Entscheidungsstichwort (Thema)
Ordentliche Kündigung wegen Falschbeantwortung von Fragen nach Tätigkeiten für das MfS. Verwirkung
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1; BGB § 242; ZPO § 565 Abs. 3 Nr. 1; KSchG § 1; BetrVG § 102 Abs. 1; TV Ang-O §§ 16, 46, 16 Übergangsvorschriften Nr. 1 Buchst. a
Verfahrensgang
LAG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 14.05.1997; Aktenzeichen 5 Sa 588/96) |
ArbG Magdeburg (Urteil vom 03.07.1996; Aktenzeichen 5 Ca 608/96) |
Tenor
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 14. Mai 1997 – 5 Sa 588/96 – aufgehoben, soweit es der Berufung des Klägers stattgeben und die Anschlußberufung der Beklagten zurückgewiesen hat.
2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 3. Juli 1996 – 5 Ca 608/96 – wird auch im übrigen zurückgewiesen.
3. Auf die Anschlußberufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 3. Juli 1996 – 5 Ca 608/96 – abgeändert und die Klage wird auch im übrigen abgewiesen.
4. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Der am 21. Juni 1948 geborene, verheiratete Kläger hat einen volljährigen Sohn und ist zwei Töchtern unterhaltsverpflichtet. Seit dem 1. März 1968 war er bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen (Deutsche Post und Deutsche Bundespost) in unterschiedlichen Funktionen beschäftigt. Zuletzt war er als Sachbearbeiter Schaltanweisung Betriebsleiter des Fernmeldeamtes M… zu einem Bruttomonatsentgelt von 5.300,– DM tätig. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge für die Angestellten der Beklagten Anwendung.
Am 25. März 1991 füllte der Kläger einen Personalfragebogen aus. Unter Ziff. 4 dieses Fragebogens wird folgende Frage gestellt:
“Waren Sie jemals Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit, beim Amt für nationale Sicherheit oder einer vergleichbaren Organisation. Wenn ja, welcher Art war diese Tätigkeit (auch nebenamtlich) und von welcher Dauer war sie?”
Diese Frage beantwortete der Kläger mit “nein”.
Im Mai 1992 erhielt der Kläger von der Beklagten ein Hinweisblatt zur Ausfüllung des Antrages auf Anerkennung von Vordienstzeiten als Postdienstzeiten/Dienstzeiten. Darin heißt es u.a.:
“3 Nichtanrechnung von Zeiten
3.1 Tarifliche Regelungen
Die Tarifvertragsparteien haben festgelegt, daß folgende Zeiten von der Berücksichtigung als Postdienstzeit/Dienstzeit ausgeschlossen sind:
a) Zeiten jeglicher Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit/Amt für nationale Sicherheit (einschließlich der Verpflichtung zu informeller/inoffizieller Mitarbeit).
…
4 Verfahren
4.1 Allgemeines
…
Wird die Anrechnung von Zeiten beantragt, so müssen die Angaben vom Anfang bis zum Ende dieser Zeiten
– lückenlos aufgeführt und nachgewiesen sowie
– vollständig und richtig angegeben werden, einschließlich der möglicherweise zur Nichtanrechnung von Zeiten führenden Sachverhalte.”
In dem eigenhändig unterzeichneten Antrag des Klägers vom 12. Oktober 1992 auf Anerkennung von Vordienstzeiten als Postdienstzeit/Dienstzeit ist unter der Rubrik “1 Angabe von Zeiten jeglicher Tätigkeit für das MfS/AfNS (einschließlich der Verpflichtung als informeller/inoffizieller Mitarbeiter)” von ihm eine Streichung vorgenommen worden.
Weiter enthält der Antrag des Klägers folgende Erklärung:
“Ich bin darüber belehrt worden, daß meine Angaben der Wahrheit zu entsprechen haben und unwahre Angaben nicht nur dienstlich geahndet, sondern auch als Betrug strafrechtlich verfolgt werden können. Mir ist ferner bekannt, daß ich aufgrund unwahrer oder unrichtiger Angaben erzielte(n) höhere(n) Vergütung/Lohn ggf. zurückzuzahlen habe.”
