Zusammenfassung
Mit der Abmahnung rügt der Arbeitgeber ein bestimmtes Fehlverhalten des Arbeitnehmers und droht für den Wiederholungsfall arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung an.
Ziel der Abmahnung ist es, ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers für die Zukunft abzustellen und diesen zukünftig zu pflichtgemäßem Verhalten anzuhalten.
Die Abmahnung kann deshalb nur Wirkung entfalten, wenn der Arbeitnehmer das beanstandete Verhalten überhaupt steuern kann. Kann er das nicht, macht eine Abmahnung keinen Sinn. Eventuell ist aber Raum für eine personenbedingte Kündigung.
Das grundsätzliche Erfordernis einer Abmahnung vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung ist nirgendwo gesetzlich verankert, sondern beruht auf der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG).
Für die außerordentliche Kündigung gibt es allerdings die Vorschrift des § 314 Abs. 2 BGB, wonach im Falle von Vertragspflichtverletzungen bei sog. Dauerschuldverhältnissen die Kündigung erst nach erfolgloser Abmahnung zulässig ist.
Arbeitsrecht
1 Abgrenzung zu Ermahnung und Betriebsbuße
Ermahnung
Die Ermahnung, Verwarnung oder der Verweis enthalten lediglich die Mitteilung des Arbeitgebers, dass eine arbeitsvertragliche Pflicht verletzt wurde und weshalb. Diese Begriffe werden teils synonym, teils auch in Stufen zunehmend stärkerer Disziplinierungsmaßnahmen verstanden.
Im Gegensatz zur Abmahnung enthalten sie für den Fall der Wiederholung des beanstandeten Verhaltens keine Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen (v. a. Kündigung). Sie stellen deshalb im Vergleich zur Abmahnung ein milderes Mittel dar.
Betriebsbuße
Betriebsbußen sind unter Beteiligung des Betriebsrats verhängte Sanktionen des Arbeitgebers zur Ahndung von Verstößen von Arbeitnehmern gegen die Ordnung des Betriebs aufgrund einer mit dem Betriebsrat vereinbarten Bußordnung.
Im Gegensatz dazu rügt die Abmahnung die Verletzung jedweder arbeitsrechtlicher Pflichten und enthält auch keinen über den Warnzweck hinausgehenden Sanktionscharakter.
Die Abgrenzung, ob eine Rüge des Arbeitgebers als Abmahnung oder als Betriebsbuße anzusehen ist, bedarf im Zweifel der Auslegung der Erklärung unter Berücksichtigung ihres Wortlauts, ihres Gesamtzusammenhangs und ihrer Begleitumstände. Soll die Missbilligung eine Abmahnung und keine Betriebsbuße sein, darf sie keinen Sanktionscharakter haben, d. h. sie darf kein Unwerturteil über die Person des Arbeitnehmers enthalten.
2 Funktionen der Abmahnung
Die Abmahnung soll das pflichtwidrige Verhalten konkret bezeichnen und beanstanden (Rüge- bzw. Dokumentationsfunktion). Der Arbeitnehmer muss dabei genau erkennen können, was ihm konkret zum Vorwurf gemacht wird. Pauschale Formulierungen, wie z. B. "Sie haben wiederholt Ihre Arbeitspflichten verletzt" oder Schlagworte wie "Schlechtleistung", "Störung des Betriebsfriedens" reichen nicht aus. Vielmehr muss das zum Vorwurf gemachte Fehlverhalten hinreichend konkret (z. B. nach Ort, Zeit und Datum) beschrieben werden.
Zusätzlich soll die Abmahnung dem Arbeitnehmer aufzeigen, dass für den Fall weiterer Pflichtverletzungen Inhalt oder Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet sind (Warnfunktion). Es reicht nicht aus, allein "arbeitsrechtliche Konsequenzen" anzudrohen. Stattdessen sollten "kündigungsrechtliche Konsequenzen" angedroht werden oder "arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses".
3 Verhältnis zur Kündigung
Während die verhaltensbedingte Kündigung davon ausgeht, dass aufgrund mangelnder Anpassungswilligkeit des Arbeitnehmers die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitgeber nicht mehr zumutbar ist, soll die Abmahnung dem Arbeitnehmer Gelegenheit geben, das beanstandete Verhalten zu ändern, um eine Kündigung zu vermeiden.
Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergibt sich, dass in der Regel vor Ausspruch einer Kündigung durch den Arbeitgeber eine vorherige, vergebliche Abmahnung erforderlich ist. Die Abmahnung ist insoweit Vorstufe und milderes Mittel gegenüber der Kündigung. Die für eine verhaltensbedingte Kündigung immer erforderliche negative Zukunftsprognose kann regelmäßig erst nach Ausspruch einer oder mehrerer einschlägiger Abmahnungen gestellt werden.
Eine Abmahnung kann aber aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise entbehrlich sein. Das ist der Fall, wenn eine Abmahnung von vornherein erfolglos erscheint, etwa weil sich der Arbeitnehmer eindeutig nicht vertragsgerecht verhalten will oder es um eine so schwere Pflichtverletzung geht, deren Rechtswidrigkeit für den Arbeitnehmer ohne Weiteres erkennbar ist und bei der eine Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist.
Hat sich der Abmahnende entschieden, ein beanstandetes Verhalten mit einer Abmahnung zu sanktionieren, ist dieser Vorfall kündigungsrechtlich verbraucht. Er kann dann wegen des abgemahnten Verhaltens nicht zugleich die Kündigung aussprechen. Das wäre ein unzulässiges, widersprüchliches Verhalten (§ 242 BGB).