Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristetes Arbeitsverhältnis – gerichtlicher Vergleich
Leitsatz (amtlich)
Beruht die Befristung eines Arbeitsverhältnisses auf einem gerichtlichen Vergleich, schließt das regelmäßig eine objektive Umgehung des Kündigungsschutzes zu Lasten des Arbeitnehmers aus.
Normenkette
BGB § 620 Abs. 1, § 625; HRG § 57a
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 27. Juni 1997 - 5 Sa 2219/96 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch einen gerichtlichen Vergleich wirksam befristet war.
Der Kläger war bei dem beklagten Land seit Januar 1986 als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung für Orthopädische Physiologie der medizinischen Einrichtungen der Universität Münster im Rahmen mehrerer Forschungsprojekte beschäftigt. Die Arbeitsverträge des Klägers waren mehrfach befristet, zuletzt bis zum 31. Dezember 1990. Nach den zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen richteten sich diese Arbeitsverhältnisse nach den §§ 57 a ff. Hochschulrahmengesetz (HRG) und nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT).
Die Parteien führten über die Wirksamkeit der Befristung des letzten Arbeitsvertrags einen Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Münster. Dieses Verfahren wurde am 28. März 1991 mit einem gerichtlichen Vergleich beendet, in dem sich das beklagte Land verpflichtete, den Kläger zu den bisherigen Arbeitsbedingungen im bisherigen Arbeitsbereich zweckbefristet so lange weiter zu beschäftigen, wie die Firma F Fördermittel für die Abteilung Orthopädische Physiologie der Westfälischen Wilhelms-Universität zur Verfügung stellt.
Die F AG stellte dem beklagten Land für die Abteilung Orthopädische Physiologie der Westfälischen Wilhelms-Universität zwischen 1991 und 1994 insgesamt 658.000,– DM an Fördermitteln zur Verfügung. Das beklagte Land teilte dem Kläger mit Schreiben vom 2. Februar 1996 mit, daß es das Arbeitsverhältnis zum 29. Februar 1996 als beendet ansehe, weil die maßgeblichen Fördermittel zum Monatsende erschöpft seien.
Der Kläger hat gemeint, die Fördermittel seien bereits Ende des Jahres 1994 verbraucht gewesen. Da er über diesen Zeitpunkt hinaus weitergearbeitet habe, sei nach § 625 BGB ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstanden. Darüber hinaus widerspreche der Vergleich den Bestimmungen des HRG und verletze die SR 2 y BAT.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis nicht mit Wirkung zum 29. Februar 1996 beendet worden ist.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein bisheriges Klageziel. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der im arbeitsgerichtlichen Vergleich vom 28. März 1991 geschlossenen Abrede am 29. Februar 1996 geendet hat.
1. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, das Arbeitsverhältnis sei infolge der Vereinbarung einer auflösenden Bedingung in einem arbeitsgerichtlichen Vergleich und dem Eintreten der Bedingung Anfang Februar 1996 beendet worden, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
a) Dahin stehen kann, ob die Parteien im arbeitsgerichtlichen Vergleich vom 28. März 1991 eine auflösende Bedingung oder eine Zweckbefristung vereinbart haben, nach der das Arbeitsverhältnis mit dem Fehlen weiterer Fördermittel eines bestimmten Zuwendungsgebers beendet werden sollte. Nach der Senatsrechtsprechung unterliegt die Vereinbarung beider Beendigungstatbestände in gleicher Weise der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle (BAG Urteil vom 24. September 1997 - 7 AZR 669/96 - AP Nr. 192 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag).
