Wie Arbeitgeber in der Probezeit kündigen können
Wer einen neuen Mitarbeitenden einstellt, möchte erstmal prüfen, ob der Neuzugang auch der Stelle gewachsen ist und ins Unternehmen passt. Das Gesetz bietet deshalb die Möglichkeit, eine Probezeit zu vereinbaren. Um die Kündigung eines Auszubildenden ging es neulich in einem Fall vor dem Arbeitsgericht Berlin. Der Azubi hatte seine Ausbildung als Mediengestalter beim Springer-Konzern gerade erst begonnen, als er auf seinem Youtube-Kanal ein Video veröffentlichte und darin den Arbeitgeber einer gezielt falschen Berichterstattung über den Angriff der Hamas auf Israel bezichtigte. Die Probezeitkündigung war rechtmäßig, entschied das Arbeitsgericht Berlin.
Doch auch bei einer Probezeitkündigung gibt es rechtliche Fallstricke. Arbeitgeber sollten daher die grundsätzlichen Voraussetzungen einer Kündigung in der Probezeit im Blick haben, damit diese im Zweifel auch vor Gericht Bestand hat.
Kündigung während der Probezeit: Die besonderen Voraussetzungen
In der Probezeit gilt eine verkürzte Kündigungsfrist: Der Arbeitgeber darf während der Probezeit gemäß § 622 Abs. 3 BGB mit einer verkürzten Frist von zwei Wochen kündigen. Die ordentliche Kündigung kann während der Probezeit ohne Grund erfolgen. Die Probezeitkündigung muss daher grundsätzlich nicht begründet werden. Allerdings muss sich auch eine Kündigung in der Probezeit an den üblichen Grenzen orientieren und darf nicht sittenwidrig oder willkürlich sein.
Probezeitkündigung von Schwerbehinderten genau prüfen
Auch wenn diese Voraussetzungen grundsätzlich genauso bei der Probezeitkündigung von schwerbehinderten Arbeitnehmenden gilt, sollten Arbeitgeber die neuere Rechtsprechung im Blick behalten. Zuletzt urteilte der EuGH nämlich, dass Arbeitgeber Mitarbeitende, die ihre Tätigkeit aufgrund ihrer Behinderung nicht mehr ausüben können, unter Umständen anderweitig beschäftigen müssen - unabhängig davon, ob die Einstellung zur Probe erfolgte. Lesen Sie mehr dazu in unserer News: EuGH stärkt Rechte von Arbeitnehmenden mit Behinderung. In der Folge hat das Arbeitsgericht Köln entschieden, dass Arbeitgeber vor der Kündigung von schwerbehinderten oder ihnen gleichgestellten Beschäftigten bereits in der Probezeit präventiv tätig werden müssen.
Fristlose Kündigung in der Probezeit
Die fristlose Kündigung ist dagegen auch in der Probezeit nur mit wichtigem Grund möglich. Oftmals ist zunächst eine Abmahnung der richtige Weg, wie auch ein Urteil des LAG Schleswig-Holstein zeigt. Die fristlose Kündigung einer Mitarbeiterin, die am dritten Tag ihrer Probezeit unentschuldigt fehlte, hatte vor dem Gericht keinen Bestand. Der Arbeitgeber hätte ihr zunächst eine Abmahnung erteilen müssen.
Will der Arbeitgeber kündigen, muss er den Betriebsrat nach § 102 BetrVG auch dann anhören, wenn die beabsichtigte Kündigung innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses, die als Probezeit vereinbart sind, ausgesprochen werden soll.
Download-Tipp: Wichtige Kündigungsgründe und Leitfaden Kündigungsgespräch In diesem kostenlosen Haufe-Whitepaper erhalten Sie einen Überblick zu den wichtigsten Gründen und den Voraussetzungen für eine verhaltensbedingte, personenbedingte oder betriebsbedingte Kündigung. Enthalten ist auch ein Gesprächsleitfaden zur Durchführung eines mitarbeitergerechten Kündigungsgesprächs. Hier gelangen Sie zum Download. |
Kündigungsfrist in der Probezeit: Auf rechtzeitigen Zugang der Kündigung achten
Wenn der Arbeitgeber während der Probezeit eine ordentliche Kündigung aussprechen will, ist darauf zu achten, dass die Kündigungserklärung dem Arbeitnehmenden noch vor Ablauf der Probezeit zugeht, damit die kurze Frist der Probezeitkündigung greift. Es genügt nicht, wenn die Kündigungserklärung am letzten Tag der Probezeit abgeschickt wird, den Arbeitnehmenden aber erst zu einem späteren Zeitpunkt erreicht. Kein Problem stellt es hingegen dar, wenn der - sich unter Hinzurechnung der Kündigungsfrist ergebende - Beendigungszeitpunkt außerhalb der Probezeit liegt.
Probezeitvereinbarung: Ohne Einfluss auf Wartezeit für Kündigungsschutz
Die Vereinbarung einer Probezeit hat keinen Einfluss auf die Frage des allgemeinen oder besonderen Kündigungsschutzes. Nach dem Kündigungsschutzgesetz ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass das Arbeitsverhältnis rechtlich länger als sechs Monate bestanden hat. Ist dies der Fall, dann besteht - sofern auch die übrigen Voraussetzungen, insbesondere des § 23 KSchG, erfüllt sind - nach § 1 Abs. 1 KSchG der Kündigungsschutz unabhängig von der Probezeit.
Das könnte Sie auch interessieren:
Wer eine Kündigung unterschreiben muss
Probezeitgespräche als Feedbackquelle für den Onboarding-Prozess
BAG: Kurze Kündigungsfrist in der Probezeit - nur bei eindeutiger Vertragsgestaltung
-
Entgeltfortzahlung: Wenn unterschiedliche Krankheiten aufeinander folgen
8.902
-
Wann Urlaubsverfall und Urlaubsübertragung möglich sind
8.6662
-
Zusatzurlaub bei Schwerbehinderung von Arbeitnehmenden
6.957
-
Wann müssen Arbeitgeber eine Abfindung zahlen?
6.7552
-
Urlaubsanspruch richtig berechnen
4.518
-
Wie Arbeitgeber in der Probezeit kündigen können
4.416
-
Nebenjob: Was arbeitsrechtlich erlaubt ist
3.851
-
Urlaubsanspruch bei Arbeitgeberwechsel richtig berechnen
3.55916
-
Wann Arbeitnehmende einen Anspruch auf Teilzeit haben
3.3061
-
Auswirkungen der Zeitumstellung auf Arbeitszeit und Vergütung
3.301
-
AI-Act: EU-Gesetz zur Regelung Künstlicher Intelligenz in Kraft
22.11.2024
-
Ein arbeitsrechtlicher Rückblick auf die Ampelkoalition
21.11.2024
-
Umgang mit Geschlechts- und Namensänderungen am Arbeitsplatz
20.11.20243
-
Inflationsausgleichsprämie während Passivphase der Altersteilzeit
18.11.2024
-
Umsetzung der EU-Richtlinie für mehr Lohntransparenz
15.11.2024
-
Grundsätzliches zum Bereitschaftsdienst
14.11.2024
-
Schriftform im Arbeitsrecht: Klassische Fehler und deren Konsequenzen
13.11.2024
-
Aushangpflichtige Gesetze für Arbeitgeber 2025
12.11.2024
-
Altersfreizeit auch für Teilzeitbeschäftigte
11.11.2024
-
DSGVO-Schadensersatzanspruch wegen heimlicher Mitarbeiterüberwachung
07.11.2024