Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Änderungskündigung
Leitsatz (amtlich)
1. Während gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 498, § 270 Abs. 3 ZPO die Drei-Wochen-Frist für die Klageerhebung nach § 4 KSchG auch dann gewahrt wird, wenn die Klage zwar vor Fristablauf bei dem Gericht eingereicht worden ist, aber die Zustellung an den Prozeßgegner erst danach erfolgt (§ 270 Abs. 3 ZPO: "demnächst"), gilt dies nicht für die Vorbehaltsfrist des § 2 Satz 2 KSchG. Die Annahme einer Änderungskündigung unter Vorbehalt ist vielmehr gegenüber dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung zu erklären.
2. Die allgemeine Abänderung einer auf einer vertraglichen Einheitsregelung beruhenden Auslösung bedarf kollektivrechtlich nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG der Mitbestimmung des Betriebsrats sowie individualrechtlich der Änderungsvereinbarungen oder Änderungskündigungen. Weder das kollektivrechtliche noch das individualrechtliche Erfordernis ist vorrangig. Eine nicht mitbestimmte, aber sozial gerechtfertigte Änderung der Vertragsbedingungen kann der Arbeitgeber lediglich nicht durchsetzen, solange die Mitbestimmung nicht durchgeführt ist (im Anschluß an Senatsurteil vom 30. September 1993 - 2 AZR 283/93 - BAGE 74, 291 = AP Nr. 33 zu § 2 KSchG 1969).
Leitsatz (redaktionell)
Sonst
Normenkette
KSchG §§ 2, 1 Abs. 2; BetrVG §§ 76-77, 87 Abs. 1 Nr. 10; ZPO § 270 Abs. 3
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 5. Dezember 1996 - 4 Sa 350/96 - aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Der Kläger ist seit 1. März 1978 bei der Beklagten zuletzt als Obermonteur gegen ein monatliches Bruttoeinkommen von rund 5.700,00 DM beschäftigt. Die Beklagte ist auf dem Gebiet des Stahlbaus, Stahlapparatebaus und Behälterbaus tätig und arbeitet für einen Kundenkreis von wenigen Unternehmen; so unterhält sie u.a. seit vielen Jahren Dauerbaustellen bei den Firmen S AG in Be , H AG in H und A AG in B . Der Kläger war auf der Dauerbaustelle der Beklagten bei der S AG in Bergkamen eingesetzt. Die Beklagte zahlte ursprünglich an die dort eingesetzten Arbeitnehmer eine "Fernauslösung" in Höhe von kalendertäglich 58,15 DM ohne Rücksicht auf die tatsächliche Entfernung zwischen Wohnort des einzelnen Arbeitnehmers und der Einsatzstelle; ein Kilometergeld für die Benutzung des privaten Fahrzeuges wurde nicht zusätzlich gezahlt. Bezogen auf die Lohnselbstkosten pro Arbeitsstunde betrug die "Auslösung" nach bisheriger Zahlungsweise 10,89 DM und setzte sich aus folgenden Komponenten zusammen:
15 % Pauschalsteuer auf versteuertes Fahrgeld 2,18DM
steuerfreie Auslösung (das sind für Montagearbeiter 8,-- DM je Tag) 1,07 DM
versteuerte Auslösung 7,64 DM
Summe 10,89 DM
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Die auf der Baustelle bei der A AG in B eingesetzten Arbeitnehmer erhielten geringere Auslösungssätze. Hinsichtlich der auf der Baustelle H AG in H beschäftigten Arbeitnehmer wurde die Auslösungszahlung schon vor längerer Zeit von kalendertäglicher auf arbeitstägliche Zahlung umgestellt.
Da die S AG eine Anpassung ihrer mit der Beklagten vereinbarten Verrechnungssätze trotz der Tarifsteigerungen vergangener Jahre verweigerte, führte die Beklagte seit Februar 1994 mit ihrem Betriebsrat Verhandlungen wegen der Reduzierung der Auslösungssätze. In diesem Zusammenhang teilte der Betriebsrat mit Schreiben vom 5. April 1994 der Beklagten mit, nach Rücksprache mit der IG Metall B sei eine verbindliche Betriebsvereinbarung für alle betroffenen Mitarbeiter rechtlich nicht möglich, da alle Mitarbeiter einen Einzelarbeitsvertrag abgeschlossen hätten, es bestehe jedoch weiter die Bereitschaft zur gemeinsamen Lösung des Problems. Mit Schreiben vom 20. April 1994 hörte die Beklagte den Betriebsrat gemäß § 102 BetrVG zu den von ihr beabsichtigten Änderungskündigungen aller bei der S AG eingesetzten Mitarbeiter - mit Ausnahme dreier Betriebsratsmitglieder, eines Wehrpflichtigen und eines leitenden Angestellten -, an. In dem Schreiben ist u.a. davon die Rede, statt der bisherigen kalendertäglich gezahlten Auslösung solle an alle Mitarbeiter arbeitstäglich ein gleich hoher Sockelbetrag und darüber hinaus ein Fahrtkostenzuschuß für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gewährt werden. Dem widersprach der Betriebsrat mit Schreiben vom 27. April 1994, in dem u.a. ausgeführt wird, der Betriebsrat sehe die Verhandlungen noch nicht als gescheitert an, sondern habe am 19. April 1994 seinerseits den Entwurf einer Betriebsvereinbarung vorgelegt, den die Beklagte offensichtlich ignoriert habe; es werde die Einrichtung einer Einigungsstelle gemäß § 87 Abs. 1 Ziff. 10 und 11 BetrVG vorgeschlagen.
Mit Schreiben vom 27. April 1994, dem Kläger am 29. April 1994 zugegangen, sprach die Beklagte eine Änderungskündigung zum 31. Oktober 1994 aus, mit der sie die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen anbot, nämlich anstelle der bisher gezahlten Fernauslösung arbeitstäglich Aufwendungsersatz in Form von Wegegeld in Höhe von 25,00 DM und Fahrtkostenzuschuß für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Höhe von 0,70 DM je Entfernungskilometer.
Mit seiner am 19. Mai 1994 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 31. Mai 1994 zugestellten Klage, mit der der Kläger gleichzeitig die Annahme des Angebots zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen unter Vorbehalt erklärte, hat er sich gegen die Änderung der Arbeitsbedingungen und des weiteren gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewandt. Er hat geltend gemacht, auch wenn die Vorbehaltserklärung der Beklagten verspätet zugegangen sei, müsse es im Rahmen des § 2 KSchG ausreichen, wenn er innerhalb von drei Wochen Klage erhoben und gleichzeitig die Vorbehaltsannahme erklärt habe. Jedenfalls habe die Beklagte sich nachträglich mit der Annahme der Vorbehaltserklärung einverstanden erklärt. Im übrigen seien keine Gründe ersichtlich, die eine Änderung der ursprünglichen Arbeitsbedingungen rechtfertigten; ein Rückgang der durch die Beklagte bei der S AG erzielten Erlöse werde ebenso bestritten wie die Behauptung, daß die Arbeiten bei der S AG nicht mehr kostendeckend seien. Das Verlangen eines Kunden nach Kostensenkung allein könne eine Änderungskündigung nicht rechtfertigen, zumal damit nur in einem bestimmten Bereich, nicht jedoch bezogen auf den Betrieb ein Bedürfnis zur Kostensenkung dargestellt werde. Schließlich werde bestritten, daß der Betriebsrat vor Ausspruch der Änderungskündigung ordnungsgemäß angehört worden sei, insbesondere daß dem Betriebsrat ausreichende Informationen übermittelt worden seien, warum gerade auf der Baustelle der S AG eine Notwendigkeit eingetreten sei, die entsprechenden Auslösungssätze zu senken. Davon abgesehen verstoße die ausgesprochene Änderungskündigung gegen § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, wonach Fragen der betrieblichen Lohngestaltung der Zustimmung des Betriebsrates bedürften.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 27. April 1994, zugegangen am 29. April 1994, mit dem 31. Oktober 1994 nicht beendet worden ist,
hilfsweise festzustellen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung vom 27. April 1994, zugegangen am 29. April 1994, zum 31. Oktober 1994 unwirksam ist.
