Ausbildungszeugnis schreiben: Pflicht oder Kür?

Mit dem Ende der Berufsausbildung haben Auszubildende einen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Dabei ist zwischen einfachem und qualifiziertem Zeugnis zu unterscheiden. Zudem sind bei Übernahme nach Ausbildungsende weitere Fragen zu beachten.

Viele Azubis stehen zurzeit mitten in den Abschlussprüfungen und damit kurz vor dem Ende ihrer Berufsausbildung. Diese endet mit dem Ablauf der Ausbildungsdauer oder mit Bekanntgabe der erfolgreichen Abschlussprüfung. Nach dem Ende der Ausbildung und vor dem Erstellen eines Arbeitszeugnisses stellen sich in Unternehmen regelmäßig einige Fragen: Ist das Erstellen eines Ausbildungszeugnisses Pflicht oder Kür für Ausbilder? Wie sieht ein qualifiziertes und ein einfaches Arbeitszeugnis aus? Was ist bei einem Arbeitszeugnis bei Ausbildungsabbruch zu beachten?

Recht auf ein Ausbildungszeugnis nach § 16 BBiG

Mit dem Ende des Berufsausbildungsverhältnisses hat der oder die Auszubildende einen Anspruch auf ein einfaches oder, wenn gewünscht, auf ein qualifiziertes Zeugnis. Die rechtliche Grundlage findet sich in § 16 Berufsbildungsgesetz (BBiG), der wie folgt lautet: "Ausbildende haben den Auszubildenden bei Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses ein schriftliches Zeugnis auszustellen."

Einfaches oder qualifiziertes Ausbildungszeugnis: Inhalt

Das einfache Zeugnis muss Auskunft geben über Art, Dauer und Ziel der Berufsausbildung, die erworbenen beruflichen Fähigkeiten und Kenntnisse. Ein qualifiziertes Zeugnis sollte zudem noch Aussagen zum Verhalten und zur Leistung des oder der Auszubildenden während der Ausbildung beinhalten.

Formale Anforderungen an ein Ausbildungszeugnis

Das Zeugnis muss schriftlich erstellt werden. Mit Einwilligung der Auszubildenden ist auch die elektronische Form möglich (§ 16 Abs. 1 S. 2 BBiG). Für Arbeitszeugnisse soll künftig auch die elektronische Form möglich sein (§ 126a BGB). Für Ausbildungszeugnisse gilt diese Neuerung erstmal nicht, auch wenn der Entwurf eines Berufsbildungsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetzes (BVaDiG) mehr digitale Dokumente und digitale Prozesse in der beruflichen Bildung vorsieht.

Welchen weiteren Anforderungen das Zeugnis genügen muss, richtet sich nach den üblichen Anforderungen an Arbeitszeugnisse. Die Maßstäbe, die die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte, insbesondere das Bundesarbeitsgerichts (BAG), anlegt, sind übertragbar.

Download: Tipps zur Zeugniserstellung

Das kostenlose Haufe-Whitepaper "Die Tücken und Potenziale bei der Zeugniserstellung" liefert wertvolle Tipps zur Fehlervermeidung. Hier geht es zum Download.

Arbeitszeugnis: Ausbildung abgebrochen

Der Anspruch auf ein Zeugnis gilt auch bei vorzeitigem Ausscheiden des oder der Auszubildenden während seiner oder ihrer Ausbildung. Arbeitgeber sollten deswegen während der Ausbildungszeit sinnvollerweise permanente Beurteilungen notieren, da andernfalls eine fundierte Zeugniserstellung nicht möglich ist. Auch wenn der oder die Auszubildende die Ausbildung erfolgreich abschließt und vom ehemaligen Ausbildungsbetrieb in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis übernommen wird, ist das Zeugnis bei Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses in jedem Fall auszustellen.

Übernahme des Azubis nach der Ausbildung

Wer als Arbeitgeber seine Auszubildenden regelmäßig beurteilt, hat dadurch die Chance, negative Trends frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern. Auf diese Weise lässt sich auch schon frühzeitig einschätzen, ob die Übernahme des oder der Auszubildenden in Frage kommt. Eine rechtliche Verpflichtung zur Übernahme gibt es nicht. Die Übernahme kann erst sechs Monate vor dem Ende einer Ausbildung vereinbart werden. Wird davor bereits eine Vereinbarung getroffen, ist diese Vereinbarung nicht gültig.

Übernahme des Auszubildenden: Probezeitvereinbarung oder Kündigungsschutz

Kommt es zu einer Übernahme des oder der Auszubildenden im Anschluss an eine Ausbildung, ist es rechtlich zulässig, einen befristeten Vertrag oder auch eine erneute Probezeit zu vereinbaren. Erfolgt die Übernahme direkt im Anschluss an das Ende der Ausbildung, dann bleiben die Urlaubsansprüche des ehemaligen Azubis oder der ehemaligen Auszubildenden erhalten. Ausbildungsverhältnis und Arbeitsverhältnis sind diesbezüglich als Einheit zu betrachten. Ebenfalls setzt der Kündigungsschutz von ehemaligen Azubis im Falle einer Übernahme aus dem Ausbildungsverhältnis unmittelbar ein. Dies gilt genauso für den Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Auch hier sind beide Arbeitsverhältnisse als Einheit zu betrachten und die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Entgeltfortzahlung bleibt ohne Unterbrechung bestehen.

Vorsicht: ungewollte Übernahme des Azubis

Nach § 78a Betriebsverfassungsgesetz muss der Arbeitgeber Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung übernehmen, wenn ihm das zugemutet werden kann.

Arbeitgeber sollten zudem darauf achten, Auszubildende keinesfalls nach bestandener Abschlussprüfung über das vertraglich vereinbarte Ausbildungsende hinaus weiter zu beschäftigen, wenn sie diese nicht übernehmen möchten. Beschäftigt der Arbeitgeber seine Auszubildende nach Bestehen der Abschlussprüfung nämlich weiter, zeigt er nach allgemeiner Auffassung durch dieses Handeln konkludent, dass er sie übernehmen will und begründet damit einen unbefristeten Arbeitsvertrag.

Lesetipp: Alles Weitere rund um Vergütung, Arbeitszeiten, Ausbildungsverträge, Versicherungspflicht, Gehaltsextras und Kündigung von Auszubildenden lesen Sie in unserem Top-Thema "Azubis rechtssicher beschäftigen".


Das könnte Sie auch interessieren:

Wann die Azubi-Vergütung noch angemessen ist

Auszubildende: Besonderheiten bei Meldungen beachten



Schlagworte zum Thema:  Ausbildung, Arbeitszeugnis, Arbeitgeberpflichten