Entscheidungsstichwort (Thema)
Initiativrecht des Betriebsrats
Leitsatz (redaktionell)
Das Initiativrecht des Betriebsrats hinsichtlich des Mitbestimmungstatbestandes nach § 87 Abs 1 Nr 6 BetrVG hat nicht zum Inhalt, daß der Betriebsrat auch die Einführung einer technischen Kontrolleinrichtung verlangen kann. Die Abschaffung einer solchen technischen Kontrolleinrichtung bedarf daher auch nicht der Zustimmung des Betriebsrats.
Verfahrensgang
Gründe
A. Der Arbeitgeber betreibt u.a. eine Klinik. Die hier beschäftigten Arbeitnehmer haben einen Betriebsrat gewählt, den Antragsteller des vorliegenden Verfahrens.
Die Betriebspartner schlossen am 1. Januar 1978 eine Betriebsvereinbarung über eine maschinelle Arbeitszeiterfassung, in die jedoch der ärztliche Dienst nicht einbezogen wurde. Diese Betriebsvereinbarung kündigte der Betriebsrat am 30. September 1983 mit dem Ziel, die maschinelle Arbeitszeiterfassung auch auf den ärztlichen Dienst zu erstrecken. Daraufhin schlossen die Parteien am 1. Januar 1987 eine neue Betriebsvereinbarung (im folgenden: BV 87), in der es auszugsweise wie folgt heißt:
§ 1 Geltungsbereich
Diese Vereinbarung gilt für alle Arbeitnehmer der Ost-
seeklinik D. GmbH mit Ausnahme leitender Angestellter
...
§ 2
Die Anwesenheitszeiten werden mit dem System DATAMOD 8025
in Verbindung mit einem PC/XT erfaßt. Dieses System wird
ausschließlich zum Errechnen des Zeitkontenstandes be-
nutzt; weiterhin informiert es die Benutzer über den Zeit-
kontenstand.
...
§ 5
Die zum Zwecke der Arbeitszeiterfassung gespeicherten
Daten und deren Auswertung dürfen nicht zur Leistungs-
messung, zum Leistungsvergleich, zur Leistungskontrolle
und/oder Verhaltenskontrolle herangezogen werden.
...
Diese BV 87 hat der Arbeitgeber mit Schreiben vom 1. April 1987 wegen eines Erklärungsirrtums angefochten. Die Anfechtung war Gegenstand eines Beschlußverfahrens der Betriebspartner vor dem Arbeitsgericht Kiel, dessen Entscheidung die Wirksamkeit der Anfechtung feststellte. Gegen diese Entscheidung hat der Betriebsrat Beschwerde eingelegt. Während des Beschwerdeverfahrens schrieb der Verfahrensbevollmächtigte des Arbeitgebers am 20. November 1987 u.a. an den Betriebsrat auszugsweise wie folgt:
Es soll eine Einigungsstelle eingerichtet werden, bei
der die in den gerichtlichen Verfahren vor dem Arbeits-
gericht Kiel und jetzt auch vor dem Landesarbeitsge-
richt anhängigen Fragen, die die Problematik der Ar-
beitszeiterfassung und der entsprechenden Betriebsver-
einbarung betreffen, in diesem Verfahren geklärt werden
können. ...
Voraussetzung der Einigungsstelle ist, daß sämtliche
bisher anhängigen Verfahren zurückgenommen werden. ...
Die Betriebsräte erkennen an, daß die von unserer Seite
angefochtene Betriebsvereinbarung nichtig ist. ...
Das Ergebnis der Einigungsstelle ist bindend nach Maß-
gabe des § 76, d.h., daß jede Seite die Möglichkeit der
Anrufung des Arbeitsgerichts hat gegen den Spruch der
Einigungsstelle. ...
Diesen Vorschlag nahm der Betriebsrat an. Die Beschwerde gegen den genannten Beschluß des Arbeitsgerichts wurde vom Betriebsrat zurückgenommen.
Die hinsichtlich ihrer Besetzung einvernehmlich gebildete Einigungsstelle trat am 25. Januar 1988 zusammen. In der Sitzung der Einigungsstelle erklärte der Arbeitgeber, daß er die maschinelle Zeiterfassung mit sofortiger Wirkung einstelle, was auch am gleichen Tage geschah. Die Einigungsstelle hat daraufhin mit Beschluß vom gleichen Tage den Antrag des Betriebsrats auf Abschluß einer Betriebsvereinbarung über eine maschinelle Zeiterfassung abgewiesen. Dieser Spruch der Einigungsstelle wurde dem Betriebsrat am 9. Februar 1988 zugeleitet. Der Betriebsrat hat daraufhin am 22. Februar 1988 das vorliegende Verfahren anhängig gemacht.