Am 20. Oktober 1992 erhielt die Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Einzelauskunft des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (im folgenden: Gauck-Behörde). Dieser ist zu entnehmen, daß der Kläger aufgrund einer handschriftlichen Verpflichtungserklärung vom 30. September 1974 seit dem 30. September 1974 bei dem MfS bis zu dessen Auflösung als inoffizieller Mitarbeiter Sicherheit (IMS) geführt wurde. Dabei liegen nach der Einzelauskunft ca. 160 handschriftliche, mit dem Decknamen “R…” unterzeichnete Berichte vor. Darüber hinaus gibt es hiernach ca. 120 Treffberichte. Des weiteren erhielt der Kläger nach dem Bericht der Gauck-Behörde Prämien von insgesamt 1.346,40 Mark DDR und Präsente im Wert von insgesamt 318,00 Mark DDR. Die Quittungen sind mit dem Decknamen unterzeichnet.
Am 15. April 1993 hörte die Rechtsvorgängerin der Beklagten den Kläger zu diesem Einzelbericht an. Da die im Einzelbericht der Gauck-Behörde genannten handschriftlichen Berichte nicht beigefügt waren, veranlaßte die Rechtsvorgängerin der Beklagten aufgrund der Angaben des Klägers, nur Berichte allgemeiner Art gefertigt zu haben, eine ergänzende Auskunft bei der Gauck-Behörde. Nach Erhalt der ergänzenden Auskunft am 7. Dezember 1993 hörte die Rechtsvorgängerin der Beklagten den Kläger nochmals am 11. April 1994 an.
Mit Schreiben vom 6. Juni 1994 kündigte die Rechtsvorgängerin der Beklagten das Arbeitsverhältnis fristlos wegen Tätigkeit für das MfS und mit einem weiteren Schreiben vom selben Tag aus demselben Grund hilfsweise ordentlich zum 30. September 1994. Gegen diese Kündigungen wehrte sich der Kläger erfolgreich mit der unter dem Aktenzeichen – 2 Ca 3059/94 – geführten Kündigungsschutzklage. Die von der Rechtsvorgängerin der Beklagten eingelegte Berufung wurde mit Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 13. Februar 1996 – 4 Sa 152/95 – rechtskräftig zurückgewiesen.
Zuvor hatte die Beklagte mit Schreiben vom 5. Januar 1996 den inzwischen bei ihr gebildeten Betriebsrat zu der beabsichtigten vorsorglichen ordentlichen Kündigung des Klägers angehört. Als Kündigungsgrund hatte die Beklagte angegeben, der Kläger habe im Personalfragebogen vom 25. März 1991 und im Antrag auf Anerkennung von Vordienstzeiten als Postdienstzeit/Dienstzeit vom 12. Oktober 1992 seine inoffizielle Mitarbeit verschwiegen. Damit sei er seiner Offenbarungspflicht hinsichtlich der Angabe von Zeiten jeglicher Tätigkeit für das MfS/AfNS (einschließlich der Verpflichtung als inoffizieller Mitarbeiter) nicht nachgekommen und habe somit entgegen seiner Erklärung durch unwahre Angaben seinen Arbeitgeber getäuscht. Durch das Verschweigen der inoffiziellen Tätigkeit für das MfS/AfNS sei das Vertrauensverhältnis so nachhaltig gestört, daß eine weitere Zusammenarbeit über den Ablauf der Kündigungsfrist nicht möglich sei.
Mit Schreiben vom 10. Januar 1996 stimmte der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung zu.
Daraufhin kündigte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 16. Januar 1996 hilfsweise vorsorglich ordentlich zum 30. Juni 1996 wegen Verschweigens der Tätigkeit für das MfS in dem Personalfragebogen und dem Antrag auf Anerkennung von Vordienstzeiten als Postdienstzeit/Dienstzeit.
Mit der am 30. Januar 1996 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen diese Kündigung gewandt. Er hat die Ansicht vertreten, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt und im übrigen bereits deshalb unwirksam, weil ihr der gleiche Sachverhalt zugrunde liege wie den Kündigungen vom 6. Juni 1994. Auch sei die Kündigung wegen Verwirkung des Kündigungsgrundes unwirksam, da der vorliegende Kündigungsgrund bereits zur Zeit des ersten Kündigungsschutzverfahrens bekannt gewesen sei. Unter dem Datum 18. Mai 1994 habe er von der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Neuberechnung der Postdienstzeiten aufgrund seiner MfS-Tätigkeit erhalten. Mit Schreiben vom 12. Juni 1995 habe die Beklagte deswegen überzahlte Vergütung zurückgefordert. Der Kläger hat ferner die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats bestritten.
