Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialplan bei Betriebseinschränkung durch Personalabbau. Einschränkung. Personalabbau. Sozialplan
Leitsatz (redaktionell)
Eine wesentliche Betriebseinschränkung durch Personalabbau, die damit eine Betriebsänderung nach § 111 BetrVG darstellt, kann sich auch aus einer zusammenfassenden Betrachtung mehrerer Maßnahmen ergeben. Die von § 17 KSchG vorgesehene zeitliche Beschränkung auf 30 Kalendertage, ist im Rahmen von § 111 und § 112 BetrVG nicht zu beachten. Maßgeblich ist alleine, wie viele Arbeitnehmer voraussichtlich von der geplanten unternehmerischen Maßnahme insgesamt getroffen werden können.
Normenkette
BetrVG §§ 111-112, 112a
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Beschluss vom 10.03.2004; Aktenzeichen 9 BV 1939/03) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen denBeschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom10.03.2004 – 9 BV 1939/03 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
A.
Die Beteiligten streiten darüber, ob bestimmte Maßnahmen der Arbeitgeberin eine Betriebsänderung darstellen und deshalb dem Antragsteller des vorliegenden Verfahrens – dem bei ihr gebildeten Betriebsrat – ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht auf Abschluss eines Sozialplans zusteht.
Bei der Arbeitgeberin sind ca. 160 Arbeitnehmer beschäftigt, die in sechs Abteilungen mit 30 Gruppen tätig sind. Auf einer Betriebsversammlung am 3. November 2002 hat der Geschäftsführer der Arbeitgeberin die Mitarbeiter entsprechend seinem Redekonzept, auf dessen näheren Inhalt verwiesen wird (Anlage 4 zur Antragsschrift), u.a. über folgende anstehende Maßnahmen informiert:
„Budget Objectives 2002 …
* …
* Unternehmensteuerung durch
- Kostendezimierung in nicht profitablen Sparten bzw. Entschlackung
- Personalrückführung in 12/2002 um 11 Mitarbeiter = minus 10%
…
Szenario 2003
* …
* das heißt Unterdeckung 2.0 EUR
* Unternehmensteuerung
- Kostendezimierung in nicht profitablen Sparten, Personal Bindung in Harmonie mit der Umsatzentwicklung
- Transfer von Mitarbeiter, Abformung …”
Mit Schreiben vom 6. November 2003 (in Kopie als Anlage zum Schriftsatz des Antragstellers) hörte die Arbeitgeberin den Betriebsrat über die beabsichtigte betriebsbedingte Kündigung von zehn Arbeitnehmern an, die in verschiedenen Bereichen des Betriebs tätig waren. Die daraufhin ausgesprochenen Kündigungen dienten der Kostenreduzierung. Mit neun der Arbeitnehmer wurde in der Folgezeit ein Aufhebungsvertrag geschlossen; die Kündigungsschutzklage eines weiteren Arbeitnehmers blieb erfolglos.
Am gleichen Tag ersuchte die Arbeitgeberin den Betriebsrat um Zustimmung zur Versetzung der neun Mitglieder der Gruppe Abformung zur Außenstelle VV zum 1. Dezember 2002. Bei diesem Standort handelt es sich, wie die Beteiligten in der mündlichen Anhörung vor dem Arbeitsgericht klargestellt haben, um einen Teil des AAer Betriebs. Für beide Standorte besteht ein gemeinsamer in AA ansässiger Betriebsrat. Hintergrund der Verlagerung dieser Gruppe war die Erwartung der Arbeitgeberin, dass diese am anderen Standort auch durch Mittel des Landes Rheinland-Pfalz und der Europäischen Union finanziert werden könnte, was sie finanziell entlastet hätte. Der Personalbestand dieser Gruppe variierte in den Jahren 2000 bis 2001 zwischen zwei und acht und im Jahre 2002 zwischen acht und neun Arbeitnehmern. Die meisten Arbeitnehmer waren nur projektbezogen eingestellt worden. Von den neun Mitarbeitern zu Beginn des Jahres 2002 waren zwei unbefristet beschäftigt. Von den übrigen Beschäftigten hätten fünf Arbeitsverhältnisse auf Grund Befristung im Verlauf des Jahres 2003 und eines im Jahre 2004 geendet. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten wird auf die Anlagen B 2 und 3 zum Schriftsatz der Arbeitgeberin vom 21. Juli 2003 verwiesen (Bl. 42, 44 d.A.).
Der Betriebsrat widersprach den Versetzungen. Ein Zustimmungsersetzungsverfahren leitete die Arbeitgeberin nicht ein. Sie sah sich nunmehr „gezwungen”, die Gruppe Abformung am Standort AA aufzulösen und traf im Januar 2003 die Entscheidung, die in AA ansässige Abformung ersatzlos zu schließen und den dort beschäftigten Arbeitnehmern, mit Ausnahme des Betriebsratsvorsitzenden, der am Standort AA innerbetrieblich versetzt wurde, zu kündigen. Der Betriebsrat wurde mit Schreiben vom 20. Januar 2003 zu elf beabsichtigten betriebsbedingten Kündigungen angehört. Von diesen wurden neun ausgesprochen, davon sechs gegenüber Arbeitnehmern der Gruppe Abformung. Deren Arbeitsverhältnisse sind mittlerweile auf Grund der ausgesprochenen Kündigungen oder durch nachfolgend geschlossene Aufhebungsverträge beendet worden. Daneben wurden noch drei weitere Kündigungen gegenüber Arbeitnehmern, die sich noch in der Probezeit befanden, wegen fehlender Eignung ausgesprochen.
In der Folgezeit kam es zu verschiedenen innerbetrieblichen Maßnahmen bei der Arbeitgeberin.
So wurden etwa die Abteilungen Dünnschicht und Ligatechnik, nachdem der Leiter der ersteren im Zuge des im November 2002 geplanten Personal...