Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung des Arbeitsvertrages aus sozialen Gründen
Leitsatz (redaktionell)
Wird ein Arbeitsvertrag aus sozialen Gründen abgeschlossen um dem Arbeitnehmer nach dem Abschluß seiner Ausbildung bei der Überwindung von Übergangsschwierigkeiten zu helfen, so kann dies die Befristung eines solchen Vertrages sachlich rechtfertigen. Voraussetzung ist jedoch, daß gerade die sozialen Belange des Arbeitnehmers und nicht die Interessen des Betriebes oder der Dienststelle auf seiten des Arbeitgebers im Vordergrund der Überlegungen gestanden haben und für den Abschluß des Arbeitsvertrages ausschlaggebend gewesen sind. Hierfür ist der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig.
Orientierungssatz
Einjähriges befristetes Arbeitsverhältnis eines Vermessungsassessors im Anschluß an den Vorbereitungsdienst.
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 28.01.1983; Aktenzeichen 8 Sa 129/82) |
ArbG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 07.10.1982; Aktenzeichen 1 Ca 326/82) |
Tatbestand
Der 1946 geborene Kläger stand beim beklagten Land vom 2. Juli 1979 bis 30. Juni 1981 als Regierungsvermessungs-Referendar im Beamtenverhältnis auf Widerruf, das dadurch endete, daß der Kläger am 30. Juni 1981 die Staatsprüfung für den höheren vermessungstechnischen Verwaltungsdienst bestand. Er erreichte mit der Note 2,88 die Platzziffer 19. Von den 35 erfolgreichen Kandidaten des Prüfungsjahrgangs 1981 konnten in Ermangelung weiterer Planstellen nur sechs in das Beamtenverhältnis übernommen werden. Mit neun weiteren Vermessungsassessoren, darunter dem Kläger, schloß das beklagte Land auf ein Jahr befristete Arbeitsverträge; der Vertrag mit dem Kläger vom 3. August 1981 galt für die Zeit vom 1. August 1981 bis zum 31. Juli 1982. Die Vergütung dieser befristet eingestellten Vermessungsassessoren wird aus Haushaltsmitteln gezahlt, die für die vorübergehende Beschäftigung von Bediensteten zur Verfügung stehen. Diese Mittel wurden im Jahre 1976 von der Landesregierung durch ein Sonderprogramm zur Verhinderung der Jugendarbeitslosigkeit erhöht; seitdem werden - nach Maßgabe der Prüfungsnote - mit einer begrenzten Zahl von Vermessungsassessoren, die nicht in das Beamtenverhältnis übernommen werden können, auf ein Jahr befristete Arbeitsverträge abgeschlossen. Die Assessoren werden mit laufend anfallenden Arbeiten beschäftigt.
Der Kläger hält die Befristung seines Zeitvertrages wegen Fehlens eines sachlichen Grundes für unwirksam und hat beantragt
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen
den Parteien über den 31. Juli 1982 hinaus fort-
besteht.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat vorgetragen, die Arbeitsverträge mit den Assessoren, die nicht in ein Beamtenverhältnis übernommen werden konnten, seien nur abgeschlossen worden, um ihnen bei der Überwindung von Übergangsschwierigkeiten nach Abschluß des Vorbereitungsdienstes zu helfen, ihnen insbesondere Berufspraxis zu verschaffen, die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz zu erleichtern und die sofortige Arbeitslosigkeit im Anschluß an den Vorbereitungsdienst zu vermeiden. Dies sei den Assessoren bekannt gewesen. So sei dem Kläger beim Einstellungsgespräch am 3. Juli 1981 ausdrücklich dargestellt worden, daß der auf ein Jahr befristete Arbeitsvertrag angeboten werde, um seine Arbeitslosigkeit im Anschluß an die Referendarzeit zu vermeiden und ihm eine bessere Ausgangsposition bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz zu geben. Der besondere Charakter als Sozialmaßnahme sei dadurch herausgestellt worden, daß verbindlich zugesagt worden sei, den Kläger mit sofortiger Wirkung von der Arbeitsleistung freizustellen, wenn er dies wegen eines anderen Arbeitsverhältnisses wünsche. Die Befristung des Arbeitsvertrages auf ein Jahr sei sachlich gerechtfertigt, weil es im höheren Vermessungsdienst keine Stellen für unbefristet beschäftigte Angestellte gebe. Auch sei es naturgemäß nicht möglich, besondere Sozialmaßnahmen ad infinitum auszudehnen.
