Sven Franke, Stefanie Hornung
Zusammenfassung
New Work ist Arbeit, die man "wirklich, wirklich will"; so definierte Fritjhof Bergmann einst den Begriff. Und auch wenn diese Beschreibung intuitiv verständlich ist, so ist der Versuch, den Begriff New Work einzukreisen, ein schwieriges Unterfangen. Denn von der ursprünglichen Idee der "Neuen Arbeit" Frithjof Bergmanns, einer Arbeit, die jeder Mensch "wirklich, wirklich will", ist heute im praktischen Verständnis nur wenig geblieben. Die Perspektive hat sich von individueller Freiheit hin zu einer organisationalen Notwendigkeit, zu einer Art Überlebensstrategie verschoben.
Belange von Mitarbeitern sind für Arbeitgeber eher selten ein Veränderungsimpuls. Dominanter sind diesbezüglich neue Umweltfaktoren, wie etwa die zunehmende Digitalisierung. Die Kräfte dieser Veränderung erschüttern die Grundfesten der Arbeitswelt. Neue, disruptive Player mischen fast alle Branchen auf: Organisationen begreifen, dass sich die Marktentwicklung in einer durchdigitalisierten Welt nicht mehr einfach planen lässt. Permanenter Wettbewerb erfordert laufend neue Lösungen. Die Umwelt ist kompliziert, gar komplex und wandelt sich immer schneller. Entscheidungen müssen daher nah am Kunden fallen. Starre Hierarchien und "Command and Control" sind dabei hinderlich. New Work ist ebenso wie das agile Unternehmen die Verheißung, um in dieser unsicheren, sich schnell ändernden Umwelt eine bessere Anpassungsfähigkeit zu entwickeln.
1 New Work trifft auf neue Einstellung zur Arbeit
Die Erfolgsgeschichte von New Work fußt gleichwohl nicht ausschließlich auf einer dynamischen Marktlage. Auch die Menschen richten sich neu aus: Insbesondere nachrückende Generationen, aber auch viele erfahrene Fachkräfte, haben inzwischen andere Vorstellungen von ihrer Arbeit. Sinnstiftung, Verantwortung und eine gute Vereinbarkeit mit dem Privatleben werden wichtiger. So lässt sich auch erklären, warum ein bedingungsloses Grundeinkommen in aller Welt immer mehr Fans gewinnt. In einer Situation von akutem Fachkräftemangel suchen viele Menschen den Weg in die Selbständigkeit. Für Fach- und Führungskräfte hat frei verfügbare Zeit einen hohen Stellenwert – entweder um sich sozial zu engagieren oder um mehr Zeit für Familie und Freunde zu haben. Die gesellschaftliche Debatte um flexible Arbeitsmodelle, die der Tarifkonflikt mit der IG Metall Anfang 2018 exemplarisch verdeutlichte, ist ein weiterer Mosaikstein dieser Werteverschiebung.
So gewinnen die Vorstellungen und Wünsche der Mitarbeiter in den Organisationen mehr Gewicht. Schon lange ist von einem Arbeitnehmermarkt die Rede: Die veränderten Vorstellungen und Wünsche werden bereits dann spürbar, wenn es ans Rekrutieren neuer Mitarbeiter geht. Doch auch im Innern vieler Organisationen ist einiges im Gange: Die Leistung der Akteure wird neu verteilt und bewertet.
2 Warum New Work oft beim Gehalt aufhört
Folglich erscheint es logisch, neue Ansätze in der Arbeitswelt, wie sie etwa im New-Work-Umfeld oder in agilen Organisationen entstehen, auch bei der Vergütung konsequent weiter zu denken und zu übertragen. Doch oftmals machen selbst innovativste Unternehmen vor diesem Thema lieber halt. Es gilt als gewagt, an den Grundfesten der Gehaltspfründe zu rütteln. Konkret darüber zu sprechen, wer wie viel verdient, ist im deutschsprachigen Raum noch immer ein Tabu. Vergütungsfragen sind ein heißes Eisen, das auch New-Work-Pioniere nicht unbedingt gerne anfassen.
Immer mehr Unternehmen geben ihren Mitarbeitern mehr Selbstverantwortung, setzen auf Hierarchieabbau oder Transparenz – und sprechen dabei von New Work. Aber nur wenige Vorreiter wagen sich bislang auf das noch unsichere und weitgehend unbekannte Terrain "Gehalt". Umso spannender ist es, zu beobachten, dass sich in letzter Zeit die Experimente mehren und mehr Mut zur Veränderung erkennbar wird.
3 Blogparade #NewPay – Beginn einer "neuen Bewegung"
Um mehr darüber zu erfahren, inwiefern verschiedene Akteure in der Arbeitswelt die bisherige Gehaltsfindung als verkrustet empfinden und wie sie sich anders gestalten könnte, riefen wir, als Autorentrio, im Herbst 2017 eine Blogparade aus. Der Hashtag #NewPay war naheliegend und zu dem Zeitpunkt noch ungenutzt. Wie sehr wir dadurch einen Nerv trafen, hat uns selbst überrascht: Verschiedene Berater vereinnahmten daraufhin den Begriff auf Kongresspodien und erweckten den Anschein, schon längst das Thema New Pay zu betreiben.
Auch die Teilnehmer der Blogparade nahmen den Begriff wie eine natürliche Folge von New Work auf. Innerhalb von 6 Wochen steuerten 50 Autorinnen und Autoren 55 Beiträge bei. Dabei entstanden vielschichtige Einblicke in die Wertedimension einer neuen Gehaltsfindung. Sie reichten vom persönlichen Umgang mit dem eigenen Gehalt bis hin zu Lösungen in Organisationen. Ebenso umfassend waren die angesprochenen Themen, wie z. B. agile Zielsetzungssysteme, Abkehr von Bonuszahlungen, Lohngerechtigkeit, Transparenz, nicht-monetäre Entlohnung wie Zeit, Sinn oder Weiterbildung, Verteilungs- und Verfahrensgerechtigkeit, Tabu Gehaltsrückschritte und der Zusammenhang von Bezahlung und Macht.
Die meisten Beiträge beschäftigten sich nicht mit einer Begriffsdef...