Eine weitere Möglichkeit, gesetzliche (Arbeitszeit-)Vorschriften agil zu nutzen, kann sich durch § 12 TzBfG ergeben, in dem die ›Arbeit auf Abruf‹ geregelt ist. Hier können die Arbeitsvertragsparteien flexible Arbeitszeiten vereinbaren. Von einem Abrufarbeitsverhältnis wird gesprochen, wenn Mitarbeiter ihre Arbeitsleistung entsprechend dem wechselnden Anfall im Betrieb zu erbringen haben. Nicht in diesen Vertragstyp fallen alle Regelungen, die dem Arbeitnehmer Arbeitszeitsouveränität zusprechen, wie z. B. Gleitzeit, Rufbereitschaft, Bereitschaftsdienste oder auch Überstunden. Das BAG hat hier zur Abgrenzung zwischen Überstunden und Abrufarbeit ausgeführt:
Zitat
›Eine Vereinbarung zur Leistung von Überstunden liegt vor, wenn sich der Arbeitnehmer verpflichtet, bei einem vorübergehenden zusätzlichen Arbeitsbedarf länger als vertraglich vereinbart zu arbeiten. Überstunden werden wegen bestimmter besonderer Umstände vorübergehend zusätzlich geleistet (...) Besteht dagegen für den Arbeitnehmer eine selbständige, nicht auf Unregelmäßigkeit oder Dringlichkeit beschränkte Verpflichtung, auf Anforderung des Arbeitgebers zu arbeiten, handelt es sich um Arbeit auf Abruf i. S. von § 12 TzBfG.‹
Die gesetzlichen Regelungen legen Mindestanforderungen für die Ausgestaltung eines Abrufarbeitsverhältnisses fest. Damit soll ein angemessener Ausgleich gewährleistet werden zwischen einerseits dem Bedürfnis nach Flexibilisierung von Arbeitsvolumina und andererseits den Belangen des Arbeitsschutzes und den Interessen des Arbeitgebers.
So ist es z. B. möglich, in der einen Woche viele Stunden, in der nächsten Woche aber nur ganz wenige Stunden zu arbeiten. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass hier entsprechend dem geleisteten, unterschiedlichen Arbeitsumfang auch das Entgelt des Mitarbeiters variiert. Damit grenzt sich Abrufarbeit von anderen Formen der Arbeitszeitflexibilisierung ab, die bei konstantem Entgelt nur die variablen Zeitwerte betrachten.
Wird eine flexible Abrufarbeit im Arbeitsvertrag vereinbart, muss eine Mindestdauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festgelegt werden. Ein monatlicher oder gar jährlicher Rahmen reicht nicht aus. Den Vertragsparteien steht es dabei frei, über die Höhe der Mindestdauer zu verhandeln bzw. diese gemeinsam festzulegen. Hier haben sich durch die Neuregelungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes die Sanktionen für den Abschluss von Arbeitsverträgen, in denen keine Arbeitszeitvereinbarungen festgelegt sind, verschärft: Wenn keine Mindestarbeitszeit festgelegt wird, gilt laut Gesetz eine Wochenarbeitszeit von 20 und eine tägliche Mindestarbeitszeit von drei Stunden als vereinbart. Innerhalb der Mindestdauer kann der Arbeitgeber dann entscheiden, wie viel Arbeit er zu welchem Zeitpunkt in Anspruch nehmen will.
Der Arbeitgeber kann dadurch sowohl über die Arbeitszeit als auch das damit in Zusammenhang stehende Entgelt ganz nach den betrieblichen Anforderungen bestimmen. Es braucht damit auch keine betrieblichen allgemeinen Arbeitszeitregeln mehr, sondern der Arbeitgeber kann die Arbeitsleistung individuell und bedarfsabhängig beim Mitarbeiter einfordern. Sein Direktionsrecht wird insoweit erweitert. Ist im Arbeitsvertrag eine entsprechende Mindest- und Höchstarbeitszeit vereinbart worden, muss sich der Arbeitgeber in einem bestimmten prozentualen Rahmen für die abzurufende Arbeitszeit bewegen. Dieser Rahmen sieht durch den ebenfalls neu eingeführten § 12 Abs. 2 TzBfG ein Mehr von bis zu 25 % und nur bis zu 20 % weniger der vereinbarten Mindestarbeitszeit vor.
Darüber hinaus ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Mitarbeiter mindestens vier Tage im Voraus die konkrete Verteilung seiner Arbeitszeit mitzuteilen.
Ferner ist es möglich, dass durch tarifliche Regelungen auch bezüglich der Mindestarbeitszeiten als auch der Dauer der Ankündigungsfrist durch den Arbeitgeber zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden kann, § 12 Abs. 6 TzBfG. Ist in einem Arbeitsvertrag also keine bestimmte wöchentliche Dauer zwischen Mitarbeiter und Arbeitnehmer vereinbart worden, kann in einem Tarifvertrag dann eine Arbeitszeit von zehn Stunden als ›Sockelarbeitszeit‹ vereinbart werden oder eine verkürzte Ankündigungsfrist von zwei Tagen, anstelle der gesetzlichen 20 Stunden aus § 12 Abs. 1 TzBfG und den vier Tagen, die in § 12 Abs. 3 TzBfG niedergelegt sind.
Strittig ist, ob Abrufarbeit für alle Arbeitnehmer anwendbar ist. Da es im TzBfG geregelt ist, könnte nach seinem Wortlaut davon auszugehen sein, dass es in erster Linie nur Teilzeitmitarbeiter betrifft. In der Literatur werden hierzu unterschiedliche Meinungen vertreten und das BAG hat hier dazu ausgeführt:
Zitat
›Der Auslegung von § 2 S. 1 Arbeitsvertrag als Arbeit auf Abruf im Teilzeitarbeitsverhältnis stehen weder § 12 I TzBfG noch der für allgemeinverbindlich erklärte Manteltarifvertrag für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Baden-Württemberg vom 18.3.2002 (im Folgenden: MTV) entgegen. Nach §...