Der Betriebsrat hält den Spruch der Einigungsstelle für rechtsfehlerhaft. Er ist der Ansicht, auch die Abschaffung einer maschinellen Arbeitszeiterfassung sei mitbestimmungspflichtig. Bei dieser handele es sich nicht um eine technische Einrichtung, die dazu bestimmt sei, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen, da eine solche Überwachung mittels der maschinellen Arbeitszeiterfassung in der BV 87 ausdrücklich ausgeschlossen worden sei. Sein Mitbestimmungsrecht ergebe sich aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 10 BetrVG, da die maschinelle Arbeitszeiterfassung eine Frage der betrieblichen Ordnung sei und darüberhinaus der Lohngestaltung diene. Die Arbeitnehmer der Klinik leisteten in erheblichem Umfange Überstunden, deren leistungsgerechte Vergütung der Arbeitgeber ablehne. Nur eine maschinelle Arbeitszeiterfassung setze ihn, den Betriebsrat, in die Lage, auf die Einhaltung der Arbeitszeit und der Arbeitszeitvorschriften hinzuwirken und darüber zu wachen, daß geleistete Überstunden vergütet würden.
Der Betriebsrat hat daher beantragt,
den Spruch der Einigungsstelle vom 25. Januar
1988 aufzuheben.
Der Arbeitgeber hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Er ist der Ansicht, daß die Abschaffung der maschinellen Arbeitszeiterfassung nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliege. Eine Prüfung vor dem Zusammentreten der Einigungsstelle habe ergeben, daß die maschinelle Arbeitszeiterfassung jährlich Kosten in Höhe von rd. 240.000,-- DM verursache, ein Betrag, der nicht zu vertreten sei.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben den Antrag des Betriebsrats abgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seinen Antrag weiter, während der Arbeitgeber um Zurückweisung der Rechtsbeschwerde bittet.
B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist nicht begründet.
I. Der Antrag des Betriebsrats ist zulässig. Er bedarf jedoch der Auslegung.
Der Betriebsrat erstrebt nach wie vor eine Regelung der maschinellen Arbeitszeiterfassung für alle Beschäftigten der Klinik durch den Abschluß einer Betriebsvereinbarung. Die Beteiligten haben vereinbart, daß alle anhängigen Fragen, die die Problematik der Arbeitszeiterfassung und der entsprechenden Betriebsvereinbarung betreffen, vor der Einigungsstelle geklärt werden sollen. Die Einigungsstelle hat die vom Betriebsrat angestrebte Regelung der maschinellen Arbeitszeiterfassung abgelehnt mit der Begründung, daß eine solche nach Abschaffung der maschinellen Arbeitszeiterfassung nicht mehr in Frage käme. Dem Betriebsrat stehe hinsichtlich der Abschaffung der maschinellen Arbeitszeiterfassung kein Mitbestimmungsrecht zu. Sie hat daher den Antrag des Betriebsrats abgewiesen. Der Betriebsrat ist im Ergebnis der Ansicht, daß die Einigungsstelle nach wie vor einen Spruch in der Sache selbst fällen müsse. Sie habe ihre Zuständigkeit zu Unrecht verneint. Ihm stehe bei der Abschaffung der maschinellen Arbeitszeiterfassung ein Mitbestimmungsrecht zu, so daß die Einigungsstelle zuständig sei.
Angesichts des Umstandes, daß der Arbeitgeber dem Betriebsrat gerade dieses Mitbestimmungsrecht bestreitet, ist der Antrag des Betriebsrats trotz der gewählten Formulierung, den Spruch der Einigungsstelle aufzuheben, dahin zu verstehen, daß der Betriebsrat die Feststellung begehrt, ihm stehe hinsichtlich der Abschaffung der maschinellen Arbeitszeiterfassung ein Mitbestimmungsrecht zu. Mit diesem Inhalt ist der Antrag zulässig.
II. Der Antrag des Betriebsrats ist jedoch nicht begründet. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben zu Recht entschieden, daß dem Betriebsrat hinsichtlich der Abschaffung der maschinellen Arbeitszeiterfassung kein Mitbestimmungsrecht zusteht.
