Entscheidungsstichwort (Thema)
Annahmeverzug nach fristloser Arbeitgeberkündigung
Leitsatz (redaktionell)
1. Kommt der Arbeitgeber im Anschluß an eine von ihm ausgesprochene unwirksame fristlose Kündigung in Annahmeverzug, so endet dieser auch dann nicht, wenn er dem Arbeitnehmer vorsorglich einen für die Dauer des Kündigungsrechtsstreits befristeten neuen Arbeitsvertrag zu den bisherigen Bedingungen oder eine durch die rechtskräftige Feststellung der Wirksamkeit der Kündigung auflösend bedingte Fortsetzung des Vertrages anbietet und der Arbeitnehmer dieses Angebot ablehnt (im Anschluß an BAG 21.5.1981, 2 AZR 95/79 = BAGE 35, 324 = AP Nr 32 zu § 615 BGB).
2. Die Ablehnung eines solchen Angebots des Arbeitgebers kann jedoch ein böswilliges Unterlassen anderweitigen Erwerbs im Sinne des § 615 S 2 BGB darstellen. Für diese Beurteilung kommt es auf die Umstände des Einzelfalles, insbesondere auf Art und Begründung der Kündigung und das Verhalten des Arbeitgebers im Kündigungsprozeß an.
Normenkette
BGB §§ 293-296, 615
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 26.10.1983; Aktenzeichen 2 Sa 73/83) |
ArbG Reutlingen (Entscheidung vom 10.03.1983; Aktenzeichen 1 Ca 424/82) |
Tatbestand
Der Kläger war bei der Beklagten seit 12. März 1979 als Bauschlosser beschäftigt. Er verdiente zuletzt im Durchschnitt 3.070,03 DM brutto monatlich. Auf einen entsprechenden Antrag des Klägers teilte ihm die Landesversicherungsanstalt Württemberg Ende Februar 1982 mit, daß ihm eine Kur von voraussichtlich vier Wochen Dauer bewilligt werde. Ein Termin war in diesem Schreiben nicht genannt worden. Entgegen der darin enthaltenen Aufforderung legte der Kläger den Bewilligungsbescheid der Beklagten nicht vor. Während des ihm von der Beklagten bewilligten Urlaubs für die Zeit vom 16. Mai bis 13. Juni 1982, den er im Januar 1982 gebucht hatte, hielt sich der Kläger in Kanada auf. Am 15. Juni 1982 nahm er die Arbeit bei der Beklagten wieder auf. Am Spätnachmittag des 16. Juni 1982 holte er seine auf dem Postamt lagernde Urlaubspost ab. Darunter befand sich ein Schreiben einer Kurklinik vom 22. Mai 1982, in dem ihm mitgeteilt wurde, er solle die bewilligte Kur am 17. Juni 1982 antreten. An diesem Tag warf der Kläger eine entsprechende Mitteilung bei der Beklagten in den Briefkasten und trat anschließend die Kur an. Am 18. Juni 1982 ließ er die Beklagte durch seine Ehefrau telefonisch von dem Kurantritt unterrichten.
Mit Einschreiben vom 18. Juni 1982, das dem Kläger am 24. Juni 1982 zuging, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos.
Der Kläger wurde am 15. Juli 1982 aus der Kurklinik entlassen. Anschließend hatte er eine Schonungszeit bis 22. Juli 1982, während der er nicht arbeitsunfähig war. Mit Anwaltsschreiben vom 23. Juli 1982 bot er der Beklagten seine Arbeitskraft an und bat gleichzeitig darum, sie möge die fristlose Kündigung zurücknehmen. Die Beklagte erwiderte mit Anwaltsschreiben vom 3. August 1982, der Kläger könne bei ihr arbeiten, die Kündigung werde nicht zurückgenommen. Der Kläger hat seine Arbeit bei der Beklagten in der Folgezeit nicht wieder aufgenommen. Er erhielt von der Beklagten für den Monat Juni 1982 einen Nettobetrag von 691,09 DM ausbezahlt. Ab 17. September 1982 erhielt er ein wöchentliches Arbeitslosengeld von 274,80 DM. Im November 1982 nahm er eine Arbeit bei einem anderen Unternehmen auf.
Mit seiner am 29. Juni 1982 zugestellten Klage hat sich der Kläger gegen die fristlose Kündigung gewandt und im Wege der Klageerweiterung Zahlungsansprüche für die Zeit vom 1. Juni bis 31. Oktober 1982 in Höhe von insgesamt 23.178,06 DM brutto abzüglich 1.727,31 DM gezahlten Arbeitslosengeldes für die Zeit vom 17. September bis 31. Oktober 1982 geltend gemacht.