Die Beklagte hat sich mit ihrem Klageabweisungsantrag darauf berufen, der Kläger habe die Vorbehaltserklärung verspätet abgegeben. In ihrer Klageerwiderung vom 13. Juli 1994 sei sie irrtümlich von einer rechtzeitigen Annahmeerklärung ausgegangen, habe damit jedoch kein Angebot an den Kläger gemacht, sich auch mit einer verspäteten Annahme einverstanden zu erklären. Zur Begründung der Änderungskündigung hat sie vorgetragen, sie sei in dieser Branche durch die Struktur des Kundenkreises von dem starken Konjunktureinbruch betroffen; insbesondere die S AG übe einen starken Druck auf die vereinbarten Preise aus. Die Folge sei, daß ihr Erlös bei der S AG pro Lohnstunde 58,21 DM betrage, während ihre Lohnselbstkosten sich schon auf 54,01 DM zuzüglich baustellenbedingte Nebenkosten von 1,13 DM und Gemeinkostenanteil von 9,68 DM beliefen, so daß sie insgesamt pro Lohnstunde 64,82 DM aufwende und damit einen Verlust von 6,61 DM erwirtschafte. Die Arbeiten bei der S AG seien für sie nicht mehr kostendeckend; sie habe daher gegensteuern müssen, um nicht erheblich in die Verlustzone zu geraten. Insofern habe nur die Alternative bestanden, entweder die Tätigkeit bei der S AG aufzugeben oder aber die Kosten, insbesondere im Bereich der Auslösungen, zu senken. Auf der Basis der bisher kalendertäglich gezahlten Fernauslösung von 58,15 DM ergebe sich bei 30 Kalendertagen und durchschnittlich 172 Stunden je Monat ein monatlicher Auslösungssatz von 1.744,50 DM, der unvertretbar hoch sei. Aufgrund der Kostenreduzierung erleide der Kläger zwar eine monatliche Einbuße von 778,50 DM, was aber noch vertretbar erscheine. So hätten 48 von 55 bei der S AG eingesetzten Arbeitnehmern das Änderungsangebot angenommen.
Der Betriebsrat sei ausführlich zu den erforderlichen Kostensenkungsmaßnahmen angehört worden, insbesondere seien ihm die konkreten Auswirkungen der hohen Lohnselbstkosten im einzelnen erläutert worden. Die Änderungskündigungen vom 27. April 1994 seien erst nach Eingang der Stellungnahme des Betriebsrats vom gleichen Tage zur Post gegeben worden.
Das Arbeitsgericht hat nach Vernehmung der Zeugen B und D zur Frage der ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung und nach Einholung eines betriebswirtschaftlichen Gutachtens zur Deckung der Lohnselbstkosten die Klage abgewiesen. Auf die vom Kläger eingelegte Berufung hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung vom 27. April 1994 sei rechtsunwirksam und das Arbeitsverhältnis sei nicht zum 31. Dezember 1994 (richtig: 31. Oktober 1994) beendet worden. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung, § 565 ZPO.
I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Die rechtzeitig angegriffene Änderungskündigung verstoße gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, da die Beklagte versucht habe, die angestrebte Änderung der Auslösung durch Kündigung statt durch betriebliche Lohngestaltung in Form einer Betriebsvereinbarung durchzusetzen.
II. Dem folgt der Senat nicht. Die Beklagte rügt zu Recht eine Verletzung materiellen Rechts, und zwar der §§ 2 und 1 Abs. 2 KSchG.
1. Zwar ist mit dem Berufungsgericht davon auszugehen - und das sieht auch die Beklagte nicht anders -, daß der Kläger innerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 4 Satz 2 i.V.m. § 2 KSchG rechtzeitig das Arbeitsgericht angerufen hat. Im Gegensatz zur Auffassung des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger jedoch die Frist des § 2 Satz 2 KSchG zur rechtzeitigen Annahme des Änderungsangebots unter Vorbehalt nicht gewahrt. Nach der genannten Vorschrift muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung den Vorbehalt erklären. Dabei verkennt das Berufungsgericht nicht, daß die Wahrung der Klagefrist nach § 4 KSchG und die der Drei-Wochen-Frist zur Klärung des Vorbehalts nach § 2 Satz 2 KSchG unterschiedlich zu beurteilen ist: Während gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 495, 270 Abs. 3 ZPO die Drei-Wochen-Frist für die Klageerhebung nach § 4 KSchG auch dann gewahrt wird, wenn die Klage zwar vor Fristablauf bei dem Gericht eingereicht worden ist, aber die Zustellung an den Prozeßgegner erst danach erfolgt (§ 270 Abs. 3 ZPO: "demnächst"), gilt dies nicht für die Vorbehaltsfrist des § 2 Satz 2 KSchG. Die Vorschrift des § 270 Abs. 3 ZPO findet nämlich nur dann Anwendung, wenn zur Wahrung der Frist gerade eine Klageerhebung oder eine Prozeßhandlung erforderlich ist, was bei der Vorbehaltserklärung nach § 2 Satz 2 KSchG nicht der Fall ist (vgl.Dorndorf/Weller/Hauck, KSchG, § 2 Rz 103; Hueck/von Hoyningen-Huene, KSchG, 12. Aufl., § 2 Rz 89; KR-Rost, 4. Aufl., § 2 KSchG Rz 72; Löwisch, KSchG, 7. Aufl., § 2 Rz 19; Linck, AR-Blattei, Stand: Mai 1998, SD 1020.1.1 Rz 91; Stahlhacke/Preis, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 6. Aufl., Rz 1238, 1239). Die vom Berufungsgericht unter Hinweis auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 13. Oktober 1988 (- 17 Sa 442/88 - LAGE § 2 KSchG Nr. 7) vertretene Auffassung, wenn rechtzeitig Änderungsschutzklage eingereicht sei, die Kündigungsfrist jedoch länger als drei Wochen dauere und noch innerhalb der Kündigungsfrist die Vorbehaltserklärung dem Arbeitgeber zugehe, dann sei der Regelung des § 2 Satz 2 KSchG Genüge getan, vermag der Senat nicht zu teilen. Der Hinweis des Berufungsgerichts, in einem solchen Falle "müsse es ausreichen", daß die Änderungsschutzklage fristgerecht beim Arbeitsgericht eingereicht werde, wird weder dem klaren Wortlaut des § 2 Satz 2 KSchG noch Sinn und Zweck dieser Regelung gerecht. Wie der Senat schon im Urteil vom 19. Juni 1986 (- 2 AZR 565/85 - AP Nr. 16 zu § 2 KSchG 1969, zu B III 2 der Gründe) - wenn auch im Zusammenhang mit einer außerordentlichen Änderungskündigung - ausgeführt hat, scheidet eine teleologische Reduktion - dies gilt auch in dem hier erörterten Sinne - aus, weil der Gesetzeswortlaut dem Willen des Gesetzgebers voll entspricht. Nach der amtlichen Begründung zum Regierungsentwurf (BT-Drucks. V/3913, S. 8) muß "im Interesse der Rechtssicherheit der Arbeitnehmer diesen Vorbehalt innerhalb der Kündigungsfrist oder, falls diese länger als drei Wochen ist, innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung dem Arbeitgeber erklären". Angesichts dieser im Gesetzeswortlaut und in der amtlichen Begründung eindeutigen Sachlage, insbesondere im Interesse der Rechtssicherheit, kommt eine analoge Anwendung des § 2 Satz 2 KSchG für den hier vorliegenden Fall einer rechtzeitigen Erhebung der Änderungsschutzklage bei verspätetem Zugang der Vorbehaltserklärung nicht in Betracht. Dies entspricht auch der wohl überwiegend vertretenen Auffassung in der einschlägigen Literatur (vgl. Hueck/von Hoyningen-Huene, aaO, Rz 89; Knorr/Bichlmeier/ Kremhelmer, Handbuch des Kündigungsrechts, Kap. 13 Rz 4; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 8. Aufl., § 137 II 3; Löwisch, aaO, § 2 Rz 19; KPK-Bengelsdorf, § 2 KSchG Rz 73; unbestimmt: Ascheid, KSchR, Rz 469, 473; Kittner/Trittin, KSchR, 3. Aufl., § 2 KSchG Rz 131; a.A.: KR-Rost, aaO, § 2 Rz 72; Richardi ZfA 1971, 71. 99). De lege ferenda hält es der Senat für wünschenwert, im Interesse der betroffenen Arbeitnehmer - gerade auch bei verzögerlicher Zustellung einer Klage, in der gleichzeitig die Annahme unter Vorbehalt erklärt wird, - eine andere gesetzgeberische Lösung zu suchen, die gewährleistet, daß eine Vorbehaltsannahme in der Klageschrift als rechtzeitig behandelt wird, wenn die Klage fristgerecht eingereicht und demnächst zugestellt wird.