Er hat, soweit für die Revisionsinstanz noch von Bedeutung, beantragt
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 16. Januar 1996 nicht aufgelöst wird.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, die Kündigung sei sozial gerechtfertigt. Aufgrund der Falschbeantwortung in dem Personalfragebogen und dem Antrag auf Anerkennung der Vordienstzeiten als Postdienstzeit/Dienstzeit sei das Vertrauensverhältnis so zerstört, daß ihr eine Weiterbeschäftigung des Klägers unzumutbar sei. Der Betriebsrat sei vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß angehört worden. Da Dienstzeiten vor und während der MfS-Tätigkeit des Klägers nicht berücksichtigungsfähig seien, sei die tarifliche Kündigungsfrist eingehalten.
Das Arbeitsgericht hat festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 16. Januar 1996 nicht zum 30. Juni 1996, sondern zum 30. September 1996 beendet worden ist.
Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage im Feststellungsantrag uneingeschränkt stattgegeben. Die von der Beklagten wegen der im Urteil des Arbeitsgerichts angenommenen Kündigungsfrist eingelegte Anschlußberufung hat es zurückgewiesen.
Mit ihrer auf Nichtzulassungsbeschwerde hin zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet und führt zur vollständigen Klageabweisung.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe ihr Kündigungsrecht verwirkt. Der Kündigungsgrund sei ihr spätestens seit der ergänzenden Auskunft der Gauck-Behörde vom 7. Dezember 1993 bekannt gewesen. Wenn die Beklagte ihn mehr als zwei Jahre gleichsam “auf Vorrat” gehalten habe, sei das zum Verwirkungstatbestand gehörende Zeitmoment gegeben. Auch das Umstandsmoment der Verwirkung liege vor. Die Beklagte habe den Kläger bereits am 6. Juni 1994 mit einer Kündigung wegen seiner Tätigkeit für das MfS überzogen. Ein Arbeitgeber, der eine Kündigung nur auf einen von mehreren denkbaren und ihm bekannten Kündigungsgründen stütze, gebe zumindest konkludent zu erkennen, daß er den weiteren Kündigungsgrund bzw. die weiteren Kündigungsgründe nicht zum Anlaß einer Kündigung nehmen wolle. Darauf könne und dürfe sich ein Arbeitnehmer einrichten. Anderenfalls hätte es der Arbeitgeber in der Hand, Arbeitsverhältnisse dauerhaft mit einer Kündigung zu bedrohen, was mit Art. 12 Abs. 1 GG, der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG), dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers (Art. 2 Abs. 1 GG) und dem aus § 626 Abs. 2 BGB, § 4 KSchG ableitbaren Grundsatz, daß hinsichtlich einer (möglichen) Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung möglichst bald Rechtsklarheit bestehen solle, nicht vereinbar wäre.
II. Dem folgt der Senat nicht. Die Beklagte hat entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ihr Kündigungsrecht nicht verwirkt.
1. Das Recht des Arbeitgebers zur ordentlichen Kündigung verwirkt, wenn er in Kenntnis eines Kündigungsgrundes längere Zeit untätig bleibt, d. h. die Kündigung nicht ausspricht, obwohl ihm dies möglich und zumutbar wäre (sog. Zeitmoment), wenn er dadurch beim Arbeitnehmer das berechtigte Vertrauen erweckt, die Kündigung werde unterbleiben und wenn der Arbeitnehmer sich deshalb auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses einrichtet (sog. Umstandsmoment); eine dann gleichwohl erklärte Kündigung aus diesem Grund würde eine unzulässige Rechtsausübung darstellen und wäre nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) rechtsunwirksam (BAG Urteil vom 21. Februar 1957 – 2 AZR 410/54 – AP Nr. 22 zu § 1 KSchG; Urteil vom 9. Juli 1958 – 2 AZR 438/56 – BAGE 6, 165 = AP Nr. 9 zu § 242 BGB Verwirkung; Urteil vom 1. August 1958 – 1 AZR 475/55 – AP Nr. 10, aaO; Urteil vom 23. September 1958 – 3 AZR 33/56 – BAGE 6, 257 = AP Nr. 6 zu § 611 BGB Dienstordnungsangestellte; Urteil vom 25. November 1982 – 2 AZR 21/81 – AP Nr. 10 zu § 9 KSchG 1969; Urteil vom 25. Februar 1988 – 2 AZR 500/87 – RzK I 5c Nr. 26; KR-Etzel, 4. Aufl., § 1 KSchG Rz 250, m. w. N.; KR-Friedrich, 4. Aufl., § 13 KSchG Rz 239, m. w. N.).
2. Die genannten Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Der Zeitablauf und die Untätigkeit allein reichen zur Begründung des Umstandsmoments nicht aus (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 25. Februar 1988 – 2 AZR 500/87 – RzK, aaO, zu B III 1a der Gründe und vom 20. Mai 1988 – 2 AZR 711/87 – AP Nr. 5 zu § 242 BGB Prozeßverwirkung, zu II 3 b, c der Gründe, m. w. N.).
