Wann die Azubi-Vergütung noch angemessen ist
Auszubildende haben einen gesetzlichen Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Was als "angemessen" gilt, definiert das Gesetz nicht genau. Nach gängiger Rechtsprechung sind tariflich festgelegte Ausbildungsvergütungen stets angemessen. Fragen stellen sich dort, wo für das Ausbildungsverhältnis kein Tarifvertrag existiert.
Für Ausbildungen ab dem 1. Januar 2020 gilt ganz klar: die vorgeschriebene Mindestausbildungsvergütung sollte nicht unterschritten werden. Angemessen ist die Azubi-Vergütung damit jedoch nicht zwangsläufig. Fällt sie um mehr als 20 Prozent geringer aus, als die in einem einschlägigen Tarifvertrag enthaltenen Vergütungen, ist sie unangemessen, entschied erst kürzlich das LAG Mecklenburg-Vorpommern.
Azubi-Vergütung muss angemessen sein
Nach § 17 BBiG haben Ausbildende ihren Auszubildenden eine angemessene Vergütung zu gewähren, wobei diese mit fortschreitender Berufsausbildung ansteigen muss. Die Vergütung muss im Ausbildungsvertrag konkret bestimmt werden. Immer wieder taucht die Frage auf, was genau unter einer "angemessenen Vergütung" zu verstehen ist. Zu dieser Frage hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in zahlreichen Entscheidungen immer wieder Stellung genommen. Auch nach der Neufassung des BBiG definiert das nicht genau, wann eine Ausbildungsvergütung angemessen ist.
Angemessene Vergütung und Mindestausbildungsvergütung
Seit der Neuregelung ist jedoch für Ausbildungen ab dem 1. Januar 2020 die gesetzliche Untergrenze für die Vergütung zu beachten. Nach § 17 Abs. 2 BBiG ist die Angemessenheit der Vergütung ausgeschlossen, wenn sie die gesetzlich vorgeschriebene Mindestvergütung für das entsprechende Ausbildungsjahr unterschreitet. Nach § 17 Abs. 3 BBiG haben Tarifverträge allerdings Vorrang vor der gesetzlichen Mindestvergütung. Sieht ein Tarifvertrag also noch eine Ausbildungsvergütung unterhalb der Mindestausbildungsvergütung vor, dürfen tarifgebundene Betriebe sich nach diesem Tarifvertrag richten.
Geregelt ist seither auch in § 17 Abs. 4 BBiG, dass die Angemessenheit der vereinbarten Vergütung in der Regel auch dann ausgeschlossen ist, wenn sie die Höhe der in einem Tarifvertrag geregelten Vergütung, in dessen Geltungsbereich das Ausbildungsverhältnis fällt, an den der Ausbildende aber nicht gebunden ist, um mehr als 20 Prozent unterschreitet.
Angemessenheit wird durch Verkehrsauffassung bestimmt
Nach gängiger Rechtsprechung kann eine Ausbildungsvergütung, die sich an einem entsprechenden Tarifvertrag ausrichtet, stets als angemessen gelten. Gibt es keine einschlägigen Tarifverträge, können Ausbildende und Azubis die Vergütung frei vereinbaren. Eine Ausbildungsvergütung, die über der gesetzlichen Mindestausbildungsvergütung liegt, kann dennoch nicht angemessen im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG sein.
Bei der Ermittlung der Angemessenheit einer Azubi-Vergütung kommt es nach Auffassung der Rechtsprechung auf die Verkehrsanschauung an. Branchentarifverträge sind danach grundsätzlich als richtungsweisendes Kriterium für die Angemessenheit der Ausbildungsvergütung zu sehen. Wenn eine Ausbildungsvergütung die in einschlägigen Tarifverträgen enthaltene Vergütung um mehr als 20 Prozent unterschreitet, kann sie in der Regel nicht mehr als angemessen gelten.
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