Der Kläger hat vorgetragen, die Kündigung sei unwirksam, so daß das Arbeitsverhältnis bis Ende Oktober 1982 fortbestanden habe. Die Beklagte schulde ihm deshalb Lohn für die Zeit vom 1. Juni bis 31. Oktober 1982. Der ab 23. Juni 1982 bestehende Annahmeverzug sei insbesondere nicht dadurch beendet worden, daß er dem Angebot der Beklagten vom 3. August 1982 nicht nachgekommen sei. Die Beklagte habe ihm damit nicht angeboten, ihn vertragsgemäß weiterzubeschäftigen, weil sie keine Übergangsregelung vorgesehen und die Kündigung nicht zurückgenommen habe. Überdies habe ihr Geschäftsführer bereits im Gütetermin vom 8. Juli 1982 erklärt, daß er, der Kläger, nicht mehr in den Betrieb hineinkomme, und dies im arbeitsgerichtlichen Kammertermin wiederholt.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis des
Klägers mit der Beklagten nicht durch die
fristlose Kündigung vom 18. Juni 1982 aufge-
löst worden ist, sondern fortbesteht;
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger
23.178,06 DM brutto abzüglich erhaltenen
Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.727,31 DM
nebst Zinsen zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat die fristlose Kündigung für gerechtfertigt gehalten und vorgebracht, der Kläger könne spätestens ab 6. August 1982 keinen Lohn mehr beanspruchen. Ihr Angebot vom 3. August 1982 sei ausreichend gewesen, um den Annahmeverzug zu beenden. Hierfür sei es nicht erforderlich gewesen, die Kündigung zurückzunehmen. Der Kläger habe seit seiner Entlassung bei der Firma G M in Pf gegen Entgelt gearbeitet.
Das Arbeitsgericht hat der Feststellungsklage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 6.187,21 DM abzüglich 691,09 DM netto als Lohn für die Zeit vom 1. Juni bis 15. Juli 1982 und vom 23. Juli bis 5. August 1982 zuzüglich Zinsen zu zahlen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, die Beklagte habe Lohnansprüche für die Zeit vom 1. bis 17. Juni 1982 nicht bestritten. Für die Dauer der Kur vom 18. Juni bis 15. Juli 1982 könne der Kläger gem. § 7 LohnFG und für die Zeit vom 23. Juli bis 5. August 1982 gem. § 615 BGB aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges Lohnfortzahlung in Höhe des zugesprochenen Betrages fordern. Für die Schonungszeit vom 16. bis 22. Juli 1982 bestehe keine Lohnfortzahlungspflicht der Beklagten, weil der Kläger in diesem Zeitraum nicht arbeitsunfähig krank gewesen sei. Der Annahmeverzug der Beklagten sei im Hinblick auf ihr in dem Anwaltsschreiben vom 3. August 1982 enthaltenes Angebot zur Weiterbeschäftigung des Klägers am 5. August 1982 beendet worden.
Mit der Berufung hat der Kläger seine Zahlungsansprüche für die Zeit vom 6. August bis 31. Oktober 1982 weiterverfolgt. Die Beklagte hat im Umfang ihres Unterliegens Anschlußberufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat beide Berufungen zurückgewiesen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Revision eingelegt, soweit seine Berufung erfolglos geblieben ist. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht, soweit die Berufung des Klägers zurückgewiesen und über die Kosten des Rechtsstreits entschieden worden ist.
A. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind noch Lohnansprüche des Klägers für die Zeit vom 6. August bis 31. Oktober 1982. Ansprüche für die Zeit vom 16. bis 22. Juli 1982 sind bereits durch das Arbeitsgericht rechtskräftig aberkannt worden, da der Kläger insoweit keine Berufung eingelegt hat. Nachdem das Berufungsgericht die Anschlußberufung zurückgewiesen und die Beklagte keine Revision eingelegt hat, steht ferner rechtskräftig fest, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien fortbestanden hat und dem Kläger der vom Arbeitsgericht für die Zeit vom 1. Juni bis 15. Juli und vom 23. Juli bis 5. August 1982 zugesprochene Lohn zusteht.
B. Das Berufungsgericht hat seine Ansicht, dem Kläger stehe über den 5. August 1982 hinaus kein Lohnfortzahlungsanspruch zu, im wesentlichen wie folgt begründet:
Der Annahmeverzug der Beklagten habe dadurch geendet, daß der Kläger auf das im Schreiben vom 3. August 1982 enthaltene Beschäftigungsangebot der Beklagten seine Tätigkeit nicht wieder aufgenommen habe. Anders als in dem vom Bundesarbeitsgericht (Senatsurteil vom 21. Mai 1981 - 2 AZR 95/79 -, BAG 35, 324 = AP Nr. 32 zu § 615 BGB) entschiedenen Fall sei die Beklagte bereit gewesen, den Kläger an seinem früheren Arbeitsplatz zu den ursprünglichen Bedingungen bis zum Abschluß des Kündigungsverfahrens weiterzubeschäftigen. Sie sei lediglich nicht bereit gewesen, die Kündigung zurückzunehmen. Ein solches Angebot sei geeignet, den Annahmeverzug zu beenden. Die Zurücknahme der Kündigung sei hierfür keine notwendige Voraussetzung. Die Beklagte habe damit das Arbeitsangebot des Klägers angenommen. Eine gegenteilige Äußerung ihres Geschäftsführers im Gütetermin vom 8. Juli 1982 wäre gegenstandslos und durch das Anwaltsschreiben vom 3. August 1982 überholt. Ob der Geschäftsführer im Kammertermin vom 15. Februar 1983 eine Weiterbeschäftigung abgelehnt habe, sei unerheblich, weil es im vorliegenden Rechtsstreit lediglich um Lohnansprüche für die Zeit bis Ende Oktober 1982 gehe.
C. Dieser Würdigung kann nicht gefolgt werden.
I. Nachdem feststeht, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten nicht beendet worden ist, kann der Kläger für den noch umstrittenen Zeitraum vom 6. August bis 31. Oktober 1982 gemäß § 615 Satz 1, §§ 293 ff. BGB Lohnfortzahlung verlangen, wenn sich die Beklagte in Verzug der Annahme seiner Dienste befunden hat. Dies hat das Berufungsgericht zu Unrecht verneint.