b) Das Landesarbeitsgericht hat auch zutreffend erkannt, daß die Befristung im arbeitsgerichtlichen Vergleich wirksam ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die Befristung eines Arbeitsverhältnisses in einem gerichtlichen Vergleich wirksam, soweit die Parteien darin zur Beendigung eines Kündigungsverfahrens oder eines Feststellungsstreits über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses infolge einer Befristung eine Einigung erzielen (BAG Urteile vom 9. Februar 1984 - 2 AZR 402/83 - AP Nr. 7 zu § 620 BGB Bedingung; 24. Januar 1996 - 7 AZR 496/95 - AP Nr. 179 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; 14. Oktober 1997 - 7 AZR 599/96 - n.v.). Daran hält der Senat fest. Der gerichtliche Vergleich, mit dem die Parteien zur Beilegung einer Rechtsstreitigkeit ein befristetes oder auflösend bedingtes Arbeitsverhältnis vereinbaren, unterliegt keiner (weiteren) Befristungskontrolle. Deren Funktion erfüllt das Arbeitsgericht durch seine ordnungsgemäße Mitwirkung beim Zustandekommen des Vergleichs, der regelmäßig sogar auf seinem Vorschlag beruht. Dem Gericht als Grundrechtsverpflichteten i. S. des Art. 1 Abs. 3 GG obliegt im Rahmen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle die Aufgabe, den Arbeitnehmer vor einem grundlosen, den staatlichen Kündigungsschutz umgehenden Verlust des Arbeitsplatzes zu bewahren und damit einen angemessenen Ausgleich der wechselseitigen, grundrechtsgeschützten Interessen der Arbeitsvertragsparteien zu finden (BAG Urteile vom 25. Februar 1998 - 7 AZR 641/96 -; 11. März 1998 - 7 AZR 700/96 - AP Nr. 11, 12 zu § 1 TVG Tarifverträge: Luftfahrt). Diese aus Art. 12 Abs. 1 GG abgeleitete Schutzpflicht erfüllt das Gericht nicht nur durch ein Urteil, sondern auch im Rahmen der gütlichen Beilegung eines Rechtsstreits. Schlägt das Arbeitsgericht zur Beendigung eines Rechtsstreits über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses einen Vergleich vor, der eine weitere, allerdings zeitlich begrenzte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses vorsieht, ist das im Regelfall eine hinreichende Gewähr dafür, daß diese Befristung nicht deswegen gewählt worden ist, um dem Arbeitnehmer den Schutz zwingender Kündigungsschutzbestimmungen zu nehmen.
c) Nach den unangegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, ist die auflösende Bedingung bzw. Zweckerreichung mit dem Ausbleiben und dem Verbrauch der zur Verfügung gestellten Fördermittel Anfang Februar 1996 eingetreten. Daraus folgt unter Beachtung einer Auslauffrist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 29. Februar 1996.
2. Entgegen der Auffassung des Klägers verletzt die Befristungsvereinbarung nicht die Vorschriften des HRG über die Befristung von Arbeitsverhältnissen von wissenschaftlichem Personal. Nach § 57 a HRG finden die arbeitsrechtlichen Grundsätze über die Befristung Anwendung, soweit sie den Vorschriften der §§ 57 a ff. HRG nicht widersprechen. Dazu zählen auch die Grundsätze der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle (BAG Urteil vom 15. März 1995 - 7 AZR 737/94 - AP Nr. 10 zu § 2 BAT SR 2 y). Sie sind ergänzend heranzuziehen (KR-Lipke, 5. Aufl., § 57 a Rn 19 m.w.N.). Vorliegend hat sich das beklagte Land zur Wirksamkeit der Befristung auf einen arbeitsgerichtlichen Vergleich berufen. Das betrifft keine im HRG geregelte Fallgestaltung. Die Wirksamkeit dieser Befristung bestimmt sich nach den allgemeinen Grundsätzen.
3. Die Vereinbarung der Parteien im arbeitsgerichtlichen Vergleich ist auch nicht tarifwidrig. Zwar läßt die Protokollnotiz (PKN) Nr. 3 zu Nr. 1 SR 2 y BAT zweckbefristete oder auflösend bedingte Arbeitsverhältnisse (BAG Urteil vom 9. Februar 1984, aaO) nur unter bestimmten Voraussetzungen zu. Sie dürfen nur vereinbart werden, wenn nach den Vorstellungen der Parteien bei Abschluß des Zeitvertrags die Bedingung oder die Zweckerreichung innerhalb einer Frist von fünf Jahren eintreten wird. Ob die Befristungsvereinbarung der Parteien den Anforderungen dieser Tarifnorm genügt, hat das Landesarbeitsgericht nicht geprüft. Dazu bestand auch keine Veranlassung, weil die nicht tarifgebundenen Parteien nach der Würdigung des Landesarbeitsgerichts die Geltung dieser Tarifnorm im Wege einer konkludenten Vereinbarung ausgeschlossen haben. Diese, von der Revision nicht angegriffene Auslegung einer nichttypischen Vertragsregelung, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
4. Das Arbeitsverhältnis der Parteien besteht auch nicht als unbefristetes nach § 625 BGB über den 29. Februar 1996 hinaus fort. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind nicht erfüllt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund einer wirksamen Befristung am 29. Februar 1996 geendet. Über diesen allein maßgeblichen Zeitpunkt hinaus hat der Kläger keine Arbeitsleistung erbracht.
5. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dörner, Steckhan, Schmidt, Bea, Niehues
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 02.12.1998 durch Siegel, Amtsinspektorin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 436093 |
BB 1999, 643 |
DB 1999, 693 |
ARST 1999, 187 |
FA 1999, 127 |
FA 1999, 156 |
JR 1999, 483 |
NZA 1999, 480 |
RdA 1999, 422 |
SAE 1999, 295 |
ZTR 1999, 228 |
AP, 0 |