Was Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch fragen und wann Bewerber lügen dürfen
Für Personaler ist es entscheidend zu wissen, was Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch aus rechtlicher Sicht fragen dürfen und wann Bewerber oder Bewerberinnen eine Antwort verweigern oder sogar lügen dürfen. Grundsätzlich sind nur solche Fragen erlaubt, an deren Antwort der Arbeitgeber im Hinblick auf das mögliche Arbeitsverhältnis ein berechtigtes Interesse hat. Fragen nach einer Schwangerschaft, Behinderung oder der sexuellen Orientierung von Bewerberinnen und Bewerbern sind bekanntermaßen problematisch. Neuerdings hat insbesondere die Frage nach dem Impfstatus besondere Relevanz gewonnen.
Bewerbungsgespräch: Fragerecht oder Recht zur Lüge
In der Bewerbungssituation ist es häufig das Persönlichkeitsrecht, das die Kandidatinnen und Kandidaten vor bestimmten Fragen schützt. Um den Bewerbern hier ein wirksames Instrument gegen unzulässige Fragen des Arbeitgebers an die Hand zu geben, spricht ihnen die Rechtsprechung in diesen Fällen ein sogenanntes "Recht zur Lüge" zu. Bewerberinnen und Bewerber dürfen demnach bewusst mit der Unwahrheit antworten. Bei der Frage nach der Corona-Schutzimpfung spielen auch das Datenschutzrecht sowie das Infektionsschutzgesetz eine Rolle.
Anfechtung bei Lüge auf zulässige Frage
Diese praktisch erlaubten Lügen führen immer wieder zu Streitfällen vor Gericht: So etwa, als sich eine Schwangere auf eine Stelle zur Schwangerschaftsvertretung bewarb oder als sich ein Arbeitgeber nach einem eingestellten Ermittlungsverfahren erkundigte oder bei Fragen nach der Gewerkschaftszugehörigkeit.
Eine falsche Antwort auf eine zulässigerweise gestellte Frage kann dagegen im Nachhinein einen Kündigungsgrund oder eine arglistige Täuschung darstellen. Letztere gibt dem Arbeitgeber das Recht, den Arbeitsvertrag anzufechten.
Frage nach dem Impfstatus im Bewerbungsverfahren?
Arbeitgeber dürfen den Impfstatus von Bewerberinnen und Bewerbern momentan in bestimmten Einrichtungen aufgrund der gesetzlichen Grundlage in § 36 Abs. 3, § 23 a Abs. 1 IfSG abfragen. Dazu zählen neben medizinischen sowie Pflegeeinrichtungen auch Kitas, Schulen oder Justizvollzugsanstalten. Wann darüber hinaus die Frage nach einer Corona-Schutzimpfung erlaubt ist, lässt sich nicht allgemeingültig beantworten. Eine Auskunftspflicht bezogen auf Covid-19 wird zurzeit kontrovers diskutiert.
Nach einer restriktiven Ansicht ist eine Auskunftspflicht von Bewerbern insbesondere aus Datenschutzgründen abzulehnen. Im Hinblick auf das besondere Interesse, das der Arbeitgeber hinsichtlich des Gesundheitsschutzes im Betrieb und der Einsatzbarkeit des potenziellen Mitarbeitenden hat, wird ein Fragerecht des Arbeitgebers im Vorstellungsgespräch auch befürwortet. Die Information zum Impfstatus benötigt der Arbeitgeber im Unternehmensalltag spätestens zur 3G-Kontrolle am Arbeitsplatz oder im Fall einer Quarantäne, da ungeimpfte Mitarbeitende keinen Verdienstausfall mehr erstattet bekommen. (Lesen Sie dazu: Lohnfortzahlung bei Quarantäne nur noch für Geimpfte).
Eine kurze Übersicht zum Fragerecht:
Die Frage nach dem Impfstatus ist nicht die einzige Frage, die Personaler im Bewerbungsverfahren interessiert. Auch frühere Erkrankungen, Vorstrafen oder eine Gewerkschaftszugehörigkeit werden immer wieder abgefragt. Für Personaler ist es elementar zu wissen, in welchen Bereichen eine Nachfrage erlaubt ist und wann lieber nicht genauer nachgehakt werden sollte. Eine kurze Übersicht zum Fragerecht:
Berufliche Fähigkeiten: Fragen nach beruflichen und fachlichen Fähigkeiten, Kenntnissen und Erfahrungen sowie nach bisherigem beruflichem Werdegang, nach Prüfungs- und Zeugnisnoten dürfen uneingeschränkt gestellt werden.
