In diesem Kapitel werden die Grundlagen zum Thema "Diskriminierung wegen des Alters" anhand 2 konkreter Fälle aus der Praxis dargelegt. Zwar werden die Grundlagen anhand von Beispielen aus dem Bewerbungsverfahren aufgezeigt, sie gelten indes grundsätzlich auch für laufende Arbeitsverhältnisse.
Diskriminierungsverbot
Arbeitgeber dürfen gem. § 11 AGG eine Stelle nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG ausschreiben. Der Inhalt der Stellenausschreibung darf also keinen diskriminierenden Inhalt aufweisen. Grundsätzlich gilt daher, dass Arbeitgeber vermeiden sollten, den idealen Bewerber zu beschreiben und sich stattdessen darauf konzentrieren sollten, die Stelle und ihre Anforderungen zu erläutern. Das vermeidet eine typische Fehlerquelle.
1.1 Unmittelbare Diskriminierung: "Junges dynamisches Team"
Einleuchtend sind Beispiele wie die Suche in der Stellenausschreibung nach einem "jungen, dynamischem Team". Das BAG hat hierin mit der Entscheidung vom 11.8.2016 eine unmittelbare Diskriminierung gemäß § 3 Abs. 1 AGG gesehen.
Dabei dürfen sich Arbeitgeber durchaus selbst beschreiben mit für sie passenden Adjektiven. Phrasen wie "junges, dynamisches Team mit Benzin im Blut" sind regelmäßig nicht diskriminierend, wenn sie sich auf das Arbeitsumfeld und nicht auf das Stellenprofil beziehen. Denn aus einer bloßen Selbstbeschreibung lässt sich typischerweise keine Erwartungshaltung an andere ziehen. In einem konkreten Fall des LAG Mecklenburg-Vorpommern wertete das Gericht die Phrase als überspitzten und ironischen Werbeslogan, der "die Stelle in ihrem Arbeitsumfeld" beschreibt. Diese Begründung ist leicht zweifelhaft, denn wenn die Stelle – und sei es auch nur in ihrem Arbeitsumfeld – beschrieben wird, dann wird implizit das gewünschte Bewerberprofil mit beschrieben. Das führt zu einem potenziellen Indiz i. S. v. § 22 AGG. Besser ist der Grundsatz, den das LAG aufstellt: Es kommt beim Bewerten der Stellenbeschreibung darauf an, wie ein durchschnittlicher, verständiger und redlicher Bewerber die Phrase verstehen würde. In diesem Fall war das der Grund dafür, weswegen keine Diskriminierung angenommen wurde.
Unmittelbare Diskriminierung
Die unmittelbare Diskriminierung liegt in diesem Fall in der direkten Schlechterbehandlung älterer Menschen im Vergleich zu jüngeren Menschen.
Dabei spielt für die Rechtsanwendung die Beweiserleichterung in § 22 AGG eine gewichtige Rolle.
Beweislastumkehr
Gemäß § 22 AGG genügt für die Annahme einer Diskriminierung bereits, dass das Gericht sie nur vermutet. Der Kläger muss nicht beweisen, dass der Arbeitgeber ihn diskriminiert hat. Es genügt der Beweis von Indizien, die die Vermutung auslösen. Die Indizien lassen sich oft der Stellenausschreibung entnehmen. Dem Kläger fällt es üblicherweise leicht, nachzuweisen, was in der Stellenausschreibung stand.
Spricht der Arbeitgeber davon, ein "junges dynamisches Team" zu suchen, ist das ein Indiz dafür, dass er lieber jüngere Menschen als ältere Menschen einstellt. Rechtsfolge dieser Vermutung ist, dass der Arbeitgeber beweisen muss, dass er den Bewerber trotz der problematischen Phrase nicht diskriminiert hat. Das kann ihm gelingen, indem er nachweist, dass er den älteren Bewerber ebenso berücksichtigt hat wie den jüngeren, und die Absage sich lediglich damit begründet, dass der Bewerber fachlich ungeeignet ist.
Folgen einer Diskriminierung
Liegt eine Benachteiligung vor, kann der abgewiesene Bewerber gemäß § 15 Abs. 2 AGG eine Art Schmerzensgeld verlangen. Das geht, selbst wenn die Diskriminierung nicht entscheidend war dafür, ihn nicht einzustellen. Die maximale Höhe des Anspruchs liegt bei 3 Monatsgehältern.
1.2 Mittelbare Diskriminierung: Suche nach Berufsanfängern
Schwieriger als bei unmittelbaren Diskriminierungen gestaltet es sich bei Formulierungen, die nicht derart klar wie "junges dynamisches Team" eine Präferenz für jüngere Bewerber ausdrücken. Teilweise stellen Arbeitgeber in der Ausschreibung neutral scheinende Anforderungen auf, hinter denen sich aber Diskriminierungen verbergen. Das passiert oft bei mittelbaren Diskriminierungen i. S. v. § 3 Abs. 2 AGG.
Mittelbare Benachteiligungen
Eine mittelbare Benachteiligung besteht darin, dass eine Regel oder Maßnahme neutral auftritt, sich dahinter aber eine Schlechterbehandlung einer Person mit einem in § 1 AGG genannten Merkmal verbirgt. Das liegt daran, dass manche Regeln bestimmte Personengruppen weitaus häufiger betreffen als andere.
Schreibt ein Arbeitgeber beispielsweise die Stelle aus und erwartet bestimmte Eigenschaften, die typischerweise nur bei jüngeren Menschen auftreten, lässt das möglicherweise eine mittelbare Diskriminierung vermuten, auch wenn das Wort "jung" oder ein Synonym hiervon nicht fallen. Ein Grenzfall ist die (häufig vorkommende) Präferenz von Berufsanfängern.