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die Beklagte vor dem Zugang des Schreibens ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 3. August 1982 in Annahmeverzug geraten war.
a) Die Voraussetzungen des Annahmeverzugs richten sich auch für das Arbeitsverhältnis nach den §§ 293 ff. BGB.
Danach muß der Schuldner in der Regel die geschuldete Leistung tatsächlich anbieten (§ 294 BGB). Nach § 295 BGB genügt jedoch ein wörtliches Angebot, wenn der Gläubiger erklärt hat, er werde die Leistung nicht annehmen oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist. Ist für die vom Gläubiger vorzunehmende Handlung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, bedarf es ausnahmsweise keines Angebots, wenn der Gläubiger die Handlung nicht rechtzeitig vornimmt (§ 296 BGB). Nach der neueren Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 9. August 1984 -, BAG 46, 234 - sowie vom 21. März 1985 - 2 AZR 201/84 -, EzA § 615 BGB Nr. 43 und 44) bedarf es nach Ausspruch einer Kündigung durch den Arbeitgeber grundsätzlich auch keines wörtlichen Dienstleistungsangebots des Arbeitnehmers, weil der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen, ihm ferner Arbeit zuweisen muß und somit eine nach dem Kalender bestimmte Mitwirkungshandlung vorzunehmen hat. Da der Arbeitgeber mit der Kündigung dem Arbeitnehmer den entgegengesetzten Willen zu erkennen gibt, muß der Arbeitgeber ihn wieder zur Arbeit auffordern - im Falle einer ordentlichen Kündigung für die Zeit nach dem Kündigungstermin -, wenn er trotz der Kündigung nicht in Annahmeverzug geraten will. Ist der Arbeitnehmer allerdings arbeitsunfähig, kann der Arbeitgeber nicht in Annahmeverzug geraten, weil der Arbeitnehmer außerstande ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu bewirken (§ 297 BGB). In diesem Fall ist dem Arbeitgeber das Ende der Arbeitsunfähigkeit und der Beginn des drohenden Annahmeverzugs nicht erkennbar. Der Arbeitnehmer muß deshalb nach seiner Gesundung zwar nicht die Arbeit anbieten, aber den Arbeitgeber auffordern, ihm Arbeit zuzuweisen. Nach § 295 Satz 2 BGB steht diese Aufforderung des Arbeitnehmers, die Mitwirkungshandlung vorzunehmen, einem Angebot gleich. Dieser Aufforderung bedarf es in allen Fällen, in denen der Arbeitgeber nicht erkennen kann, ob und von welchem Zeitpunkt an der Arbeitnehmer leistungsbereit und -willig ist.
b) Nach diesen Grundsätzen war im vorliegenden Fall mit dem Zugang des Kündigungsschreibens beim Kläger noch kein Annahmeverzug eingetreten.
Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt nicht leistungsbereit (§ 297 BGB), weil er sich in einer von der zuständigen Landesversicherungsanstalt bewilligten Kur befand, die gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 LohnFG einer Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 LohnFG gleichstand. Der Kläger mußte somit nach Kurende die Beklagte auffordern, ihm Arbeit zuzuweisen. Dies ist jedoch in dem Schreiben seiner Prozeßbevollmächtigten vom 23. Juli 1982 geschehen. Darin wurde darauf hingewiesen, daß der Kläger der Beklagten zwischenzeitlich durch Übersendung der Entlassungsmitteilung der Kurklinik das Ende der Schonungszeit bekanntgegeben habe und nach wie vor seine Arbeitsleistung anbiete. Damit war der Beklagten bekannt, daß der Kläger leistungsbereit und -willig war.
2. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist der Annahmeverzug der Beklagten jedoch nicht dadurch beendet worden, daß der Kläger auf das Schreiben ihrer Anwälte vom 3. August 1982 seine Tätigkeit nicht wieder aufgenommen hat.
a) Der Senat hat sich bereits in dem Urteil vom 21. Mai 1981 (BAG 35, 324 = AP Nr. 32 zu § 615 BGB) mit der Frage befaßt, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber nach Ausspruch einer - unwirksamen - fristlosen Kündigung den Annahmeverzug beenden kann. Er hat ausgesprochen, der Annahmeverzug ende jedenfalls nicht bereits dann, wenn der Arbeitgeber sich bereit erkläre, den Arbeitnehmer ohne vertragliche Übergangsregelung lediglich im Rahmen eines faktischen Arbeitsverhältnisses "zur Vermeidung von Verzugslohn" längstens bis zur erstinstanzlichen Entscheidung weiterzubeschäftigen. Er hat offengelassen, ob der Annahmeverzug des Arbeitgebers dann endet, wenn er dem Arbeitnehmer im Anschluß an eine streitige Kündigung vorsorglich einen für die Dauer des Kündigungsschutzrechtsstreits befristeten neuen Arbeitsvertrag zu den bisherigen Bedingungen oder eine durch die rechtskräftige Feststellung der Wirksamkeit der Kündigung auflösend bedingte Fortsetzung des Vertrages anbietet und der Arbeitnehmer dieses Angebot ohne rechtlich erheblichen Grund ablehnt.