Dies hat vorliegend das Landesarbeitsgericht, anders als das Arbeitsgericht, nicht ausreichend berücksichtigt. Soweit das Landesarbeitsgericht auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. April 1994 – 1 BvR 14/93 – (EzA Art. 20 Einigungsvertrag Nr. 32) verweist, ist diese Entscheidung nicht einschlägig, weil sie eine außerordentliche Kündigung gem. Art. 20 Abs. 1 in Verb. mit Anl. I Kap. XIX Sachgeb. A Abschn. III Nr. 1 Abs. 5 EV betrifft. Diese Vorschrift ersetzt in ihrem Regelungsbereich § 626 BGB. Der Frage, ob die frühere Tätigkeit für das MfS ein Festhalten am jetzigen Arbeitsverhältnis noch zu rechtfertigen vermag, wohnt auch ein zeitliches Element inne. Zwar ist § 626 Abs. 2 BGB, der einen Tatbestand der Verwirkung durch reinen Zeitablauf normiert (vgl. KR-Hillebrecht, 4. Aufl., § 626 BGB Rz 219), nicht anwendbar. Das bedeutet aber nicht, daß der Arbeitgeber die Kündigung zeitlich unbegrenzt aussprechen kann. § 626 Abs. 2 BGB stellt eine Konkretisierung des Gedankens dar, daß die Fortsetzung des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses aufgrund von Zeitablauf zumutbar werden kann. Der Kündigungsberechtigte darf einen Kündigungsgrund unabhängig von § 626 Abs. 2 BGB nicht beliebig lange zurückhalten, um davon bei ihm gutdünkender Gelegenheit Gebrauch zu machen. Auch außerhalb des Anwendungsbereichs von § 626 Abs. 2 BGB kann daher der wichtige Grund nach Abs. 5 Ziff. 2 EV durch bloßen Zeitablauf entfallen, ohne daß die weitergehenden Voraussetzungen der allgemeinen Verwirkung, wie das Vorliegen eines Umstandsmoments, erfüllt sein müßten (BAG Urteil vom 28. April 1994 – 8 AZR 157/93 – BAGE 76, 334, 339 = AP Nr. 13 zu Art. 20 Einigungsvertrag, zu II 3a der Gründe).
Vorliegend geht es jedoch nicht um eine außerordentliche Kündigung gem. Nr. 1 Abs. 5 EV, sondern um eine ordentliche Kündigung gem. § 1 KSchG. Für eine solche Kündigung besteht keine Ausschlußfrist. Für sie gelten nur die allgemeinen Grundsätze der Verwirkung, wie sie eingangs dargestellt wurden.
Dies bedeutet freilich nicht, daß die vom Landesarbeitsgericht und dem Kläger vorgetragenen Gesichtspunkte des Grundrechtsschutzes unberücksichtigt zu bleiben hätten. In der Tat wäre es auch für eine ordentliche Kündigung insbesondere mit Art. 12 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren, wenn der Arbeitgeber einen Kündigungsgrund über längere Zeit “auf Vorrat” hielte, um ein beanstandungsfrei fortgesetztes Arbeitsverhältnis zu einem beliebigen Zeitpunkt kündigen zu können. Der gebotene Grundrechtsschutz wird jedoch bei Anwendung der allgemeinen Grundsätze der Verwirkung durchaus gewährleistet. Mahnt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer wegen des Verhaltens, das er als potentiellen Kündigungsgrund ansieht, ab, so verbraucht er sein Kündigungsrecht. Setzt er dagegen das Arbeitsverhältnis beanstandungsfrei fort, so erweckt er durch die fortwährende Zuweisung von Arbeit beim Arbeitnehmer in der Regel das berechtigte Vertrauen, eine Kündigung werde unterbleiben; darauf wird sich der Arbeitnehmer einrichten, so daß nach einiger Zeit die Verwirkung des Kündigungsrechts eintritt.