2. Auch soweit das Berufungsgericht im Rahmen einer Hilfsbegründung davon ausgegangen ist, die Wirkungen des Vorbehaltes seien kraft Vertrages zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eingetreten, folgt dem der Senat angesichts der hier vorliegenden Umstände nicht. Die Revision rügt zutreffend, ein solches Einverständnis habe nicht vorgelegen, weil es seitens der Beklagten an einer entsprechenden Erklärung gefehlt habe.
a) Zutreffend ist der rechtliche Ausgangspunkt des Landesarbeitsgerichts, wonach trotz nicht rechtzeitiger Vorbehaltsannahme der Arbeitgeber sich, z.B. durch Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu den geänderten Bedingungen, auf eine verspätete Vorbehaltsannahme seitens des Arbeitnehmers einlassen kann; dies setzt aber eine eindeutige Absprache voraus (vgl. z.B. Ascheid, aaO, Rz 473; KR-Rost, aaO, § 2 Rz 64, 71; Stahlhacke/ Preis, aaO, Rz 1242).
b) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts liegt ein Einverständnis in dem Sinne, daß der Rechtsstreit auf die Änderung der Arbeitsbedingungen beschränkt bleibe, nicht vor. Die Revision rügt zutreffend, das Landesarbeitsgericht habe das diesbezügliche Vorbringen der Beklagten nicht richtig gewürdigt.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die Beklagte selbst eine solche Erklärung nicht abgegeben hat. Sie hat vielmehr mit Schreiben vom 31. Oktober 1994 und zuvor mündlich durch die Baustellenleitung am 28. Oktober 1994 dem Kläger erklärt, die Weiterbeschäftigung über den 31. Oktober 1994 hinaus werde nur bis zur (rechtskräftigen) Entscheidung des Rechtsstreites und auch nur im Hinblick auf den Widerspruch des Betriebsrats gegen die Kündigung erfolgen, zumal der Kläger den gerichtlichen Vergleichsvorschlag vom 27. Oktober 1994, der eine Weiterbeschäftigung entsprechend dem Änderungsangebot vorsah, widerrufen habe. Eine Absprache über die Annahme des Änderungsangebots unter Vorbehalt kann in diesen Erklärungen nicht gesehen werden. Das hat im übrigen auch der Kläger nicht geltend gemacht.
Soweit das Landesarbeitsgericht in dem Schriftsatz der Prozeßbevollmächtigten der Beklagten vom 13. Juli 1994 eine derartige Bereitschaftserklärung gesehen hat, ist dies dem Vorbringen tatsächlich nicht zu entnehmen. Dort wird im Hinblick auf das Klagevorbringen formuliert, da der Kläger die Annahme der Vertragsänderungen unter Vorbehalt erklärt habe, "wird sich das Arbeitsverhältnis über den 31. Oktober 1994 hinaus fortsetzen ...". Die Revision macht zutreffend geltend, hierbei handele es sich lediglich um die rechtsirrige Beschreibung eines Zustandes, nicht jedoch enthalte der Schriftsatz eine auf rechtliche Gestaltung gerichtete Willenserklärung in Gestalt der Annahme der verspäteten Vorbehaltserklärung des Klägers. Der Senat sieht hierzu in der Tat nur die Darstellung einer Ansicht, nicht dagegen eine in Vertretung der Beklagten abgegebene gestaltende Willenserklärung. Das Bundesarbeitsgericht (vgl. Senatsurteil vom 27. September 1984 - 2 AZR 62/83 - BAGE 47, 26, 39 = AP Nr. 8 zu § 2 KSchG 1969, zu B II 3 c cc der Gründe) geht davon aus, daß die Vorbehaltserklärung eine privatrechtsgestaltende Willenserklärung darstellt, die kraft Gesetzes dem Arbeitnehmer das Recht einräumt, abweichend von § 150 Abs. 2 BGB ein Vertragsangebot unter einer Bedingung anzunehmen. Das gleiche gilt insoweit für die Annahmeerklärung des Arbeitgebers auf eine verspätet abgegebene Vorbehaltserklärung, d.h. es ist eine gestaltende Willenserklärung dahin zu verlangen, der Arbeitgeber sei trotz der verspätet abgegebenen Vorbehaltserklärung damit einverstanden, das Arbeitsverhältnis über die Kündigungsfrist hinaus entsprechend dem Vorbehalt fortzusetzen. Ein derartiger Erklärungsinhalt ist der schriftsätzlichen Erklärung der Beklagten vom 13. Juli 1994, die der Senat als Prozeßvortrag selbst werten kann, nicht zu entnehmen. Es ist daher davon auszugehen, daß mangels rechtzeitiger Vorbehaltserklärung das Arbeitsverhältnis im Falle der sozialen Rechtfertigung des Änderungsangebotes mit Auslaufen der Kündigungsfrist (31. Oktober 1994) endet.
3. Was die soziale Rechtfertigung der ausgesprochenen Änderungskündigung angeht, hat das Landesarbeitsgericht zu Unrecht einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz darin gesehen, daß die Beklagte bisher nicht versucht hat, die angestrebte Änderung der Auslösung durch betriebliche Lohngestaltung in Form einer Betriebsvereinbarung statt durch Änderungskündigungen durchzusetzen.
a) Für die Änderungskündigung nach § 2 KSchG müssen hinsichtlich ihrer sozialen Rechtfertigung die Voraussetzungen nach § 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3 KSchG vorliegen. Hierbei ist zunächst die soziale Rechtfertigung der angenommenen Vertragsänderung zu überprüfen, wovon das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend ausgegangen ist. Auch bei einer Ablehnung des Änderungsangebotes durch den Arbeitnehmer, wie sie nach dem vorher Gesagten anzunehmen ist, ist nicht auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern auf das Änderungsangebot und seine soziale Rechtfertigung abzustellen (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. u.a. Urteile vom 19. Mai 1993 - 2 AZR 584/92 - BAGE 73, 151 = AP Nr. 31, aaO, und vom 7. Juni 1973 - 2 AZR 450/72 - BAGE 25, 213 = AP Nr. 1 zu § 626 BGB Änderungskündigung). An dieser Auffassung, die auch im Schrifttum überwiegend Zustimmung erfahren hat (vgl. u.a. Hueck/von Hoyningen-Huene, aaO, § 2 Rz 55, m.w.N.; KR-Rost, aaO, § 2 Rz 91, 92, m.w.N.; Schaub, aaO, § 137 III 3 c), hält der Senat fest. Bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung ist daher das Änderungsangebot des Arbeitgebers daran zu messen, ob dringende betriebliche Erfordernisse gemäß § 1 Abs. 2 KSchG das Änderungsangebot bedingen und ob der Arbeitgeber sich bei einem an sich anerkennenswerten Anlaß zur Änderungskündigung darauf beschränkt hat, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muß (ständige Rechtsprechung, BAG Urteil vom 15. März 1991 - 2 AZR 582/90 - AP Nr. 28 zu § 2 KSchG 1969, zu B I der Gründe, m.w.N.). Wenn das Landesarbeitsgericht daher auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz abgestellt hat, ist das rechtlich zutreffend; allerdings folgt der Senat der Ansicht nicht, die Änderung der Auslösungsregelung durch betriebliche Lohngestaltung in Form einer Betriebsvereinbarung sei unter dem ultima-ratio-Gesichtspunkt gleichsam Vorbedingung der auf das gleiche Ziel gerichteten Änderungskündigung.