Der Senat hat unter Bezugnahme auf das Urteil des Reichsgerichts vom 10. März 1914 (- III 497/13 -, Gruchot's Beiträge, Bd. 58, Beilageheft S. 929 f.) ausgeführt, die Beseitigung des Annahmeverzugs sei mangels ausdrücklicher Vorschriften im Gesetz nach den aus der Natur des (Annahme-) Verzugs zu ziehenden Folgerungen zu bestimmen. Dies bedeute, daß der Gläubiger erklären müsse, er wolle gerade die dem Schuldner obliegende, also die vertraglich geschuldete Leistung abnehmen: Befinde sich der Arbeitgeber nach der Kündigung eines Arbeitnehmers in Annahmeverzug, könne er diesen nur dadurch beenden, daß er die Folgen der unwirksamen Kündigung, soweit überhaupt möglich, wieder beseitige. Der Arbeitgeber müsse also erklären, er nehme die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers aufgrund des noch bestehenden Arbeitsverhältnisses an. Er habe klarzustellen, daß die Kündigung zu Unrecht erfolgt sei.
Der Senat hat sodann den Vorschlag von Ohlendorf (AuR 1981, 109, 110, 112) angesprochen, der den Arbeitnehmer wegen § 615 Satz 2 BGB unter Umständen für verpflichtet hält, das Angebot auf Abschluß eines befristeten Arbeitsverhältnisses bis zur Klärung der Wirksamkeit der Kündigung anzunehmen, weil nach dessen Ablehnung der Annahmeverzug des Arbeitgebers endet. Der Vorschlag sei sachgerecht, weil Vereinbarungen über einen befristeten neuen Vertrag oder eine auflösend bedingte Fortsetzung des gekündigten Vertrages - jeweils zu den bisherigen Bedingungen - noch weitergehende Wirkungen habe als die Durchsetzung des im Schrifttum und der Rechtsprechung noch streitigen Weiterbeschäftigungsanspruchs des Arbeitnehmers im Anschluß an eine von ihm bekämpfte Kündigung. Jedoch scheitere dieser Vorschlag an den besonderen Umständen des - dortigen - Falles. Zumindest für eine derartige unverbindliche Bereitschaft der Beklagten, den Kläger weiterzubeschäftigen, schließe sich der Senat der Auffassung des Reichsgerichts (aaO) an.
Mit diesen Ausführungen hat der Senat entgegen der Interpretation seines Urteils von Berkowsky (BB 1982, 374, 376, unter II 3) nicht nur in den Leitsätzen, sondern auch in den Entscheidungsgründen dieses Urteils zum Ausdruck gebracht, daß er die Frage, ob der Arbeitgeber den Annahmeverzug durch das Angebot der Weiterbeschäftigung auch dann beenden kann, wenn er zugleich seine (rechtsunwirksame) Kündigung aufrechterhält, nicht grundsätzlich beantworten, sondern nur für den Fall eines Arbeitgeberangebots mit dem geschilderten unverbindlichen Inhalt verneinen wollte (zutreffend insoweit Schäfer, DB 1982, 902, 903, unter II 4).
b) Im vorliegenden Fall hat sich die Beklagte, anders als nach dem damals zu beurteilenden Sachverhalt, nach der von der Revision nicht angegriffenen und damit für den Senat bindenden Feststellung des Berufungsgerichts bereit erklärt, den Kläger an seinem früheren Arbeitsplatz zu den bisherigen Arbeitsbedingungen bis zum Abschluß des Kündigungsrechtsstreits weiterzubeschäftigen; sie war lediglich nicht bereit, die Kündigung zurückzunehmen. Ob darin das Angebot lag, einen neuen befristeten Arbeitsvertrag oder eine auflösend bedingte Fortsetzung des gekündigten Vertrages abzuschließen, hat das Berufungsgericht nicht geprüft. Diese Frage kann jedoch offen bleiben, weil selbst das Angebot eines solchen befristeten oder auflösend bedingten Vertrages den Annahmeverzug nicht beenden kann.
c) Im Schrifttum wird die Ansicht des Reichsgerichts (aaO), der Annahmeverzug des Arbeitgebers ende nur dann, wenn dieser mit dem Angebot der Weiterbeschäftigung auch klarstelle, daß er zu Unrecht gekündigt habe, vertreten von Berkowsky (BB 1982, 374; derselbe DB 1982, 904 f. sowie BB 1984, 216), Denk (NJW 1983, 255), Peter (DB 1982, 488), Soergel/Kraft (BGB, 11. Aufl., § 615 Rz 16), Stahlhacke (Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 4. Aufl., Rz 104), Staudinger/Mohnen (BGB, 11. Aufl., § 615 Rz 24) sowie Weber (SAE 1982, 94, 97 unter III 3 a), ferner - für den methodisch gleichgelagerten Fall des Angebots des Arbeitgebers auf Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Sinne des § 102 Abs. 5 BetrVG - Heinze (Personalplanung, Einstellung und Kündigung, 1982, Rz 622 bis 625).
Demgegenüber lassen KR-Becker (2. Aufl., § 11 KSchG Rz 8), Herschel/Löwisch (KSchG, 6. Aufl., § 4 Rz 78), Schaub (AR- Blattei, Annahmeverzug I, B V 3; derselbe in Arbeitsrechts-Handbuch, 5. Aufl., S. 218), Schäfer (DB 1982, 902; derselbe NZA 1984, 105, 110 ff.) sowie KR-Wolf (aaO, Grunds. Rz 485) ein Angebot auf Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Bedingungen bis zum endgültigen Abschluß des Kündigungsprozesses für die Beendigung des Annahmeverzuges genügen.
