Streit um Zugang einer Kündigung

Im Streit um den Zugang einer Kündigung per Einwurfeinschreiben unterlag ein Arbeitgeber vor dem Bundesarbeitsgericht. Der vorgelegte Einlieferungsbeleg bei der Post mit Sendestatus genüge nicht, um den Zugang zu beweisen, machte das Gericht deutlich.

Im vorliegenden Fall ging es um die Wirksamkeit der zweiten von insgesamt vier Kündigungen. Die Arbeitnehmerin, die seit Mai 2021 in einer Augenarztpraxis als medizinische Fachangestellte beschäftigt war, behauptete, diese Kündigung des Arbeitgebers nie erhalten zu haben. Der Arbeitgeber hatte ihr Mitte März 2022 fristlos, hilfsweise ordentlich gekündigt. Er warf der Angestellten vor, Coronaschutzimpfungen in den Impfausweis ihres Mannes eingetragen zu haben, die dieser nie erhalten habe. Zudem habe sie später mehrfach seine Patientenakte manipuliert, um ihre Pflichtverletzungen zu verschleiern. Die medizinische Fachangestellte räumte Fehler bei der Eintragung in die Patientenlisten ein, die ihrer Meinung nach aber nicht kündigungsrelevant seien. Der Arbeitgeber habe nicht beweisen können, dass ihr Ehemann keine Covidimpfung erhalten habe.

Arbeitnehmerin bestreitet Zugang der Kündigung

Zum Zeitpunkt des Zugangs des Kündigungsschreibens war die Arbeitnehmerin schwanger. Im weiteren Verlauf erteilte das Regierungspräsidium auf Antrag des Arbeitgebers Ende Juli 2022 seine Zustimmung zur Kündigung der Mitarbeiterin gemäß § 17 Abs. 2 MuSchG. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis Mitte Juli 2022 erneut außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich zu Ende September 2022. Ob diese Kündigung der Arbeitnehmerin je zugegangen ist, ist allerdings streitig. Die Mitarbeiterin behauptete, diese Kündigung nie bekommen zu haben. Der Arbeitgeber verwies auf einen Zugang per Einwurfeinschreiben.

Einwurfeinschreiben ohne Auslieferungsbeleg

Er gab an, zwei Mitarbeiterinnen hätten das Kündigungsschreiben zusammen in einen Briefumschlag gesteckt, den eine Mitarbeiterin dann persönlich bei der Post als Einwurfeinschreiben aufgegeben habe. Ausweislich des im Internet abrufbaren Sendungsstatus sei das Schreiben mit der entsprechenden Sendungsnummer der Arbeitnehmerin am 28. Juli 2022 zugestellt worden. Insoweit bestehe ein Anscheinsbeweis, der durch das pauschale Bestreiten der Arbeitnehmerin nicht erschüttert werden könne. Dies müsse ausreichen, auch wenn er - da die Frist, innerhalb derer die Deutsche Post AG die Kopie eines Auslieferungsbelegs erteilt, abgelaufen war- keinen solchen vorlegen könne.

BAG: Kein Beweis für Zugang einer Kündigung

Vor dem Bundesarbeitsgericht ging es zuletzt nur noch darum, ob die zweite Kündigung des Arbeitgebers Ende Juli 2022 das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aufgelöst hat. Wehrt sich eine Arbeitnehmerin gegen die Kündigung, indem sie behauptet, das Einwurfeinschreiben nicht erhalten zu haben, muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen, dass die Kündigung tatsächlich zugegangen ist.

Das BAG entschied, dass der Arbeitgeber den von der Arbeitnehmerin bestrittenen Beweis für den Zugang der Kündigung nicht erbringen konnte. Die Kündigung konnte das Arbeitsverhältnis der Parteien somit nicht beenden, da das Wirksamwerden dieser Kündigung gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB deren Zugang bei der Arbeitnehmerin vorausgesetzt hätte.

Der vom Arbeitgeber vorgelegte Statusbericht der Deutschen Post AG genügte nicht, um den Zugang zu beweisen, machte das BAG deutlich. Dieser Einlieferungsbeleg mit "Sendungsstatus" sei dem Auslieferungsbeleg in wesentlicher Hinsicht nicht gleichwertig und begründe deshalb keinen Beweis des ersten Anscheins für einen Zugang.

Kündigung per Einwurfeinschreiben benötigt Auslieferungsbeleg

Der vom Arbeitgeber vorgelegte Sendungsstatus ließ weder erkennen, an wen die Zustellung erfolgt sein sollte - ob persönlich an den Empfänger, an eine andere Person in dessen Haushalt oder als Einwurf in den Hausbriefkasten -, noch zu welcher Uhrzeit, unter welcher Adresse oder zumindest in welchem Zustellbezirk. Der Arbeitgeber habe angemessen Zeit gehabt, einen Auslieferungsbelegs anzufordern. 

Nach Auffassung des BAG reicht die Aussagekraft des Sendungsstatus folglich nicht aus, um auf ihn den Anscheinsbeweis des Zugangs zu gründen, auch nicht in Kombination mit einem dazu passenden Einlieferungsbeleg.


Hinweis: BAG, Urteil vom 30. Januar 2025, Az. 2 AZR 68/24, Vorinstanz Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Dezember 2023, Az. 15 Sa 20/23 


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