Abfindungskürzungen für rentennahe Beschäftigte sind zulässig
Bei einem Sozialplan gilt es, die wirtschaftlichen Nachteile der Beschäftigten auszugleichen. Die Klage eines älteren Arbeitnehmers wegen einer geringeren Abfindung aufgrund seines Alters hatte vor dem LAG Nürnberg keinen Erfolg. Abfindungen in einem Sozialplan stellen weder ein zusätzliches Entgelt für die in der Vergangenheit geleistete Tätigkeit noch eine Kompensation für den Arbeitsplatzverlust dar, sondern sind ausschließlich eine Überbrückungshilfe bis zu einer wirtschaftlichen Absicherung, stellte das Gericht klar. Damit dürften Abfindungen für rentennahe Arbeitnehmende in einem Sozialplan geringer ausfallen.
Der Fall: Gekürzter Abfindungsanspruch für Ältere im Sozialplan
In einem Unternehmen verhandelte der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber einen Sozialplan. Grund war ein größerer Personalabbau. Die davon betroffenen Arbeitnehmenden sollten danach Abfindungen erhalten, wobei sich die Höhe nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit sowie der Höhe des Gehaltes berechnen sollte. Vorgesehen war, dass ältere Beschäftigte ab 62 Jahre nur eine gekürzte Abfindung erhalten sollen. Davon betroffen war auch ein älterer Arbeitnehmer. Zum Zeitpunkt seiner Entlassung im Jahr 2021 war er bereits über 25 Jahre in dem Unternehmen und knapp älter als 62 Jahre.
Arbeitnehmer klagt wegen Diskriminierung
Ab Januar 2022 war er berechtigt, eine vorgezogene Altersrente mit Abschlägen zu beanspruchen. Ab dem 1. Januar 2025 kann er eine Regelaltersrente beanspruchen. Nach den Berechnungen des Arbeitgebers sollte er eine Abfindung von rund 9.250 Euro erhalten. Wäre er zum Stichtag jünger als 62 Jahre gewesen, hätte er Anspruch auf rund 37.000 Euro gehabt. Vor Gericht klagte er auf Zahlung der Differenz. Nach seiner Auffassung stellte die Regelung im Sozialplan eine unzulässige Altersdiskriminierung dar. Er sei durch die Rentenberechtigung nicht hinreichend abgesichert.
Altersdiskriminierung ja, aber zulässig
Das LAG Nürnberg hielt die Abfindungsregelung im Sozialplan für zulässig. Diese stelle zwar eine unmittelbare Benachteiligung der Beschäftigten in Rentennähe wegen ihres Alters im Sinne von § 3 Abs. 1 AGG dar. Nach Ansicht des Gerichts war die Diskriminierung jedoch nach § 10 S. 2, S. 3 Nr. 6 2. Alt. AGG gerechtfertigt. Es wies daraufhin, dass die Betriebspartner bei der Aushandlung eines Sozialplans einen weiten Gestaltungsspielraum haben. Dieser müsse die wirtschaftlichen Nachteile der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mildern, aber nicht notwendigerweise vollständig ausgleichen und für alle denkbaren Nachteile entschädigen. Die Kürzung von Sozialplanleistungen für rentennahe Jahrgänge bzw. der Ausschluss dieser von Abfindungen ist nach Angaben des LAG Nürnberg grundsätzlich geeignet, für andere Arbeitnehmergruppen größere finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen und so dem legitimen Ziel einer bedarfsgerechten Verteilung des begrenzten Sozialplanvolumens zu dienen.
Stichtagsregelungen können im Einzelfall hart sein
Das Gericht erkannte sehr wohl, dass der Stichtag im Einzelfall dazu führen kann, dass ein unmittelbar vor der Vollendung des 62. Lebensjahres stehender Arbeitnehmer eine erheblich höhere Abfindung erhält als derjenige, der dieses gerade vollendet hat. Dabei handele es sich aber um "Härten", die mit Stichtagsregelungen regelmäßig verbunden und im Interesse der Rechtssicherheit hinzunehmen seien.
Hinweis: LAG Nürnberg, Urteil vom 19. Januar 2023, Az: 8 Sa 164/22, Vorinstanz: Arbeitsgericht Bayreuth, Urteil vom 16. Dezember 2021, Az: 5 Ca 86/21
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