Wie viele Abmahnungen vor einer Kündigung?
Es ist nicht möglich, eine genaue Aussage darüber zu treffen, nach wie vielen Abmahnungen eine Kündigung ausgesprochen werden kann. Insbesondere ist die häufig geäußerte Ansicht falsch, es bedürfe immer und auch ausschließlich 2 vorangegangener Abmahnungen.
Grundsätzlich gilt: Ist davon auszugehen, dass eine erneute Abmahnung den erstrebten Zweck, dass der Arbeitnehmer keine weitere Pflichtverletzung mehr begeht, nicht erreichen kann, bedarf es keiner weiteren Abmahnung und der Arbeitnehmer kann direkt gekündigt werden. Ob eine solche negative Prognose gestellt werden kann, ist im jeweiligen Einzelfall zu prüfen.
Liegen nur leichtere Verstöße gegen Verhaltens- oder Leistungspflichten vor (Verstöße gegen die Betriebsordnung, Nichtvorlage der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung etc.), bedarf es vor Ausspruch einer Kündigung mehrerer Abmahnungen.
Auf jeden Fall bedarf es einer erneuten Abmahnung dann, wenn zwischen dem abgemahnten Verhalten und der Wiederholung eine längere Zeit unbeanstandeter Vertragserfüllung liegt. Denn in solchen Fällen wird die früher ausgesprochene Abmahnung je nach Zeitverlauf immer schwächer.
Bei mehreren Abmahnungen ist auf der anderen Seite zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des BAG zu viele Abmahnungen wegen gleichartiger Pflichtverletzungen (im Streitfall 2 mündliche Ermahnungen und 7 schriftliche Abmahnungen wegen verspäteter Arbeitsaufnahme), die Warnfunktion der Abmahnungen schwächen können und der Eindruck beim Arbeitnehmer erweckt werden kann, die Kündigungsandrohungen seien nur leere Drohungen.
Letztmalige Abmahnung
Nach der Rechtsprechung des BAG muss der Arbeitgeber nach einer vorangegangenen Abmahnung die letzte Abmahnung vor Ausspruch der Kündigung besonders eindringlich gestalten, um dem Arbeitnehmer klarzumachen, dass eine weitere gleichgelagerte Pflichtverletzung zur Kündigung führen wird.
Eine bestimmte Form ist hierfür nicht vorgeschrieben. Das besondere Herausheben kann in Form eines – vom Arbeitgeber zu beweisenden – eindringlichen Abmahnungsgesprächs oder durch eine besondere Kennzeichnung der letzten Abmahnung geschehen (z.B. Überschrift "Letztmalige Abmahnung").
Wer als Arbeitgeber "letztmals" abmahnt, setzt sich in Zugzwang. Er muss sich darüber im Klaren sein, dass er bei erneutem Fehlverhalten des Arbeitnehmers kündigen muss, wenn er sich selbst nicht unglaubwürdig und die bislang erfolgten Abmahnungen nicht wertlos machen will.
Für welche Beschäftigtengruppen kann dieses Abmahnungsmuster genutzt werden?
Neben der Abmahnung von Mitarbeitern in regulären Vollzeit-Arbeitsverhältnissen, kann dieses Abmahnungsmuster u.a. auch für folgende Personengruppen und Arbeitsverhältnisse genutzt werden
- Teilzeitkräfte sowie befristet Beschäftigte
- Geringfügig entlohnte und kurzfristig Beschäftigte, z.B. Saisonarbeitskräfte
- Midijobber
- Auszubildende
- Werkstudenten, dual Studierende und Praktikanten
- Diplomanden, Masteranden und Bacheloranden
- Aushilfskräfte
- Mitarbeiter in Elternzeit
- In Privathaushalten beschäftige Personen, z.B. Haushaltshilfen
- Ausländische Arbeitnehmer
- Menschen mit Schwerbehinderung
- Prozessbeschäftigte
Nicht geeignet ist dieses Muster hingegen in den folgenden Fällen:
- freie Mitarbeiter
- Im Verhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer, da hier das Arbeitsverhältnis mit dem Verleiher besteht.