Der Senat schließt sich nach nochmaliger Prüfung der erstgenannten Meinung aus den nachfolgend dargelegten Gründen an.
d) Das BGB enthält keine ausdrückliche Vorschrift über die Beendigung des Gläubigerverzugs. Aus den Gesetzesmaterialien (vgl. die Nachweise bei Planck, BGB, 4. Aufl., § 293 Anm. 1) ergibt sich, daß die zunächst unter anderem vorgesehene Regelung, der Verzug des Gläubigers solle mit dem Zeitpunkt enden, in dem er das Versäumte nachhole, mit der Begründung gestrichen wurde, sie sei selbstverständlich und damit überflüssig. Deshalb kann die Beseitigung des Annahmeverzuges, wie das Reichsgericht (aaO) zutreffend angenommen hat, nur nach den aus der Natur des Annahmeverzugs zu ziehenden Folgerungen bestimmt werden. Gemäß § 293 BGB kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt; nach § 294 BGB muß die Leistung dem Gläubiger so, wie sie zu bewirken ist, angeboten werden. Die Annahme der Leistung ist dementsprechend ihre Entgegennahme als Erfüllung; der Gläubiger muß die Leistung zum Zweck der Erfüllung derjenigen Verbindlichkeit annehmen, die der Schuldner durch sein Angebot erfüllen will (Staudinger/Löwisch, BGB, 12. Aufl., § 293 Rz 13). Lehnt der Gläubiger ein diesen gesetzlichen Voraussetzungen entsprechendes Leistungsangebot des Schuldners ab, so kann er den dadurch begründeten Annahmeverzug auch nur dann beseitigen, wenn er nunmehr die angebotene Leistung als die vom Schuldner aufgrund des noch bestehenden Vertrages zu erbringende annimmt. Damit wird deutlich, daß Angebot und Annahme der Leistung für die Begründung wie die Beendigung des Annahmeverzugs nicht losgelöst von der der Leistung zugrundeliegenden Verbindlichkeit gesehen werden können. Wenn nur die zum Zwecke der Erfüllung der bestehenden Verbindlichkeit vom Schuldner angebotene Leistung den Gläubiger in Annahmeverzug setzen kann, befindet sich der Gläubiger solange in Annahmeverzug, wie er die Leistung nicht als Erfüllung dieser Verbindlichkeit entgegennimmt.
e) Von diesen Grundsätzen ist auch für den Annahmeverzug des Arbeitgebers im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses auszugehen.
aa) Aus den Gesetzesmaterialien, nach denen der Annahmeverzug enden soll, wenn der Gläubiger das Versäumte nachzuholen bereit ist, sowie den im Allgemeinen Teil des Schuldrechts geregelten Rechtsfolgen des Annahmeverzugs (§§ 300 bis 304, § 372 BGB) ergibt sich zwar, daß die allgemeinen Vorschriften über den Annahmeverzug in erster Linie an den einmaligen Austauschverhältnissen ausgerichtet sind. Sie gelten jedoch auch ohne ausdrückliche Einschränkungen für Dauerschuldverhältnisse wie das Dienst- und Arbeitsverhältnis. Deshalb hat der erkennende Senat für die Begründung des Annahmeverzugs des Arbeitgebers auch in seiner neueren Rechtsprechung diese Vorschriften angewandt (BAG 46, 234 sowie Urteil vom 21. März 1985 - 2 AZR 201/84 -, aaO).
bb) Demgemäß muß auch der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung zum Zwecke der Erfüllung des Arbeitsvertrages, den er mit dem Arbeitgeber abgeschlossen hat, anbieten, und der Arbeitgeber hat diese Leistung als Erfüllung des Vertrages anzunehmen, wenn er nicht in Annahmeverzug geraten will. Es genügt nicht, wie Herschel/Löwisch und Schäfer (jeweils aaO) annehmen, daß der Arbeitgeber lediglich faktisch bereit ist, die Dienstleistung entgegenzunehmen. Beharrt er auf der Wirksamkeit einer ausgesprochenen Kündigung, so bringt er zum Ausdruck, daß er die Leistung nicht als Erfüllung des mit dem Arbeitnehmer abgeschlossenen Arbeitsvertrages annehme. Dies ist selbst dann der Fall, wenn seine Erklärung ein Angebot an den Arbeitnehmer enthält, den bisherigen Vertrag auflösend bedingt bis zum rechtskräftigen Abschluß des Kündigungsrechtsstreits fortzusetzen. Denn auch in diesem Fall soll die Arbeitsleistung nicht als Erfüllung des bisherigen, sondern eines geänderten Vertrages angenommen werden. Der Arbeitnehmer würde faktisch einem Vertragszwang unterworfen, weil er sich auf eine Vertragsänderung einlassen müßte, um nicht seinen Vergütungsanspruch zu verlieren, selbst wenn er seinen Kündigungsprozeß gewinnen würde und somit feststünde, daß sein bisheriges Arbeitsverhältnis unverändert fortbesteht (so zutreffend Peter, aaO, S. 491 unter C I 1 b; ebenso Denk, aaO, S. 258). In verstärktem Maße gilt dies, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Abschluß eines neuen, für die Dauer des Kündigungsrechtsstreits befristeten Arbeitsvertrages zu den bisherigen Bedingungen anbietet (ebenso - für den methodisch gleichgelagerten Fall des Angebots des Arbeitgebers auf Abschluß eines dem § 102 Abs. 5 BetrVG entsprechenden befristeten Arbeitsvertrages - Heinze, aaO), oder ihn lediglich zur faktischen Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu den bisherigen Bedingungen für die Dauer des Kündigungsrechtsstreits auffordert.
cc) Die Einwendungen, die sonst im Schrifttum gegen diese Ansicht vorgebracht werden, hält der Senat nicht für überzeugend.
