Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Betriebsübergang
Leitsatz (amtlich)
Geht ein Betrieb oder Betriebsteil dadurch auf den Erwerber über, daß dieser die Identität der wirtschaftlichen Einheit durch die Einstellung der organisierten Hauptbelegschaft und deren Einsatz auf ihren alten Arbeitsplätzen mit unveränderten Aufgaben vornimmt, hat der Arbeitnehmer den Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses noch während des Bestehens oder zumindest unverzüglich nach Kenntniserlangung von den den Betriebsübergang ausmachenden tatsächlichen Umständen geltend zu machen (Fortführung des Senatsurteils vom 13. November 1997 – 8 AZR 295/95 – AP Nr. 169 zu § 613 a BGB). Das Fortsetzungsverlangen ist gegenüber dem Betriebserwerber zu erklären. Es darf nicht von Bedingungen abhängig gemacht werden, deren Eintritt vom Betriebserwerber nicht beeinflußt werden kann.
Normenkette
BGB §§ 275, 613a; KSchG § 1 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revisionen der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 3) wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 4. April 1997 – 12 Sa 1503/96 – aufgehoben.
Auf die Berufungen der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 3) wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 9. Oktober 1996 – 3 Ca 4943/95 – zum Teil abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefaßt:
Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, die Abmahnung vom 6. Juni 1995 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Gerichtskosten erster Instanz haben der Kläger zu 6/7 und die Beklagte zu 1) zu 1/7 zu tragen. Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten erster Instanz der Beklagten zu 1) zu 6/7 sowie der Beklagten zu 2) und der Beklagten zu 3) voll zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten erster Instanz des Klägers hat die Beklagte zu 1) zu 1/7 zu tragen.
Die Kosten der Berufung und der Revision hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
In der Revisionsinstanz streiten die Parteien noch darüber, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers durch eine von der Beklagten zu 1) erklärte ordentliche Kündigung aufgelöst oder wegen Betriebsübergangs auf die Beklagte zu 3) übergegangen ist. Des weiteren ist zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 3) streitig, ob diese eine von der Beklagten zu 1) ausgesprochene Abmahnung aus den Personalunterlagen des Klägers zu entfernen hat.
Der am 12. Februar 1948 geborene Kläger war seit dem 1. Oktober 1973 als Schlosser bei der Beklagten zu 1), einem Rohrleitungsbau- und Montageunternehmen, beschäftigt. Einzige Auftraggeberin der Beklagten zu 1) war die Beklagte zu 2), auf deren Betriebsgelände in G die Beklagte zu 1) aufgrund eines Werkvertrages Reparatur- und Wartungsarbeiten durchführte. Auf dem Werksgelände der Beklagten zu 2) verfügte die Beklagte zu 1) über eine Holzbaracke, die bei Vertragsende zu entfernen war.
Am 26. Februar 1991 schlossen sich die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 3) zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammen, die am 1. September 1991 den Betrieb aufnahm. Am 24. Juli 1991 kündigte die Beklagte zu 2) den Werkvertrag der Beklagten zu 1) zum 31. August 1991. Mit der „Arge E B ” schloß die Beklagte zu 2) einen „Werkvertrag über Arbeiten an Rohrleitungen und Apparaten”. Die Arge war weiterhin auf dem Betriebsgelände der Beklagten zu 2) in G tätig. Mit Schreiben vom 12. Juli 1993 informierte die Beklagte zu 2) die Arge darüber, daß die Belegschaftsstärke reduziert werden müsse. Die von der Arge zur Verfügung zu stellende Zahl von Arbeitnehmern wurde auf 17 begrenzt. Daraufhin kündigte die Beklagte zu 3) den Arbeitsgemeinschaftsvertrag. Die Beklagten zu 1) und 3) einigten sich aber auf eine Fortsetzung der Arbeitsgemeinschaft bis zum 31. März 1996 und darauf, daß die Beklagte zu 1) zehn Arbeitnehmer behielt.
Mit Schreiben vom 22. Mai 1995 kündigte die Beklagte zu 1) allen Arbeitnehmern zum 31. Dezember 1995 „wegen Geschäftsaufgabe”. In dem Kündigungsschreiben verwies die Beklagte zu 1) u. a. darauf, daß die Beklagte zu 3) ein ernsthaftes Interesse an der Einstellung der Arbeitnehmer bekundet habe. Anfang Juli 1995 bot die Beklagte zu 3) den bei der Beklagten zu 1) beschäftigten Arbeitnehmern neue Arbeitsverträge mit dem Eintrittsdatum 1. Januar 1996 an. Der Kläger lehnte dieses Angebot ab. Sieben seiner Kollegen unterzeichneten die angebotenen Arbeitsverträge sofort, ein weiterer Kollege später.