1.a) Bei der in der Klinik des Arbeitgebers bis zum 25. Januar 1988 praktizierten maschinellen Arbeitszeiterfassung handelt es sich um eine technische Einrichtung im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, die dazu bestimmt ist, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Wie die nähere Regelung der BV 87 ausweist, werden durch das System für jeden einzelnen Arbeitnehmer die Zeiten seines Kommens und Gehens - auch während der Arbeitszeit - durch das Einschieben einer Buchungskarte erfaßt. Das System zeigt jeweils die aufgelaufene Ist-Zeit an und führt einen Tagesabschluß durch. Nach seiner Programmfunktion wird die Feststellung der Abwesenheit von Mitarbeitern am Bildschirm ermöglicht. Weiter wird durch das System eine monatliche Übersicht erstellt, die u.a. für jeden Mitarbeiter pro Tag die Zeit des Kommens und Gehens, die Pausen-Ist-Zeiten, die Soll- und Ist-Stunden, Überstunden, abgearbeitete Stunden überhaupt und weitere Angaben enthält. Damit ist die maschinelle Arbeitszeiterfassung dazu bestimmt, Aussagen über Verhalten oder Leistung bestimmter individualisierter Arbeitnehmer zu erstellen. Das aber reicht aus, um die maschinelle Arbeitszeiterfassung als technische Einrichtung anzusehen, die zur Überwachung von Verhalten oder Leistung der Arbeitnehmer bestimmt ist (Beschluß des Senats vom 14. September 1984, BAGE 46, 367 = AP Nr. 9 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung). Daß in der BV 87 die Auswertung dieser Daten zur Leistungsmessung, zum Leistungsvergleich und zur Leistungs- und/oder Verhaltenskontrolle ausgeschlossen ist, steht dem entgegen der Ansicht des Betriebsrats nicht entgegen. Die durch die maschinelle Arbeitszeiterfassung bewirkte Überwachung liegt schon in der Aufzeichnung und Sichtbarmachung der tatsächlichen Anwesenheitszeiten der Arbeitnehmer.
b) Hinsichtlich der Einführung und Anwendung einer solchen zur Überwachung bestimmten technischen Einrichtung hat der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht. Dieses Mitbestimmungsrecht hat die gemeinsame Regelung der Frage durch die Betriebspartner zum Inhalt, ob eine technische Einrichtung zur Überwachung von Verhalten oder Leistung der Arbeitnehmer überhaupt eingeführt werden soll und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen und Folgen welches Verhalten der Arbeitnehmer damit überwacht werden soll. Das ist unter den Beteiligten auch nicht im Streit.
Über die unter den Betriebspartnern allein streitige Frage, ob auch die Abschaffung einer einmal mit Zustimmung des Betriebsrats eingeführten technischen Überwachungseinrichtung der Zustimmung des Betriebsrats bedarf, besagt der Wortlaut der Vorschrift in § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG unmittelbar nichts. Das hier geregelte Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der "Einführung" von technischen Kontrolleinrichtungen kann vom Wortlaut her auch bedeuten, daß der Betriebsrat die Einführung einer solchen technischen Kontrolleinrichtung soll verlangen können. Nimmt man das an, so muß sich das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats auch auf die Abschaffung einer eingeführten Kontrolleinrichtung erstrecken, anderenfalls der Arbeitgeber eine vom Betriebsrat etwa durch einen Spruch der Einigungsstelle erzwungene Einführung einer technischen Kontrolleinrichtung mitbestimmungsfrei sogleich wieder abschaffen könnte. Die Frage, ob die Abschaffung einer technischen Kontrolleinrichtung der Zustimmung des Betriebsrats bedarf, ist daher abhängig von der Beantwortung der Frage, ob der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ein Initiativrecht mit dem Inhalt hat, daß er die Einführung einer technischen Kontrolleinrichtung verlangen kann. Der Betriebsrat hat daher folgerichtig auch geltend gemacht, daß ihm insoweit ein Initiativrecht zusteht.
2.a) Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, daß ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 BetrVG grundsätzlich auch ein Initiativrecht des Betriebsrats einschließt. Mitbestimmung beinhaltet gleiche Rechte für beide Teile mit der Folge, daß sowohl der Arbeitgeber als auch der Betriebsrat die Initiative für eine erstrebte Regelung ergreifen und zu deren Herbeiführung erforderlichenfalls die Einigungsstelle anrufen können (Beschluß des Senats vom 14. November 1974 - 1 ABR 65/73 - AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972; Beschluß vom 31. August 1982, BAGE 40, 107 = AP Nr. 8 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit). Auch im Schrifttum wird weitgehend die Ansicht vertreten, daß das Initiativrecht des Betriebsrats dem Inhalt des Mitbestimmungsrechts entspricht (Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 87 Rz 51; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 15. Aufl., § 87 Rz 26; Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 87 Rz 26; Stege/Weinspach, BetrVG, 5. Aufl., § 87 Rz 19 f.; Hess/ Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 3. Aufl., § 87 Rz 39, 40). Das damit grundsätzlich zu bejahende Initiativrecht des Betriebsrats wird jedoch durch den Inhalt seines jeweiligen Mitbestimmungsrechts und dessen Sinn und Zweck begrenzt (Beschluß des Senats vom 4. März 1986, BAGE 51, 187 = AP Nr. 3 zu § 87 BetrVG 1972 Kurzarbeit).