Ohlendorf (aaO, S. 114 unter IV; ebenso Mühl, Anm. zu AP Nr. 32 zu § 615 BGB, unter 7) hält den Arbeitnehmer zwar ebenfalls nicht für verpflichtet, einen befristeten neuen Vertrag abzuschließen oder den bisherigen Vertrag in einen durch die Beendigung des Kündigungsrechtsstreits auflösend bedingten abzuändern. Jedoch soll der Annahmeverzug des Arbeitgebers bei Ablehnung eines dahingehenden Angebots durch den Arbeitnehmer deshalb enden, weil der Arbeitnehmer damit zugleich die im Falle der Unwirksamkeit der Kündigung aufgrund des fortbestehenden Arbeitsvertrages zu erbringende Leistung ablehne und somit nicht mehr leistungsbereit sei. Diese Ansicht läßt die vorstehend dargestellte Bedeutung des Zusammenhangs zwischen Arbeitsleistung und Vertragserfüllung für den Annahmeverzug des Arbeitgebers unberücksichtigt. Der Arbeitnehmer bietet die Leistung zum Zwecke der Erfüllung seiner bisherigen Vertragspflichten an. An seiner Bereitschaft hierzu ändert sich nichts, wenn der Arbeitgeber die Leistung nicht als Erfüllung dieser Verpflichtung, sondern einer neuen oder geänderten Vertragspflicht annehmen will und der Arbeitnehmer sich hierauf nicht einläßt und auch nicht einlassen muß.
Nach M. Wolf (aaO) muß der Arbeitgeber zur Beendigung des Annahmeverzugs deshalb nicht die Unwirksamkeit der Kündigung anerkennen, weil er die Rechtmäßigkeit der Kündigung oft selbst nicht sicher beurteilen kann und andernfalls nicht gleichzeitig an der Wirksamkeit der Kündigung festhalten und das Risiko des Annahmeverzugs beenden könnte. Dieser Ansicht ist entgegenzuhalten, daß der Annahmeverzug ohne Rücksicht auf das Verschulden des Gläubigers allein durch die Tatsache der Nichtannahme der zum Zweck der Erfüllung angebotenen Leistung des Schuldners eintritt (Staudinger/Löwisch, aaO, § 293 Rz 13). Die subjektive Ungewißheit des Gläubigers über den Ausgang eines Streits über die Rechtsgrundlage der angebotenen und abgelehnten Leistung des Schuldners muß daher bei der Anwendung der allgemeinen Vorschriften über den Gläubigerverzug außer Betracht bleiben.
Die Ansicht von Bader (Rohlfing/Rewolle/Bader, KSchG, Stand Juni 1984, § 11 Anm. 1 b, Bl. 127), in entsprechender Anwendung des § 615 Satz 2 BGB werde der Annahmeverzug des Arbeitgebers beendet, wenn der Arbeitnehmer das Beschäftigungsangebot böswillig ablehne, ist mit der eindeutigen gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren, nach der das böswillige Unterlassen anderweitigen Erwerbs nur zum Wegfall des Entgeltfortzahlungsanspruchs nach § 615 Satz 1 BGB führt.
dd) Die Frage der Beendigung des Gläubigerverzugs durch ein Weiterbeschäftigungsangebot des Arbeitgebers ist schließlich auch unabhängig von dem Bestehen eines Weiterbeschäftigungsanspruchs des Arbeitnehmers während des Streits um den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu beantworten.
Dies gilt zunächst für den gesetzlichen Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers nach § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG. Nach dieser eindeutigen Regelung kann allein der Arbeitnehmer die Weiterbeschäftigung verlangen; gegen seinen Willen kann deshalb der Arbeitgeber seine Weiterbeschäftigung unter den materiellen Voraussetzungen dieser Norm nicht durchsetzen. Bietet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Weiterbeschäftigung entsprechend dieser Vorschrift an, so bringt er damit ebenfalls zum Ausdruck, daß er die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht als Erfüllung der nach dem bisherigen Arbeitsvertrag eingegangenen Verpflichtungen annehmen wolle (so zutreffend Heinze, aaO). Dies gilt unabhängig davon, ob man das Beschäftigungsverhältnis nach § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG als gesetzliches Schuldverhältnis eigener Art, besonderes gesetzliches Arbeitsverhältnis oder dasselbe, durch den Arbeitsvertrag begründete und die rechtskräftige Abweisung der Kündigungsschutzklage auflösend bedingte Arbeitsverhältnis ansieht (vgl. dazu die Übersicht bei Dietz/Richardi, BetrVG, 5. Aufl., § 102 Rz 206). Der Arbeitnehmer würde in jedem Falle faktisch einem Kontrahierungszwang unterworfen, den das Gesetz ihm gegenüber gerade nicht vorsieht.