Mit Schreiben vom 6. Juni 1995 mahnte die Beklagte zu 1) den Kläger wegen Nichtbeachtung von Sicherheitsvorschriften schriftlich ab. Der Kläger hat die Berechtigung dieser Abmahnung bestritten und deren Rücknahme verlangt.
Mit der am 8. Juni 1995 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger zunächst allein gegenüber der Beklagten zu 1) geltend gemacht, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 22. Mai 1995 nicht aufgelöst werde. Mit der am 16. Juni 1995 beim Arbeitsgericht eingereichten Klageerweiterung hat er gegenüber der Beklagten zu 2) den Bestand eines Arbeitsverhältnisses geltend gemacht, das durch die von der Beklagten zu 1) ausgesprochene Kündigung nicht beendet werde. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Beklagte zu 1) betreibe illegale Arbeitnehmerüberlassung. Deshalb bestehe rechtlich ein Arbeitsverhältnis zur Entleiherin, der Beklagten zu 2).
Mit Schriftsatz vom 22. Dezember 1995 hat der Kläger an dieser Rechtsauffassung festgehalten, aber hilfsweise Klage gegen die Beklagte zu 3) erhoben mit dem Hilfsantrag festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers auf die Beklagte zu 3) übergegangen sei. Liege keine illegale Arbeitnehmerüberlassung der Beklagten zu 1) an die Beklagte zu 2) vor, sei sein Arbeitsverhältnis gemäß § 613 a BGB von der Beklagten zu 1) auf die Beklagte zu 3) übergegangen. Dieser am 22. Dezember 1995 beim Arbeitsgericht eingegangene Schriftsatz ist der Beklagten zu 3) am 15. April 1996 zugestellt worden.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt:
Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, die Abmahnung vom 6. Juni 1995 (Verstoß gegen die Sicherheitsvorschriften 1. Juni 1995) aus der Personalakte zu entfernen.
- Festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der D AG (Beklagte zu 2) durch die Kündigung der B GmbH vom 22. Mai 1995, zugegangen am 29. Mai 1995, nicht aufgelöst sei,
- festzustellen, daß zwischen dem Kläger und der D AG ein Arbeitsverhältnis seit dem 1. Januar 1993 besteht, und zwar über den 1. Januar 1996 hinaus,
hilfsweise
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der B GmbH durch die Kündigung vom 22. Mai 1995 nicht aufgelöst worden sei,
ebenfalls hilfsweise
festzustellen, daß die E GmbH zum 1. Januar 1996 in das bestehende Arbeitsverhältnis des Klägers mit der B GmbH eingetreten sei,
- die D AG, hilfsweise die E – GmbH zu verurteilen, die Abmahnung vom 6. Juni 1995 (Verstoß vom 1. Juni 1995 gegen die Sicherheitsvorschriften) aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten zu 1) bis 3) haben der Annahme einer illegalen Arbeitnehmerüberlassung widersprochen. Die Beklagten zu 1) und zu 3) sind der Hilfsbegründung des Klägers entgegengetreten, es sei ein Betrieb oder Betriebsteil von der Beklagten zu 1) auf die Beklagte zu 3) übergegangen.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 9. Oktober 1996 festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht durch die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 22. Mai 1995 aufgelöst worden sei und seit dem 1. Januar 1996 zur Beklagten zu 3) bestehe. Es hat die Beklagten zu 1) und 3) verurteilt, die Abmahnung vom 6. Juni 1995 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufungen der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 3) zurückgewiesen. Mit den zugelassenen Revisionen begehren die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 3) die Abweisung der Klage hinsichtlich des jeweils noch rechtshängigen Teiles.
Entscheidungsgründe
Die Revisionen sind begründet.
