Gibt es ein Recht auf Nichterreichbarkeit im Urlaub?
Weihnachten steht vor der Tür. Für viele Büroangestellte in Deutschland bedeutet das aber: Stress statt Ruhe und Besinnlichkeit. Auslöser ist das Gefühl, ständig für den Arbeitgeber erreichbar sein zu müssen. Das ergab eine Umfrage von Yougov im Auftrag des Bürokommunikationsdienstes Slack unter rund 2.000 Menschen in Büroberufen, davon 599 Führungskräfte.
34 Prozent der Befragten gaben außerdem an, dass sie sich während der Feiertage durch die Erwartung ständiger Verfügbarkeit für die Arbeit gestresst beziehungsweise unter Druck fühlen. 32 Prozent machen sich deswegen Sorgen um einen möglichen Burn-out. Knapp die Hälfte (48 Prozent) der Bürobeschäftigten bekundeten, dass sie abgesehen von Urlauben generell außerhalb der Arbeitszeit erreichbar seien.
Der Regelfall: in der Freizeit Erholung statt Erreichbarkeit
Demnach fürchten viele Berufstätige offensichtlich Konsequenzen, wenn sie außerhalb der Arbeitszeiten nicht für den Arbeitgeber oder Kollegen erreichbar sind. Die Umfrageergebnisse zeigen zudem, dass die ständige Erreichbarkeit auch in der Weihnachtszeit nicht nur eine Empfindung ist: 38 Prozent der Befragten gaben zu Protokoll, in der vergangenen Feiertagssaison 2022 von Kollegen kontaktiert worden zu sein.
Wie ist dies rechtlich geregelt? Aus arbeitsrechtlicher Sicht sind Beschäftigte in Deutschland grundsätzlich nur zu einer Erreichbarkeit im Rahmen der vereinbarten Arbeitszeit verpflichtet. Arbeitsfreie Zeit soll der Erholung dienen. Im Normalfall dürfen Diensthandy oder Laptop also abends, im Urlaub, an Feiertagen oder am Wochenende ausgeschaltet bleiben. Mögliche dienstliche Anrufe müssen nicht beantwortet werden. Das gleiche gilt für E-Mails oder Kurznachrichten – auch diese dürfen grundsätzlich ignoriert werden.
Etwas anderes kann gelten, wenn eine Betriebsvereinbarung vorsieht, dass Dienste kurzfristig konkretisiert werden können. In diesem Fall müssten Beschäftigte in der Freizeit auf eine SMS reagieren, entschied unlängst das BAG.
Ganz anders ist die Situation der Erreichbarkeit selbstverständlich auch bei Rufbereitschaft oder Bereitschaftsdienst. Hier müssen die Mitarbeitenden permanent erreichbar sein.
Was gilt für Führungskräfte?
Für Führungskräfte gilt rechtlich grundsätzlich nichts anderes. Auch für sie ist Freizeit zunächst arbeitsfreie Zeit. Eine Pflicht, permanent erreichbar zu sein, besteht nicht. Allerdings sind viele Führungskräfte freiwillig in Absprache mit dem Unternehmen für dringende Notfälle erreichbar, da es noch mehr als bei Arbeitnehmenden in ihrem eigenen Interesse ist, dass die Geschäfte auch während ihrer Abwesenheit gut laufen. In der Yougov-Studie gaben 28 Prozent der Führungskräfte an, während der Feiertage zwischen einem bis zu sieben Tagen ins Büro gehen zu wollen.
Erreichbarkeit rund um die Uhr: Blick in den Arbeitsvertrag hilft
Wann kann eine Erreichbarkeit auch außerhalb der Arbeitszeiten Pflicht sein? Gerade in höheren Positionen finden sich im Arbeitsvertrag häufig Regelungen zur Erreichbarkeit. In diesen Klauseln wird beispielsweise vereinbart, dass der Mitarbeitende gewährleisten muss, auch an freien Tagen innerhalb bestimmter Zeiten erreichbar zu sein oder einmal täglich seine Arbeitsmails abzurufen. Eine Betriebsvereinbarung, nach der "unkonkret zugeteilte Springerdienste für Tag- und Spätdienste bis 20 Uhr des Vortags vor Dienstbeginn im Dienstplan weiter konkretisiert werden können" und Beschäftigte diesen dann einmalig abrufen müssen, hielt das BAG für zulässig.
