübung zu versagen, denn damit hat das Landesarbeitsgericht nur auf den hypothetischen Ausgang der gegen den Antragsteller gerichteten Verfahren abgestellt.
III. Unbegründet ist der Freistellungsanspruch hinsichtlich der geltend gemachten Zinsen. Es ist nicht ersichtlich, daß der Antragsteller gegenüber seinen Verfahrensbevollmächtigten in Schuldnerverzug geraten sein könnte. Auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Prozeßzinsen ist der Freistellungsanspruch nicht begründet. Das vorliegende Verfahren ist lediglich gegen die Arbeitgeberinnen als Freistellungsschuldnerinnen gerichtet. Sie sind aber nur in dem Umfang zu belasten, in welchem der Antragsteller seinerseits Schuldner seiner damaligen Verfahrensbevollmächtigten ist.
Dr. Seidensticker Dr. Steckhan Schliemann
Dr. Johannsen Seiler
Fundstellen
Haufe-Index 441025 |
BAGE 61, 340-355 (LT1-3) |
BAGE, 340 |
DB 1990, 740-742 (LT1-3) |
NJW 1990, 853 |
NJW 1990, 853 (L) |
BetrVG, (2) (LT1-3) |
NZA 1990, 233-235 (LT1-3) |
RdA 1990, 58 |
SAE 1990, 296-301 (LT1-3) |
AP § 40 BetrVG 1972 (LT1-3), Nr 29 |
AR-Blattei, Betriebsverfassung X Entsch 61 (LT1-3) |
AR-Blattei, ES 530.10 Nr 61 (LT1-3) |
EzA § 40 BetrVG 1972, Nr 62 (LT1-3) |
MDR 1990, 364-365 (LT1-3) |