A. Das Landesarbeitsgericht hat im wesentlichen ausgeführt, die von der Beklagten zu 1) ausgesprochene Kündigung sei sozial ungerechtfertigt, denn die Beklagte zu 1) habe ihren Betrieb nicht stillgelegt, vielmehr sei dieser gemäß § 613 a BGB auf die Beklagte zu 3) übergegangen. Die Beklagte zu 3) setze nunmehr allein die Tätigkeiten fort, die sie früher in Arbeitsgemeinschaft mit der Beklagten zu 1) erledigt habe. Die Beklagte zu 3) habe den Großteil der bisher von der Beklagten zu 1) beschäftigten Arbeitnehmer eingestellt. Damit habe die Beklagte zu 3) eine wirtschaftliche Einheit übernommen, denn die von der Beklagten zu 1) benutzten materiellen Betriebsmittel seien unwesentlich gewesen. Die Beklagte zu 1) sei derartig in den Betriebsablauf der Beklagten zu 2) eingebunden gewesen, daß alle wesentlichen Betriebsmittel von der Beklagten zu 2) zur Verfügung gestellt worden seien.
Die Beklagten zu 1) und 3) seien zur Entfernung der Abmahnung verpflichtet, denn zu deren sachlicher Berechtigung sei von ihnen nicht vorgetragen worden. Die Beklagte zu 3) könne sich nicht darauf berufen, sie habe die Personalakten des Klägers nicht zur Verfügung, denn sie möge sich diese besorgen.
B. Revision der Beklagten zu 1)
I. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die vom Kläger geforderte Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte ist rechtsfehlerhaft. Soweit das Arbeitsgericht die Beklagte zu 1) zur Entfernung der Abmahnung verurteilt hat, hat das Landesarbeitsgericht über ein gar nicht eingelegtes Rechtsmittel entschieden. Die Beklagte zu 1) hat ihre Berufung mit Schriftsatz vom 16. Dezember 1996 eingelegt und zugleich begründet. Danach hat sie zwar beantragt, unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils die gegen sie gerichtete Klage abzuweisen, doch hat sie zugleich zu Beginn und zum Abschluß ihrer Berufungsbegründung erklärt, daß sie lediglich eine Abänderung hinsichtlich der Entscheidung des Arbeitsgerichts über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses begehre. Dementsprechend hat sie auch keine Ausführungen zur Berechtigung der ausgesprochenen Abmahnung gemacht. Ihre Revision ist deshalb in diesem Punkt begründet, denn das Landesarbeitsgericht durfte wegen des wirksam eingeschränkten Rechtsmittels über die Abmahnung gar nicht entscheiden.
II. Die Revision der Beklagten zu 1) ist begründet, soweit sie sich gegen die Feststellung der Vorinstanzen richtet, das Arbeitsverhältnis des Klägers zur Beklagten zu 1) sei durch die am 22. Mai 1995 ausgesprochene Kündigung nicht aufgelöst worden (Entscheidung über den Klagantrag zu 3).
1. Die Unwirksamkeit der Kündigung folgt nicht aus § 613 a Abs. 4 BGB. Die Kündigung ist nicht wegen eines Betriebsüberganges ausgesprochen worden.
a) Wegen eines Betriebsüberganges im Sinne dieser Norm wird eine Kündigung nur dann ausgesprochen, wenn der Betriebsübergang die überwiegende Ursache der Kündigung bildet. Der Betriebsübergang muß der Beweggrund für die Kündigung gewesen sein (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BAG Urteil vom 13. November 1997 – 8 AZR 295/95 – AP Nr. 169 zu § 613 a BGB, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt). Dabei ist ausschließlich auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung, also bei Zugang der Kündigung abzustellen. Damit kann ein bevorstehender Betriebsübergang nur dann zur Unwirksamkeit der Kündigung gemäß § 613 a Abs. 4 BGB führen, wenn die den Betriebsübergang ausmachenden Tatsachen im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits feststehen oder zumindest greifbare Formen angenommen haben (BAG Urteil vom 13. November 1997, aaO).