b) Soweit das Landesarbeitsgericht sich zur Stützung seiner Ansicht auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Oktober 1992 ( - 1 ABR 35/87 - EzA § 87 BetrVG 1972 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 34) beruft, geschieht dies zu Unrecht. Wenn das Landesarbeitsgericht unter Hinweis auf diese Entscheidung meint, eine Änderungskündigung sei unverhältnismäßig, wenn der Arbeitgeber das angestrebte Ziel durch betriebliche Lohngestaltung erreichen könne, wird dies durch die zitierte Entscheidung nicht belegt: Diese befaßt sich nicht mit der sozialen Rechtfertigung einer Änderungskündigung, sondern bejaht lediglich ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, wenn der Arbeitgeber eine Tariflohnerhöhung aufgrund eines Vorbehalts in bestimmter Weise auf übertarifliche Zulagen anrechnet. Damit ist für die vorliegend anstehende Rechtsfrage nichts gewonnen.
c) Die Abänderung der bei der Beklagten bestehenden Auslösungsregelung auf kollektivrechtlicher Ebene durch Betriebsvereinbarung und durch individualrechtliche Gestaltung in Form von Änderungskündigungen steht nicht in einem abgestuften Verhältnis, wie es der ultima-ratio-Grundsatz voraussetzt. Diese Gestaltungsmöglichkeiten bestehen vielmehr - wenn auch in einem Abhängigkeitsverhältnis - nebeneinander. Eine Betriebsvereinbarung gemäß § 87 BetrVG wird ggf. erst nach langwierigen Verhandlungen, unter Umständen nach Einschaltung der Einigungsstelle gemäß § 87 Abs. 2 BetrVG, zu einer Regelung - vgl. dazu nachfolgend unter II 3 d -führen, die zu einem solchen späteren Zeitpunkt aus unterschiedlichen Gründen ihr Ziel möglicherweise nicht mehr erreicht, sei es, daß z.B. sämtliche davon betroffenen Arbeitnehmer die individualrechtlich erforderliche Änderungskündigung - vgl. dazu nachfolgend unter II 3 e - nicht unter Vorbehalt annehmen, sei es, daß inzwischen geänderte wirtschaftliche Verhältnisse die Betriebsbedingtheit der dann ausgesprochenen Änderungskündigungen - noch dazu unterschiedlich je betroffenen Arbeitnehmer - entfallen lassen. Änderungskündigungen als Gestaltungsmittel des Arbeitgebers müssen vielmehr unter Einhaltung der Kündigungsfristen zeitgerecht als Ausfluß unternehmerischer Freiheit (Art. 12, 2 GG) im Grundsatz möglich sein (vgl. BVerfG Beschluß vom 27. Januar 1998 - BvL 15/87 - NZA 1998, 470, zu B I 3 a der Gründe; BVerfGE 92, 140, 151).
aa) Der Senat hat bei einer ähnlichen Fallkonstellation - Nebeneinander von kollektivrechtlicher Versetzung nach § 99 BetrVG und individualrechtlichem Ausspruch einer Änderungskündigung - eine strenge Trennung zwischen beiden Bereichen vorgenommen (Senatsurteil vom 30. September 1993 - 2 AZR 283/93 - BAGE 74, 291 = AP Nr. 33 zu § 2 KSchG 1969). Er hat in dieser Entscheidung ausgeführt, es sei nicht gerechtfertigt, die Wirksamkeit der Änderungskündigung davon abhängig zu machen, ob eine Zustimmung des Betriebsrats zu einer vom Arbeitgeber geplanten Versetzung des Arbeitnehmers vorliegt bzw. nach § 99 Abs. 4 BetrVG ersetzt ist, d.h. ob die gesetzlich erforderliche Mitbestimmung gewahrt ist.
Ähnliches gilt auch im Falle einer nach § 87 Abs. 1 BetrVG erforderlichen Mitbestimmung des Betriebsrats, und zwar unbeschadet der vom Bundesarbeitsgericht vertretenen "Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung", wonach die tatsächlich durchgeführte Mitbestimmung Wirksamkeitsvoraussetzung für Maßnahmen zum Nachteil des Arbeitnehmers ist (vgl. z.B. BAG Beschluß vom 29. März 1977 - 1 ABR 123/74 - BAGE 29, 103 = AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Provision; Urteile vom 26. April 1988 - 3 AZR 168/86 - BAGE 58, 156 = AP Nr. 16 zu § 87 BetrVG 1972 Altersversorgung; vom 17. Dezember 1980 - 5 AZR 570/78 - AP Nr. 4 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung; vom 20. August 1991 - 1 AZR 326/90 - AP Nr. 50, aaO, und Beschluß vom 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - BAGE 69, 134 = AP Nr. 51, aaO). Ob auch für Fälle von Änderungskündigungen, die gleichzeitig von mitbestimmten Maßnahmen nach § 87 BetrVG beeinflußt sind, diese Theorie uneingeschränkt anzuwenden ist, kann schon angesichts der Systematik des § 87 BetrVG einerseits und des § 102 Abs. 1 BetrVG andererseits bezweifelt werden, wenn nämlich die Sanktion der Unwirksamkeit einer Kündigung wegen Nichtanhörung des Betriebsrats (§ 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG) als abschließende lex specialis im Verhältnis der Kündigung zur Mitbestimmung des Betriebsrats zu werten ist, während für die Verletzung des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 BetrVG die nach Abs. 2 dieser Vorschrift anzurufende Einigungsstelle einen entsprechenden Ausgleich der Interessen sicherstellt. Auch verdient in diesem Zusammenhang das Argument weiter Geltung (vgl. dazu schon Senatsurteil vom 30. September 1993 - 2 AZR 283/93 -, aaO, zu B I 3 e dd der Gründe), daß im Widerspruch zu der gesetzlichen Regelung des § 102 Abs. 1 BetrVG, wonach bei Kündigungen der Betriebsrat grundsätzlich nur anzuhören ist, eine über die Ausnahmevorschrift des § 103 BetrVG, der nur in bestimmten Fällen die Zustimmung des Betriebsrats zur Wirksamkeitsvoraussetzung einer Kündigung macht, hinausgehende Sonderregelung geschaffen würde, die für Änderungskündigungen unter den Voraussetzungen einer Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 BetrVG eine weitergehende Zustimmungsbedürftigkeit vorsieht. Mit Recht hat der Senat (aaO) bereits früher darauf hingewiesen, daß auf diesem Wege für Änderungskündigungen systemwidrig ein stärkerer Kündigungsschutz geschaffen würde als für Beendigungskündigungen (vgl. u.a. Kittner, Leichter kündigen als änderungskündigen, NZA 1997, 968 f.). Das macht gerade die vorliegende Fallkonstellation deutlich: Würde die Beklagte statt einer Anpassung der Auslösungsbeträge an geänderte wirtschaftliche Verhältnisse ihre Aktivitäten bei der S AG ganz einstellen, wäre - ggf. unter Beachtung der §§ 111 f. BetrVG - für Beendigungskündigungen nur eine Anhörung des Betriebsrats gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG angezeigt.