Auch bei Vorliegen der Voraussetzungen, nach denen der Arbeitnehmer nach dem Beschluß des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Februar 1985 (- GS 1/84 - EzA § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 9, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt) vom Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung während des Rechtsstreits über den Bestand des Arbeitsverhältnisses verlangen kann, kann der Arbeitgeber den Annahmeverzug nicht durch ein entsprechendes Angebot an den Arbeitnehmer beenden, wenn er gleichzeitig an der ausgesprochenen Kündigung festhält. Eine Weiterbeschäftigung in diesem Rahmen bringt dem Arbeitnehmer jedenfalls keine größeren Vorteile als im Rahmen eines bis zur Beendigung des Kündigungsrechtsstreits befristeten neuen oder des bis zu diesem Zeitpunkt auflösend bedingten bisherigen Arbeitsvertrages, deren Ablehnung durch den Arbeitnehmer, wie ausgeführt, nicht zum Wegfall des Annahmeverzuges des Arbeitgebers führt. Für die Entscheidung des vorliegenden Falls ist die Frage im übrigen nicht von wesentlicher Bedeutung, da es nur um eine Weiterbeschäftigung vor Erlaß des erstinstanzlichen Urteils geht. In diesem Zeitraum besteht aber nach dem Beschluß des Großen Senats (aaO, unter C II 3 b der Gründe), von dem Fall der offensichtlich unwirksamen Kündigung abgesehen, in der Regel kein Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers. Anhaltspunkte dafür, daß die Kündigung der Beklagten offensichtlich unwirksam war oder ausnahmsweise das Beschäftigungsinteresse des Klägers das Interesse der Beklagten an seiner Nichtbeschäftigung in diesem Zeitraum überwog, sind nicht ersichtlich.
II. Bestand somit im vorliegenden Fall der Annahmeverzug der Beklagten in dem umstrittenen Zeitraum vom 6. August bis 31. Oktober 1982 fort, so behielt der Kläger gemäß § 615 Satz 1 BGB grundsätzlich seine Vergütungsansprüche. Sie können jedoch gemäß § 615 Satz 2 BGB ganz oder teilweise weggefallen sein, sofern der Kläger anderweitiges Einkommen erzielt oder zu erwerben böswillig unterlassen hat. Nach dem von beiden Parteien vorgetragenen und in wesentlichen Punkten streitigen Sachverhalt können die Voraussetzungen für diese Anrechnungsvorschrift vorliegen. Dies nötigt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht, das dieser Frage, von seinem zum Fortfall des Annahmeverzugs vertretenen Standpunkt aus gesehen zu Recht, bisher nicht nachgegangen ist.
1. Der Kläger kann anderweitigen Erwerb böswillig dadurch unterlassen haben, daß er das Weiterbeschäftigungsangebot der Beklagten nicht angenommen hat.
a) Nach § 615 Satz 2 BGB muß sich der Arbeitnehmer bei Annahmeverzug des Arbeitgebers den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er durch anderweitige Verwendung seiner Dienste zu erwerben böswillig unterläßt. Böswillig handelt der Arbeitnehmer, wenn er eine zumutbare Arbeit nicht annimmt, wobei die Frage der Zumutbarkeit unter Berücksichtigung aller Umstände nach Treu und Glauben zu bestimmen ist (BAG Urteil vom 18. Juni 1965 - 5 AZR 351/64 - AP Nr. 2 zu § 615 BGB Böswilligkeit). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann diese Voraussetzung auch dann erfüllt sein, wenn ihm der bisherige Arbeitgeber eine Arbeit in seinem Betrieb anbietet (BAG 14, 156 = AP Nr. 23 zu § 615 BGB; Urteil vom 3. Dezember 1980 - 5 AZR 477/78 - AP Nr. 4 zu § 615 BGB Böswilligkeit). Auch der erkennende Senat ist in dem mehrfach zitierten Urteil vom 21. Mai 1981 (BAG 35, 324, zu B II 2 der Gründe) von der Anwendungsmöglichkeit dieser Vorschrift ausgegangen. Er hat ihre Voraussetzungen allerdings bereits aus den zur Fortdauer des Annahmeverzugs dargelegten Gründen nicht für erfüllt angesehen, weil es für den dortigen Kläger unzumutbar war, für eine allein vom Wohlwollen des Arbeitgebers abhängige kurze Zeit für eine noch festzulegende Tätigkeit nur vorübergehend dem Arbeitgeber zur Verfügung zu stehen.
An dieser Rechtsprechung, die auch im Schrifttum Zustimmung gefunden hat (Denk, aaO, S. 259; Heinze, aaO, Rz 626; Herschel, Anm. zu AP Nr. 23 zu § 615 BGB, unter 2 b), ist festzuhalten. Der Ansicht von Peter (aaO, S. 494), § 615 Satz 2 BGB sei in allen Fällen, in denen der Arbeitgeber dem entlassenen Arbeitnehmer eine bis zur endgültigen Entscheidung des Kündigungsrechtsstreits befristete Weiterbeschäftigung anbiete, nicht anzuwenden, kann nicht gefolgt werden. Wie ausgeführt, kommt es für die Frage, ob der Arbeitnehmer böswillig handelt, d. h. eine zumutbare Erwerbsmöglichkeit ausläßt, auf die Umstände des Einzelfalles an. Schon deshalb kann nicht generell Unzumutbarkeit der Dienstleistung angenommen werden, wenn sie dem bisherigen Arbeitgeber gegenüber erbracht werden soll. Dies gilt insbesondere für den Fall einer bis zur endgültigen Entscheidung des Kündigungsrechtsstreits befristeten Weiterbeschäftigung zu denselben Arbeitsbedingungen. Allein darauf abzustellen, daß der Arbeitgeber, wie ausgeführt, im Hinblick auf die durch die Befristung angesonnene Vertragsänderung das Arbeitsangebot nicht in Erfüllung des bisherigen Arbeitsvertrages annimmt und dadurch den Annahmeverzug nicht beseitigt, erscheint zu formal. Denn § 615 Satz 2 BGB gebietet dem Arbeitnehmer, aus dem Annahmeverzug keinen Gewinn zu ziehen, wobei gerade auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen ist.
b) Bietet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die befristete Weiterbeschäftigung während des Kündigungsrechtsstreits zu den bisherigen Arbeitsbedingungen an, so wird ihre Zumutbarkeit für den Arbeitnehmer in erster Linie von der Art der Kündigung und ihrer Begründung sowie dem Verhalten des Arbeitgebers im Kündigungsprozeß abhängen.