3. Vorliegend hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis jedoch gerade nicht beanstandungsfrei fortgesetzt und nicht dem Kläger weiterhin Arbeit zugewiesen. Durch die außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung vom 6. Juni 1994 hatte die Beklagte den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses vielmehr umfassend und grundsätzlich in Frage gestellt, und der Kläger wurde tatsächlich nicht mehr beschäftigt. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts konnte der Kläger nicht darauf vertrauen, die Beklagte wolle sich auf seine frühere Tätigkeit für das MfS als Kündigungsgrund beschränken. Es ist eine bloße Frage der (Prozeß-)Taktik, ob sich ein Arbeitgeber, der sich zur Kündigung entschlossen hat, sofort auf alle ihm bekannten Kündigungsgründe beruft, oder ob er sich zunächst mit der Geltendmachung einzelner Kündigungsgründe begnügt, z. B. weil er diese für leichter darstellbar und sicher erfolgversprechend ansieht. Materiellrechtlich kann er weitere Gründe jederzeit nachschieben, wenn er dies für opportun hält und wenn er auf deren Geltendmachung nicht verzichtet hat (st. Rspr., vgl. z. B. BAG Urteil vom 11. April 1985 – 2 AZR 239/84 – BAGE 49, 39, 45 = AP Nr. 39 zu § 102 BetrVG 1972, zu B I 1 der Gründe, m. w. N.).
Für einen solchen Verzicht oder gar eine Verzeihung bedürfte es eindeutiger Anhaltspunkte, die nicht schon darin liegen, daß die Kündigung zunächst nur mit einem anderen Kündigungssachverhalt begründet wurde. Aus Gründen der Rechtssicherheit sind an eine entsprechende Erklärung durch schlüssiges Verhalten strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BAG Urteil vom 31. Juli 1986 – 2 AZR 559/85 – RzK I 8c Nr. 10, zu II 2a der Gründe; Urteil vom 10. November 1988 – 2 AZR 215/88 – AP Nr. 3 zu § 1 KSchG 1969 Abmahnung, zu II 2d aa der Gründe; KR-Etzel, aaO, Rz 249; Hueck/v. Hoyningen-Huene, KSchG, 12. Aufl., § 1 Rz 158 a; vgl. ferner zu Verzicht und Verzeihung KR-Hillebrecht, aaO, Rz 39 f., m. w. N.). Auch in der Neuberechnung der Postdienstzeiten mit Schreiben vom 18. Mai 1994, in der Rückforderung überzahlten Gehaltes vom 12. Juni 1995 und in dem Mahnschreiben vom 4. März 1996 liegt keine derartige Erklärung. Die Neuberechnung vom 18. Mai 1994 war unabhängig von einer bestehenden oder fehlenden Kündigungsabsicht geboten, weil sie nicht nur Auswirkungen auf die einschlägige Kündigungsfrist, sondern auch auf die dem Kläger für die Vergangenheit zustehenden Gehälter hat. Die Schreiben vom 12. Juni 1995 und 4. März 1996 gehen eindeutig von auf die Zeit bis 6. Juni 1994 beschränkten Gehaltsansprüchen des Klägers aus und dokumentieren somit ebenfalls, daß der Beklagten der Wille zu einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses fehlte.
Ist einem Arbeitnehmer also durch eine Kündigung deutlich gemacht worden, daß sich der Arbeitgeber von ihm trennen will, so kann er grundsätzlich nicht darauf vertrauen, der Arbeitgeber werde keine weiteren Gründe nachschieben oder aus solchen Gründen nicht erneut kündigen, etwa weil das Nachschieben im Prozeß wegen der fehlenden Anhörung des Betriebsrats vor der ersten Kündigung keine Aussicht auf Erfolg verspricht (vgl. auch BAG Urteil vom 23. September 1958 – 3 AZR 33/56 – AP Nr. 6 zu § 611 BGB Dienstordnungsangestellte, zu II 10 der Gründe; LAG Sachsen-Anhalt Urteil vom 18. Dezember 1996 – 3 Sa 95/96 – insoweit n. v.; KR-Etzel, aaO, § 102 BetrVG Rz 185b a. E.). Damit fehlte es hier für die Verwirkung des Rechts der Beklagten, noch am 16. Januar 1996 wegen der Falschbeantwortung der Fragebögen zu einer früheren Tätigkeit für das MfS vorsorglich ordentlich zu kündigen, jedenfalls am notwendigen Umstandsmoment. Zutreffend hat in diesem Zusammenhang das Arbeitsgericht auch darauf hingewiesen, es sei nicht ersichtlich, daß und ggf. welche Dispositionen der Kläger im Hinblick auf ein Vertrauen, das Arbeitsverhältnis werde fortbestehen, getroffen hätte. Daß der Kläger sich dergestalt auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses eingerichtet gehabt hätte, erscheint schon deshalb nicht vorstellbar, weil im Zeitpunkt der streitigen Kündigung vom 16. Januar 1996 die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die Kündigungen vom 6. Juni 1994 noch ausstand. Auch der Kläger selbst hat solches zu keiner Zeit substantiiert behauptet, vielmehr noch in der Revisionsinstanz ausgeführt, es komme nicht darauf an, ob er tatsächlich Vertrauen entwickelt habe.