b) Sinn des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen, ist es, Eingriffe in den Persönlichkeitsbereich der Arbeitnehmer durch Verwendung anonymer technischer Kontrolleinrichtungen nur bei gleichberechtigter Mitbestimmung des Betriebsrats zuzulassen (Beschluß des Senats vom 14. September 1984, BAGE 46, 367 = AP Nr. 9 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung). Den Gefahren einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts und des Rechts der Arbeitnehmer auf freie Entfaltung dieser Persönlichkeit, die von technischen Überwachungseinrichtungen ausgehen können, soll durch eine mitbestimmte Regelung über die Einführung und nähere Nutzung solcher Einrichtungen begegnet werden. Dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats kommt daher eine Abwehrfunktion gegenüber der Einführung solcher technischer Kontrolleinrichtungen zu, deren Einführung als solche nicht verboten ist und deren Anwendung unter Berücksichtigung der Interessen der Arbeitnehmer auch sinnvoll und geboten sein kann. Dieser Zweckbestimmung des Mitbestimmungsrechts widerspricht es jedoch, wenn der Betriebsrat selbst - gleich aus welchen Gründen - die Einführung einer solchen technischen Kontrolleinrichtung verlangt. Das gilt unabhängig davon, ob durch eine technische Kontrolleinrichtung tatsächlich Interessen der Arbeitnehmer berührt werden, ob der Betriebsrat eine solche Interessenbeeinträchtigung sieht oder ob er diese durch die nähere Ausgestaltung der mitbestimmten Regelung über die Anwendung der technischen Kontrolleinrichtung auszuschließen erstrebt.
§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG berechtigt daher den Betriebsrat nicht, die Einführung einer technischen Kontrolleinrichtung zu verlangen und gegebenenfalls über den Spruch einer Einigungsstelle zu erzwingen. Sie gewährt ihm deshalb auch kein Mitbestimmungsrecht an der Abschaffung einer einmal eingeführten Kontrolleinrichtung in dem Sinne, daß diese seiner Zustimmung bedarf (so im Ergebnis auch Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 87 Rz 335; Wiese, GK-BetrVG, 3. Bearbeitung, § 87 Rz 209; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 3. Aufl., § 87 Rz 255, 284; Gnade/Kehrmann/Schneider/Blanke, BetrVG, 2. Aufl., § 87 Rz 18, die ein solches Initiativrecht nicht für "vorstellbar" halten). Ob ein aus anderen Gründen gegebenes Interesse des Betriebsrats an der Einführung einer technischen Kontrolleinrichtung auch ein entsprechendes Initiativrecht des Betriebsrats begründet, kann sich allenfalls aus anderen Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes, nicht aber aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ergeben.
3. Andere Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes vermögen jedenfalls im vorliegenden Falle eine solche Berechtigung des Betriebsrats nicht zu begründen.
a) Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG hinsichtlich der Gestaltung der betrieblichen Ordnung erstreckt sich nicht auf die Einführung technischer Kontrolleinrichtungen. Deren Mitbestimmungspflichtigkeit ist in § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG abschließend geregelt (Senatsbeschluß vom 9. Dezember 1980 - 1 ABR 1/78 - AP Nr. 2 zu § 87 BetrVG 1972 Ordnung des Betriebes; Beschluß vom 24. November 1981, BAGE 37, 112 = AP Nr. 3 zu § 87 BetrVG 1972 Ordnung des Betriebes).
b) Auch das in § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG geregelte Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Fragen der betrieblichen Lohngestaltung umfaßt nicht das Recht des Betriebsrats, vom Arbeitgeber die Einführung einer maschinellen Arbeitszeiterfassung zu verlangen oder deren Abschaffung zu widersprechen. Auch wenn der Betriebsrat eine "leistungsgerechte Vergütung von Mehrarbeit" anstrebt und ihm insoweit ein Mitbestimmungsrecht zustehen soll, was hier nicht zu entscheiden ist, würde sich dieses Mitbestimmungsrecht nur auf die Ausgestaltung dieser Vergütung selbst erstrecken. Eine solche "Vergütungsordnung" mag auch die Regelung der Frage zum Inhalt haben können, wie die danach zu vergütende Leistung des Arbeitnehmers festzustellen und zu erfassen ist. Ob dabei die Erfassung der zu vergütenden Leistung auch durch technische Einrichtungen verlangt und erzwungen werden kann, erscheint zumindest fraglich. Die Frage bedarf hier keiner Entscheidung. Um den Inhalt einer entsprechenden Vergütungsordnung geht es im vorliegenden Verfahren nicht.