b) Im Zeitpunkt des Zugangs der streitgegenständlichen Kündigung vom 22. Mai 1995 am 29. Mai 1995 lagen weder die Voraussetzungen eines Betriebsübergangs von der Beklagten zu 1) auf die Beklagte zu 3) bereits vor, noch hatten sie greifbare Formen angenommen, denn entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts erfüllt allein eine Funktionsnachfolge nicht die Voraussetzungen eines Betriebsübergangs im Sinne von § 613 a BGB. Wie der EuGH mit Urteil vom 11. März 1997 (Rs C-13/95 – EuGHE I 1997, 1259 = AP Nr. 14 zu EWG-Richtlinie Nr. 77/187) unter Nr. 15 der Entscheidungsgründe ausgeführt hat, darf eine Einheit im Sinne der Richtlinie nicht als bloße Tätigkeit verstanden werden. Die bereits Ende Mai 1995 abzusehende Fortführung der Reparatur- und Wartungsarbeiten durch die Beklagte zu 3) gab deshalb dem denkbaren Betriebsübergang von der Beklagten zu 1) auf die Beklagte zu 3) noch keine greifbaren Formen. Insbesondere waren weder die Übernahme materieller und immaterieller Betriebsmittel der Beklagten zu 1) durch die Beklagte zu 3) noch die Übernahme der Hauptbelegschaft der Beklagten zu 1) durch die Beklagte zu 3) mit hinreichender Gewißheit abzusehen. Während die von der Beklagten zu 1) eingesetzten Betriebsmittel jedenfalls in ihrem Verkehrswert gegen Null tendierten und von der Beklagten zu 3) gar nicht übernommen werden sollten oder später übernommen wurden, hatte die Beklagte zu 3) hinsichtlich der Beschäftigten lediglich ihr Interesse bekundet. Andererseits ließ zumindest der Kläger erkennen, daß er von einer illegalen Arbeitnehmerüberlassung ausging und sich deshalb eines seit 1993 zur Beklagten zu 2) bestehenden Arbeitsverhältnisses berühmte.
c) Sollte es nach Zugang der Kündigung zu einem Betriebsübergang von der Beklagten zu 1) auf die Beklagte zu 3) gekommen sein, berührte dies die einmal gegebene Wirksamkeit der Kündigung nicht mehr. Vielmehr hätte dies allein einen Anspruch des Klägers auf Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen gegen die Beklagte zu 3) begründen können (vgl. hierzu BAG Urteil vom 13. November 1997, aaO).
2. Die Kündigung ist nicht sozial ungerechtfertigt im Sinne von § 1 Abs. 1 des anwendbaren Kündigungsschutzgesetzes, denn sie ist durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers im Betrieb der Beklagten zu 1) entgegenstehen. Die Beklagte zu 1) entschloß sich, ihre Geschäftstätigkeit endgültig zum Jahresende 1995 einzustellen. Damit entfiel eine Beschäftigungsmöglichkeit des Klägers. Soweit das Berufungsgericht annimmt, es sei zum Betriebsübergang auf die Beklagte zu 3) gekommen und deshalb die Kündigung sozial nicht gerechtfertigt, verkennt es, daß auch für die Frage der Sozialwidrigkeit der Kündigung allein auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung, hier am 29. Mai 1995, abzustellen ist. Zu diesem Zeitpunkt beabsichtigte die Beklagte zu 1) die Aufgabe aller Geschäftstätigkeiten und konnte lediglich hoffen, die Beklagte zu 3) werde ihre bisherigen Beschäftigten einstellen. Ein Übergang von materiellen Betriebsmitteln war nicht vorgesehen.
C. Revision der Beklagten zu 3)
I. Die Revision der Beklagten zu 3) ist nicht bereits aus prozeßrechtlichen Gründen begründet. Die Klage gegen die Beklagte zu 3) war zwar in erster Instanz unzulässig, weil sie lediglich hilfsweise für den Fall des Unterliegens im Verhältnis zur Beklagten zu 2) erhoben wurde (vgl. hierzu BAG Urteil vom 11. Dezember 1997 – 8 AZR 729/96 – AP Nr. 172 zu § 613 a BGB, unter B II der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt), doch ist diese Bedingung mit dem Erlaß des insofern rechtskräftig gewordenen erstinstanzlichen Urteils eingetreten. Der Kläger hat gegen die Abweisung seiner gegen die Beklagte zu 2) gerichteten Klage keine Berufung eingelegt. Hingegen hat die Beklagte zu 3) gegen ihre unbedingte Verurteilung Berufung eingelegt. Damit besteht seit der Berufungsinstanz ein unbedingtes Prozeßrechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 3).
