Die Rücksichtnahme auf Menschen mit Behinderung kann eine unmittelbare Altersdiskriminierung rechtfertigen gemäß § 8 Abs. 1 AGG.[1]

Dies ist Ausfluss des Selbstbestimmungsrechts behinderter Personen. Benötigen diese im Alltag Unterstützung, berührt die assistierende Person einen sensiblen und bisweilen intimen Lebensbereich. Daher dürfen Arbeitgeber, die Assistenten an behinderte Personen vermitteln, die individuellen Wünsche der behinderten Person berücksichtigen und die Einstellung von einem bestimmten Alter abhängig machen. Im konkreten Fall bedeutete das, dass der Arbeitgeber einem Bewerber absagen durfte, weil er nicht in das gewünschte Altersspektrum von 18–30 Jahren fiel, obgleich dies ersichtlich eine unmittelbare Altersdiskriminierung gemäß § 3 Abs. 1 AGG ist. Denn die Person, die wegen ihres Alters eine Ablehnung erfährt, wird weniger günstig behandelt, als eine jüngere Person mit den gleichen Charakteristika, die eingestellt wird.

Im konkreten Fall war eine 28-jährige Studentin auf alltägliche Hilfe angewiesen. Sie wünschte sich eine Assistenz, die in etwa in ihrem Alter ist. Der EuGH erkannte in diesem Wunsch die Notwendigkeit einer Altersdiskriminierung.

Mit dieser Argumentation ließen sich auch Diskriminierungen aufgrund anderer in § 1 AGG genannten Merkmale rechtfertigen. Ebenso könnte sich eine behinderte Person eine Assistenz wünschen, die dasselbe Geschlecht hat wie sie, oder dieselbe Religion. Aus der Sicht des Selbstbestimmungsrechts erscheint das verständlich. Ob sogar eine Diskriminierung aufgrund der Rasse oder ethnischen Herkunft sich rechtfertigen lässt, erscheint zweifelhaft. Nicht jede Empfindsamkeit erfährt Schutz durch das Selbstbestimmungsrecht. Werden andere durch den individuellen Wunsch in ihrer Würde oder Anerkennung als Person verletzt, kann das schwerlich eine "angemessene" Anforderung für eine Rechtfertigung der Diskriminierung gemäß § 8 Abs. 1 AGG sein.

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