Zusammenfassung
Der Beitrag stellt die Bedeutung der Abmahnung für verhaltensbedingte Kündigungen dar. Neben der grundsätzlichen Erforderlichkeit einer Abmahnung wird dargestellt, wann eine Abmahnung entbehrlich ist.
Das grundsätzliche Erfordernis einer Abmahnung vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung ist nirgendwo gesetzlich verankert, sondern beruht auf der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.
Für die außerordentliche Kündigung gibt es die Vorschrift des § 314 Abs. 2 BGB, wonach im Falle von Vertragspflichtverletzungen bei sog. Dauerschuldverhältnissen die Kündigung erst nach erfolgloser Abmahnung zulässig ist.
Im Übrigen kann nur auf § 1 Abs. 2 KSchG zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung und auf § 626 BGB für die außerordentliche Kündigung Bezug genommen werden.
1 Pflicht zur vorherigen Abmahnung
Ziel der Abmahnung ist es, ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers für die Zukunft abzustellen und diesen zukünftig zu pflichtgemäßem Verhalten anzuhalten.
Dagegen geht die verhaltensbedingte Kündigung davon aus, dass aufgrund mangelnder Anpassungswilligkeit des Arbeitnehmers die gewünschte Verhaltensänderung nicht mehr eintreten wird und deshalb die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitgeber nicht mehr zumutbar ist.
Da die Kündigung die einschneidendste arbeitsrechtliche Maßnahme ist, ist sie ultima ratio (letztes Mittel). Sie kommt daher nur in Betracht, wenn kein milderes Mittel zumutbar ist. Bei Vertragspflichtverletzungen, die ihren Ursprung im Verhalten des Arbeitnehmers haben, ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer künftig sein Verhalten ändern und sich vertragsgemäß verhalten kann. Denn "Verhalten" ist im Gegensatz zu den personenbedingten Gründen wie Krankheit etc. steuerbar. Deshalb ist in solchen Fällen dem Arbeitnehmer erst einmal Gelegenheit zu geben, sein Verhalten zu ändern, ohne dass es zum Äußersten der Kündigung kommt. Die Abmahnung geht deshalb grundsätzlich als milderes Mittel der verhaltensbedingten außerordentlichen oder ordentlichen Kündigung vor. Das gebietet der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dem Arbeitnehmer muss vor einer Kündigung durch (mindestens) eine Abmahnung sein Fehlverhalten aufgezeigt (Rügefunktion) und für den Fall der Wiederholung eine Kündigung angedroht (Warnfunktion) werden. Erst dann kann die für eine verhaltensbedingte Kündigung stets erforderliche negative Prognose regelmäßig gestellt werden.
Das Abmahnerfordernis gilt sowohl bei Störungen im Leistungsbereich als auch im Vertrauensbereich.
Es ist immer dann vor der Kündigung eine Abmahnung erforderlich, wenn es um ein steuerbares Verhalten des Arbeitnehmers geht und eine Wiederherstellung des Vertrauens erwartet werden kann.
In Grenzfällen kann eine Abmahnung auch bei personenbedingten Gründen erforderlich sein, wenn zunächst unklar ist, ob der Arbeitnehmer in der Lage ist, die vertragsgerechte Arbeitsleistung zu erbringen (verhaltensbedingt) oder der Grund für die nicht vertragsgerechte Leistung eine fehlende Fähigkeit oder Eignung zur Ausübung der geschuldeten Tätigkeit ist, die nicht selbst wieder hergestellt werden kann (personenbedingt).
Ausnahme: Kündigung außerhalb der Anwendbarkeit des § 1 Abs. 2 KSchG
Ist die sog. Wartezeit (= mindestens 6 Monate Betriebszugehörigkeit) noch nicht erfüllt oder handelt es sich um einen sog. Kleinbetrieb (= Mitarbeiterzahl im Betrieb <= 10), steht der Mitarbeiter nicht unter dem allgemeinen Kündigungsschutz. Eine Kündigung wird dann nicht auf ihre Zumutbarkeit überprüft. D. h. sie ist dann grundsätzlich ohne Begründung möglich und eine vorherige Abmahnung ist nicht erforderlich..
2 Entbehrlichkeit der Abmahnung
Die Abmahnung ist entbehrlich, wenn sie kein geeignetes Mittel ist oder ohnehin eine Negativprognose für die weitere Vertragsbeziehung vorliegt. Sie ist nur dann geeignetes Mittel, wenn mit ihr eine Änderung des Verhaltens erzielt werden kann. Ob dies der Fall ist oder nicht, ist vom Einzelfall abhängig. Die nachfolgenden Beispiele aus der Rechtssprechung sind daher nicht immer auf andere Fälle übertragbar.
Es ist nicht abzumahnen,
wenn die Vertragspflichtverletzung so schwer war, dass der Arbeitnehmer unter keinen Umständen damit rechnen konnte, der Arbeitgeber werde sie hinnehmen.
Entbehrlichkeit der Abmahnung wegen Schwere der Pflichtverletzung
Androhen von Arbeitsunfähigkeit, Tätlichkeiten wie körperliche, auch sexuelle Attacken gegenüber Mitarbeitern oder Vorgesetzten, schwere Bedrohung des Arbeitgebers oder von Vorgesetzten, Schmiergeldannahme, Straftaten gegen das Vermögen des Arbeitgebers wie Diebstahl (selbst beim Diebstahl geringwertiger Sachen), Unterschlagung, Betrug, Manipulation bei der Zeiterfassung, Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit, Verstoß gegen Wettbewerbsverbot.
wenn der Arbeitnehmer bereits ernsthaft ausdrücklich erklärt hat, er werde sein Verhalten nicht ändern, egal was komme, er also eindeutig nicht gewillt ist, s...