Demgegenüber hat der Kläger an seiner Ansicht festgehalten, ein sachlicher Grund für die Befristung liege nicht vor. Das vom beklagten Land genannte vermeintliche Interesse des Klägers sei gerade nicht gegeben; sein Interesse habe vielmehr nur auf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis gezielt. Mit der Begründung des beklagten Landes für die Zulässigkeit der Befristung könnte jedes Arbeitsverhältnis befristet werden, wenn ein Bewerber beim Einstellungsgespräch nicht nachweise, daß ihm eine weitere Arbeitsstelle zur Verfügung stehe. Auch hinsichtlich der einjährigen Dauer der Befristung fehle ein sachlicher Grund. Das beklagte Land könne hiermit allenfalls den Zweck verfolgt haben, auch den Prüfungsabsolventen des folgenden Jahrgangs vorübergehend einen Arbeitsplatz anbieten zu können. Hierbei würde es sich jedoch um eine unzulässige Befristung im Drittinteresse handeln.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des beklagten Landes ist vom Landesarbeitsgericht zurückgewiesen worden. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land seinen Antrag auf Klageabweisung weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen und zur Abweisung der Klage, denn das Arbeitsverhältnis der Parteien hat durch rechtswirksame Befristung zum 31. Juli 1982 geendet.
I. Das Landesarbeitsgericht hat die Befristung des Arbeitsvertrages für unwirksam gehalten, weil nach der Einlassung des beklagten Landes ein sachlicher Grund für den Abschluß eines befristeten Arbeitsvertrages mit dem Kläger nicht ersichtlich sei. Der Kläger sei weder für Aufgaben von begrenzter Dauer noch zur Aushilfe noch zur Vertretung eines vorübergehend freigewordenen Beamtendienstpostens eingestellt worden; die von ihm zu erledigenden Dienstgeschäfte fielen beim Staatlichen Vermessungsamt laufend an. Auch haushaltsrechtliche Gründe seien für die Befristung nicht maßgebend gewesen, denn der Kläger werde aus Mitteln besoldet, die für unständig Beschäftigte von Haushaltsjahr zu Haushaltsjahr zur Verfügung stehen. Die Anstellung des Klägers sei auch nicht zum Zwecke der Aus- oder Weiterbildung erfolgt. Auch sei der Abschluß befristeter Arbeitsverhältnisse bei Vermessungsassessoren nicht üblich; diese würden vielmehr üblicherweise als Regierungsvermessungsassessoren in ein Beamtenverhältnis übernommen.
Die Befristung könne ferner nicht aus dem Gesichtspunkt der nachwirkenden Fürsorgepflicht hergeleitet werden, denn die Fürsorgepflicht bestehe nur im Rahmen des Dienstverhältnisses, nicht darüber hinaus. Ein sachlicher Grund für die Befristung liege schließlich auch nicht darin, Arbeitslosigkeit im Anschluß an die Referendarzeit zu vermeiden und dem Kläger eine bessere Ausgangsposition bei der Suche nach einem anderen Arbeitsplatz zu geben. Soweit Arbeitslosigkeit nach Ableistung des Vorbereitungsdienstes vermieden werden solle, sei der Abschluß eines Zeitvertrages weder sachlich geboten noch der geeignete Weg. Der Zeitvertrag verschiebe die Arbeitslosigkeit allenfalls bis zum Ablauf des befristeten Vertrages. Aus dem Vortrag des beklagten Landes sei auch nicht deutlich geworden, warum gerade ein Zeitvertrag das geeignete Instrument sein solle, dem Kläger eine bessere Ausgangsposition zu bieten.
Selbst wenn man aber annehmen wolle, es komme dem Kläger zugute, wenn er nach der Referendarzeit eine gewisse Zeit in der Praxis tätig gewesen sei, bleibe offen, welche Zeit angemessen und erforderlich sei. Nicht von der Hand zu weisen sei deshalb die Richtigkeit des Vortrags des Klägers, bei den Überlegungen hinsichtlich der Befristungsdauer sei bedeutsam gewesen, auch den Prüfungsabsolventen des folgenden Jahrgangs die Chance zu geben, vorübergehend bei einem Vermessungsamt zu arbeiten. Hierauf deute hin, daß seit 1976 Jahr für Jahr jeweils auf ein Jahr befristete Arbeitsverträge abgeschlossen würden. Die Berücksichtigung sogenannter Drittinteressen sei jedoch nicht geeignet, einen sachlichen Grund anzunehmen, da ein das konkrete Arbeitsverhältnis berührender Umstand vorliegen müsse.