II. Die Revision der Beklagten zu 3) ist begründet, soweit die Vorinstanzen die Beklagte zu 3) zur Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte verurteilt haben. Vom Landesarbeitsgericht ist zwar das Unvermögen der Beklagten zu 3), die Abmahnung vom 6. Juni 1995 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen, gesehen, aber rechtlich unberücksichtigt gelassen worden. Ist die Beklagte zu 3) nach der eigenen Feststellung des Berufungsgerichts gar nicht in der Lage, ein Abmahnungsschreiben aus einer Personalakte des Arbeitnehmers zu entfernen, weil sie weder eine Personalakte über den Kläger führt noch über einen Entwurf oder ein Duplikat des von einem anderen Arbeitgeber stammenden Abmahnungsschreibens verfügt, ist die Verurteilung zu einer entsprechenden Leistung unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen eines Betriebsübergangs ausgeschlossen (§ 275 BGB). Im übrigen ist die Beklagte zu 1) rechtskräftig zur Herausnahme des Abmahnungsschreibens aus der Personalakte verurteilt worden, so daß die Beklagte zu 3), sollte sie tatsächlich die Personalakte des Klägers von der Beklagten zu 1) herausverlangen können, diese Personalakte ohne ein Abmahnungsschreiben vom 6. Juni 1995 erhielte.
III. Die Revision der Beklagten zu 3) ist begründet, soweit die Vorinstanzen festgestellt haben, das Arbeitsverhältnis des Klägers sei am 1. Januar 1996 auf sie übergegangen (Entscheidung über den Klagantrag zu 4).
1. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte zu 3) den Betrieb der Beklagten zu 1) mit Wirkung vom 1. Januar 1996 im Sinne von § 613 a Abs. 1 BGB übernommen hat oder nicht. Sollte die Beklagte zu 3) den Übergang des Betriebes dadurch herbeigeführt haben, daß sie die Identität der wirtschaftlichen Einheit durch die Einstellung von acht der früheren Beschäftigten der Beklagten zu 1) und deren Einsatz auf ihren alten Arbeitsplätzen mit unveränderten Aufgaben gewahrt hat (vgl. hierzu BAG Urteil vom 11. Dezember 1997 – 8 AZR 729/96 – AP Nr. 172 zu § 613 a BGB, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt), wäre es nur dann zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses des Klägers zur Beklagten zu 3) gekommen, wenn der Kläger den Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses noch während des Bestehens oder zumindest unverzüglich nach Kenntniserlangung von den den Betriebsübergang ausmachenden tatsächlichen Umständen geltend gemacht hätte (vgl. BAG Urteil vom 13. November 1997 – 8 AZR 295/95 – AP Nr. 169 zu § 613 a BGB, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt). Mit dem Gebot der notwendigen Rechtssicherheit ist es nicht vereinbar, die Beteiligten über das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebsübernehmer noch nach Beendigung des durch Kündigung aufgelösten Arbeitsverhältnisses des Arbeitnehmers zum Betriebsveräußerer im Unklaren zu lassen.
Der Zweite Senat hat mit Urteil vom 27. Februar 1997 (– 2 AZR 160/96 – AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 Wiedereinstellung, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt) entschieden, daß dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zusteht, wenn im Zeitraum zwischen Ausspruch und Wirksamwerden einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung der Kündigungsgrund wegfällt und der Arbeitgeber keine weiteren Dispositionen getroffen hat, die regelmäßig ein schutzwürdiges Interesse daran begründen, es bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu belassen. Im Hinblick darauf, daß die Voraussetzungen eines Betriebsübergangs nicht nur durch die Übernahme materieller und/oder immaterieller Betriebsmittel, sondern auch durch die willentliche Übernahme der Hauptbelegschaft erfüllt werden können, hat der erkennende Senat mit Urteil vom 13. November 1997 (– 8 AZR 295/95 – AP Nr. 169 aus § 613 a BGB, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt) den Fortsetzungsanspruch auch auf die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erstreckt, um so ein wirksames, den europarechtlichen Vorgaben genügendes Mittel des Bestandsschutzes bei Betriebsübergängen zu gewährleisten. Der Zweck dieses Bestandsschutzes rechtfertigt jedoch keine Phasen vermeidbarer Ungewißheit über das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses zwischen Arbeitnehmer und Betriebserwerber. Nicht zuletzt im Interesse seiner eigenen Beschäftigungs- und Vergütungsansprüche ist deshalb vom Arbeitnehmer zu verlangen, daß er unverzüglich nach Kenntniserlangung von den den Betriebsübergang ausmachenden tatsächlichen Umständen sein Fortsetzungsverlangen gegenüber dem Betriebserwerber stellt. Erfährt der Arbeitnehmer von der willentlichen Übernahme der Hauptbelegschaft, ist es ihm zumutbar, ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 BGB) seinen Antrag auf Abschluß eines Fortsetzungsarbeitsvertrages zu unveränderten Arbeitsbedingungen unter Anrechnung der früheren Beschäftigungsdauer an den Betriebserwerber zu richten.
