Keine Jahressonderzahlung bei Stichtagsregelung

Eine tarifvertragliche Regelung, nach der Beschäftigte mit dem Novembergehalt eine Jahressonderzahlung erhalten, ist eine zulässige Stichtagsregelung. Ein Mitarbeiter, der vorher aus dem Unternehmen ausscheidet, hat keinen Anspruch auf die Sonderzuwendung, entschied das LAG Mecklenburg-Vorpommern.

Voraussetzung für den Anspruch auf eine Jahressonderzahlung ist oft, dass das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Stichtag des Jahres noch besteht. Wer das Unternehmen vorher verlässt, hat damit keinen oder nur anteiligen Anspruch auf die Sonderzahlung. Wie im vorliegenden Fall eines Mechatronikers führt das häufig zu rechtlichen Auseinandersetzungen, wenn es innerhalb eines Jahres zur Kündigung kommt. Im konkreten Fall stritten die Parteien auf der Grundlage eines Haustarifvertrages darüber, ob dem Mitarbeiter im Austrittsjahr eine zumindest anteilige Jahressonderzahlung zu gewähren war.

Der Fall: Ex-Mitarbeiter verlangt Jahressonderzahlung

Der Arbeitnehmer, ein gelernter Mechatroniker arbeitete als Messschlosser in einem Eisenbahninstandhaltungswerk. Er kündigte, so dass das Arbeitsverhältnis Ende August 2023 endete. In der Folge kam es zum Streit um eine tariflich vorgesehene Jahressonderzahlung.

Im geltenden Tarifvertrag ist in § 15 eine Jahressonderzahlung vorgesehen, die alle Mitarbeitenden in Höhe von 100 Prozent des Bruttomonatstabellenentgelts mit dem Novembergehalt ausgezahlt bekommen. Die Höhe der Sonderzahlung richtet sich danach, ob das Arbeitsverhältnis erst im laufenden Jahr oder schon zuvor begann. Im Eintrittsjahr berechnet sich die Jahressonderzahlung anteilig nach der Anzahl von vollen Beschäftigungsmonaten. Für das Austrittsjahr haben die Tarifvertragsparteien keine Regelung getroffen, insbesondere keine Quotelung entsprechend dem Eintrittsjahr vorgesehen. 

Da der Arbeitnehmer, das Unternehmen bereits Ende August verließ, verweigerte der Arbeitgeber ihm die Auszahlung der Sonderzahlung. Der Arbeitnehmer war dagegen der Ansicht, dass er für das Jahr 2023 Anspruch auf die volle Jahressonderzahlung habe, zumindest aber anteilig berücksichtigt werden müsse. Das Arbeitsgericht Stralsund wies die Klage des Arbeitnehmers ab. Auch vor dem LAG Mecklenburg-Vorpommern blieb der Arbeitnehmer ohne Erfolg.

Kein Anspruch auf Jahressonderzahlung bei Ausscheiden vor Stichtag

Das LAG Mecklenburg-Vorpommern entschied, dass der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf eine tarifliche Jahressonderzahlung für das Jahr 2023 hat. Dies ergab sich für das Gericht aus der Auslegung der entsprechenden tariflichen Regelung (§ 15 des Tarifvertrags).

Das Gericht stellte zunächst fest, dass die konkrete tarifliche Regelung der Jahressonderzahlung eine Stichtagsregelung darstellt. Zwar wurde in § 15, nachdem Mitarbeitende mit dem Novemberentgelt eine Jahressonderzahlung erhalten, dem Wortlaut nach kein konkreten Stichtag, zu dem das Arbeitsverhältnis bestehen müsse, genannt, die Auslegung ergab für das LAG Vorpommern aber, dass die Tarifnorm als Stichtagsregelung zu verstehen sei.

Die Formulierung "... erhalten mit dem Novemberentgelt …" setze voraus, dass der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin ein Entgelt für den Monat November erhält, was wiederum ein bestehendes Arbeitsverhältnis, zumindest an einem Novembertag, voraussetze. Damit regelten die Tarifvertragsparteien nach Meinung des Gerichts nicht nur die Fälligkeit des Anspruchs, sondern hätten auch eine Bedingung für den Anspruch festgelegt.

Differenzierung verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz

Solche tarifvertragliche Stichtagsregelungen sind grundsätzlich zulässig, betonte das LAG Mecklenburg-Vorpommern in der Urteilsbegründung. Die Differenzierung zwischen Arbeitnehmern, die vor dem Stichtag ausscheiden, und Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis am Stichtag noch besteht, verstoße nicht gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Vielmehr sei die unterschiedliche Behandlung grundsätzlich sachlich gerechtfertigt, wenn die Jahressonderzahlung auch die Betriebstreue der Beschäftigten belohnen solle.

Dass die Betriebstreue bei der Jahressonderzahlung vorliegend eine Bedeutung haben sollte, war für die Richter eindeutig. Um eine einfach zu handhabende Regelung zu treffen, hätten die Tarifvertragsparteien eine Betriebstreue bis November, also im weit überwiegenden Teil des laufenden Jahres genügen lassen. Dies reiche als hinreichender Anreiz für Beschäftigte zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, insbesondere im Hinblick auf die Sonderzahlung des nächsten Jahres.

Keine anteilige Sonderzahlung

Auch wenn der Arbeitnehmer noch bis Ende August 2023 für das Unternehmen tätig war, erkannte das LAG Mecklenburg-Vorpommern keinen anteiligen Anspruch auf die Jahressonderzahlung. Dass die Tarifvertragsparteien -anders als für das Eintrittsjahr- für das Austrittsjahr eben keine Quotelung nach Monaten geregelt hätten, zeige, dass sie erkennbar nicht die Absicht gehabt hätten, Mitarbeitenden im Jahr ihres Ausscheidens eine anteilige Jahressonderzahlung zukommen zu lassen.


Hinweis: LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom  28.1.2025, Az. 5 SLa 115/24


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