Schließlich hat der Senat in der genannten Entscheidung auch schon darauf hingewiesen, daß im allein maßgeblichen Zeitpunkt des Ausspruchs der Änderungskündigung - das gilt auch vorliegend, weil die Änderung der Auslösungsregelung erst nach Auslaufen der Kündigungsfrist (31. Oktober 1994) laut Änderungsangebot der Beklagten in Kraft treten sollte - noch gar nicht feststand, ob durch die Kündigung überhaupt Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats verletzt wurden (siehe dazu noch unter II 4).
bb) Auch wenn weiter an der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung festzuhalten ist, bedingt das nach Auffassung des Senats nicht, daß wegen der zur Zeit möglicherweise noch fehlenden Zustimmung des Betriebsrats - ausreichende Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, wie der Betriebsrat auf die mit 48 von 55 betroffenen Arbeitnehmern abgesprochene Senkung der Auslösungssätze (evtl. durch formlose Regelungsabsprache?) reagiert hat, liegen bisher nicht vor - die Änderungskündigung als sozialwidrig (§§ 2, 1 Abs. 2 KSchG) anzusehen ist. Vielmehr sind die vom Senat im Urteil vom 30. September 1993 (AP, aaO) aufgestellten Grundsätze zu § 99 BetrVG ebenso bei einer nach § 87 BetrVG erforderlichen Mitbestimmung anzuwenden (ebenso HAS/Kramer, Stand: April 1998, § 19 g Rz 72). Die vorherige Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung (so Hueck/von Hoyningen-Huene, aaO, § 2 Rz 51 a; KR-Rost, aaO, § 2 KSchG Rz 145; Dorndorf/Weller/ Hauck, KSchG, § 2 Rz 176; Kittner/Trittin, aaO, § 2 Rz 189 a; nicht ausdrücklich für vorherige Zustimmung: Löwisch, aaO, § 2 Rz 80) ist nicht erforderlich. Insoweit modifiziert der für Kündigungen nach §§ 1, 2 KSchG zuständige Zweite Senat die Rechtsprechung in den Urteilen vom 31. Januar 1984 (- 1 AZR 174/81 - BAGE 45, 91 = AP Nr. 15 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung) und vom 21. September 1989 (- 1 AZR 454/88 - BAGE 62, 360, 380 f. = AP Nr. 43 zu § 77 BetrVG 1972, zu VI 1 der Gründe), wobei es sich in letzterem Urteil ohnehin um eine nicht entscheidungserhebliche Begründung handelt, weil es in jenem Fall nicht um die Beurteilung einer Änderungskündigung ging, wie der Erste Senat (aaO) selbst ausführt.
Eine der Änderungskündigung vorhergehende Mitbestimmung ist für deren Wirksamkeit auch nicht erforderlich. Es genügt beim Fehlen einer mitbestimmten kollektivrechtlichen Regelung die Folgerung, daß die Änderung unter dem Vorbehalt einer Mitbestimmung des Betriebsrats steht (siehe dazu nachfolgend zu II. 4.) und -solange diese nicht erfolgt ist - nicht durchgesetzt werden kann. Eine endgültige mitbestimmte Regelung ist sogar erst möglich, wenn die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Änderungskündigungen feststeht. Der Betriebsrat kann zwar für den vom Arbeitgeber erstrebten Dotierungsrahmen im voraus von seinem Mitbestimmungsrecht Gebrauch machen (vgl. nachfolgend zu e) und muß dies auf Aufforderung des Arbeitgebers auch (BAG Großer Senat Beschluß vom 16. September 1996, - GS 1/82 - = BAGE 53, 42, 76 = AP, aaO, zu C IV 3 der Gründe). Der endgültige Dotierungsrahmen und das sich daraus ergebende Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats steht aber erst fest, wenn über die Wirksamkeit der Änderungskündigung rechtskräftig entschieden ist. Daraus folgt zwingend, daß die Wirksamkeit der Änderungskündigung nicht von der vorherigen Mitbestimmung abhängig gemacht werden kann. Nur die Durchsetzung der durch die Kündigung geänderten Arbeitsbedingungen - übrigens auch bei den einvernehmlich geänderten Bedingungen - ist dem Arbeitgeber bis zur Durchführung der Mitbestimmung verwehrt.
Diese Konsequenz liegt auf derselben Ebene wie die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach bei einer zustimmungsbedürftigen Einstellung (§ 99 BetrVG) nur die tatsächliche Beschäftigung des Arbeitnehmers, nicht jedoch der Abschluß des Arbeitsvertrages als unwirksam angesehen wird (ständige Rechtsprechung vgl. u.a. BAG Beschluß vom 28. April 1991 - 1 ABR 73/91 - BAGE 70, 147 = AP Nr. 98 zu § 99 BetrVG 1972). Selbst bei Umgruppierungen - auch in der Form der Herabgruppierung - wird in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. u.a. BAG Beschluß vom 28. Januar 1986 - 1 ABR 8/84 - BAGE 51, 34, 37, 41 = AP Nr. 32 zu § 99 BetrVG 1972, zu B 1 a und 3 der Gründe) zwischen der individualrechtlichen Änderung der Arbeitsbedingungen und der kollektivrechtlichen Seite in Form eines Mitbeurteilungsrechts des Betriebsrats unterschieden. Ebenso ist in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannt (Beschlüsse vom 20. September 1990 - 1 ABR 17/90 - BAGE 66, 48, 51 f. = AP Nr. 83 zu § 99 BetrVG 1972, zu I der Gründe, m.w.N., und vom 18. Juni 1991 - 1 ABR 60/90 - AP Nr. 15 zu § 99 BetrVG 1972 Eingruppierung), daß bei einer Eingruppierung dieser Akt der Rechtsanwendung zu unterscheiden ist von der dem Betriebsrat eingeräumten Mitbeurteilung, wobei dieser im Mitbestimmungssicherungsverfahren nur die nachträgliche Einholung seiner Zustimmung und bei deren Verweigerung die Durchführung des arbeitsgerichtlichen Ersetzungsverfahrens verlangen kann.
d) Das Landesarbeitsgericht geht als selbstverständlich davon aus, die Reduzierung der Auslösungsregelung unterfalle dem Mitbestimmungstatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Nach dieser Vorschrift hat der Betriebsrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, mitzubestimmen bei Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere der Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung.
aa) Eine Einschränkung der Mitbestimmung des Betriebsrats durch Tarifvertrag ist vorliegend nicht gegeben. Zwar wäre der Bundestarifvertrag vom 6. Oktober 1992 für die besonderen Arbeitsbedingungen der Montagearbeiter in der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie einschließlich des Fahrleitungs-, Freileitungs-, Ortsnetz- und Kabelbaues (im folgenden: BMTV) vom räumlichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereich her einschlägig. Eine tarifliche Regelung ist aber nur dann die Mitbestimmung einschränkend von Bedeutung, wenn sie für den Betrieb gilt. Nach den für den Senat nach § 561 ZPO verbindlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist die Beklagte nicht tarifgebunden, so daß vorliegend - darin ist dem Landesarbeitsgericht zuzustimmen - die Mitbestimmung des Betriebsrats gemäß Eingangssatz zu § 87 Abs. 1 BetrVG nicht ausgeschlossen ist. Der BMTV ist auch nicht etwa allgemeinverbindlich, § 5 TVG.
