Low Performer wegen Schlechtleistung abmahnen oder kündigen
Unmotivierte Mitarbeitende, die nur das Nötigste tun, gibt es in fast allen Unternehmen. Oder solche, die nachlässig arbeiten und viele Fehler machen. Wenn es nicht nur ein kurzzeitiger Leistungsabfall ist, sondern der oder die Arbeitnehmende dauerhaft eine schlechte Arbeitsleistung zeigt, ist die Toleranz von Kolleginnen und Kollegen sowie vom Arbeitgeber irgendwann erschöpft. Eine Abmahnung oder Kündigung des "Low Performers" ist daher manchmal die einzig richtige Konsequenz. Eine solche verhaltensbedingte Entlassung kann gerechtfertigt sein, wenn Arbeitnehmende ihre persönliche Leistungsfähigkeit bewusst nicht ausschöpfen, entschied gerade das Arbeitsgericht Bremen. Doch wie lässt sich das in der Praxis rechtssicher feststellen?
Low Performer erkennen: Definition
Nicht jeder oder jede Beschäftigte zeigt die Leistung oder die Leistungsbereitschaft, die Arbeitgeber oder Kollegen von ihm oder ihr erwarten. Arbeitnehmende, die über einen längeren Zeitraum eine schwache Arbeitsleistung zeigen, bezeichnet man als sogenannte "Low Performer" oder Schlecht-/Minderleister. Sie leisten aus Arbeitgebersicht zu wenig oder die Arbeitsqualität ist zu schlecht. Eine gesetzliche Definition, ab wann ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin als Low Performer gilt, gibt es nicht. Um sie wegen schwacher Arbeitsleistung abmahnen oder kündigen zu können, muss der Arbeitgeber zunächst beurteilen können, ob der oder die Mitarbeitende ein Low Performer ist, also rechtlich gesehen eine Schlechtleistung oder Minderleistung seiner bzw. ihrer Arbeit erbringt.
Welche Indizien für "Low Performance" gibt es?
Dafür muss er rechtssicher darstellen können, was eine "Normalleistung" der Mitarbeitenden im Gegensatz zur "Low Performance" des oder der speziellen Beschäftigten bedeutet. Indizien können hier zu viele Fehler (qualitative Schlechtleistung), aber auch langsames oder unmotiviertes Arbeiten (quantitative Minderleistung) sein. Dass die Einordnung in der Praxis bei einer Reihe von Tätigkeiten, insbesondere bei der von Kreativ- oder Wissensmitarbeitern, Schwierigkeiten bereitet, liegt auf der Hand. Vor dem LAG Köln hatte ein Arbeitgeber Erfolg: Das Gericht bestätigte die Kündigung eines Arbeitnehmers, nachdem der Arbeitgeber dargelegt hatte, dass die Leistung des "Low Performers" die normale Leistung von 150 vergleichbaren Kommissionierern unterschritt. Auch im oben genannten Fall waren die Daten des Telefonverhaltens messbar.
Low Performer: Arbeitsrecht sieht Mindestleistung des Arbeitnehmers vor
Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin schuldet dem Arbeitgeber nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen grundsätzlich seine Arbeitsleistung, nicht aber einen bestimmten Arbeitserfolg. Dennoch sieht das Arbeitsrecht eine Mindestleistung des oder der Arbeitnehmenden vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) erfüllt ein Mitarbeitender seine arbeitsvertraglichen Pflichten, wenn er "unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit die Leistung erbringt, die er bei angemessener Anspannung seiner geistigen und körperlichen Kräfte auf Dauer ohne Gefährdung seiner Gesundheit zu leisten imstande ist".
Der oder die Arbeitnehmende muss seine bzw. ihre Arbeitsleistung folglich so gut erbringen, wie er oder sie kann. Da sich dies in der Praxis schwer beweisen und feststellen lässt, ist vor Gericht das qualitative oder quantitative Abweichen von den Leistungen vergleichbarer Beschäftigter das Kriterium für das Vorliegen eines subjektiven Leistungsdefizits des oder der Arbeitnehmenden.
Fehlt die Motivation oder das Know-how?
Dabei gilt es zwei Gruppen zu unterscheiden, in die man Low Performer anhand verschiedener Kriterien einordnen kann. Zum einen gibt es die Arbeitnehmenden, die besser arbeiten könnten, aber nicht wollen, weil sie unmotiviert sind und innerlich bereits gekündigt haben. Und es gibt die Arbeitnehmenden, die einfach nicht besser arbeiten können, sei es aus Krankheitsgründen oder weil sie der Stellenqualifikation nicht entsprechen.
