Wann müssen Arbeitgeber eine Abfindung zahlen?

Derzeit ist die Liste der Unternehmen, die Stellen abbauen, lang. Gerade hat Continental angekündigt, dass bis Ende 2026 weltweit noch einmal 3.000 Jobs wegfallen sollen. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern werden bei derartigen Personalabbaumaßnahmen oftmals Abfindungen in Aussicht gestellt. Trotz der gängigen Praxis, Beschäftigten bei betriebsbedingten Kündigungen oder Aufhebungsverträgen eine Abfindung zu zahlen: Ein genereller gesetzlicher Anspruch darauf existiert nicht. Zumeist wird die Abfindung vom Arbeitgeber freiwillig oder nach gerichtlicher Entscheidung gezahlt.
Abfindung nach Sozialplan
Bei größeren Betriebsänderungen, also wenn ein ganz erheblicher Anteil der Belegschaft von Entlassungen betroffen ist, ist ein Interessensausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat erforderlich. Ein solcher Sozialplan muss nicht zwingend Abfindungen für die Mitarbeitenden vorsehen. In der Praxis ist dies meist der Fall. Sind Abfindungen aber Teil eines von der Einigungsstelle beschlossenen Sozialplans, ändert die gerichtliche Anfechtung durch den Arbeitgeber nicht den darin bestimmten Fälligkeitszeitpunkt der Abfindungen, entschied kürzlich das BAG.
Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung
Wenn Arbeitnehmende eine betriebliche Kündigung erhalten, können sie nach § 1 a Kündigungsschutzgesetz (KSchG) unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf die Einmalzahlung haben. (Lesen Sie hier mehr: Wann sind betriebsbedingte Kündigungen möglich?). Der Abfindungsanspruch besteht mit dem Ablauf der Kündigungsfrist, sofern innerhalb der Drei-Wochenfrist keine Kündigungsschutzklage erhoben wird und der Arbeitgeber zuvor in der Kündigungserklärung einen entsprechenden Hinweis gegeben hat. Dies zeigt, dass der Arbeitgeber ein Wahlrecht hat, ob er mit der betriebsbedingten Kündigung eine Abfindungszahlung für den Fall des "Klageverzichts" anbieten will. Die Regelung des § 1a KSchG begründet also keinen unabdingbaren Mindestanspruch auf eine Abfindung.
Die Höhe der Abfindung ist gesetzlich geregelt in § 1a Abs. 2 KSchG und beträgt einen halben Monatsverdienst für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses.
Abfindung: Aufhebungsvertrag
Mit einem Aufhebungsvertrag vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmende gemeinsam die Auflösung des Arbeitsverhältnisses. (Mehr zu den Voraussetzungen von Aufhebungsverträgen lesen Sie hier.) Häufig einigen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmende dabei auf die Zahlung einer Abfindung. Verpflichtend ist das aber nicht. Wird der Aufhebungsvertrag auf Veranlassung des Arbeitnehmenden geschlossen, weil dieser zum Beispiel schnell eine neue Stelle antreten will, gibt es keinen Grund für den Arbeitgeber, eine Abfindung zu zahlen.
Die Höhe der Abfindung im Aufhebungsvertrag kann frei verhandelt werden. Eine gesetzliche Regelung besteht nicht. In der Praxis einigt man sich oft auf Zahlung einer Abfindung in Höhe von einer halben Bruttomonatsvergütung pro Beschäftigungsjahr.
Abfindung im Kündigungsschutzprozess durch Auflösungsurteil
Wenn das Arbeitsgericht in einem Kündigungsschutzprozess feststellt, dass die vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung, unwirksam ist, ist das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerin häufig schon so belastet, dass eine sinnvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich ist. Nach § 9 KSchG besteht dann die Möglichkeit, die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Urteil gegen Zahlung einer Abfindung zu erreichen. Die Höhe der Abfindung bestimmt dann das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen.
Abfindung: Vergleich vor dem Arbeitsgericht
In der sogenannten Güteverhandlung regt das Gericht häufig von sich aus einen Vergleich an. Ein solcher kann für den Arbeitgeber von Vorteil sein, wenn der entlassene Mitarbeitende gegen die Kündigung klagt, weil er beispielsweise überzeugt ist, die Kündigungsfrist sei nicht eingehalten worden. Wenn sich abzeichnet, dass die Kündigung unwirksam ist, kann der Arbeitgeber so das Risiko, den Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin weiter beschäftigen zu müssen, klein halten.
Abfindung nach Betriebsverfassungsgesetz
Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) sieht in § 113 BetrVG Abfindungen durch Urteil auch bei Kündigungen wegen Abweichens von einem Interessenausgleich oder einer Betriebsänderung ohne vorherigen Versuch eines Interessenausgleichs vor. Voraussetzung ist also, dass der Arbeitgeber eine geplante Betriebsänderung durchgeführt hat, ohne einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben; oder aber, dass er von einem mit diesem erzielten Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung ohne zwingenden Grund abgewichen ist und der Arbeitnehmer deshalb entlassen wurde.
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