II. Dieser Würdigung kann sich der Senat nicht anschließen.
1. Das Landesarbeitsgericht ist zwar von der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Befristungskontrolle ausgegangen. Nach dieser Rechtsprechung (vgl. Beschluß des Großen Senats vom 12. Oktober 1960 - GS 1/59 - BAG 10, 65 = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; ferner z.B. Urteile des erkennenden Senats BAG 40, 177 und BAG 41, 110 = AP Nr. 70 und 72 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; BAG 38, 372 und BAG 39, 38 = AP Nr. 67 und 68 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag und BAG 42, 203 = AP Nr. 76 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, sowie das zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmte Senatsurteil vom 6. Juni 1984 - 7 AZR 458/82 -) ist die Vereinbarung befristeter Arbeitsverträge wegen des Grundsatzes der Vertragsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) und gemäß § 620 Abs. 1 BGB grundsätzlich zulässig. Ein schutzwertes Interesse für eine solche Vertragsgestaltung entfällt nur dann, wenn sie dem Arbeitnehmer den Schutz zwingender Bestimmungen des Kündigungsrechts entzieht, ohne daß ein sachlich gerechtfertigter Grund für die Befristung gegeben ist. Denn nur unter diesen Voraussetzungen wird das Rechtsinstitut des befristeten Arbeitsvertrages objektiv funktionswidrig und damit mißbräuchlich verwendet mit der Folge, daß eine objektive Gesetzesumgehung vorliegt und die umgangenen Kündigungsschutzvorschriften auf den Arbeitsvertrag angewendet werden müssen.
2. Bei der Anwendung dieser Rechtsprechung auf den festgestellten Sachverhalt hat das Landesarbeitsgericht jedoch nicht hinreichend beachtet, daß der vorliegende Arbeitsvertrag als soziale Überbrückungsmaßnahme vornehmlich im Interesse des Klägers abgeschlossen wurde. Dieser Vertragszweck rechtfertigt die vereinbarte Befristung.
Das Bundesarbeitsgericht hat wiederholt anerkannt, daß der soziale Überbrückungszweck eines Arbeitsvertrages dessen Befristung sachlich rechtfertigen kann. Das gilt etwa dann, wenn der Arbeitgeber seinem wirksam gekündigten Arbeitnehmer zur Überwindung von Übergangsschwierigkeiten aus sozialen Gründen einen zeitlich befristeten Arbeitsvertrag anbietet und der Arbeitnehmer hierauf eingeht (BAG GS 10, 65, 72 = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu C 3 der Gründe) oder wenn dies zu dem genannten Zweck im Anschluß an ein auslaufendes wirksam befristetes Arbeitsverhältnis geschieht, um dem Arbeitnehmer das Finden eines neuen Arbeitsplatzes zu erleichtern (BAG Urteil vom 7. März 1980 - 7 AZR 177/78 - AP Nr. 54 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu I 5 der Gründe; BAG 36, 171, 178 = AP Nr. 60 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu III 3 der Gründe).
Im vorliegenden Falle hat sich das beklagte Land zur sachlichen Rechtfertigung der Befristung auf den dem Kläger bekannten Vertragszweck berufen, der in erster Linie darin bestanden habe, dem Kläger bei der Überwindung von Übergangsschwierigkeiten nach dem Abschluß seines Vorbereitungsdienstes zu helfen, ihm insbesondere Berufspraxis zu verschaffen, die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz zu erleichtern und die sofortige Arbeitslosigkeit im Anschluß an den Vorbereitungsdienst zu vermeiden. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts kann diesem Vertragszweck eine die Befristung sachlich rechtfertigende Bedeutung nicht mit der Begründung abgesprochen werden, es sei nicht ersichtlich, daß gerade ein befristeter Arbeitsvertrag das geeignete Mittel zur Erreichung der vom beklagten Land gewollten Hilfestellung für den Kläger gewesen sei, denn mit einem unbefristeten Vertrag hätte dem Kläger besser und wirksamer geholfen werden können. Mit dieser Argumentation wird der vom beklagten Land angeführte begrenzte Vertragszweck verkannt. Vertragszweck war es danach, dem Kläger den Eintritt ins Berufsleben zu erleichtern und seine Startbedingungen zu verbessern, nicht aber ihm beim beklagten Land einen Dauerarbeitsplatz zu verschaffen. Der Vertrag war also nach dem Vortrag des beklagten Landes als soziale Überbrückungsmaßnahme in dem gekennzeichneten Sinne gedacht. Eine solche Maßnahme ist aber ihrer Natur nach vorübergehender Art und daher zeitlich begrenzt.