Handelt es sich um eine betriebsbedingte Kündigung, so wird dem Arbeitnehmer die vorläufige Weiterbeschäftigung in der Regel zumutbar sein (so zutreffend Denk, aaO, S. 259 und Heinze, aaO, Rz 626). Gleiches dürfte für Fälle der krankheitsbedingten Kündigung gelten. Wird eine Kündigung auf verhaltensbedingte Gründe gestützt, so spricht dieser Umstand eher für die Unzumutbarkeit der vorläufigen Weiterarbeit für den Arbeitnehmer im Betrieb. Dies gilt insbesondere, wenn eine außerordentliche Kündigung erklärt wird, da der Arbeitnehmer bereits durch diese Art der Kündigung in seinem Ansehen beeinträchtigt wird (BAG Urteil vom 4. August 1960 - 2 AZR 499/59 -, BAG 9, 361 = AP Nr. 34 zu § 256 ZPO). Auch Art und Schwere der gegenüber dem Arbeitnehmer erhobenen Vorwürfe können für ihn bereits die Unzumutbarkeit der Weiterarbeit begründen.
c) Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall führt zu dem Ergebnis, daß dem Kläger die von der Beklagten angebotene Weiterarbeit zu den bisherigen Bedingungen bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit der Kündigung unzumutbar gewesen sein kann. Diese Würdigung muß jedoch das Berufungsgericht vornehmen, zumal es hierfür noch bestrittenem Parteivortrag nachzugehen haben wird.
Die Beklagte hat dem Kläger eine fristlose Kündigung ausgesprochen und diese auf einen verhaltensbedingten Grund gestützt. Sie hat ihm vorgeworfen, er habe bereits am 10. Januar 1982 die Auslandsreise für den 16. Mai 1982 gebucht, aber erst im Februar 1982 und nach Kenntnis von der Bewilligung der Kur bei ihr um Urlaub nachgesucht, ohne sie von der Kurbewilligung zu verständigen. Es sei unglaubhaft, daß er dies vergessen habe. Vielmehr dränge sich der Verdacht auf, daß er sie bewußt getäuscht habe. Auch seine Behauptung, versucht zu haben, ihren Geschäftsführer nach Rückkehr vom Urlaub noch von dem Kurantritt zu verständigen, sei falsch. Dieser vom Kläger bestrittene Vortrag der Beklagten überschreitet zwar noch nicht die Grenzen der Wahrnehmung berechtigter Interessen, enthält aber doch mit dem Vorwurf einer bewußten Täuschung über die Kurbewilligung ein Unwerturteil. Trifft die ebenfalls bestrittene Behauptung des Klägers zu, der Geschäftsführer der Beklagten habe sowohl im Gütetermin wie im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht erklärt, der Kläger werde nicht mehr in den Betrieb hineinkommen, so könnte dies dafür sprechen, daß der Kläger bei einer vorläufigen Weiterarbeit mit ständigen Vorwürfen hätte rechnen müssen. In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, daß die Beklagte die vorläufige Weiterbeschäftigung nach dem Gütetermin angeboten hat und im Zeitpunkt des Kammertermins der Kläger bereits anderweitig beschäftigt war, weil die Äußerungen des Geschäftsführers ein Indiz dafür sein können, wie er sich dem Kläger gegenüber bei einer Weiterbeschäftigung verhalten hätte.
2. Sollte sich im zurückverwiesenen Verfahren ergeben, daß der Kläger mit der Ablehnung der Weiterarbeit bei der Beklagten nicht böswillig Erwerb unterlassen hat, so wird das Berufungsgericht dem unter Beweis gestellten bestrittenen Vortrag der Beklagten nachzugehen haben, der Kläger habe bereits seit seiner Entlassung und nicht erst ab November 1982 bei der Firma G M in Pf gegen Entgelt gearbeitet und somit tatsächlich anderweitigen, nach § 615 Satz 2 BGB anrechenbaren Verdienst erzielt.
Dr. Weller Triebfürst
zugleich für den wegen
Urlaubs an der Unterschrift
verhinderten Vorsitzenden
Richter Hillebrecht
Binzek Rupprecht
Fundstellen
Haufe-Index 438279 |
BAGE 50, 164-179 (LT1-2) |
DB 1986, 1878-1880 (LT1-2) |
NJW 1986, 2846 |
NJW 1986, 2846-2849 (LT1-2) |
NZA 1986, 637-640 (LT1-2) |
RdA 1986, 332 |
RzK, I 13b Nr 3 (LT1-2) |
SAE 1988, 280-284 (LT1-2) |
ZIP 1986, 1345 |
ZIP 1986, 1345-1350 (LT1-2) |
AP § 615 BGB (LT1-2), Nr 39 |
AR-Blattei, Annahmeverzug Entsch 31 (LT1-2) |
AR-Blattei, ES 80 Nr 31 (LT1-2) |
EzA § 615 BGB, Nr 46 (LT1-2) |
JuS 1986, 1006-1007 (LT1-2) |
MDR 1986, 1051-1052 (LT1-2) |