Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungsrechtliche Einstufung als Arbeitnehmer kein Grundlagenbescheid in steuerrechtlichem Sinn
Leitsatz (redaktionell)
Mitteilungen/Bescheide der Sozialversicherungsträger über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung eines Arbeitsverhältnisses stellen keinen Grundlagenbescheid i.S.d. § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO dar. Das folgt bereits daraus, dass der steuer- und sozialversicherungsrechtliche Arbeitnehmerbegriff nicht deckungsgleich sind. Den Finanzbehörden steht ein eigenes Prüfungsrecht zur Frage der Arbeitnehmereigenschaft eines Gesellschafter-Geschäftsführers als Vorfrage für die Anwendung des § 3 Nr. 62 EStG zu.
Normenkette
EStG § 3 Nr. 62; AO § 175 Abs. 1 Nr. 1
Streitjahr(e)
1994, 1995, 1996
Tatbestand
Streitig ist, ob vom Arbeitgeber des Klägers geleistete Zuschüsse zur Krankenversicherung nach Maßgabe des § 3 Nr. 62 Einkommensteuergesetz (EStG) steuerfrei zu belassen oder aber dem Bruttoarbeitslohn des Klägers im Rahmen der Ermittlung seiner Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 EStG) zu unterwerfen sind.
Der Kläger trat zum 1. Oktober 1992 als Arbeitnehmer in die Gesellschaft X-GmbH (im Folgenden: GmbH) ein. Zum 1. April 1993 übernahmen der Kläger und seine Ehefrau – die Klägerin – die GmbH-Anteile. Diese entfielen zu 45 v.H. auf den Kläger sowie zu 55 v.H. auf die Klägerin. Die Stimmverhältnisse in der Gesellschafterversammlung entsprechen der Beteiligung am Stammkapital. Nach § 5 des Anstellungsvertrages ist der Kläger u.a. verpflichtet, für außergewöhnliche Geschäfte und Maßnahmen die ausdrückliche Einwilligung der Gesellschafterversammlung einzuholen.
Die GmbH zahlte an den Kläger, der für sie als Geschäftsführer tätig ist, in den Streitjahren 1994 bis 1996 Zuschüsse zu dessen Krankenversicherung (1994:…DM; 1995:…DM; 1996:…DM), die sie als Arbeitgeberanteile gemäß § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei beließ. Dem folgte das beklagte Finanzamt…in den zunächst für die Streitjahre ergangenen Einkommensteuerbescheiden. Diese Bescheide wurden bestandskräftig.
Anlässlich einer bei der GmbH durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung vertrat der Prüfer u.a. die Auffassung, dass die von der GmbH an den Kläger geleisteten Beiträge zur Krankenversicherung nicht gemäß § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei seien, weil der Kläger als Gesellschafter-Geschäftsführer kein Arbeitnehmer im Sinne des Sozialversicherungsrechts sei. Hieraus folge, dass die von der GmbH gezahlten Zuschüsse zur Krankenversicherung in vollem Umfang zum steuerpflichtigen Arbeitslohn rechneten. Das beklagte Finanzamt, das der Auffassung des Lohnsteueraußenprüfers folgte, erließ daraufhin für die Streitjahre 1994 bis 1996 unter dem 1. Juni 1999 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geänderte Einkommensteuerbescheide, in denen es den Bruttoarbeitslohn des Klägers um die Arbeitgeberanteile zur Krankenversicherung erhöhte. Daneben nahm es für 1996 eine weitere Erhöhung des Bruttoarbeitslohnes im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit im Zusammenhang mit der Überlassung eines Fahrzeugs (auch) für private Zwecke vor.
Die Kläger haben nach erfolglos gebliebenem Vorverfahren Klage erhoben, mit der sie sich gegen die Erhöhung des Bruttoarbeitslohnes beim Kläger im Zusammenhang mit den von der GmbH geleisteten Krankenversicherungsbeiträgen wenden. Einer Änderung der bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO stehe bereits entgegen, dass insoweit keine „neuen” Tatsachen vorlägen. Der Kläger sei zunächst eindeutig als Arbeitnehmer der GmbH anzusehen gewesen, als er am 1. Oktober 1992 in die Gesellschaft eingetreten sei. Auch ab dem Zeitpunkt des Beteiligungserwerbs im April 1993 habe ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bei ihm vorgelegen, weil er zu weniger als 50 v.H. an der GmbH beteiligt sei. Es sei in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass auch der A - kasse die Beteiligungsverhältnisse bekannt gewesen seien.
Erst die einschlägige und sich immer mehr verschärfende sozialversicherungsrechtliche Rechtsprechung zur Arbeitnehmereigenschaft von Gesellschafter-Geschäftsführern habe zu der geänderten Auffassung der A - kasse geführt, wie diese in deren Schreiben vom 3. April 1997 zum Ausdruck komme. Diese rückwirkende Änderung der Auffassung der A - kasse vermöge jedoch nicht zu einer nachträglichen Umwandlung der steuerfrei ausgezahlten Zuschüsse zur Krankenversicherung in steuerpflichtigen Arbeitslohn mit der Folge führen, dass die entsprechenden Leistungen in den Streitjahren nach wie vor gemäß § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei zu belassen seien.
Die Kläger beantragen,
für 1994 und 1995 die geänderten Einkommensteuerbescheide vom 01.06.1999 ersatzlos aufzuheben, für das Streitjahr 1996 unter Änderung des geänderten Einkommensteuerbescheides vom 01.06.1999 die Einkommensteuer 1996 so weit herabzusetzen wie sie sich mindert, wenn im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit der Bruttoarbeitsloh...