Derartige soziale Motive des Arbeitgebers können aber nur dann als ein die Befristung des Arbeitsvertrags sachlich rechtfertigender Grund anerkannt werden, wenn das Interesse des Arbeitgebers, aus sozialen Erwägungen mit dem betreffenden Arbeitnehmer nur einen befristeten Arbeitsvertrag abzuschließen, auch angesichts des Interesses des Arbeitnehmers an unbefristeter Beschäftigung schutzwürdig ist. Das ist der Fall, wenn es ohne den sozialen Überbrückungszweck überhaupt nicht zum Abschluß eines Arbeitsvertrages, auch nicht eines befristeten, mit dem betreffenden Arbeitnehmer gekommen wäre. Gerade die Berücksichtigung der sozialen Belange des Arbeitnehmers und nicht die Interessen des Betriebes oder der Dienststelle müssen auf seiten des Arbeitgebers im Vordergrund der Überlegungen gestanden haben und für den Abschluß des Arbeitsvertrages ausschlaggebend gewesen sein. Trifft das zu, so verdient die durch den sozialen Beweggrund bedingte Befristung des Arbeitsvertrages die Anerkennung der Rechtsordnung. Es handelt sich dann nicht um eine im Hinblick auf den gesetzlichen Kündigungsschutz funktionswidrige Verwendung dieser rechtlichen Gestaltungsmöglichkeit. Ein verständiger und verantwortungsbewußter Arbeitgeber würde bei einer solchen Sachlage einen befristeten Arbeitsvertrag abschließen, wenn er sonst auf den Abschluß eines Arbeitsvertrages mit dem betreffenden Arbeitnehmer überhaupt verzichten müßte. Es liegt dann auch im objektiven Interesse des Arbeitnehmers, wenigstens für eine begrenzte Zeit bei diesem Arbeitgeber einen Arbeitsplatz zu erhalten.
An den Nachweis eines derartigen Sachverhalts sind jedoch strenge Anforderungen zu stellen. Angebliche soziale Erwägungen des Arbeitgebers dürfen nicht zum Vorwand für den Abschluß befristeter Arbeitsverträge genommen werden. Es bedarf der Feststellung konkreter tatsächlicher Anhaltspunkte, die bei verständiger Würdigung darauf schließen lassen, daß die für eine Beschäftigung des Arbeitnehmers sprechenden eigenen betrieblichen oder dienstlichen Interessen des Arbeitgebers für sich allein als Motiv für die Einstellung dieses Arbeitnehmers nicht ausreichten. Solche Eigeninteressen des Arbeitgebers brauchen allerdings nicht ganz zu fehlen. Daß eine sinnvolle Beschäftigung des Arbeitnehmers möglich ist, hindert nicht die Annahme, daß der Vertrag ohne den sozialen Aspekt nicht abgeschlossen worden wäre.
Da in aller Regel das für den Abschluß eines Arbeitsvertrages maßgebliche Interesse des Arbeitgebers dahin geht, sich die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers für seine unternehmerischen Zwecke nutzbar zu machen, handelt es sich bei dem als "Sozialmaßnahme" gedachten Arbeitsvertrag in dem erörterten Sinne um einen Ausnahmefall, dessen Vorliegen der Arbeitgeber anhand nachprüfbarer Tatsachen darlegen und im Bestreitensfalle beweisen muß.
III.1. Im vorliegenden Falle ergeben die festgestellten Tatsachen, daß nicht die dienstlichen Interessen des beklagten Landes an einer Beschäftigung des Klägers, sondern der soziale Zweck, dem Kläger den Übergang in das Berufsleben zu erleichtern, für das beklagte Land der ausschlaggebende Beweggrund für den Vertragsabschluß war und daß es ohne diesen sozialen Zweck nicht zur Einstellung des Klägers gekommen wäre.
