Keine Abfindung nach betriebsbedingter Kündigung

Ein Arbeitnehmer unterschrieb die Abwicklungsvereinbarung des Arbeitgebers mit Abfindungsangebot nicht, sondern wollte noch verhandeln. Dies durfte der Arbeitgeber als Ablehnung verstehen, entschied das LAG Rheinland-Pfalz. Einen Anspruch auf Zahlung der Abfindung habe der Arbeitnehmer nicht.

Auf eine Abfindung gibt es meist keinen Rechtsanspruch. Oft sind Arbeitgeber dennoch bereit, sie bei einem Stellenabbau freiwillig zu zahlen. So auch im vorliegenden Fall eines entlassenen Kraftfahrers, dem der Arbeitgeber über 100.000 Euro als Abfindung zahlen wollte. Dessen Anwalt erwiderte das Angebot damit, dass sein Mandant zwar grundsätzlich an einer Abfindung interessiert sei, aber nicht um jeden Preis. Zunächst wollte er die Modalitäten verhandeln. Um jeden Preis wollte aber auch der Arbeitgeber die Abfindung nicht zahlen. Letztlich bot er gar keine Abfindung mehr an. Das war sein gutes Recht, entschied das LAG Rheinland-Pfalz.

Der Fall: Arbeitgeber bietet Abfindung an

Der Arbeitnehmer war als Kraftfahrer seit über 30 Jahren in einem Betrieb beschäftigt, der aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung Ende August 2021 stillgelegt werden sollte. Der Arbeitgeber beschäftigte dort 140 Arbeitnehmende, einen Betriebsrat gab es nicht. Im Januar 2021 wurde dem Kraftfahrer betriebsbedingt mit einer sozialen Auslauffrist gekündigt. Mit allen Arbeitnehmenden, die von der Entlassung betroffen waren, wurden daraufhin Gespräche über die Abwicklung geführt. Dem Arbeitnehmer im konkreten Fall ließ der Arbeitgeber über dessen Anwalt einen schriftlichen Abwicklungsvertrag zukommen, der auch eine Abfindung vorsah. In seinem Fall belief sich diese bei einem Ende des Arbeitsverhältnisses zu Ende Juni 2021 auf rund 104.300 Euro.  

Streit um Modalitäten der Abfindung

Hintergrund war, dass sich der Arbeitnehmer wegen einer Abmahnung bereits in einer rechtlichen Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber befand. Der Arbeitgeber hatte ihm diese Ende September wegen eines Verstoßes gegen die Corona-Maskenpflicht im Betrieb erteilt. Gegen diese ging der seither ununterbrochen arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer mit anwaltlicher Unterstützung vor. Nach der betriebsbedingten Kündigung im Januar hatte der Anwalt um ein Abfindungsangebot gebeten. Im Februar teilte er dem Arbeitgeber mit, dass das Angebot Fragen aufwerfe und sein Mandant, der Arbeitnehmer zwar "grundsätzlich an einer Abwicklungsvereinbarung interessiert sei, jedoch nicht um jeden Preis."

Wirksame Kündigung und kein Anspruch auf Abfindung

Der Arbeitnehmer erhob über seinen Anwalt Kündigungsschutzklage und verlangte zudem eine Abfindung von mindestens 104.300 Euro. Die Klage hatte vor dem Arbeitsgericht Trier keinen Erfolg. Auch das LAG Rheinland-Pfalz stellte fest, dass die betriebsbedingte Kündigung des Kraftfahrers aufgrund der Betriebsstillegung wirksam war. Einen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung durch den Arbeitgeber verneinte das Gericht. Der Arbeitgeber habe das Schreiben des Anwalts auf das Angebot über eine Abfindung in Höhe von rund 104.300 Euro als Ablehnung verstehen dürfen und sei nicht mehr an dieses gebunden. Eine Rechtsgrundlage für eine Abfindung gab es nicht, entschied das Gericht.

Kein Betriebsrat, keine Abfindung

Insbesondere gebe es keinen Anspruch auf eine Abfindung nach § 112 BetrVG. Denn wenn Beschäftigte - wie hier - keinen Betriebsrat gewählt haben, bestehe kein Anspruch auf eine Abfindung, wenn sie wegen einer Betriebsstilllegung ihren Arbeitsplatz verlieren. Ohne einen gewählten Betriebsrat im Betrieb war der Arbeitgeber nicht verpflichtet, einen Sozialplan aufzustellen.


Hinweis: LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19. Januar 2023, Az: 5 Sa 135/22; Vorinstanz: Arbeitsgericht Trier, Urteil vom 16.März 2022, Az: 5 Ca 138/21 


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Schlagworte zum Thema:  Urteil, Abfindung, Betriebsbedingte Kündigung