c) Soweit der Betriebsrat geltend macht, er benötige die Ergebnisse einer maschinellen Arbeitszeiterfassung zur Kontrolle der Einhaltung der Arbeitszeit und zur Ausübung seines Mitbestimmungsrechts bei Mehrarbeit, übersieht er, daß ihm insoweit § 80 Abs. 2 BetrVG lediglich einen Anspruch gegen den Arbeitgeber gibt, daß dieser ihn zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend unterrichtet und ihm die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung stellt. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat aber nur diejenigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen, die er selbst besitzt. Der Betriebsrat kann nicht verlangen, daß der Arbeitgeber nur für ihn Unterlagen erstellt und zu deren Erstellung erforderliche Einrichtungen anschafft (Beschluß des Sechsten Senats vom 7. August 1986, BAGE 52, 316 = AP Nr. 25 zu § 80 BetrVG 1972).
4. Ergibt sich damit aus dem Betriebsverfassungsgesetz kein Anspruch des Betriebsrats auf Beibehaltung der maschinellen Arbeitszeiterfassung, so kann sich ein solcher Anspruch lediglich aus einer vom Arbeitgeber freiwillig eingegangenen Verpflichtung gegenüber dem Betriebsrat ergeben.
Eine solche Verpflichtung kann jedoch der von den Betriebspartnern getroffenen Einigung über die Beilegung ihrer Meinungsverschiedenheiten, wie sie im Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten des Arbeitgebers vom 20. November 1987 umrissen ist, nicht entnommen werden. Aufgrund dieses Schreibens haben sich die Betriebspartner geeinigt, alle anhängigen Fragen, die die Problematik der Arbeitszeiterfassung und die entsprechende Betriebsvereinbarung betreffen, durch die Einigungsstelle klären zu lassen. Im Zeitpunkt dieser Einigung gingen beide Betriebspartner davon aus, daß die maschinelle Arbeitszeiterfassung im Betrieb weiter anzuwenden war. Unter ihnen im Streit war lediglich die Frage, auf welche Beschäftigten sich die maschinelle Arbeitszeiterfassung erstrecken sollte, und welche Bediensteten Einsicht in die erfolgte Zeiterfassung haben sollten. Diese Fragen durch den Spruch der Einigungsstelle regeln zu lassen war Inhalt der Einigung der Betriebspartner. Die Frage einer Abschaffung der maschinellen Arbeitszeiterfassung hatte dabei nie zur Erörterung gestanden und war nie im Streit. Von daher kann der Einigung nicht entnommen werden, daß sich der Arbeitgeber gleichzeitig verpflichten wollte, die maschinelle Arbeitszeiterfassung auf unbestimmte Dauer weiter beizubehalten. Auch der Betriebsrat selbst hat nicht vorgetragen, daß er dem Schreiben vom 20. November 1987 eine solche Verpflichtung entnommen habe.
Damit erweist sich der Antrag des Betriebsrats als unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat ihn zu Recht abgewiesen, so daß die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats nicht begründet ist.
Dr. Kissel Matthes Dr. Weller
Weinmann Lappe
Fundstellen
Haufe-Index 437111 |
BAGE 63, 283-292 (LT1) |
BAGE, 283 |
BB 1990, 1062 |
BB 1990, 1062-1063 (LT1) |
DB 1990, 743-744 (LT1) |
AiB 1990, 475 (LT1) |
CR 1990, 405 (L) |
CR 1990, 480-481 (LT) |
Gewerkschafter 1990, Nr 5, 39 (ST1) |
NZA 1990, 406-408 (LT1) |
RdA 1990, 127 |
ZTR 1990, 218-219 (LT1) |
AP § 87 BetrVG 1972 Initiativrecht (LT1), Nr 4 |
AR-Blattei, Betriebsverfassung XIVB1 Entsch 4 (LT1) |
AR-Blattei, ES 530.14.2.1 Nr 4 (LT1) |
DuD 1991, 39-40 (LT1) |
EzA § 87 BetrVG 1972 Kontrolle, nrichtung Nr 18 (LT1) |
MDR 1990, 575 (LT1) |
RDV 1990, 88-90 (ST1-2) |
VersR 1990, 547-549 (LT1) |
ZfPR 1990, 185 (L) |