Eheschließung: Die Frage, ob eine Bewerberin oder ein Bewerber in absehbarer Zeit eine Ehe schließen werde, ist unzulässig.
Gesundheitszustand: Fragen nach früheren Erkrankungen sind nur insoweit zulässig, als an ihrer Beantwortung im Einzelfall für die Arbeit, für den Betrieb und für die übrigen Arbeitnehmenden ein Interesse besteht.
Gewerkschaftszugehörigkeit: Der Arbeitgeber darf in aller Regel vor der Einstellung nicht nach der Gewerkschaftszugehörigkeit fragen, auch nicht zur Feststellung einer etwaigen Tarifbindung - wobei letzteres in der arbeitsrechtlichen Literatur umstritten ist. Die Frage der Tarifbindung kann jedenfalls nach der Einstellung gestellt werden, wenn dies für die Berechnung des Lohns oder zur Einhaltung sonstiger Tarifvorschriften unumgänglich ist. Die Frage nach der Gewerkschaftszugehörigkeit ist bei sogenannten Tendenzbetrieben bzw. kirchlichen Einrichtungen nach § 118 BetrVG zulässig.
Höhe des bisherigen Gehalts: Die Frage nach der bei dem früheren Arbeitgeber bezogenen Vergütung ist jedenfalls dann unzulässig, wenn die bisherige Vergütung für die erstrebte Stelle keine Aussagekraft und der Bewerber sie auch nicht von sich aus als Mindestvergütung für die neue Stelle gefordert hat.
Religions- oder Parteizugehörigkeit: Danach darf im gesamten Bewerbungsverfahren grundsätzlich nicht gefragt werden. Ausnahmen gelten aber für Tendenzbetriebe, zum Beispiel kirchliche Einrichtungen oder Partei-Zeitungsverlage.
Schwangerschaft: Bei Einstellungsverhandlungen ist die Frage nach einer Schwangerschaft grundsätzlich unzulässig. Die Frau darf die unzulässige Frage nach der Schwangerschaft wahrheitswidrig verneinen.
(Schwer-)Behinderung: Weder nach einer Behinderung noch nach der Eigenschaft als Schwerbehinderter sollte gefragt werden. Das Benachteiligungsverbot des § 81 Abs. 2 SGB IX für Schwerbehinderte und Gleichgestellte ist mit einer weitreichenden Entschädigungs- oder Schadensersatzpflicht verbunden. Dies gilt insbesondere auch für Bewerber, die das – weitergehende – Merkmal der "Behinderung" im Sinne von § 1 AGG erfüllen.
Vermögensverhältnisse: Danach darf der Arbeitgeber grundsätzlich nicht fragen. Etwas anderes gilt nur bei Arbeitnehmenden, die in einem besonderen Vertrauensverhältnis beschäftigt werden sollen und die entweder mit Geld umgehen müssen oder bei denen die Gefahr der Bestechung oder des Geheimnisverrats besteht.
Vorstrafen: Der Arbeitgeber darf danach nur fragen, wenn und soweit die künftige Tätigkeit des Bewerbers oder der Bewerberin dies erfordert. So kann zum Beispiel bei einem Kraftfahrer nach Vorstrafen wegen Verkehrsdelikten gefragt werden. Der Bewerber darf sich als unbestraft bezeichnen und braucht den der Verurteilung zugrunde liegenden Sachverhalt nicht zu offenbaren, wenn die Vorstrafen nicht (mehr) im Bundeszentralregister eingetragen oder nicht in das Führungszeugnis aufzunehmen sind. (Lesen Sie dazu: Darf der Arbeitgeber nach Vorstrafen fragen?).
Wettbewerbsverbote: Der Arbeitgeber darf fragen, ob der Bewerber mit einem früheren Arbeitgeber ein rechtswirksames Wettbewerbsverbot geschlossen hat, das die Arbeit im Unternehmen des neuen Arbeitgebers einschränkt. Der Arbeitnehmende muss sogar von sich aus auf ein solches Wettbewerbsverbot hinweisen.
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