Leitsatz (redaktionell)
1. Verpflichtet sich ein Arbeitnehmer bei Entgegennahme einer vom Arbeitgeber freiwillig gewährten Weihnachtsgratifikation zu deren Rückzahlung für den Fall, daß er im darauffolgenden Jahr vor einem bestimmten Termin auf Grund eigener Kündigung ausscheidet (sogenannte Rückzahlungsklausel), so ist eine solche Absprache nach den Grundsätzen der Vertragsfreiheit an sich statthaft (Bestätigung von BAG 1960-05-31 5 AZR 505/58 = BAGE 9, 250 ff = AP Nr 15 zu § 611 BGB Gratifikation und BAG 1960-12-08 5 AZR 535/59 = AP Nr 20 zu § 611 BGB Gratifikation). BGB Gratifikation).
2. Derartige Rückzahlungsklauseln dürfen jedoch nicht für eine unbestimmte oder unangemessen lange Zeit vereinbart werden. Die Innehaltung der Zeit, über die sich die Rückzahlungsklausel verhält, muß für den Arbeitnehmer zumutbar, insbesondere überschaubar sein. Anderenfalls sind sie wegen Verstoßes gegen die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und aus dem Gesichtspunkt der Gesetzesumgehung nichtig (Vergleiche BAG 1960-05-31 5 AZR 505/58 = BAGE 9, 250 ff = AP Nr 15 zu § 611 BGB Gratifikation und BAG 1960-12-08 5 AZR 535/59 = AP Nr 20 zu § 611 BGB Gratifikation).
3. Für die Fälle, in denen die Weihnachtsgratifikation einen Monatsbezug nicht übersteigt, wird - sofern nicht die Besonderheiten des Einzelfalles eine andere Beurteilung rechtfertigen - für die Zulässigkeit derartiger Rückzahlungsklauseln folgendes zu gelten haben:
a Erhält der Arbeitnehmer einen Monatsbezug, und hat er bis zum 31. März des darauffolgenden Jahres nur eine Kündigungsmöglichkeit, wie das zB nach HGB § 66 in der Regel für Handlungsgehilfen der Fall ist, dann ist ihm in aller Regel zuzumuten, diese eine Kündigungsmöglichkeit auszulassen, wenn er die Gratifikation behalten will (Vergleiche BAG 1960-05-31 5 AZR 505/58 = BAGE 9, 250 ff = AP Nr 15 zu § 611 BGB Gratifikation).
b Erhält der Arbeitnehmer einen Monatsbezug,und hat er bis zum 31. März des darauffolgenden Jahres mehrere Kündigungsmöglichkeiten, dann ist ihm wegen der Höhe der ihm gewährten Weihnachtsgratifikation zuzumuten, den Betrieb erst nach dem 31. März zum nächstzulässigen Kündigungstermin zu verlassen, wenn er die Gratifikation behalten will.
c Erhält der Arbeitnehmer einen Betrag, der 100 DM übersteigt, jedoch nicht einen Monatsbezug erreicht, so ist ihm regelmäßig zuzumuten, eine Rückzahlungsklausel einzuhalten, die bis zum 31. März des darauffolgenden Jahres reicht.
d Erhält ein Arbeitnehmer als Weihnachtsgratifikation nur einen Betrag, der 100 DM nicht übersteigt, dann kann damit regelmäßig überhaupt keine Rückzahlungsklausel verbunden werden.
Normenkette
HGB § 66; BGB §§ 242, 611, 134, 138
Verfahrensgang
LAG Berlin (Entscheidung vom 22.08.1961; Aktenzeichen 4 Sa 49/61) |
Fundstellen
Haufe-Index 440162 |
BAGE 13, 129 (LT1-3) |
BAGE, 129 |
NJW 1962, 1537 |
NJW 1962, 1537 (LT1-3) |
SAE 1962, 177 (LT1-3) |
AP § 611 BGB Gratifikation (LT1-3), Nr 22 |
AR-Blattei, ES 820 Nr 12 (LT1-3) |
AR-Blattei, Gratifikation Entsch 12 (LT1-3) |
ArbuR 1963, 347 (LT1-3) |
EzA § 611 BGB, Gratifikation, Prämie Nr 3 |
JuS 1962, 447 (LT1-3) |
PraktArbR BGB § 611, Nr 163 (LT1-3) |
Belling / Luckey 2000, 72 |