Abmahnung wegen Schlechtleistung oder anderer Fehler
Arbeitgeber dürfen ihre Mitarbeitenden nur abmahnen, wenn diese vorwerfbar gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen. Der oder die Arbeitnehmende schuldet dem Arbeitgeber lediglich eine ihm oder ihr subjektiv zumutbare Leistung und grundsätzlich gilt: Wer arbeitet, macht auch Fehler. Dennoch: Wenn sich die Fehler eines bzw. einer Mitarbeitenden häufen oder sehr gravierend sind und der bzw. die Arbeitnehmende dauerhaft eine schlechte Arbeitsleistung zeigt, kommt eine Abmahnung wegen Schlechtleistung in Betracht.
Was ist schlechter als "normal"?
Ob eine Leistung als Schlechtleistung anzusehen ist, beurteilt sich nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien. Ist die Arbeitsleistung im Vertrag - wie meistens - der Menge und der Qualität nach nicht oder nicht näher beschrieben, so richtet sie sich inhaltlich zum einen nach dem, was der Arbeitgeber als Arbeitsinhalt vorgibt, und zum anderen nach dem subjektiven Leistungsvermögen des oder der Arbeitnehmenden. Wenn der oder die Arbeitnehmende in der Qualität seiner bzw. ihrer Arbeit von der geforderten Arbeitsleistung abweicht, zum Beispiel weil er oder sie deutlich zu viele Fehler macht oder zu langsam arbeitet, ist dies eine mangelhafte Arbeitsleistung, die eine Abmahnung rechtfertigen kann.
Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber darlegen kann, welche Fehler der bzw. die Mitarbeitende in welchem Zeitraum gemacht hat oder inwiefern er oder sie schlechter als "normal" gearbeitet hat. Als Vergleich muss immer die Fehlerquote oder durchschnittliche Leistung vergleichbarer Mitarbeitender dienen. Zudem muss ihm oder ihr die schwache Leistung vorwerfbar sein. In Betracht kommt eine Abmahnung also nur, wenn die Gründe hierfür verhaltensbedingt sind, der oder die Arbeitnehmende also besser arbeiten könnte, aber nicht will.
Kündigung wegen Fehlern oder anderer Schlechtleistung
Wenn der oder die Beschäftigte trotz Mitarbeitergesprächen oder Abmahnungen keine bessere Arbeitsleistung erbringt, ist eine Kündigung manchmal die einzige Lösung. Grundsätzlich kann eine langfristig schlechte Arbeitsleistung durchaus ein Kündigungsgrund sein. Damit eine solche Kündigung aber auch vor Gericht bestand hat, sollte der Arbeitgeber bestimmte Voraussetzungen beachten. Zum einen sollte er - wie bei der Abmahnung auch - exakt darlegen können, worin die Schlecht- oder Minderleistung des oder der Mitarbeitenden bestand.
Arbeitsleistung und Leistungsdefizite protokollieren
Dazu sollte er die Leistungsdefizite über einen längeren Zeitraum protokollieren und die Arbeitsleistung des Low Performers in Relation zu der Leistung vergleichbarer Mitarbeitenden setzen können. Ein möglicher Richtwert kann sein, dass das BAG eine Schlecht- oder Minderleistung in der Regel annimmt, wenn der oder die gekündigte Arbeitnehmende das Leistungsniveau vergleichbarer Mitarbeitenden über einen längeren Zeitraum um ein Drittel oder mehr unterschreitet (BAG, Urteil vom 11. Dezember 2003, Az: 2 AZR 667/02). Maßgeblich sind letztlich stets die Umstände des Einzelfalles. Zudem muss die schwache Leistung des oder der Arbeitnehmenden eine solche Belastung für den Arbeitgeber sein, dass ihm eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist.
Low Performer: Umgang und Maßnahmen
Für Arbeitgeber stellt sich immer die Frage, wie sie mit einem Low Performer im Unternehmen umgehen sollen. Zunächst ist es zweckmäßig zu hinterfragen, welche Gründe für die schwache Leistung des oder der Arbeitnehmenden in Betracht kommen. Es gibt viele Möglichkeiten, woran es liegen kann, dass Mitarbeitende schlechte Leistungen zeigen. Möglicherweise sind sie über- oder unterfordert oder es halten sie private Gründe ab, sich zu konzentrieren.
Arbeitgeber sollten das Gespräch suchen
Der Arbeitgeber sollte also zunächst das Gespräch suchen. Ob die Low Performance unverschuldet ist oder der bzw. die Arbeitnehmende fahrlässig oder vorsätzlich handelt, entscheidet nicht zuletzt über die Maßnahmen, die der Arbeitgeber ergreifen sollte. Wenn der oder die Mitarbeitende nämlich seine oder ihre Leistungsfähigkeit vorwerfbar zurückhält, obwohl er oder sie besser arbeiten könnte, kann der Arbeitgeber eine verhaltensbedingte Kündigung aussprechen. Kann der oder die Beschäftigte dagegen wegen fehlender körperlicher oder geistiger Fähigkeiten die Aufgaben nicht erfüllen, kommt nur eine personenbedingte Kündigung in Betracht.
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