Als zentrale Rechtsfolge einer Verletzung des Benachteiligungsverbots sieht das Gesetz in § 15 Abs. 2 AGG einen Anspruch auf Entschädigung für immaterielle Schäden des Betroffenen vor, also eine Art Schmerzensgeld. Dieser Anspruch ist unabhängig von einem Verschulden des Arbeitgebers.[1]

Zentrale Bedeutung für die Höhe der Entschädigung hat die Art und Schwere des Verstoßes. Eine Beschränkung des Anspruchs der Höhe nach ist nicht vorgesehen. Die Entschädigung muss "angemessen" sein. Dies entspricht der Regelung des Schmerzensgeldes in § 253 BGB. Entscheidend ist damit letztlich der Beurteilungsspielraum des Gerichts. Es hat alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Zu diesen zählen etwa die Schwere und Art der Benachteiligung, ihre Dauer und Folgen, der Anlass und der Beweggrund des Handelns, der Grad der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers, etwa geleistete Wiedergutmachung oder erhaltene Genugtuung und das Vorliegen eines Wiederholungsfalls. Ferner ist der Sanktionszweck der Norm zu berücksichtigen, sodass die Höhe auch danach zu bemessen ist, was zur Erzielung einer abschreckenden Wirkung erforderlich ist. Der Arbeitgeber soll von künftigen Diskriminierungen abgehalten werden, wobei die Entschädigung in einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden stehen muss.[2] Eine Unter- oder Obergrenze sieht das Gesetz grundsätzlich nicht vor. Nur in dem Fall, dass der Stellenbewerber auch bei einer benachteiligungsfreien Auswahl – z. B. wegen schlechterer Qualifikation – nicht eingestellt worden wäre, ist der Entschädigungsanspruch eines diskriminierten Bewerbers auf maximal 3 Monatsverdienste begrenzt.[3]

Das BAG hat in einem Grundsatzurteil entschieden, dass in der Regel eine Entschädigung in Höhe von 1,5 Bruttomonatsentgelten angemessen ist, wenn dem Arbeitgeber bei der Einstellungsentscheidung kein gesteigerter Grad von Verschulden zur Last zu legen ist.[4] Auch in späterer Rechtsprechung hielt das BAG eine Entschädigungshöhe von 1,5 Bruttomonatsgehältern für angemessen.[5] In beiden Fällen ging es um die Gründe der Absage für einen Schwerbehinderten, der sich auf eine Stelle beworben hatte. Im oben diskutierten Entgeltgleichheitsfall[6] bezifferte das BAG die Entscheidung auf konkrete 2.000 EUR, ohne auf die Maßgabe von 1,5 Monatsgehältern einzugehen. Das BAG begründet die Höhe mit dem Schutzzweck des § 15 Abs. 2 AGG. Der Unterschied zu den beiden anderen Fällen ist zum einen das betroffene Merkmal und der Umstand, dass ein Arbeitsverhältnis bereits vorlag.

 
Wichtig

Entschädigungsanspruch bei diskriminierender Kündigung

Bei diskriminierenden Kündigungen ist nach der Rechtsprechung des BAG ein Anspruch auf den Ersatz immaterieller Schäden nach § 15 Abs. 2 AGG grundsätzlich möglich.[7] Ungeachtet der Unwirksamkeit einer diskriminierenden Kündigung sperrt § 2 Abs. 4 AGG weitergehende Ansprüche auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG nicht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass erklärte Kündigungen oft Bezüge zu den Anknüpfungsmerkmalen des AGG aufweisen. Im Normalfall wird eine ungerechtfertigte Belastung durch die Überprüfung der Kündigung anhand der Bestimmungen des allgemeinen und des besonderen Kündigungsschutzes ausgeräumt. Eine merkmalsbezogene Belastung im Zusammenhang mit dem Ausspruch einer Kündigung führt jedenfalls dann zu einem Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG, wenn die Belastung – wie bei einer schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzung – über das Normalmaß hinausgeht.

Diskriminierung durch Dritte

Werden Benachteiligungen im Betrieb oder in der Dienststelle durch Arbeitskollegen oder sonstige Dritte, etwa Kunden, begangen – dies werden überwiegend Fälle der Belästigung oder sexuellen Belästigung sein – trifft den Arbeitgeber zunächst keine Entschädigungspflicht. Zwar setzt ein Entschädigungsanspruch kein Verschulden des Arbeitgebers voraus. Eine Haftung kommt aber wohl nur in Betracht, wenn er sich das Verhalten der anderen Mitarbeiter oder sonstigen Dritten zurechnen lassen müsste. Dies wird bei erstmaliger Kenntnis von einem Verstoß regelmäßig nicht der Fall sein. Wenn der Arbeitgeber in der Folge, d. h. nach erlangter Kenntnis aber seine Verpflichtung zum Ergreifen geeigneter Schutzmaßnahmen verletzt[8], dürfte eine Verpflichtung zur Entschädigung (auch ohne Verschulden des Arbeitgebers) entstehen. Ob der oder die Benachteiligte die Benachteiligung geduldet oder zurückgewiesen hat, ist unerheblich.

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