Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Steuerpflicht von Prämien im Rahmen eines Bonusprogramms für Fotofachverkäufer
Leitsatz (redaktionell)
- Die Gewährung von Vorteilen aus dem Bonusprogramm an Fachverkäufer stellt Arbeitslohn von dritter Stelle dar, der im Zeitpunkt der Einlösung der Bonuspunkte beim Betriebsinhaber der Lohnversteuerung unterliegt.
- Die Steuerbefreiung für den Zufluss von Trinkgelder nach § 3 Nr. 51 EStG greift ebenso wenig ein wie die der Steuerfreibetrag nach § 3 Nr. 38 EStG.
- Ein Antrag auf Pauschalierung nach § 37b EStG kann nicht widerrufen werden.
Normenkette
EStG §§ 37b, 37a, 3 Nrn. 51, 38, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Streitjahr(e)
2007, 2008, 2009, 2010
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin vertreibt Fotokameras, Objektive und Blitzgeräte. In den Streitjahren praktizierte sie in mehreren Aktionszeiträumen ein Verkaufsförderungsprogramm „Bonussystem für Verkaufsprofis”, in dessen Rahmen ausschließlich beratende Fachverkäufer im stationären Handel -Betriebsinhaber wie dort angestellte Arbeitnehmer- für bestimmte verkaufte X-Produkte Bonuspunkte sammeln konnten. Nach einer Registrierung als „X-Clubmitglied” war es möglich, mit einer bestimmten Anzahl von gesammelten Punkten kostenfrei verschiedene Prämien aus einem vorgegebenen Prämienkatalog zu bestellen. Hiervon machten überwiegend angestellte Fachverkäufer und nur zu einem geringen Teil Betriebsinhaber Gebrauch. Die Abwicklung erfolgte über eine Firma A GmbH, die die Bonuspunkte erfasste und die Einlösung abwickelte. Die Sachprämien und Gutscheine stellte die A GmbH der Klägerin in Rechnung.
In den in den Streitjahren abgegebenen Lohnsteueranmeldungen unterwarf die Klägerin die ihr von der A GmbH in Rechnung gestellten Prämien einer pauschalen Lohnbesteuerung mit 30 %. Im Anschluss an eine Lohnsteuer-außenprüfung erging am 21.01.2013 ein Nachforderungsbescheid hinsichtlich hier nicht in Streit stehender Sachverhalte. In diesem Bescheid wurde gleichzeitig für die abgegebenen Lohnsteueranmeldungen für die Zeit vom 1.07.2006 – 30.04.2010 der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben. Ein auch ausdrücklich gegen die Aufhebung des Vorbehalts gerichteter Einspruch wurde unter Hinweis auf die fehlende Begründung des Rechtsbehelfs mit Einspruchsentscheidung vom 28.03.2013 zurückgewiesen, ohne auf die Aufhebung des Vorbehalts nochmals einzugehen.
Mit ihrer am 25.04.2013 bei dem Hessischen Finanzgericht eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die Besteuerung der der Höhe nach unstreitigen Zuwendungen aus dem Bonusprogramm nach § 37b EStG. Lohnsteuerlich handele es sich bei den aufgrund Bonuspunkten gewährten Prämien aus dem Kundenbindungsprogramm nicht zwingend um lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn eines Dritten (der Klägerin). Soweit Selbstständige oder die Arbeitgeber selbst diese Prämien erhalten hätten, scheide „Arbeitslohn” von vornherein aus, denn es handele sich in solchen Fällen um Natural-(Einkaufs)Rabatte. Der Bundesfinanzhof habe umsatzsteuerlich bereits hinlänglich beschieden, dass kein umsatzsteuerlicher Leistungsaustausch durch Sachzuwendungen im Rahmen von Verkaufsförderungsmaßnahmen zu sehen sei, sondern vielmehr eine Entgeltminderung der von der Verkäuferin veräußerten Produkte.
Von Bedeutung sei weiterhin, dass es sich bei den Bonusprämien dem wirtschaftlichen Gehalt nach um Preisnachlässe handele, die gerade nicht unentgeltlich gewährt würden. Es fehle an einem zusätzlich aufgebrachten Entgelt. Vorliegend gewähre die Klägerin nämlich dem Internethandel grundsätzlich höhere Rabatte, dem stationären Handel neben deutlich geringeren Rabatten darüber hinaus auch die Möglichkeit der Teilnahme am Bonusprogramm. Die Ausgabe der Bonuspunkte, die originär dem Arbeitgeber, der wiederum Kunde der Klägerin ist, zustünden, werde zum Bestandteil der Gegenleistung des leistenden Unternehmens. Damit liege auch nach Auffassung des BMF (BMF-Schreiben vom 19.5.2015 IV C 6 – S - 2297-b/14/10001, Rz. 9 d) weder in der Gutschrift der Punkte noch in der Hingabe der Prämie eine zusätzliche Leistung vor, so dass eine Pauschalierung nach § 37b EStG in derartigen Fällen ausgeschlossen sei. Bei den an die Fachhändler-Arbeitgeber-Kunden ausgelobten Prämien handele es sich nicht um Geschenke im Sinne des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG (vgl. § 37b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG) und auch nicht um (andere) Zuwendungen im Sinne des § 37b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG, die etwa zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung erbracht würden. Seien Sachzuwendungen aber Bestandteil der Gegenleistung des leistenden Unternehmers, scheide folglich eine Pauschalversteuerung nach § 37b EStG aus. Aus diesem Grund fielen Zugaben, die als Nebenware oder -leistung neben der Hauptware oder -leistung gewährt würden und damit untrennbar mit dem Hauptgeschäft verbunden seien, nicht unter den Anwendungsbereich des § 37b EStG. Dabei müsse der Erwerb der Nebenware vom Erwerb der Hauptware abhängig sein. Es müsse insoweit ein innerer Zweckzusammenhang derart ...