III. Zutreffend ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, daß die Fragen nach einer früheren Tätigkeit für das MfS im Personalfragebogen und dem Antrag auf Anerkennung von Vordienstzeiten zulässig waren und daß der Kläger sie wahrheitsgemäß beantworten mußte (vgl. BVerfG Beschluß vom 8. Juli 1997 – 1 BvR 2111/94, 195/95, 2189/95 – BVerfGE 96, 171 = AP Nr. 39 zu Art. 2 GG; BAG Urteile vom 26. August 1993 – 8 AZR 561/92 – BAGE 74, 120 = AP Nr. 8 zu Art. 20 Einigungsvertrag; vom 13. September 1995 – 2 AZR 862/94 – AP Nr. 53 zu Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX; vom 13. Juni 1996 – 2 AZR 483/95 – BAGE 83, 181 = AP Nr. 33 zu § 1 KSchG 1969). Das Arbeitsgericht hat insoweit festgestellt, daß der Kläger seine entsprechende Verpflichtung vorsätzlich verletzt hat. Dieses Verhalten des Klägers bewirkte eine konkrete Störung des Arbeitsverhältnisses im Vertrauensbereich und ist an sich geeignet, eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses gem. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial zu rechtfertigen. Der Kläger hat das Urteil des Arbeitsgerichts insoweit auch nicht angegriffen, ebensowenig wie die zutreffende Annahme des Arbeitsgerichts, die Privatisierung stehe der Berufung der Beklagten auf diesen Kündigungsgrund nicht entgegen und die soziale Rechtfertigung der Kündigung scheitere nicht an einer fehlenden Abmahnung, weil der Kläger die von der Arbeitgeberin einer wahrheitsgemäßen Beantwortung der Fragen beigemessene überragende Bedeutung gekannt habe und deshalb mit einer Hinnahme seines Verhaltens unter keinen Umständen habe rechnen können. Die vom Kläger in der Revisionsinstanz vermißte negative Zukunftsprognose folgt schon aus der Entbehrlichkeit der Abmahnung; das Arbeitsgericht hat zudem in nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, aufgrund des Verhaltens des Klägers könne die Beklagte auch künftig nicht davon ausgehen, dieser werde in für das Arbeitsverhältnis wesentlichen Fragen die Wahrheit sagen, wenn sich dies für ihn nachteilig auswirken könne.
Mit Recht hat das Arbeitsgericht ferner angenommen, bei der streitigen Kündigung handele es sich nicht um eine unzulässige Wiederholungskündigung, denn bei der früheren Tätigkeit für das MfS einerseits und bei der vorsätzlichen Falschbeantwortung von Fragen nach einer entsprechenden früheren Tätigkeit andererseits geht es um unterschiedliche Kündigungssachverhalte; darauf, daß in dem früheren Kündigungsschutzverfahren die Kündigungen am Fehlen einer ordnungsgemäßen Personalratsbeteiligung scheiterten und folglich materiell-rechtlich über das Bestehen oder Nichtbestehen von Kündigungsgründen nicht mit für spätere Verfahren bindender Wirkung entschieden wurde, braucht somit gar nicht abgestellt zu werden.
