Entscheidungsstichwort (Thema)
Kontokorrentzinsen als Werbungskosten oder Betriebsausgaben
Leitsatz (NV)
Wird ein Girokonto, auf das Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit eingehen, mit einem Kontokorrentkredit belastet, um damit Baukosten eines Zweifamilienhauses - zum Teil - und Personensteuern zu bezahlen, sind die auf die Steuerzahlung entfallenden Schuldzinsen weder Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung noch Betriebsausgaben.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 12 Nrn. 1, 3, § 18 Abs. 1 Nr. 1, § 21
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist als Arzt selbständig tätig. Er ermittelt seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). In den Jahren 1973 und 1974 errichtete er ein Zweifamilienhaus. Die Baukosten bezahlte er zum Teil von einem bereits bestehenden Kontokorrentkonto (Girokonto) bei der Stadtsparkasse X (Sparkasse), auf das die Einnahmen aus der Behandlung von Privatpatienten gezahlt wurden. Der Kläger hatte zu diesem Zweck mit der Sparkasse einen Kontokorrentkredit bis zu 500 000 DM vereinbart, der durch eine Grundschuld auf dem Baugrundstück in gleicher Höhe abgesichert war. In den Streitjahren wurden aus diesem Konto nicht nur die Baurechnungen beglichen, sondern auch die Personensteuern des Klägers (Einkommen- und Kirchensteuer, Ergänzungsabgabe und Stabilitätszuschlag). Die mit der Arztpraxis zusammenhängenden Ausgaben wurden nicht vom Girokonto geleistet. Diesem wurden neben Überweisungen von Privatpatienten Zugänge von anderen Bankkonten des Klägers gutgeschrieben.
Der Kläger machte sämtliche in den Streitjahren auf dem Girokonto angefallenen Zinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) berücksichtigte in den nach einer Betriebsprüfung unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung erlassenen Einkommensteuerbescheiden für 1975 bis 1977 nur noch die Kontokorrentzinsen als Werbungskosten, die mit den über das Konto gezahlten Baukosten zusammenhingen. Das FA ging dabei von einer vom Betriebsprüfer vorgenommenen Aufteilung in Werbungskosten und nichtabziehbare Kosten der Lebensführung aus. Einspruch, Klage und Revision des Klägers hatten keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Rechtsfehlerfrei hat das FG den Abzug der Kontokorrentzinsen, die durch die Überweisungen der Personensteuern des Klägers entstanden sind, als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgelehnt.
Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG Schuldzinsen, soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Der wirtschaftliche Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist dann gegeben, wenn die Darlehensschuld ursächlich und unmittelbar auf Vorgänge zurückzuführen ist, die den vermieteten oder verpachteten Gegenstand betreffen. Der Kontokorrentkredit steht in voller Höhe mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in wirtschaftlichem Zusammenhang, wenn die Verschuldung ausschließlich auf Zahlungen zurückzuführen ist, die der Vermietung und Verpachtung dienen (vgl. BFH-Urteil vom 18. November 1980 VIII R 194/78, BFHE 132, 522, BStBl II 1981, 510). Dies ist im Streitfall zu verneinen. Daß der Kläger sich den Kontokorrentkredit hat einräumen lassen, weil er Mittel für den Bau des Zweifamilienhauses brauchte, reicht für die Begründung des wirtschaftlichen Zusammenhangs ebensowenig aus wie die dingliche Sicherung an dem Zweifamilienhausgrundstück (vgl. Urteil in BFHE 130, 147, BStBl II 1980, 348). Maßgebend ist, wofür die Kreditmittel eingesetzt wurden (vgl. Urteil des Senats vom 10. Juni 1986 IX R 11/86, BFHE 147, 318). Soweit der Kontokorrentkredit durch die Überweisung der Personensteuern des Klägers erhöht wurde, sind die hierauf entfallenden Schuldzinsen nicht durch die Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung veranlaßt (vgl. auch § 12 Nr. 3 EStG und das BFH-Urteil vom 9. August 1983 VIII R 35/80, BFHE 139, 253, BStBl II 1984, 27, zu Ziff. 4 der Gründe). Der Kläger verkennt mit seiner Ansicht, Kontokorrentzinsen seien nicht durch die Zahlung der Personensteuern entstanden, weil diese durch die eingegangenen Honorare gedeckt waren, das Wesen der Kontokorrentabrede. Diese besteht darin, daß die in die laufende Rechnung aufgenommenen beiderseitigen Ansprüche und Leistungen durch Anerkennung des Saldos als Einzelforderungen untergehen; übrig gleibt alsdann nur ein Anspruch aus dem Saldoanerkenntnis, der als neue, auf einem selbständigen Verpflichtungsgrund beruhende, vom früheren Schuldgrund losgelöste Forderung an die Stelle der bisherigen Einzelforderungen tritt (Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 28. Juni 1968 I ZR 156/66, BGHZ 50, 277). Leistungen im Rahmen des Kontokorrent bewirken grundsätzlich nicht die Tilgung bestimmter Forderungen (vgl. Schlegelberger, Handelsgesetzbuch, 5. Aufl., § 355 Anm. 31). Es tritt eine verhältnismäßige Gesamtaufrechnung ein, bei der die einzelnen Posten als gleichwertig zu behandeln sind (BGH-Urteil vom 2. November 1967 II ZR 46/65, BGHZ 49, 24). Das gilt nur dann nicht, wenn die Parteien etwas anderes vereinbart haben (vgl. Schlegelberger, a.a.O., Anm. 56). Nach den den Senat mangels begründeter Revisionsrügen bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) bestand zwischen dem Kläger und der Sparkasse keine Vereinbarung, wonach mit den eingehenden Honoraren und Überweisungen von anderen Konten zunächst die durch die Überweisung der Personensteuern entstehenden Schulden zu verrechnen waren.
Soweit die Verschuldung auf die Zahlung der Personensteuern zurückzuführen ist, sind die Kontokorrentzinsen auch keine Betriebsausgaben. Zwar wickelt der Kläger einen Teil des freiberuflichen Geldverkehrs über das Kontokorrentkonto ab. Da der Kläger seinen Gewinn aus der freiberuflichen Tätigkeit nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, ist der Abzug der Kontokorrentzinsen nur insoweit als Betriebsausgaben zulässig, als die Zahlungen, auf die die Kontokorrentschuld zurückzuführen ist, betrieblich veranlaßt sind (vgl. BFH-Urteil vom 23. Juni 1983 IV R 185/81, BFHE 139, 56, BStBl II 1983, 723). Die Zahlung von Personensteuern fällt unter das Abzugsverbot des § 12 Nr. 3 EStG.
Fundstellen
Haufe-Index 61272 |
BFH/NV 1987, 151 |