Allerdings gilt: Nicht jede Regelung im Arbeitsvertrag, die eine Erreichbarkeit auch am Wochenende, an Feiertagen oder im Urlaub vorsieht, ist rechtlich zulässig. Grundsätzlich sind hier die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes zu beachten. Pausen, Ruhezeiten oder der Urlaub dienen der Erholung und Wiederherstellung der Arbeitskraft und damit letztendlich dem Gesundheitsschutz. Hier muss allerdings zwischen dem gesetzlichen Mindesturlaub und den Urlaubstagen, die der Arbeitgeber freiwillig gewährt, unterschieden werden. Nur für diese vertraglich vereinbarten Urlaubstage kann auch für die Erreichbarkeit etwas anderes gelten.
Kündigung wegen mangelnder Erreichbarkeit ist zweifelhaft
Mitarbeitende, die Anrufe vom Chef in ihrer Freizeit verweigern, müssen auch nicht mit einer Kündigung durch den Arbeitgeber rechnen. Während des gesetzlichen Erholungsurlaubs oder gesetzlich vorgegebener Ruhezeiten haben Beschäftigte keine Pflicht zu arbeiten. Eine Kündigung wegen mangelnder Erreichbarkeit wäre also unwirksam. Eine solche Kündigung könnte allenfalls in Betracht kommen, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin gegen eine Pflicht zur Erreichbarkeit verstoßen hat, die zulässig im Arbeitsvertrag vereinbart war. Eine solche Pflicht kann sich aus einer Betriebsvereinbarung ergeben, stellte das BAG im oben genannten Fall fest.
Jedoch wäre wohl auch hier eine verhaltensbedingte Kündigung ohne vorherige einschlägige Abmahnung unwirksam. Dem Arbeitnehmenden müsste zunächst ein Verstoß gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten vorgeworfen werden, verbunden mit dem Hinweis, dass im Wiederholungsfall mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu rechnen ist.
EU-Richtlinie zu Erreichbarkeit: Verzicht auf Telefonate oder E-Mails in Urlaub und Freizeit
Bislang gibt es keine rechtliche Vorschrift zu einer Nichterreichbarkeit. Bereits 2021 hat das EU-Parlament mit großer Mehrheit entschieden, ein Recht auf Nichterreichbarkeit für Arbeitnehmende auf den Weg zu bringen. Bislang blieb die Europäische Kommission jedoch untätig. Sie müsste nun einen Gesetzesvorschlag zum Recht auf Nichterreichbarkeit vorlegen, der verbindlich regelt, dass Beschäftigte außerhalb ihrer Arbeitszeit keine arbeitsbezogenen Aufgaben erledigen müssen.
Diensthandy und Laptop dürften demnach ausbleiben, ohne dass Beschäftigte negative Folgen befürchten müssen. Außerhalb der regulären Arbeitszeiten, an Feiertagen, am Wochenende oder im Urlaub sollen sie weder Telefonate, E-Mails oder andere Formen der digitalen Kommunikation führen müssen.
Ein solches Recht ist aus Sicht der Abgeordneten mittlerweile unerlässlich zum Schutz der Arbeitnehmenden, da die Gesundheit unter dem Druck ständiger Erreichbarkeit und durch übermäßig lange Arbeitszeiten leide.
Umsetzung durch Mitgliedstaaten: keine Entlassungen oder Benachteiligungen
Wie soll dieses Recht umgesetzt werden? Die EU-Mitgliedstaaten sollten dafür sorgen, dass die Arbeitnehmenden dieses Recht tatsächlich in Anspruch nehmen können. Das soll zum Beispiel von den Sozialpartnern in Tarifverträgen vereinbart werden. Dabei müsse sichergestellt werden, dass Arbeitgeber ihre Mitarbeitenden in keiner Weise benachteiligen: Sie dürften nicht schlechter behandelt, angeprangert oder gar entlassen werden.
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Stimmt so nicht. Es genügt abzumahnen, auch wenn der Abmahngrund rechtlich nicht haltbar ist, dann einen Grund zu konstruieren oder herauszufordern aus dem gleichen Abmahnunsgrundtatbedtand ( hier: verhaltensbedingt), und schon ist man vor Gericht, die Richter prüfen das gar nicht, schlagen eine einvernehmliche Regelung vor und raus bist du. Verabschieden wir uns im Arbeitsrecht vollständig von der Vorstellung es handele sich um Rechtsprechung. Es ist egal was im Gesetz steht, im Arbeitsrecht macht jeder Richter/in/* wozu gerade Lust besteht, in München dies, in Köln das, in Hamburg ganz was anderes. Und wenn der Richter/in/* Hunger hat, dann ist man ohne Prüfung im Schnellverfahren seinen Job los.
Aber es betrifft den AG genauso wie den AN.
Die Richter befassen sich mit den Schriftsätzen nur noch oberflächlich.