Auch die abschließende Interessenabwägung des Arbeitsgerichts läßt keine Rechtsfehler erkennen. Entgegen der Ansicht des Klägers kann der Senat gem. § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO selbst entscheiden, denn den zugrunde zu legenden Sachverhalt hat das Landesarbeitsgericht in Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht festgestellt, die getroffenen Feststellungen hat der Kläger nicht angegriffen und neue Gesichtspunkte, die die Interessenabwägung beeinflussen könnten sind nicht ersichtlich (vgl. auch Senatsurteil vom 13. Juni 1996 – 2 AZR 483/95 – BAGE 83, 181, 187 f. = AP Nr. 33 zu § 1 KSchG 1969, zu II 2b bb der Gründe a. E.). In der Berufungsinstanz hat der Kläger die vom Arbeitsgericht vorgenommene Interessenabwägung selbst nicht beanstandet. Auch in der Revisionsinstanz hat er nicht näher angegeben, welche weiteren tatsächlichen Feststellungen noch erforderlich sein sollen. Zwar trifft sein Hinweis zu, die Falschbeantwortung eines Fragebogens hinsichtlich der Zusammenarbeit mit dem ehemaligen MfS der DDR rechtfertige nicht ohne weiteres eine verhaltensbedingte Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG, vielmehr komme es nach dem Senatsurteil vom 20. August 1997 (– 2 AZR 42/97 – RzK I 5i Nr. 127; vgl. auch Senatsurteil vom 4. Dezember 1997 – 2 AZR 750/96 – AP Nr. 37 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung) auf die Umstände des Einzelfalles und hierbei auch auf das Maß der Verstrickung an. Das Arbeitsgericht hat jedoch vorliegend die wesentlichen Umstände des Einzelfalles vollständig und widerspruchsfrei berücksichtigt. Es hat auf die vom Kläger nicht bestrittenen Auskünfte der Gauck-Behörde vom 20. Oktober 1992 und 7. Dezember 1993 hingewiesen, wonach der Kläger aufgrund seiner handschriftlichen Verpflichtungserklärung vom 30. September 1974 bis zur Auflösung des MfS als IMS tätig gewesen ist, ca. 160 handschriftliche, mit dem Decknamen “R…” unterzeichnete Berichte und darüber hinaus ca. 120 Treffberichte vorliegen, Treffen in konspirativen Wohnungen stattfanden, der Kläger Prämien von insgesamt 1.346,40 Mark DDR und Präsente im Wert von insgesamt 318,00 Mark DDR erhalten hat und die Quittungen mit dem Decknamen unterzeichnet sind. Das Arbeitsgericht hat weiter darauf abgestellt, daß der Kläger in einem zeitlichen Abstand von mehr als einem Jahr die Frage nach einer Tätigkeit für das MfS zweimal vorsätzlich falsch beantwortet hat, so daß nicht von einer Kurzschlußreaktion ausgegangen werden könne. Schließlich hat das Gericht auch nicht übersehen, daß sich der Kläger hinsichtlich der Beantwortung der Fragen in einem gewissen Dilemma befand und bis zu den Kündigungen vom 6. Juni 1994 seine Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß erfüllt hatte. Wenn das Arbeitsgericht dann zu dem Schluß gekommen ist, die Verletzung der Nebenpflicht zur wahrheitsgemäßen Beantwortung der Fragen nach einer früheren Tätigkeit für das MfS habe das für eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen nachhaltig zerstört und auch die abschließende Interessenabwägung führe nicht dazu, die vorliegende Kündigung als sozial ungerechtfertigt anzusehen, so liegt dies innerhalb des Beurteilungsspielraums, der den Tatsachengerichten nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zusteht (zuletzt Senatsurteil vom 14. Dezember 1997 – 2 AZR 750/96 – AP, aaO, zu II 2a der Gründe, m. w. N.).
IV. Die Wirksamkeit der streitigen Kündigung scheitert entgegen der Ansicht des Klägers nicht schon an einer unzureichenden Anhörung des Betriebsrats gem. § 102 Abs. 1 BetrVG. Auch insoweit sind die Ausführungen des Arbeitsgerichts in keiner Weise zu beanstanden.
Dem Anhörungsschreiben vom 5. Januar 1996 und den ausweislich des Anhörungsschreibens beigefügten Anlagen, nämlich dem Personalfragebogen und dem Antrag auf Anerkennung der Postdienstzeiten, konnte der Betriebsrat alle wesentlichen Daten zur Person des Klägers entnehmen. Daß der Betriebsrat das Anhörungsschreiben mit den Anlagen erhalten hat, hat der Kläger mit der Folge des § 138 Abs. 3 ZPO nicht bestritten. Soweit er in der Berufungsbegründung in Zweifel gezogen hat, die Beklagte habe dem Betriebsrat im Rahmen der Anhörung diverse Unterlagen übergeben, ist schon unklar, welche Unterlagen der Kläger damit meint. Selbst wenn sich diese Ausführungen auf das Anhörungsschreiben vom 5. Januar 1996 mit den darin bezeichneten Anlagen beziehen würden, läge kein beachtliches Bestreiten mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) vor, denn der Kläger behauptet insoweit eigene Kenntnis; sein Bestreiten wäre deshalb jedenfalls unsubstantiiert. Unbestritten geblieben ist schließlich auch der Vortrag der Beklagten, dem Betriebsrat sei im Rahmen der Anhörung der Inhalt des Gauck-Berichts mitgeteilt worden.
Der Kläger verkennt den für die Betriebsratsanhörung maßgeblichen, im Urteil des Arbeitsgerichts zutreffend dargestellten Grundsatz der subjektiven Determination, wenn er moniert, die Beklagte habe dem Betriebsrat weder die Kündigungsfrist noch den Stand des Kündigungsschutzverfahrens über die früheren Kündigungen vom 6. Juni 1994 noch alle Einzelheiten zur Interessenabwägung mitgeteilt.
