Zusammenfassung
Die erfolgreiche Anfechtung vernichtet einen Vertrag. Dieser besteht aus 2 sich deckenden Willenserklärungen, Angebot und Annahme. Die eigene Willenserklärung, die zum Abschluss eines Arbeitsvertrags geführt hat (also das Angebot oder die Annahme), kann ggf. wegen Irrtums, arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung angefochten werden. Die erfolgreiche Anfechtung des Arbeitsverhältnisses führt dazu, dass entweder das Angebot oder die Annahme wegbricht und damit kein Vertrag mehr existiert. Damit führt sie zur Nichtigkeit des in Vollzug gesetzten Arbeitsverhältnisses für die Zukunft. Eine Beteiligung des Betriebsrats ist nicht erforderlich. Der wichtigste Unterschied zur Kündigung liegt darin, dass bei einer erfolgreichen Anfechtung durch den Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein bestehender allgemeiner oder besonderer Kündigungsschutz nichts nützt, weil die Anfechtung keine Kündigung ist.
Arbeitsrecht: Die Rechtsgrundlagen finden sich in §§ 119–124 BGB.
Arbeitsrecht
1 Wirkung der Anfechtung
Die rechtswirksame Anfechtung hat bei einem in Vollzug gesetzten Arbeitsverhältnis die gleiche Wirkung wie eine fristlose Kündigung. Sie löst das Arbeitsverhältnis, bei dem es sich dann um ein sog. faktisches Arbeitsverhältnis handelt, mit sofortiger Wirkung (ex nunc) auf. Bei einem noch nicht vollzogenen Arbeitsverhältnis hat die Anfechtung dagegen – wie grundsätzlich gemäß § 142 Abs. 1 BGB – rückwirkende Wirkung (ex tunc). Das Arbeitsverhältnis ist dann von Anfang an als nichtig anzusehen.
2 Anfechtung wegen Irrtums
Für die Anfechtung wegen Inhalts- oder Erklärungsirrtums gilt § 119 BGB. Beim Inhaltsirrtum nach § 119 Abs. 1, 1. Alt. BGB war sich eine der Parteien über den tatsächlichen Inhalt ihrer Erklärung nicht bewusst und hätte diese bei Kenntnis so nicht abgegeben, so z. B., wenn der Arbeitnehmer sich über die Person des Arbeitgebers irrt. Beim Erklärungsirrtum nach § 119 Abs. 1, 2. Alt. BGB wollte eine Partei eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben, z. B. beim Versprechen oder Verschreiben.
Von größerer Bedeutung für die Praxis ist der Eigenschaftsirrtum gemäß § 119 Abs. 2 BGB, und zwar über solche Eigenschaften des Arbeitnehmers, die im Arbeitsleben als wesentlich angesehen werden. Dabei setzt der Begriff "Eigenschaft" voraus, dass es um etwas geht, das auf Dauer angelegt ist. Deshalb ist eine Schwangerschaft keine Eigenschaft in diesem Sinne. Ein solcher Irrtum liegt jedoch nach ständiger Rechtsprechung nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer bei Fehlen der irrig angenommenen Eigenschaft für die geschuldete Arbeitsleistung als objektiv ungeeignet erscheint. Das kann bei epileptischen Eigenschaften, wenn sie nicht medizinisch beherrschbar sind, der Fall sein. Zudem kommen als verkehrswesentliche Eigenschaften die derzeitige Vertrauenswürdigkeit, z. B. beim Leiter eines Jugendamts, und u. U. auch die Zahlungsfähigkeit des Bewerbers in Betracht.
Fehlende Eignung
- Einschlägig Vorbestrafter als Bankkassierer
- Nicht medikamentös einstellbarer Epileptiker als Lagerist
Ein relevanter Eigenschaftsirrtum i. S. d. § 119 Abs. 2 BGB liegt allerdings nicht schon bei nur kurzfristigen Beeinträchtigungen oder bei Mängeln gradueller Art vor, wie etwa bei einem "Irrtum" über den Umfang der Leistungsfähigkeit eines Bewerbers.
3 Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung oder arglistiger Täuschung
Nach § 123 BGB können Willenserklärungen, also Angebot oder Annahme des Arbeitsvertrags, die durch widerrechtliche Drohung oder arglistige Täuschung zustande gekommen sind, angefochten werden.
Dass ein Arbeitsverhältnis durch Drohung zustande kommt, ist in der Praxis kaum wahrscheinlich. Anfechtungen wegen widerrechtlicher Drohung erfolgen im Arbeitsrecht vielmehr typischerweise bei Aufhebungsverträgen.
Dagegen kommen in der Praxis Arbeitsverträge weit häufiger durch arglistige Täuschung zustande, weshalb hier Anfechtungen grundsätzlich mit dieser Begründung erfolgen.
Eine arglistige Täuschung liegt regelmäßig dann vor, wenn eine Täuschung (= Irreführung) über Tatsachen vorsätzlich erfolgt, der Täuschende also weiß und will, dass sein Verhalten zu einem Irrtum des Getäuschten führen wird.
Vorbeschäftigungen, Zeugnisse
Ein Stellenbewerber spiegelt dem Arbeitgeber in seiner Bewerbung Beschäftigungen bei bedeutenden Arbeitgebern in gehobenen Positionen vor und/oder unterstützt seinen Vortrag mit gefälschten Zeugnissen.
Täuschen kann auch, wer Tatsachen entstellt.
Grafologisches Gutachten
Ein Stellenbewerber weiß, dass der Arbeitgeber ein grafologisches Gutachten vom handgeschriebenen Lebenslauf fertigen lässt. Er lässt daher seinen Lebenslauf von einer anderen Person schreiben und legt diesen dem Arbeitgeber vor, um eine bessere Bewertung zu bekommen.
Schweigen kann nur eine Täuschung sein, wenn der Bewerber eine Pflicht zur Aufklärung über eine bestimmte Tatsache hat (Offenbarungspflicht). Diese ergibt sich aus § 241 Abs. 2 BGB und setzt voraus, dass der Bewerber erkennt, dass