Nach den Feststellungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils wird beim beklagten Land seit dem Jahre 1976 ein Teil der Vermessungsassessoren, für die keine Beamtenstellen zur Verfügung stehen, im Anschluß an die Staatsprüfung als Zeitangestellte in der Regel für die Dauer eines Jahres beschäftigt. Ihre Vergütung wird aus Mitteln bestritten, die für unständig Beschäftigte von Haushaltsjahr zu Haushaltsjahr zur Verfügung stehen und die von der Landesregierung im Jahre 1976 durch ein Sonderprogramm zur Verhinderung der Jugendarbeitslosigkeit erhöht worden sind. Diese tatbestandlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils lassen sich nur dahin verstehen, daß die seit 1976 praktizierte befristete Beschäftigung von Vermessungsassessoren auf jeweils ein Jahr im Anschluß an ihre Staatsprüfung erst durch die im Jahre 1976 erfolgte Erhöhung der Mittel des Sonderprogramms der Landesregierung zur Verhinderung der Jugendarbeitslosigkeit ermöglicht wurde. Das ergibt sich auch aus der Begründung des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts vom 21. März 1983, mit dem der Antrag des Klägers auf Streichung des Satzes: "Diese Mittel sind von der Landesregierung 1976 durch ein Sonderprogramm zur Verhinderung der Jugendarbeitslosigkeit erhöht worden" aus dem Tatbestand des angefochtenen Urteils zurückgewiesen wurde. Das Landesarbeitsgericht verweist dort auf die Aussage des von ihm vernommenen Zeugen Prof. Dr. H, nach der die für unständig Beschäftigte von Haushaltsjahr zu Haushaltsjahr zur Verfügung stehenden Mittel im Jahre 1976 zur Beschäftigung von Zeitangestellten, die nach der Prüfung nicht als Beamte übernommen werden können, aufgestockt worden sind. Gegen diese Zeugenbekundungen habe der Kläger - so heißt es in dem genannten Beschluß - in der mündlichen Berufungsverhandlung keine Einwendungen erhoben.
Damit steht fest, daß die Beschäftigung des Klägers als angestellter Vermessungsassessor erst durch die zweckgebundenen Mittel des Sonderprogramms der Landesregierung ermöglicht worden ist. Ohne die Bereitstellung dieser zweckgebundenen Mittel hätte der Kläger nicht eingestellt werden können. Dann aber war der soziale Überbrückungszweck für das beklagte Land der ausschlaggebende Grund für den Abschluß des Arbeitsvertrages. Das kommt auch darin zum Ausdruck, daß dem Kläger verbindlich zugesagt wurde, ihn mit sofortiger Wirkung von der Arbeitsleistung freizustellen, wenn er dies wegen eines anderen Arbeitsverhältnisses wünsche.
Daß der Kläger auch sinnvolle und notwendige Arbeit in der Vermessungsverwaltung für das beklagte Land leisten sollte, tritt demgegenüber als Vertragszweck zurück. Es kann auch nicht gesagt werden, bei den vom Kläger und den übrigen jeweils befristet eingestellten Vermessungsassessoren zu erledigenden Aufgaben habe es sich um Daueraufgaben gehandelt, die ohnehin hätten bewältigt werden müssen, aber ohne den ständigen Einsatz von Zeitangestellten nicht hätten bewältigt werden können, und daß deshalb das dienstliche Interesse des beklagten Landes an der Beschäftigung des Klägers beim Abschluß des Arbeitsvertrages zumindest kein geringeres Gewicht gehabt hätte als die sozialen Beweggründe. Bis zum Jahre 1976 mußte die Vermessungsverwaltung zur Erledigung ihrer Aufgaben mit den vorhandenen Stellen auskommen. Daß auch für die seither mit Zeitverträgen zusätzlich eingestellten Vermessungsassessoren noch Arbeit vorhanden war, zwingt nicht zu dem Schluß, daß mit diesen Zeitangestellten ein weiterer Arbeitskräftebedarf in der Vermessungsverwaltung befriedigt worden wäre, dessen Deckung ohnehin unabweisbar gewesen wäre und der das beklagte Land deshalb ohne die Mittel des Sonderprogramms zur Bereitstellung weiterer Mittel zur entsprechenden Vermehrung des Personals der Vermessungsverwaltung gezwungen hätte. Es gibt Aufgaben von unterschiedlicher Dringlichkeit. Sache des Arbeitgebers ist es, darüber zu befinden, ob er zur zügigeren Erledigung auch weniger dringlicher Aufgaben weitere Arbeitskräfte einstellt oder ob er sich mit den vorhandenen Arbeitskräften begnügt und dabei in Kauf nimmt, daß solche Aufgaben zunächst zurückgestellt werden und erst später erledigt werden können.