bb) Die Mitbestimmung des Betriebsrats ist auch nicht kraft einschlägiger gesetzlicher Regelung ausgeschlossen; die hier in Betracht kommende Regelung des § 670 BGB, die über § 675 BGB auch auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet, enthält keine abschließende Regelung und ist im übrigen nicht zwingend; vielmehr können die Parteien des Arbeitsvertrages etwas anderes vereinbaren, was angesichts der allgemeinen Bestimmung sogar zweckmäßig ist (vgl. Matthes in AR-Blattei, Stand: Mai 1998,SD 360 Rz 15, 17; MünchArbR/Blomeyer, § 94 Rz 61, 64; Küttner/Griese, Personalbuch 1998, 5. Aufl., Stichwort "Auslösung" Rz 1).
cc) Ferner steht fest, daß es sich bei der Absenkung der Auslösungsregelung um Fragen der betrieblichen Lohngestaltung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG handelt. Denn damit sind Fragen des Arbeitsentgelts schlechthin gemeint, und zwar alle Leistungen des Arbeitgebers, die er als Gegenleistung für die von den Arbeitnehmern erbrachten Leistungen gewährt, ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung (BAG Großer Senat Beschluß vom 16. September 1986 - GS 1/82 - BAGE 53, 42 = AP Nr. 17 zu § 77 BetrVG 1972). Dazu zählen, der vorliegenden Problematik in etwa vergleichbar, nach der Rechtsprechung z.B. verbilligte oder kostenlose Personalfahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte (BAG Urteil vom 9. Juli 1985 - 1 AZR 631/80 - AP Nr. 16 zu § 75 BPersVG), Kosten für Familienheimflüge (BAG Beschluß vom 10. Juni 1986 - 1 ABR 65/84 - BAGE 52, 171 = AP Nr. 22 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung), während reiner Auslagenersatz (wie z.B. Zahlungen bei dienstlicher Nutzung eines privaten PKW) nicht unter den Begriff Lohngestaltung fällt (BAG Beschluß vom 8. Dezember 1981 - 1 ABR 91/79 - BAGE 37, 212, 216 = AP Nr. 6 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung, zu B II 6 der Gründe). Die Regelung des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG soll ein umfassendes Mitbestimmungsrecht auf dem Gebiet betrieblicher Lohngestaltung sicherstellen (vgl. amtliche Begründung, BR-Drucks. 715/70, S. 49) und hat, wie das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung entschieden hat (vgl. BAG Großer Senat Beschluß vom 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - BAGE 69, 134 = AP Nr. 51 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung), in den durch § 77 Abs. 3, § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG gezogenen Grenzen den Charakter einer Generalklausel.
Hiervon wird die vorliegende Auslösungsregelung mit umfaßt, die kalendertäglich pauschal den Arbeitnehmern auf der Baustelle der S AG 58,15 DM ohne Rücksicht auf die tatsächliche Entfernung zwischen Wohnort des einzelnen Arbeitnehmers und der Einsatzstelle gewährt und aus Kostengründen reduziert werden soll. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 561 ZPO) ergibt sich daraus in einem Monat mit 30 Kalendertagen bei durchschnittlich 172 Stunden ein monatlicher Auslösungssatz von 1.744.50 DM, wobei schon diese Größenordnung belegt, daß es sich hierbei zumindest ganz überwiegend um Entgelt, nicht aber um echten Aufwendungsersatz handelt. Im übrigen hat auch das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 10. Februar 1988 - 7 AZR 36/87 - BAGE 58, 1 = AP Nr. 64 zu § 37 BetrVG 1972) entschieden, der steuerpflichtige Teil der Nahauslösung gemäß § 7 BMTV gehöre bei Betriebsratsmitgliedern zum fortzuzahlenden Arbeitsentgelt im Sinne des § 37 Abs. 2 BetrVG, die tarifliche Nahauslösung sei jedenfalls in ihrem steuerpflichtigen Teil kein Ersatz von Mehraufwendungen, die dem Arbeitnehmer bei Nahmontagearbeiten zwangsläufig oder doch wenigstens gewöhnlich entstünden. Auch nach Darstellung der Beklagten enthält der Auslösungs-Kostenanteil der Lohnselbstkosten von 10,89 DM je Stunde 15 % Pauschalsteuer auf versteuertes Fahrgeld mit 2,18 DM, eine steuerfreie Auslösung von 1,07 DM (für Montagearbeiter 8,00 DM je Tag) und eine versteuerte Auslösung von 7,64 DM. Demnach gehört die vorliegend gewährte "Fernauslösung", die in Wirklichkeit eine Nahauslösung ist, weil unter Nahmontage eine solche zu verstehen ist, bei der dem Montagestammarbeiter die tägliche Rückkehr zum Ausgangspunkt - wie im Falle des Klägers - zumutbar ist (vgl. § 7 BMTV) zum Entgelt; demgegenüber ist Fernmontage eine solche, die ein auswärtiges Übernachten des Montagestammarbeiters erfordert, weil ihm die tägliche Rückkehr an den Betriebssitz oder zu seiner Wohnung nicht zumutbar ist, wovon beim Kläger nicht die Rede sein kann (vgl. zur Fernauslösung nach § 6 BMTV als nicht fortzuzahlendes Entgelt im Sinne des § 37 Abs. 2 BetrVG BAG Urteil vom 18. September 1991 - 7 AZR 41/90 - BAGE 68, 292 = AP Nr. 82 zu § 37 BetrVG 1972).
e) Wenn demnach für die Reduzierung der bei der Beklagten geltenden Auslösungsregelung von einem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG auszugehen ist, so konnte die Beklagte - entgegen der Auffassung der Revision - nicht einseitig durch eine betriebliche Lohngestaltung ihr Ziel, nämlich die Reduzierung der Auslösung und des Fahrgeldes, erreichen. Das ergibt sich aus den Rechtsgrundsätzen, die der Große Senat des Bundesarbeitsgerichts (Beschluß vom 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - BAGE 69, 134, 157 ff. = AP, aaO, zu C III der Gründe) erarbeitet hat. Danach unterliegt die Aufstellung von Verteilungsgrundsätzen - im damaligen Fall: für übertarifliche Zulagen - und die Änderung der Verteilungsgrundsätze grundsätzlich der Mitbestimmung des Betriebsrates, unabhängig davon, ob der Arbeitgeber sich den Widerruf von übertariflichen Zulagen vorbehalten hat oder sich eine Anrechnung automatisch vollzieht; das Mitbestimmungsrecht soll nur dann entfallen, wenn tatsächliche oder rechtliche Hindernisse entgegenstehen, d.h. für den Betriebsrat kein Regelungsspielraum verbleibt. In diesem Zusammenhang hat der Große Senat weiter ausgeführt (BAGE 69, 134, 163 = AP, aaO, zu C III 3 b dd der Gründe), beim Mitbestimmungstatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG richte sich die Abgrenzung von Einzelfallgestaltung zu kollektivem Tatbestand danach, ob es um die Strukturformen des Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollzugsformen gehe oder nicht (BAG Beschlüsse vom 10. Juli 1979 - 1 ABR 88/77 -; vom 22. Januar 1980 - 1 ABR 48/77 - BAGE 32, 350, und vom 8. März 1983 - 1 ABR 38/81 - sowie Urteil vom 31. Januar 1984 - 1 AZR 174/81 - BAGE 45, 91 = AP Nr. 2, 3, 14 und 15 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung). Hierbei könne die Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer ein Indiz dafür sein, ob ein kollektiver Tatbestand vorliege oder nicht. Das sei deshalb von Bedeutung, weil es dem Zweck des Mitbestimmungsrechts widerspräche, wenn der Arbeitgeber es dadurch ausschließen könnte, daß er mit einer Vielzahl von Arbeitnehmern jeweils "individuelle" Vereinbarungen über eine bestimmte Vergütung treffe und sich hierbei nicht selbst binden und keine allgemeine Regelung aufstellen wolle. Mit einer solchen Vorgabe, nur individuell entscheiden zu wollen, könnte sonst jedes Mitbestimmungsrecht ausgeschlossen werden (BAG Beschlüsse vom 17. Dezember 1985 - 1 ABR 6/84 - BAGE 50, 313 = AP Nr. 5 zu § 87 BetrVG 1972 Tarifvorrang und vom 24. November 1987 - 1 ABR 57/86 - BAGE 56, 346 = AP Nr. 31 zu § 87 BetrVG Lohngestaltung). Bei der Änderung der Verteilungsgrundsätze für über-/außertarifliche Zulagen gehe es stets um die Strukturformen des Entgelts. Deshalb liege hier stets ein kollektiver Tatbestand vor.