Was die von der Beklagten für zutreffend erachtete Kündigungsfrist angeht, so ergibt sich diese hinreichend aus dem im Anhörungsschreiben vom 5. Januar 1996 genannten Kündigungstermin 30. Juni 1996 in Verbindung mit dem Umstand, daß die Beklagte für den Betriebsrat erkennbar alsbald nach Abschluß des Anhörungsverfahrens kündigen wollte, was sie dann ja auch getan hat. Davon, daß der Betriebsrat die einschlägigen tariflichen Vorschriften kennt, ist ohne weiteres auszugehen.
Die Beklagte hatte im Anhörungsschreiben auch auf die noch ungeklärte Wirksamkeit der auf den Einigungsvertrag gestützten außerordentlichen und vorsorglichen ordentlichen Kündigung hingewiesen. Es ist schon trotz subjektiver Determination der Anhörung zweifelhaft, ob es gem. § 102 Abs. 1 BetrVG eines solchen Hinweises überhaupt bedurft hätte, denn auf unterschiedliche Kündigungssachverhalte gestützte Kündigungen sind grundsätzlich eigenständig zu beurteilen. Jedenfalls genügte insoweit die im Anhörungsschreiben gegebene Information, die nun beabsichtigte Kündigung solle vorsorglich für den Fall der Unwirksamkeit der früheren Kündigungen erfolgen. Es würde die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats gem. § 102 Abs. 1 BetrVG überspannen, wenn darüber hinaus die genaue Mitteilung des Verfahrensstandes zu früheren Kündigungen verlangt würde, obgleich davon nicht der vom Arbeitgeber für rechtlich maßgeblich erachtete Kündigungsgrund als solcher, sondern nur das Motiv berührt wird, diesen Kündigungsgrund zum Anlaß einer (vorsorglichen) Kündigung zu nehmen, statt von ihr abzusehen.
Schließlich ist auch nicht ersichtlich, daß die Beklagte zu ihrem als rechtlich maßgeblich erachteten Kündigungsgrund der zweimaligen “MfS-Lüge” Entlastungsgesichtspunkte erwogen hat, die sie als möglicherweise bedeutsam erkannt, dem Betriebsrat jedoch vorenthalten hat. Es ist nicht entscheidend, ob die Beklagte in anderen Fällen sich mit einer Abmahnung begnügt hat, zumal nicht einmal der Kläger behauptet hat, es habe sich in diesen anderen Fällen unter Berücksichtigung aller Umstände um zumindest gleich schwerwiegende Pflichtverletzungen gehandelt. Es besteht nicht der geringste Anhaltspunkt dafür, daß die Beklagte im Fall des Klägers dem Betriebsrat nicht mitgeteilte Zweifel gehabt hätte, ob eine Abmahnung nicht doch als Reaktion ausreiche, oder daß die Beklagte gar ein fallübergreifendes Differenzierungskonzept entwickelt gehabt hätte, nach dem sie auch den Fall des Klägers beurteilte, ohne es bei der Anhörung des Betriebsrats offenzulegen.
V. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts und des Klägers hat die Beklagte bei der streitigen Kündigung auch die gem. § 46 TV Ang-O einschlägige Kündigungsfrist eingehalten. Sie durfte bei der Berechnung Tätigkeitszeiten des Klägers bei der Deutschen Post außer Ansatz lassen, die er während und vor seiner Tätigkeit für das MfS zurückgelegt hat (Übergangsvorschriften zu § 16 TV Ang-O). Wie das Bundesarbeitsgericht bereits mit Urteil vom 29. Januar 1998 – 6 AZR 360/96 – (zu II 3 der Gründe) entschieden und eingehend begründet hat, verstößt auch der letzte Satz der Nr. 1 der Übergangsvorschriften zu § 16 TV Ang-O, wonach vor einer MfS-Tätigkeit liegende Zeiten eines Arbeitsverhältnisses zur Deutschen Post von der Berücksichtigung als Postdienstzeit ausgeschlossen sind, nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. auch BAG Urteil vom 30. Mai 1996 – 6 AZR 632/95 – AP Nr. 9 zu § 19 BAT-O). Dem schließt sich der erkennende Senat an.
4. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Unterschriften
Etzel, Bitter, Fischermeier, Kuemmel-Pleißner, Mauer
Fundstellen
Haufe-Index 2628892 |
ZTR 1998, 565 |