2. Unbegründet sind schließlich auch die Bedenken des Landesarbeitsgerichts gegen die gewählte einjährige Dauer der Befristung.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muß ein befristeter Arbeitsvertrag auch hinsichtlich der Dauer der Befristung sachlich gerechtfertigt sein, wobei die von den Parteien vereinbarte Dauer an den Sachgründen der Befristung zu orientieren ist (BAG 31, 40, BAG 39, 38, BAG 40, 177 = AP Nr. 46, 68 und 70 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; Urteile vom 28. November 1963 - 2 AZR 140/63 -, vom 16. Juni 1976 - 2 AZR 630/74 -, vom 25. Januar 1980 - 7 AZR 69/78 -, vom 7. März 1980 - 7 AZR 177/78 - und vom 10. Januar 1980 - 2 AZR 25/78 - AP Nr. 26, 40, 52, 54 und 56 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Die gewählte Dauer der Befristung muß mit dem Sachgrund für die Befristung selbst in Einklang stehen. Das ist hier der Fall.
Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts bedurfte es keiner besonderen Darlegung des beklagten Landes darüber, warum gerade der Zeitraum von einem Jahr angemessen und erforderlich zur Erreichung des sozialen Überbrückungszweckes gewesen sein sollte. Die sachliche Rechtfertigung auch der einjährigen Vertragsdauer ergibt sich ohne weiteres aus dem sozialen Überbrückungszweck des Vertrages. Hierbei muß bedacht werden, daß sich der geeignete Zeitraum für soziale Überbrückungsmaßnahmen der hier vorliegenden Art nicht von vornherein exakt bestimmen läßt. Es muß in solchen Fällen weitgehend dem Ermessen des Arbeitgebers überlassen bleiben, für welche Dauer er aus sozialen Erwägungen eine Überbrückungshilfe in Gestalt der vorübergehenden Zurverfügungstellung eines Arbeitsplatzes leisten will. Nur darf die Dauer der Befristung nicht so bemessen sein, daß sie zur Zweckerreichung von vornherein ungeeignet ist. Das könnte etwa der Fall sein, wenn der Arbeitsvertrag des Klägers nur auf so kurze Zeit befristet worden wäre, daß er in dieser Zeit keine nennenswerten, für künftige Bewerbungen förderlichen praktischen Berufserfahrungen erwerben könnte. Die hier gewählte Dauer von einem Jahr ist aber durchaus geeignet, dem Kläger eine entsprechende Berufspraxis zu verschaffen.
Darüber hinaus ist die gewählte Vertragsdauer von einem Jahr aber auch deswegen sachgerecht, weil auch den Absolventen des folgenden Prüfungsjahrganges der Vermessungsverwaltung eine gleiche Chance wie dem Kläger gegeben werden sollte. Hierin liegt keine Verfolgung von Drittinteressen, die nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Befristung des Arbeitsvertrages sachlich nicht rechtfertigen könnte (BAG 37, 283 = AP Nr. 64 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Vielmehr geht es hier um eigene Interessen des beklagten Landes. Dieses ist daran interessiert, daß die von ihm im Rahmen des Sonderprogramms der Landesregierung aus sozialen Gründen zur Verfügung gestellten Mittel möglichst vielen Arbeitssuchenden zugute kommen; die Sozialmaßnahme soll eine möglichst breite Wirkung haben. Demgegenüber ist kein eigenes schutzwertes Interesse des Klägers daran anzuerkennen, eine Sozialmaßnahme des beklagten Landes in der Weise für sich zu monopolisieren, daß angesichts der auch für befristete Einstellungen nur begrenzt verfügbaren Stellen - unstreitig konnten nicht einmal allen erfolgreichen Prüfungsteilnehmern befristete Arbeitsverträge angeboten werden - bei einer unbefristeten Weiterbeschäftigung des Klägers künftige Prüfungsabsolventen von dieser Sozialmaßnahme ausgeschlossen würden.
IV. Nach alledem war festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch rechtswirksame Befristung zum 31. Juli 1982 geendet hat.
Dr. Seidenssticker Dr. Becker Dr. Steckhan
Deckert Dr. Kleemann
Fundstellen
Haufe-Index 441082 |
BAGE 00, 00 |
BAGE, 44 |
DB 1985, 2151 (LT1) |
EzB BGB § 620, Nr 3 (L1) |
BlStSozArbR 1985, 305 (T) |
JR 1986, 440 |
AP § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag (LT1), Nr 88 |
AR-Blattei, Arbeitsvertrag-Arbeitsverhältnis VIII Entsch 57 (LT1) |
AR-Blattei, ES 220.8 Nr 57 (LT1) |
EzA § 620 BGB, Nr 73 |
MDR 1985, 961 (LT1) |
PersV 1991, 191 (K) |