Übertragen auf die vorliegende Fallgestaltung bedeutet dies, daß die Gestaltung der Verteilungsgrundsäze des Auslösungssystems nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitbestimmt ist (nachfolgend zu aa), ohne daß wegen der einzelvertraglichen Gestaltung das Günstigkeitsprinzip berührt wird (nachfolgend zu bb).
aa) Der Beklagten geht es darum, das bisherige "Gießkannenprinzip", wonach jeder bei der S AG eingesetzte Arbeitnehmer unabhängig von der tatsächlichen Entfernung zwischen Wohnort und Einsatzstelle außerhalb des Betriebssitzes 58,15 DM kalendertäglich erhielt, abzuändern und durch ein System zu ersetzen, bei dem jeder der betreffenden Arbeitnehmer eine Pauschale von 25,00 DM und Kilometergeld von 0,70 DM entsprechend tatsächlichem Aufwand erhält. Das neue System führt je nach Entfernung des jeweiligen Wohnsitzes von der Einsatzstelle zu einer mehr oder weniger starken Abweichung (ggf. auch nach oben hin) von dem bisherigen Pauschalbetrag. Damit geht es, was die neue Pauschale von 25,00 DM angeht, um die Strukturform des Entgelts, d.h. einen kollektiven Tatbestand. Daß diese neue Pauschale in einem angemessenen Verhältnis zu dem zu erstattenden Kilometergeldbetrag, soweit er nicht reiner Aufwendungsersatz ist, steht, ist unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit und Durchsichtigkeit des innerbetrieblichen Lohngefüges und zur Wahrung der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit (BAG Beschluß vom 31. Januar 1984 - 1 ABR 46/81 - BAGE 46, 182, 187 = AP Nr. 3 zu § 87 BetrVG 1972 Tarifvorrang, zu B III 1 der Gründe) durch Mitbestimmung des Betriebsrats zu sichern. Im Rahmen dieser erforderlichen Mitbestimmung ist mitbestimmungsfrei ein eventueller auf gesetzlicher Grundlage bestehender Aufwendungsersatzanspruch für Fahrten zwischen Wohnsitz und Einsatzstelle außerhalb des Betriebssitzes (vgl. dazu oben zu II 3 d bb); ob der Betrag von 0,70 DM pro gefahrenen Kilometer dem tatsächlichen Aufwand entspricht, hängt von wirtschaftlichen Gegebenheiten ab, wobei die Erstattungsfähigkeit entsprechender Beträge unter steuerrechtlichen Gesichtspunkten eine Orientierungshilfe sein kann (vgl. Abschnitt 42 Abs. 4 LStR; siehe zum Ganzen Matthes, AR-Blattei, Stand: Mai 1998, SD 360 Rz 55 f.). Dies wird von den Betriebspartnern eventuell mit Hilfe eines Sachverständigen - ggf. innerhalb einer Einigungsstelle (§ 87 Abs. 2, § 76 BetrVG) - zu klären sein.
bb) Durch diese Neugestaltung der Verteilungsgrundsätze wird das zugunsten des einzelnen Arbeitnehmers wirkende Günstigkeitsprinzip (vgl. dazu BAG Großer Senat Beschluß vom 16. September 1986 - GS 1/82 - BAGE 53, 42, 71, 73 f. AP, aaO, zu C III 1 und 4 der Gründe) nicht berührt. Die angestrebte Herabsetzung des bisher zur Verfügung gestellten Auslösungsvolumens als solche bedarf den einzelnen Arbeitnehmern gegenüber entweder einer Änderungsvereinbarung oder einer sozial gerechtfertigten Änderungskündigung. Denn die so bezeichnete "Fernauslösung" war Gegenstand des jeweiligen Arbeitsvertrages, an den die Beklagte gebunden ist. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 561 ZPO) haben von 55 bei der S AG eingesetzten Arbeitnehmern mindestens 48 derartige Änderungsvereinbarungen abgeschlossen; nach dem Sachvortrag der Beklagten anläßlich der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sollen sogar bis allein auf den Kläger alle übrigen Arbeitnehmer einschließlich der Betriebsratsmitglieder ihre Zustimmung zur Absenkung der Auslösungssätze erteilt haben, womit der "Auslösungstopf" nahezu einhellig abgesenkt wäre. Im Verhältnis zum Kläger ist das jedoch nicht der Fall: Ihm gegenüber bedarf die Absenkung des Auslösungsvolumens der Änderungskündigung.
Im übrigen ist davon auszugehen, daß die Herabsetzung des Volumens als solche mitbestimmungsfrei ist, weil die Festsetzung des Dotierungsrahmens Sache des Arbeitgebers ist (ständige Rechtsprechung des BAG; vgl. u.a. Beschlüsse vom 13. März 1973 - 1 ABR 16/72 - BAGE 25, 93 = AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Werkmietwohnungen; vom 12. Juni 1975 - 3 ABR 137/73 - AP Nr. 2 zu § 87 BetrVG 1972 Altersversorgung; vom 26. April 1988 - 3 AZR 168/86 - BAGE 58, 156 = AP Nr. 16, aaO; vom 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - BAGE 69, 134, 138, 165 = AP Nr. 51 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung, zu B I 1 und C III 5 der Gründe, m.w.N.). Der Arbeitgeber ist aber bei der Festsetzung des Dotierungsrahmens an vertragliche Vereinbarungen mit den betroffenen Arbeitnehmern gebunden. Will er - wie im vorliegenden Fall - den Dotierungsrahmen herabsetzen, bedarf es hierzu vertraglicher Vereinbarungen oder des Ausspruches von Änderungskündigungen.
Solange der Dotierungsrahmen noch nicht festgelegt ist, besteht genau genommen noch kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates. Allerdings ist der Betriebsrat gehalten, wenn der Arbeitgeber ihn frühzeitig beteiligt, über die Modalitäten der geplanten Neuregelung im Rahmen der vorgesehenen Dotierung unter dem Vorbehalt ihrer vertragsrechtlichen Zulässigkeit zu verhandeln und hinsichtlich der Umverteilung (siehe zuvor aa) mitzubestimmen (vgl. BAG Großer Senat Beschluß vom 16. September 1986 - GS 1/82 - BAGE 53, 42, 76 f. = AP, aaO, zu C IV 3 der Gründe). Insoweit können sogar vertragsrechtlich zulässigerweise gesenkte Ansprüche durch eine nachfolgende Betriebsvereinbarung im Einzelfall unter Umständen - gleichsam im zweiten Durchgang - nochmals beschränkt werden, wenn die Neuregelung insgesamt bei kollektiver Betrachtung nicht ungünstiger ist.