Damit besteht insofern ein Gleichklang zum Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der Arbeitnehmer grundsätzlich bis zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs widersprechen. Nach dem Betriebsübergang kann der Arbeitnehmer nur noch unverzüglich dem Übergang des Arbeitsverhältnisses widersprechen, wobei dem Arbeitnehmer im Anschluß an die §§ 4, 7 KSchG eine Erklärungsfrist von höchstens drei Wochen zugebilligt wird (vgl. BAG Urteil vom 19. März 1998 – 8 AZR 139/97 – AP Nr. 177 zu § 613 a BGB, zu I 3 c aa der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt).
2. Der Kläger hatte bereits im Jahre 1995 positive Kenntnis davon, daß die Beklagte zu 3) ihm und seinen Kollegen neue Arbeitsverträge über eine Beschäftigung ab dem 1. Januar 1996 anbot und zumindest sieben seiner Kollegen dieses Angebot angenommen hatten. Damit kannte er alle tatsächlichen Voraussetzungen eines möglichen Betriebsübergangs. Er hätte sich unverzüglich nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zur Beklagten zu 1) entscheiden müssen. Ein entsprechendes Fortsetzungsverlangen hat er jedoch gegenüber der Beklagten zu 3) nicht erhoben. Vielmehr hat der Kläger bis zur streitigen Entscheidung erster Instanz (9. Oktober 1996) an seiner Rechtsauffassung festgehalten, in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten zu 2) zu stehen, das durch die von der Beklagten zu 1) erklärte Kündigung nicht aufgelöst worden sei.
Daß der Kläger vor der Verkündung des erstinstanzlichen Urteils überhaupt ein unbedingtes Fortsetzungsverlangen gegenüber der Beklagten zu 3) erhoben habe, ist von ihm nicht behauptet worden. Soweit der Kläger mit seiner Klageerweiterung vom 22. Dezember 1995 hilfsweise, also für den Fall der Abweisung seiner gegen die Beklagte zu 2) gerichteten Klage, die Feststellung eines auf die Beklagte zu 3) übergegangenen Arbeitsverhältnisses begehrte, ist diese bedingte Klage erst durch die am 15. April 1996 bewirkte Zustellung des klagerweiternden Schriftsatzes erhoben worden.
Soweit er vorgetragen hat, er habe am 2. Januar 1996 der Beklagten zu 3) seine Arbeitsleistung anbieten wollen, sei aber am Werkstor der Beklagten zu 2) nicht eingelassen worden, ist es bereits tatsächlich zu keiner Kontaktaufnahme zur Beklagten zu 3) gekommen. Ebensowenig hat er vorgetragen, am 7. März 1996 ein unbedingtes Arbeitsangebot gegenüber der Beklagten zu 3) erklärt zu haben.
Ein schriftliches Fortsetzungsverlangen hat der Kläger nicht gestellt. Das von der Beklagten zu 3) mit Anwaltsschreiben vom 28. Februar 1996 gegenüber den Prozeßbevollmächtigten des Klägers unterbreitete Angebot, den Kläger weiter zu beschäftigen, war ausdrücklich davon abhängig, daß der Kläger seine Klage gegen die Beklagte zu 2) nicht weiterführe. Dem entsprach der Kläger nicht. Vielmehr bemühte er sich noch mit Schriftsatz vom 27. September 1996, die von ihm angenommene illegale Arbeitnehmerüberlassung der Beklagten zu 1) gegenüber der Beklagten zu 2) durch Tatsachenvortrag zu belegen.
Da es somit zu keiner unverzüglichen Erhebung des Fortsetzungsverlangens gekommen ist, ist die Beklagte zu 3) unabhängig vom Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen eines Betriebsübergangs nicht verpflichtet, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fortzusetzen. Die Klage ist auch insoweit unbegründet.
D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Ascheid, Dr. Wittek, Müller-Glöge, Noack, R. Iskra
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 12.11.1998 durch Bartel, Reg.-Hauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 436082 |
BAGE, 153 |
BB 1999, 376 |
BB 1999, 589 |
DB 1999, 485 |
NJW 1999, 1132 |
NWB 1999, 1166 |
EWiR 1999, 207 |
FA 1999, 119 |
FA 1999, 64 |
FA 1999, 99 |
NZA 1999, 311 |
RdA 1999, 360 |
SAE 1999, 251 |
ZIP 1999, 670 |
AP, 0 |
AuA 1999, 430 |
MDR 1999, 551 |
LL 1999, 647 |