Wenn Verhaltensänderung hin zu mehr Nachhaltigkeit über den Geldbeutel gesteuert werden kann, dann ist der Hebel der Vergütung relevant.
1.1 Deutscher Corporate Governance Kodex (DCGK)
Ein Leuchtturmprojekt ist der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK). In der jetzt aktualisierten Fassung wird die Vergütung für Vorstände börsennotierter Unternehmen durch eine neue Nachhaltigkeitskomponente ergänzt. Hintergrund ist eine europäische Richtlinie: die Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II). Transparenz und Nachhaltigkeit sind die beiden Parameter, nach denen die Hauptversammlungen der Unternehmen die Neugestaltung der Vergütung billigen müssen. Was ist neu? Der Kodex betont in Grundsatz 23 die Ausrichtung der Vergütungspolitik auf eine nachhaltige und langfristige Entwicklung der Gesellschaft. Viele Firmen haben das aufgegriffen und in den Long Term Incentives nun neben den klassischen Finanzzielen einen weiteren Baustein mit Nachhaltigkeitszielen formuliert und incentiviert. So sind bei einem Softwarehersteller die Energieverbräuche der Rechenzentren und die Umweltzertifizierung der Standorte etabliert worden. Bei anderen Firmen war es der CO2-Fußabdruck. Die Firmen folgen dem, weil sie über die sogenannte "Entsprechenserklärung" begründen müssen, warum sie dies nicht tun. Das Verankern in der Vergütung zwingt dazu, die Ziele messbar zu machen. Das hat Auswirkung auf den gesamten Geschäftsprozess, der nun im Licht der Nachhaltigkeit betrachtet wird.
1.2 Recurring-Revenue
Ein weiteres neues Instrument ist die Incentivierung von wiederkehrenden Umsätzen, "Recurring-Revenue". Dabei geht es nicht um die Honorierung oder Provisionierung eines einmaligen Verkaufserfolgs, sondern um den wiederkehrenden Erlös aus einer längerfristig angelegten Nutzung. Die Streaming-Dienste haben es vorgemacht: An die Stelle des Verkaufs einer Schallplatte ist das Abo eines Musikanbieters getreten, der gegen eine monatliche Gebühr den Zugang zu Musikarchiven öffnet. Autoanbieter ziehen nach: Statt Eigentum wird eine zeitliche Nutzung angeboten. Der Mehrwert liegt darin, dass im Abo-Modell zusätzliche Dienstleistungen eingeschlossen sind, wie eine Favoritenliste oder die mögliche Erweiterung um zusätzliche Inhalte.
1.3 Mitarbeiterbeteiligung
Eine dritte Nachhaltigkeitsidee ist die Mitarbeiterbeteiligung. Aus Fremdeigentum wird eigener Anteil. Das Possessivpronomen "mein" verändert den Blickwinkel und führt zu Nachhaltigkeit, weil auch morgen noch Ertrag generiert werden soll. Nicht der kurzfristig angeheizte Börsenkurs, sondern das generationenübergreifende Denken wird etabliert.
Im klassischen Zielvereinbarungsprozess und im Mitarbeitergespräch lassen sich darüber hinaus klare Umweltziele vereinbaren. Die Vergütungspolitik ist damit ein wirksames Instrument, um in allen Teilen der Belegschaft, von den Auszubildenden bis zur Vorstandsetage, eine eigene Wirkung in der Bezahlung zu erzeugen.