Unter der Prämisse, daß die Absenkung der Auslösung für den Kläger sozial gerechtfertigt ist (§ 2, § 1 Abs. 2 KSchG), muß er daher eine mitbestimmte Umverteilungsregelung gegen sich gelten lassen (BAG Großer Senat Beschluß vom 16. September 1986 - GS 1/82 - BAGE 53, 42, 47, 65 f. = AP, aaO, zu C und C II 4 b der Gründe), d.h. wenn der durch Änderungsvereinbarungen und/oder sozial gerechtfertigte Änderungskündigungen neu festgelegte Dotierungsrahmen sich aufgrund der Neuverteilung nicht verringert, steht das Günstigkeitsprinzip einer Ablösung der individualrechtlich gesenkten Auslösungssätze nicht entgegen, auch wenn einzelne Arbeitnehmer dadurch schlechter gestellt werden sollten. Im gleichen Sinne hat das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 21. September 1989 - 1 AZR 454/88 - BAGE 62, 362, 367 = AP Nr. 43 zu § 77 BetrVG 1972, zu I 2 a der Gründe) entschieden, eine Betriebsvereinbarung vermöge vertragliche Ansprüche der Arbeitnehmer, die auf einer arbeitsvertraglichen Einheitsregelung oder einer betrieblichen Übung beruhten, nur dann zu modifizieren, wenn sie bei kollektiver Betrachtung insgesamt nicht ungünstiger sei als die bisherige Regelung. Die Übertragung der vom Großen Senat (Beschluß vom 16. September 1986 - GS 1/82 - BAGE 53, 42, 74 f.= AP, aaO, zu C IV 1 der Gründe) aufgestellten Grundsätze, die allerdings durch diejenigen im Beschluß des Großen Senats vom 3. Dezember 1991 (- GS 3/90 - BAGE 69, 134 = AP, aaO) zu ergänzen sind (siehe oben zu II 3 e aa), führt daher für den vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, daß - u.a. auch im Hinblick auf neu eingestellte Arbeitnehmer, die bei der S AG eingesetzt werden - die Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Aufstellung des neuen Auslösungssystems zu wahren ist. Davon unabhängig sind individualrechtlich wegen einer aus wirtschaftlichen Gründen bedingten Herabsetzung der vertraglich zugesagten Leistungen entweder Änderungsvereinbarungen oder gleichlautende Änderungskündigungen erforderlich.
f) Daneben ist allerdings die Überlegung des Berufungsgerichts nicht tragfähig, die Beklagte habe das angestrebte Ziel - Ermäßigung der Auslösung - auch durch Ausübung des Direktionsrechts, nämlich einseitige Versetzung des Klägers auf eine andere Montagestelle (vgl. dazu auch BAG Urteil vom 11. November 1997 - 3 AZR 162/96 - zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen), erreichen können. Da hiermit möglicherweise in vertragliche Positionen des Klägers eingegriffen würde - dem Senat liegt der Arbeitsvertrag des Klägers nicht vor -, hätte es ggf. einer Änderungsvereinbarung oder einer Änderungskündigung bedurft, für deren Durchsetzung im übrigen - bei Vorliegen einer mitbestimmten Versetzung, §§ 99, 95 Abs. 3 BetrVG - die Zustimmung des Betriebsrats erforderlich gewesen wäre (vgl. Senatsurteil vom 30. September 1993 - 2 AZR 283/93 - BAGE 74, 291 = AP Nr. 33 zu § 2 KSchG 1969).
Im übrigen weist die Revision mit Recht darauf hin, die Beklagte habe schon aus praktischen Gesichtspunkten nicht alle ihre bei der S AG eingesetzten Montagearbeiter zum Zwecke der Auslösungsminderung versetzen können, weil dies den größten Teil ihrer Belegschaft (mehr als 50 Arbeitnehmer) betroffen hätte, so daß die Baustelle zum Erliegen gekommen wäre.
4. Steht die Abänderung einer Einheitsregelung unter dem Vorbehalt der Mitbestimmung des Betriebsrats, so kann eine Änderungskündigung nicht unter Berufung auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als sozial ungerechtfertigt angesehen werden. Die Beklagte durfte vielmehr zur Zeit des Ausspruchs der Änderungskündigung davon ausgehen, bis zum Auslaufen der Kündigungsfrist am 31. Oktober 1994 noch eine einvernehmliche Neuregelung der Auslösungsgrundsätze zu erreichen. Ob insofern nicht, abgesehen von einer formellen Betriebsvereinbarung, eine - eventuell auch formlose - Regelungsabsprache unter den Betriebsparteien zustande gekommen ist, wofür immerhin auch die Zustimmung der Betriebsratsmitglieder zu der neuen Auslösungsregelung sprechen könnte, ist bisher nicht festgestellt. Auch eine formlose Regelungsabrede würde jedenfalls zur Wahrung der Mitbestimmung ausreichen (BAG Großer Senat vom 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - BAGE 69, 134 = AP, aaO). Sollte das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bisher nicht gewahrt sein, wäre die Beklagte nach den obigen Ausführungen (zu II 3 c) lediglich gehindert, die eventuell wirksame Änderungskündigung durchzusetzen. Ist wie hier das Änderungsangebot nicht (rechtzeitig) unter Vorbehalt angenommen, so daß die Änderungskündigung sich in eine Beendigungskündigung wandelt, handelt der Arbeitnehmer - wie im Falle einer Nichtannahme des Änderungsangebotes - auf eigenes Risiko, wenn infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Durchsetzung der Mitbestimmung für ihn nicht mehr relevant wird. Das gilt auch, wenn der Arbeitnehmer nicht rechtzeitig erklärt, er nehme das Angebot wenigstens unter dem Vorbehalt der Mitbestimmung des Betriebsrats an. Die Entscheidung des vorliegenden Falles hängt daher davon ab, ob die Änderungskündigung sozial gerechtfertigt ist.
Es ist daher zu prüfen, ob dringende betriebliche Erfordernisse gemäß § 1 Abs. 2 KSchG das Änderungsangebot bedingen und ob die Beklagte sich bei einem an sich anerkennenswerten Anlaß zur Änderungskündigung darauf beschränkt hat, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Kläger billigerweise hinnehmen muß (vgl. die oben zu II 3 a) zitierte Rechtsprechung). Da das Landesarbeitsgericht hierzu keinerlei Feststellungen getroffen hat - auch eine Auseinandersetzung mit dem klageabweisenden Urteil erster Instanz ist nicht erfolgt -, kann der Senat in der Sache selbst nicht entscheiden. Er beschränkt sich daher auf den Hinweis, daß das Arbeitsgericht zur Betriebsbedingtheit der Änderungskündigung ein betriebswirtschaftliches Gutachten eingeholt hat, das zunächst zu würdigen sein wird. Eine Entscheidung in der Sache selbst ist dem Senat auch deshalb verwehrt, weil das Landesarbeitsgericht nicht auf die Argumentation des Klägers eingegangen ist, die Änderungskündigung scheitere schon an einer nicht ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung, § 102 BetrVG. Das Arbeitsgericht hat nach ausführlicher Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen B und D diesen Einwand nicht gelten lassen, ohne daß das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus konsequent - hierzu eine eigene Würdigung angestellt hat.
Das Landesarbeitsgericht wird ggf. weiter zu berücksichtigen haben, daß nach der Auffassung des Senats der Kläger den Vorbehalt verspätet erklärt hat (oben zu II 1 und 2), d.h. im Falle des Klägers käme der oben aus grundsätzlichen Erwägungen erörterte Vorbehalt der Mitbestimmung des Betriebsrats ohnehin nicht in Betracht, weil bei sozial gerechtfertigtem Änderungsangebot mangels Vorbehaltsannahme das Arbeitsverhältnis beendet ist, so daß seine Fortsetzung gemäß Vorbehalt nicht in Rede steht. Ist dagegen dieses dem Kläger gemachte Angebot sozial nicht gerechtfertigt, setzt sich das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen fort. Demnach war der Rechtsstreit zur Klärung dieser Fragen an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.
Unterschriften
Etzel Bitter Bröhl Walter Fischer
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 17.06.1998 durch Anderl, Amtsinspektorin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 436347 |
BAGE, 149 |
BB 1998, 2320 |
DB 1998, 2170 |
NJW 1999, 236 |
ARST 1998, 286 |
FA 1998, 328 |
FA 1998, 378 |
JR 2000, 132 |
NZA 1998, 1225 |
RdA 1998, 382 |
SAE 2000, 238 |
ZAP 1998, 1085 |
ZIP 1998, 2017 |
AP, 0 |
AuA 1999, 279 |